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ADB:Ziegesar, Anton Freiherr von

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Artikel „Ziegesar, Anton Freiherr von“ von Carl Freiherr von Beaulieu-Marconnay in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 159–160, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ziegesar,_Anton_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 10:14 Uhr UTC)
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Ziegesar: Anton Freiherr von Z., großherzogl. sächs. Wirkl. Geh. Rath und Oberappellationsgerichtspräsident, ward geboren am 26. Juni 1783 zu Gotha, wo sein Vater (s. u.) Kanzler der Landesregierung und später Minister war. Schon in seinem 17. Jahre bezog er die Universität Jena, und dritthalb Jahre später Göttingen, mit Fleiß und Erfolg dem Rechtsstudium sich widmend. Mittlerweile hatte sein Vater den Staatsdienst verlassen und sich auf sein Gut Drackendorf bei Jena, am Fuße der Lobda-Burg, zurückgezogen. Hier lernte der Herzog Karl August von Weimar den Jüngling kennen, in dem sittlicher Ernst und gesellige Munterkeit im glücklichsten Ebenmaß sich vereint fanden. Dem scharfen Blick des geistreichen Regenten entging nicht, daß hier eine bedeutende Persönlichkeit zu gewinnen war, – und so geschah es, daß Z. nach seiner Rückkehr von Göttingen im J. 1804 zum Assessor bei der Regierung in Weimar ernannt wurde. Während er in dieser Stellung durch gediegene Kenntnisse und regen Diensteifer allen Anforderungen entsprach, veranlaßte seine persönliche Liebenswürdigkeit, daß er als Gehülfe des Oberhofmeisters v. Einsiedel dem Hofstaate der Herzogin Anna Amalia beigesellt wurde. Die Schlacht von Jena zerstörte zu früh jenen fürstlichen Kreis und brachte in ihren traurigsten Consequenzen eine Reihe von Widerwärtigkeiten und Gefahren der peinlichsten Art, denen Z. persönlich entgegenzutreten hatte. Seiner besonnenen Umsicht gelang es, manch drückendes Ungemach zu beseitigen; das Schmerzlichