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ADB:Zeiller, Jacob

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Artikel „Zeiller, Jacob“ von Hans Semper in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 652–660, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zeiller,_Jacob&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 12:06 Uhr UTC)
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Zeiller *): Johann Jacob Z., geboren am 26. Februar 1710 zu Reutte, † 1783. Ein Sohn des Paul Z. und der Maria Kurz, wurde er wegen seines Talentes allein unter seinen Brüdern zur Künstlerlaufbahn bestimmt und lernte unter der strengen Zucht seines Vaters in dessen Atelier die ersten Elemente der Kunst. In seinem 16. Jahre schon (1726) wurde er von seinem Vater [653] nach Italien geschickt, mit Empfehlungen an den Maler Sebastiano Conca und den Kupferstecher Jacob Frey von Luzern, beide in Rom; letzteren lernte er schon unterwegs auf seiner Fahrt nach Rom kennen. Jacob Z. blieb fünf Jahre (bis 1731, dem Todesjahre seines Vaters) im Atelier Conca’s, von dem er viel lernte und dem er sehr dankbar war. Nachdem er eine schwere Krankheit überstanden hatte, begab er sich nach Neapel, wo er in das Atelier des Solimena eintrat und dort angeblich über vier Jahre blieb (also bis etwa 1735). (Nach Denifle, Cod. Ferd. CXXX, p. 311 sowie Meusel’s Neues Museum.) Zum Andenken erhielt er von seinem Meister ein Bild desselben: „Elieser, der Isaak’s Braut von Laban abholt“ zum Geschenk, welches sich jetzt im Kloster zu Ottobeuren befindet. Nach anderen Angaben wäre er aber nur zwei Jahre in Neapel geblieben und im J. 1733 nach Wien gegangen, wo er 22 Jahre hindurch, also bis 1755 sein Standquartier hatte, von dem aus er jedoch, infolge zahlreicher Aufträge, wiederholt Reisen nach Ungarn, sowie nach Deutschland unternahm, die zum Theil zu längeren Aufenthalten an den betreffenden Orten, wo er beschäftigt war, führten. In Wien suchte Jacob Z. zunächst, als 23–25jähriger Jüngling, die Lücken seiner theoretischen Ausbildung an der seit 1726 unter der Leitung des Franzosen Jacob van Schüppen neu organisirten Akademie auszufüllen. Er erwarb sich bald die erste goldene Medaille im historischen Fache für ein Oelgemälde, welches Samson und Dalilah zum Gegenstand hatte. Das Bild soll in schweren, kräftigen Tönen, fast dunkel gehalten gewesen sein, während er in seinen späteren Werken, wol dank der von ihm mit Vorzug ausgeübten Frescomalerei ein helleres Colorit annahm, das vorwiegend in warmen Tönen gehalten ist, jedoch oft eine etwas zerstreute Licht- und Schattenwirkung zeigt, eine Eigenschaft, die sich auch an den Gemälden seines Lehrers Solimena wahrnehmen läßt. Die Werke seines späteren Alters verrathen sich durch einen ziegelfarbenen, gelbröthlichen, etwas trockenen Gesammtton. Obwol Jacob Z. in der von J. van Schüppen trefflich geleiteten Wiener Akademie auch Gelegenheit fand, anatomische Studien nach dem Cadaver neben fleißigem Zeichnen nach dem Act und nach dem Gipsmodell, zu machen, so vermochte er doch nie ganz gewisse Ungenauigkeiten der Zeichnung zu vermeiden, welche wol zum Theil eine Folge seiner flotten, freien Handhabung der Frescomalerei waren, während man seine Fehler wol mit Unrecht als einen Mangel strenger Schulung anzusehen pflegte. Jedenfalls besaß er bedeutendes Compositionstalent, sprudelnde Erfindungsgabe, lebendige Auffassung und malerisches Empfinden, das durch eine kräftige, geistreiche Pinselführung unterstützt ward. Neben der akademischen Schulung übte wahrscheinlich auch der freundschaftliche Verkehr mit seinem um zwölf Jahre älteren Landsmann Paul Troger, welcher sich schon einige Jahre vor Jacob Z. in Wien niedergelassen und durch sein Talent einen bedeutenden Namen gemacht hatte, einen gewissen Einfluß auf Zeiller’s weitere Stilentwicklung aus; besonders soll er im Actzeichnen mit Röthel oder schwarzer Kreide Paul Troger’s sowie auch Piazetta’s Manier nachgeahmt haben, ohne jedoch darin deren Meisterschaft zu erreichen. Z., der in Wien auch das Amt eines kaiserlichen Hofmalers erhielt, das er aber bald wieder niederlegte, hatte schon die Absicht gehabt, ganz dort zu bleiben und sich daselbst ein Haus gebaut, nachdem seine Miethwohnung sammt dem größten Theil seiner beweglichen Habe abgebrannt war. Als aber auch sein neues Haus wegen einer Straßenregulirung abgebrochen wurde, ohne ihm vergütet zu werden, kehrte Z., zudem wol auch durch den Ausbruch des 7jährigen Krieges beunruhigt, um 1756 der Kaiserstadt den Rücken und ließ sich wieder in seiner Heimath nieder. Doch unterbrach er häufig seinen Aufenthalt daselbst, indem zahlreiche Aufträge, besonders für Frescomalereien in den Kirchen und Klöstern Tirols [654] und Baierns ihn zu häufigen Reisen veranlaßten. Immerhin verbrachte er seine letzten Lebenstage in seiner Vaterstadt Reutte, wo er am 8. Juli 1783 starb.

Z. arbeitete unermüdlich bis in sein hohes Alter, indem er gelegentliche Vorstellungen, sich im Alter Ruhe zu gönnen, mit dem Bemerken zurückwies, er wolle sich nicht darum in der Jugend so geplagt haben, um im Alter nichts zu thun. Er war eine einsame, stolze, gleichwol aber menschenfreundliche Natur. Er vermied zahlreiche Bekanntschaften und beschränkte sich möglichst auf den Umgang mit wenigen Freunden, sowie mit seinen Schülern; von den Frauen wollte er gar nichts wissen und blieb auch unverheirathet. Ja er beobachtete selbst in der Kunst eine für seine Zeit ungewöhnliche Prüderie, indem er in seinen Gemälden Nacktheiten oder sinnliche Stoffe ängstlich vermied und sogar auf den in seinem Besitz befindlichen Kupferstichen alles vermeintlich Anstößige mit Tinte bedeckte, radirte oder wegschnitt. Seinen Schülern war er ein wohlwollender Freund, wirkte jedoch auf sie mehr nur durch praktische Anleitung, als durch theoretische Lehren und Grundsätze ein, die seiner, wie es scheint, mehr productiven als reflexiven Natur wenig zusagten. Immerhin schrieb ein Schüler desselben, P. Denifle, mit warmer Begeisterung seine Biographie „aus warmem Dank für die genossene Treue und Lehre“, konnte aber doch auch die Bemerkung nicht unterdrücken, daß er bei einem anderen Meister vielleicht mehr gelernt hätte. Ein anderer Schüler desselben, der ihn in seiner Krankheit vor seinem Tode gepflegt und dessen künstlerischen Nachlaß geerbt hatte, bezeugte seinem Andenken wenig Ehrfurcht, indem er den größten Theil seiner Skizzen und Actstudien, sowie auch Bilder desselben um Spottpreise nach allen Winden zerstreute. Einige seiner Zeichnungen befinden sich in den Klöstern Ettal und Ottobeuren, für welche er gearbeitet hatte, andere im Ferdinandeum zu Innsbruck, wo auch mehrere Oelskizzen desselben zu sehen sind, sowie im Falgerhaus zu Elbingenalp. Von seinen letzten Schülern, welche zwölf an der Zahl waren, sind zu nennen Josef Kranewitter, Franz Pfund und Josef Anton Kapeller. Auch sein Biograph P. Denifle[WS 1] befand sich unter ihnen.

Wie im Leben, so bildete Z. auch in der Kunst einen Gegensatz zu seinem Vater: übte letzterer ausschließlich die Oelmalerei aus, so verlegte sich sein Sohn vorwiegend auf die Frescomalerei, welche wol auch zum Theil der Anlaß war, daß seine Farbengebung lichter, seine Zeichnung flüchtiger und weniger correct als die des Vaters war. Während seines Aufenthaltes in Wien soll Jacob Z. in Ungarn, wohin er sich zwei Mal begab, eine Kuppel ausgemalt haben, wo? darüber fehlen die Nachrichten. Pfaundler erwähnt Fresken in Gran, die er jedoch, vielleicht durch Verwechslung, dem Franz Anton Z., und nicht dem Johann Jacob Z. zuweist. Auch seine Frescomalereien in der Klosterkirche von Seben in Oberösterreich dürften in diese Zeit fallen. Ebensowol ein großer Theil seiner zahlreichen Fresken und Altarbilder, die er in Baiern ausführte. Unter diesen sind seine Hauptwerke die Fresken und Altargemälde in den Benedictinerklöstern und Kirchen von Ettal und Ottobeuren. Ein Hauptfeld seiner Thätigkeit in Baiern, welche jedenfalls eine längere oder häufigere Unterbrechung seines Aufenthaltes in Wien verursachte, war das Benedictinerkloster und die dazu gehörige Kirche von Ettal in Oberbaiern. Kloster und Kirche waren im J. 1330 von Ludwig dem Baier gestiftet und ersteres 1332 bezogen worden[WS 2]. Die Kirche, ein zwölfseitiger Centralbau, der seit dem 15. Jahrhundert mit einem Netzgewölbe über einer Mittelsäule bedeckt war, wurde nach einem Brande im J. 1744, der Kirche und Kloster zerstörte, vom Baumeister Josef Schmutzer von Wessobrunn auf den alten Mauern neu ausgebaut und mit einer mächtigen Kuppel überwölbt. (Bezold und Riehl, Die Kunstdenkmale des Kgr. Baiern, 1895, I, 615 f.) 1747 wurde der Dachstuhl aufgesetzt, 1748 die [655] Laterne mit Kupfer überzogen. Z. erhielt, wie es scheint, schon 1746 den Auftrag die Freskogemälde für die Kirche zu entwerfen. Dr. Jele gibt an, er habe von 1746–51 an den Fresken der Kirche gearbeitet. (Tiroler Bote 1898, S. 1530.) Auch machte er nach Angabe seines Schülers P. Denifle, drei Skizzen zu dem umfangreichen Kuppelgemälde (monstrum, wie er es nennt) der Stiftskirche. Die Kuppel wölbt sich über einem Mauercylinder von 41,5 m Höhe und hat einen Durchmesser von 36 m, bei 112 m Umfang und einer Scheitelhöhe von 51 m. Nachdem die erste Skizze fertig war, wurde ein ganz anderer Gegenstand zur Darstellung gewählt und ebenso nach der zweiten Skizze. Erst der dritte Entwurf diente als Vorbild für das ausgeführte Gemälde. Dasselbe zeigt uns die Versammlung der Seligen im Himmel; zahlreiche schwarzweiße Benedictiner bilden auf einer Seite eine dichte Gruppe; auf der anderen herrscht wieder das Roth in allen Tönen vor. Diese compacten Farbenmassen wurden als eintönig getadelt, doch wußte der Künstler die Contraste durch die duftige Himmelstiefe, die feinen Lufttöne und die goldne, von Engeln in sanftschillernden Farben durchsetzte Glorie Gottvaters zu mildern. „Inhaltlich ist dieser Benedictinerhimmel Zeiller’s in Ettal eine gigantische Composition, aus gewaltiger, feuriger Phantasie geboren, mit technischer Meisterschaft vorgetragen“ (Dr. Jele, Tirol. Bote 1898, S. 1530). Das Vollendungsjahr dieses Fresko ist durch die Inschrift bezeichnet: „Joh. Jacob Zeiller inv. et fecit 1752“ (Abbildung in Lichtdruck in: Kunstdenkmale Baierns von Bezold und Riehl, I. Atlas). Ueber dem Eingang zum Chor malte er in demselben Jahre ein Frescogemälde, welches die Legende darstellt, wie Kaiser Ludwig das Muttergottesbild erhält. In den folgenden Jahren stellte er nun die übrigen Fresken in den Vorräumen der Kirche und im Kloster her. Im Chorsaal, auch Betchor genannt (bei Bezold u. Riehl I, 625), stellt das Mittelbild die Verherrlichung Gottes durch betende und musicirende Gruppen von Priestern, Propheten und Aeltesten dar. In den Eckmedaillons befinden sich die vier Evangelisten mit ihren symbolischen Thieren, voller Leben und in kräftigen Farben dargestellt. Einige mit dem Pinsel gezeichnete Vorstudien zur Verherrlichung Gottes und zum Evangelisten Marcus, nebst einer prachtvollen Composition für eine Kuppel, mit Gottvater von Engelchören umgeben (bezeichnet Joh. Jacob Zeiller inv. et fecit 1754) werden in der Sammlung Falger in Elbingenalb aufbewahrt, (Dr. Jele, Tirol. Bot. 1898, S. 1531.) Die Bezeichnung: „J. J. Zeiller 1755“ tragen ferner die Fresken im Capitelsaal (der oberen Sacristei, nach der Bezeichnung bei Bezold u. Riehl I, 625), in welchem alle wichtigen Stiftsangelegenheiten, Disciplinaruntersuchungen etc. behandelt wurden. Auf diese Bestimmung des Saales beziehen sich die Fresken, welche ihn schmücken. Das Mittelbild zeigt die Strafpredigt Nathan’s vor König David, der völlig zerknirscht „in seinem Thronpfühl zu versinken scheint, während sein Gesicht entsetzt dem Propheten entgegenstarrt“. (Nach Jele.) Auf der einen Seite erblickt man das Prunkgemach des Königs, nach der anderen Seite öffnet sich der Ausblick auf eine schöne, friedliche Landschaft. Im Vordergrund, an die Treppenballustrade gelehnt, hält ein reizender Knabe ein Schäflein, das einzige Gut der armen Erschlagenen, nach Nathan’s Ausspruch. In den kleinen Eckmedaillons sind in freiester und origineller Erfindung die Cardinaltugenden dargestellt. Die erwähnten Fresken im Capitel- und Chorsaal sind völlig frisch in ihren Farben erhalten und zeichnen sich durch ihre flotte, breite Technik aus. (Nach Jele.) Weniger gut in ihrer Gesammtfarbenstimmung erhalten sind die durch Feuchtigkeit und Rauch beschädigten Fresken Zeiller’s in der Sommersacristei, dem ersten, westlichen Saal der Sacristei. (Nach Bezold u. Riehl I, 625.) Die Decke ist in vier, reich mit Stuccaturornamenten eingerahmte Spiegelfelder eingetheilt, in [656] denen ebensoviele Handlungen, die sich auf das h. Meßopfer beziehen, dargestellt sind, mit Beziehung auf die Bestimmung der Sacristei, dieselbe vorzubereiten. Wir sehen das Opfer Kain’s und Abel’s, das Opfer Abraham’s, die Traubenträger und die Mannalese. Daran schließen sich acht monochrome Medaillons, mit entsprechenden Darstellungen und zwar 1) dem Tisch mit den Schaubroden, 2) dem barmherzigen Samariter, 3) Elias in der Wüste gespeist, 4) der Monstranz, 5) der Anbetung des Lammes durch die 24 Aeltesten, 6) der Bundeslade, 7) Judas’ unwürdige Communion, dahinter Satanas, 8) Daniel in der Löwengrube von Prophet Habakuk gespeist. „Die Verbindungsglieder sind geschmackvoll in Weiß, Gold, Rosa mit Cassettenwerk, Muscheln etc. besetzt.“ (Jele.) In der Wintersacristei sind in zwei Nischen ebenfalls Fresken von Jacob Z., welche besser erhalten sind, und zwar: 1) Jesus mit Barrabas zur Schaustellung vorbereitet, 2) Gastmahl in Emaus. Am spätesten ist ein Oelgemälde des Z. am 2. Altar links in der Kirche entstanden. Es trägt das Datum 1761 und stellt die Scene dar, wie Grimoald und Peltrudis sich vor dem h. Corbinian demüthigen.

In Ottobeuren (Beschreibung d. Klosters u. d. Kirche in Ottobeuren, zusammengestellt von P. Magnus Bernhard O. S. B.) entfaltete Z. eine noch umfassendere Thätigkeit als in Ettal, indem er dort nicht nur zahlreiche Fresken und Altargemälde für die Stiftskirche und das Kloster ausführte, sondern auch die Zeichnungen zu den verschiedensten decorativen Arbeiten entwarf. – Abt Rupert II. Neß von Wangen begann mit dem gänzlichen Neubau des Klosters im J. 1711, mit dem der Kirche 1737, als das Kloster bereits vollendet war. An der Ausschmückung des Klosters nahm Z. wenig Antheil, nur im sogenannten Eustachiuszimmer ist ein Leinwandgemälde am Plafond, die Bekehrung des h. Eustachius darstellend, von ihm, offenbar aber erst später eingesetzt, da seine Thätigkeit in Ottobeuren erst um 1763 begann, als mit der inneren Ausschmückung der Kirche begonnen wurde. Wahrscheinlich sind also seine Arbeiten in Ottobeuren nicht unmittelbar auf diejenigen für Ettal gefolgt, obwol er sich durch diese bei dem Benedictinerorden Baierns jedenfalls gut empfohlen hatte. Vielleicht entstanden in der Zwischenzeit zwischen seiner Thätigkeit in Ettal und Ottobeuren seine Arbeiten im Benedictinerkloster von Füssen, wo er, wie der Augenschein lehrt, ebenfalls viel geschaffen hat, ohne daß hier doch, mangels näherer Nachrichten, darauf eingegangen werden kann.

In der Stiftskirche von Ottobeuren hat er (nach P. Bernhard) folgende Arbeiten ausgeführt: 1) die Zeichnung zur Pflasterung des Chors und Kuppelraums mit Kelheimer Steinen (um 1764), 2) das Hochaltarblatt mit der Darstellung der h. Dreifaltigkeit und Menschenerlösung (1768), Höhe 11,34, Breite 5,67 m, 3) die Deckengemälde im Presbyterium und über dem Hochaltar, und zwar: die Anbetung des Lammes durch die 24 Aeltesten; in der Kuppel des Presbyteriums die 9 Chöre der Engel; in vier kleineren Feldern, gelb in gelb: den Engel, der vor dem Wege der Israeliten herzog, die Reinigung Josuas durch den Engel gegen die Anklage Satans, sowie die zwei Scenen der Vertreibung Heliodor’s aus dem Tempel, 4) im Chor: die Deckengemälde mit Mariae Verkündigung und Christi Geburt; ferner Auferstehung und Himmelfahrt Christi, 5) die Freskomalerei der großen Kuppel von 21,42 m Durchmesser, gemeinsam mit Franz Anton Z.: Stiftung der Kirche durch den h. Geist. Dieses Thema ist in folgender Weise gelöst: in einem großartigen Tempel ist das h. Pfingstfest dargestellt, gegenüber stellt eine weibliche Figur, auf einer Kugel stehend, die Kirche dar, zu welcher alle Nationen schutzflehend eilen. In vier kleineren Feldern die vier Evangelisten, 6) die Zeichnung zur Kanzel neben dem 1. Josephsaltar, mit Scenen aus dem Leben Christi (in Gips ausgeführt von Feuchtmayr), [657] 7) gegenüber der Kanzel über dem Taufstein ein Aufbau, ähnlich der Kanzel, nach Zeichnung des J. J. Zeiller. Scenen aus dem Leben Christi, 8) das Freskobild in der Mittelkuppel der Kirche, die Heiligen des Benedictinerordens, welche sich um die Ausbreitung des Christenthums verdient gemacht haben. Durch schöne Gruppirungen und glücklich gewählte Farbencontraste ist das einförmige Schwarz der Ordenskleider ausgeglichen. In den vier kleineren Feldern, gelb in gelb, Ereignisse der Ordensgeschichte, 9) in der östlichen Elterncapelle das Hauptaltarblatt mit dem Martyrium des h. Alexander. In derselben Capelle über der Thüre zur Sacristei: ein Oelgemälde des h. Petrus, 10) in der westlichen schmerzhaften Capelle das Hauptaltarblatt: Papst Pius V. betet um Sieg der christlichen Waffen in der Schlacht bei Lepanto. Darüber ein kleineres Oelgemälde: Maria reicht dem h. Simon Stock, General des Carmeliterordens das Scapulier, 11) über dem Eingang ins Beichthaus: die h. Magdalena, sowie am Plafond: Maria als Fürbitterin, 13) an der Südwand der Nicolauscapelle: Altarblatt, den h. Nicolaus darstellend. Plafondgemälde, wie der h. Nicolaus drei ungerecht zum Tode Verurtheilte errettet, 13) Deckengemälde über dem Musikchor: Stiftung, Bestätigung und Erhaltung des Gotteshauses, 14) in der Antoniuscapelle Altarblatt: der h. Antonius das Christkind anbetend, 15) im Beichthaus, zwei Altargemälde: Gott erscheint Moses im feurigen Busch. Moses salbt seinen Bruder Aaron zum Hohepriester, 16) im Gange zum Kreuzgang des Gastgebäudes zwei kleine Deckengemälde: Engel tragen den siebenarmigen Leuchter und den Schaubrodtisch. Auch eine kleinere Kirche desselben Ordens eine halbe Stunde von Ottobeuren soll Z. nach P. Denifle mit Fresken geschmückt haben.

Außer den Klöstern von Ettal, Füssen, Ottobeuren hat Z. ferner folgende Klöster und Kirchen der Benedictiner in Baiern mit seinen Werken geschmückt: die Anastasiacapelle in Benedictbeuren mit dem coloristisch stimmungsvollen Deckengemälde der Verklärung der Heiligen, bezeichnet: Joh. Jacob Zeiller inv. et pin. 1752 (Bezold u. Riehl I, 666), die Klosterkirche bei Schönarting in Niederbaiern, die Abteikirche von Fischingen, wo er den h. Benedict, von allen vier Welttheilen verehrt, darstellte. Nach P. Denifle soll die Skizze besser gewesen sein, als das ausgeführte Freskobild, welches ihm etwas matt in der Farbe schien. Doch vermuthet er, daß der Künstler absichtlich die Farben gebrochen und gedämpft habe, um bei dem niedrigen Raum das Gemälde höher erscheinen zu lassen, als es wirklich ist, – die Klosterkirch von Son (?) in Niederbaiern, diejenige von Fürstenzell, wo er auch das Hochaltarblatt malte. In der Pfarrkirche von Oberammergau befindet sich am 2. Seitenaltar rechts ein Altarblatt von Z., welches den h. Antonius von Padua darstellt, wie er das Christkind küßt.

Die Gemälde seiner letzten Altersperiode (von 1774 bis zu seinem Tode 1783) befinden sich ausnahmslos in den Nachbargemeinden seines Heimathsortes Reutte, d. h. innerhalb des Decanats Breitenwang und im oberen Lechthal. In den Jahren 1774 bis 1776 malte Z. das an Stelle einer plumpen Holzdecke neu construirte Gewölbe in der Pfarrkirche zum h. Nicolaus in Elbingenalb aus (s. Rapp, Beschr. d. Diöc. Brixen V, 611). Im Presbyterium stellte er Nicolaus, Werke der Barmherzigkeit ausübend, dar. Im Langhaus sehen wir in der Mitte den Triumph der christlichen Religion durch die symbolischen Bilder der Apocalypse verherrlicht. Ueber dem Musikchor zunächst dem Eingang der Kirche: die Befreiung eines jungen Christensklaven aus den Händen der Ungläubigen durch den h. Nicolaus. Außerdem stellte er in den Zwickelmedaillons die Brustbilder der Apostel monochrom dar. Auf diesen Gemälden zeichnete er sich: J. J. Zeiller [658] S. C. M. Academ. Pict. 1776. Diese Fresken, welche durch die Frische und den Reichthum der Erfindung mit Recht das Lob verdienen, das ihnen gespendet wurde (s. Beschr. d. Diöc. Brixen V, 611), zeigen zum Theil auch prächtige malerische Wirkungen, aber doch im ganzen eine etwas mattere, gedämpftere Farbenstimmung, als wir sie an den gut erhaltenen Werken des kräftigsten Mannesalters des Künstlers in den genannten bairischen Klöstern finden. Außerdem steigert sich in ihnen die Virtuosität der Mache bis zur Flüchtigkeit und Derbheit. Letzterer Umstand mochte seinen besonderen Grund darin haben, daß Z. einen sehr billigen Vertrag zur Ausmalung der Kirche geschlossen hatte, ohne sie zuvor gesehen zu haben. „Mit dem Capellerl werden wir bald fertig werden“ meinte er, „das Capellerl machte ihn aber recht unangenehm stutzig, so daß er durch eine Bravourleistung seinen leichtsinnigen Rechnungsfehler zu bessern suchte“ (O. Jele, Tiroler Bote 1898, Beil. zu Nr. 187). Allerdings wird der Eindruck der Fresken auch geschädigt durch die geschmacklose Erneuerung der decorativen Malereien in dieser Kirche. Früher befand sich in derselben Kirche auch ein Altarblatt Zeiller’s, das zum Aufrollen bestimmt war und die Mutter Gottes darstellte (Beschr. d. Diöz. Brixen V, 610). In dieselbe Zeit dürfte auch das Hochaltarblatt fallen, welches er für die Expositurkirche zum h. Michael in Stanzach unentgeltlich malte, nachdem die alte Kirche 1774 abgebrannt war. Der Neubau wurde sofort in Angriff genommen, 1782 wurde die neue Kirche geweiht. In die Zwischenzeit zwischen diesen beiden Daten fällt also jedenfalls die Ausführung des genannten Gemäldes. Dasselbe stellt den h. Michael dar, wie er die gefallenen Engel verstößt. Das eindrucksvolle Bild ist trefflich componirt (P. Denifle S. 317) und zeichnet sich durch ein kräftiges, feuriges Colorit, sowie echt malerische Wirkung aus.

Ebenfalls im Jahre 1776 malte Z. (angeblich gleichfalls unentgeltlich) für die neugebaute Seelsorgkirche in Oberstockach ein Hochaltarblatt, welches die Ruhe auf der Flucht nach Aegypten in der üblichen Compositionsweise darstellt. Maria mit dem Kind auf dem Schoße sitzt unter einem Baume, von welchem Joseph einen Zweig mit Früchten abgebrochen hat und ihn dem Kinde reicht, das seinen Arm danach emporstreckt. Ein Engel hält den Esel, der aus einem Bache trinkt, andere Engel schweben in den Lüften. Das mit Liebe durchgeführte Bild mit trefflicher Farbengebung und Beleuchtung gehört zu einem der besten Zeiller’s.

In dieselbe Zeit dürfte auch das Freskobild der Himmelfahrt Maria’s fallen, welches er im Chor der Kirche von Bach (1 Stunde von Elbingenalp) ausführte und das sich durch die vornehme Anmuth Maria’s und den Liebreiz der Engelglorie auszeichnet.

Vom Jahre 1778 stammt ein großes Deckengemälde von ihm im Langhaus der Pfarrkirche des h. Laurentius zu Büchelbach, welches die Verurtheilung des h. Laurentius durch heidnische Richter zum Gegenstand hat. Trotz mancher Flüchtigkeit und Derbheit in der Zeichnung und Ausführung besonders mancher Nebenfiguren zeichnet sich auch dieses umfangreiche Freskobild doch noch durch die diesem Künstler eigene warme Kraft des Colorits, malerische Gruppenbildung und unmittelbare Belebung aus. Die Verbindung zwischen Plafond und Wand wird durch Zwickel und Kappen hergestellt, welche ebenso wie die Triumphbogen gegen den Chor mit Malereien Zeiller’s geschmückt sind. In den Zwickeln befinden sich in farbigen Cartouchen mit stark bewegtem Stuccoblattwerk sehr anmuthige Engel mit Meßgeräthen, Palmen, Kreuzen, Monstranzen etc., in den Kappen paarweise in Rococomuscheln die Brustbilder der zwölf Apostel, in breiten kräftigen Pinselstrichen voller Farbenfrische wirkungsvoll [659] charakterisirt. An beiden Seiten des Triumphbogens sind, gleichfalls von Cartouchen umrahmt, die vier lateinischen Kirchenväter, in ausdrucksvollen Bewegungen dargestellt. Erregt wenden sie ihre Blicke nach der Mitte des Triumphbogens, wo der h. Geist in einem Oval schwebt. Am unteren Rand des Plafondgemäldes befindet sich die Inschrift: J. Jacob Zeiller S. C. M. Acad. pict. inv. et fecit 1778. Wir sehen den Proconsul unter einem rothbraunen Zeltdach auf seiner Sella thronen, zu welcher steinerne Stufen emporführen. Seine sonnig beleuchteten Gewänder schillern in den lebhaftesten Farben. Vor ihm steht der h. Laurentius, seinen Blick begeistert zum Himmel erhebend, doch ist der Ausdruck seines etwas zu großen Kopfes einigermaßen flau. Er sowol wie seine Richter sind von römischen Soldaten in lebhaften, kräftigen Farben umgeben, deren Ausführung zum Theil aber stark decorativ ist. Trefflich charakterisirt und belebt ist im Vordergrund die Gruppe der Gebresthaften und Armen, welche der Heilige an Stelle des für sie verwendeten Kirchenschatzes vorführt. Junge Mädchen, Mütter mit ihren Säuglingen, Krüppel, ein ganzer Wagen mit Kranken sind in reicher Gruppenbildung vorgeführt, freilich ebenfalls nicht ohne Derbheiten und Verzeichnungen. Sehr schön ist der landschaftliche Hintergrund mit Wiesen, Felsen und einer Stadt in duftiger Ferne dargestellt. Oben am lichtblauen Himmelszelt sehen wir eine himmlische Gruppe, welche im Gegensatz zur irdischen schwungvoller und in zarteren Tönen componirt und gemalt ist. In der Mitte sehen wir auf rosigem Wolkenball den Heiligen im Diakonengewand knieen, von zwei prächtig beleuchteten farbenschillernden Engeln getragen. Rechts davon trägt eine in Form und Farben äußerst anmuthige Engelgruppe sein Leidensinstrument, den Rost, unter ihm schwebt die Caritas, ebenfalls eine liebliche, farbenduftige Gestalt. Ueber dem Heiligen geht das Himmelsblau immer mehr in eine goldige Glorie über, in welcher die heilige Dreieinigkeit in geisterhaften Tönen, von Engeln umschwebt, erscheint; ein Engel hält eine Strahlenkrone über dem Haupte des h. Märtyrers. Das Feld über dem Orgelchor endlich ist mit einem Gemälde geschmückt, welches David, von musicirenden Engeln umgeben, darstellt.

P. Denifle behauptet, daß Z. in seinem 73. Lebensjahre für die „Pfarrkirche von Reute“ ein Deckengemälde des Martyriums des h. Laurentius gemalt habe. Nun besitzt aber Reutte gar keine eigene Pfarrkirche, sondern hängt von derjenigen in Breitenwang ab. Weder in dieser, dem h. Petrus und Paulus geweihten Kirche, noch auch in der Franciscanerkirche, der bedeutendsten Kirche von Reute, befindet sich ein solches Deckengemälde, so daß P. Denifle offenbar eine Verwechslung mit der Pfarrkirche von Büchelbach begangen hat.

Eine der letzten Arbeiten unseres Künstlers (die er nach P. Denifle ebenfalls unentgeltlich ausführte) ist das Freskogemälde, mit welchem er den Chor der Pfarrkirche der hh. Petrus und Paulus von Breitenwang ausschmückte, welche Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts neugebaut wurde (Rapp, Topogr.-statist. Beschr. d. Diöc. Brixen V, 256), während Z. schon 1783 starb. Dasselbe stellt die Schlüsselverleihung an den h. Petrus dar. Wenn sich auch hier vielleicht manche Fehler finden lassen, welche P. Denifle dem hohen Alter des Malers zu Gute rechnet, so zeigt auch dieses Gemälde doch viele Vorzüge, sei es hinsichtlich der frischen, kräftigen Färbung, sei es, was die prächtige Charakteristik einiger kräftig modellirten Apostelköpfe betrifft. Am wenigsten ansprechend ist der etwas zierlich tänzelnde und süßliche Christus, der dem Petrus die Schlüssel reicht. Zu beiden Seiten unter Rundfenstern sind köstliche Engel mit den Papstinsignien dargestellt. In einer Capelle derselben Kirche soll sich nach P. Denifle ein Altarblatt desselben Künstlers mit Christus im Grabe befunden haben. Ein weiteres Bild von ihm soll zur Fastenzeit daselbst [660] vorgezeigt worden sein. Zu seinen letzten Arbeiten dürften auch zwei Altarblätter in der Pfarrkirche zu Mariae Himmelfahrt in Holzgau gehören, deren eines die Brüder des h. Rosenkranzes, das andere den h. Domenicus darstellt. Sein allerletztes Werk war die Ausmalung der Pfarrkirche von Feldkirch in Vorarlberg, wo er die Geschichte Johannes des Täufers darstellte. Diese Fresken sollen nach P. Denifle besser gewesen sein, als mehrere der vorhergenannten. Doch obwol sie die Ursache seines Todes waren, indem er sich durch die Feuchtigkeit des Raumes eine schmerzhafte Krankheit zuzog, an der er 2 Jahre 2 Monate und 10 Tage darniederlag und am 8. Juli 1783 in seiner Heimath starb, – so entgingen diese Fresken selbst auch nicht ihrem Untergang, sondern wurden im J. 1873 bei der Erneuerung der Kirche durch mittelmäßige Malereien des Franz Kolb von Ellwangen ersetzt.


[652] *) Zu Bd. XLIV, S. 784.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist wohl nicht ein Pater Denifle, sondern Johann Peter Denifle (1739-1808), siehe den Artikel in der BLKÖ
  2. Vorlage: worden. worden.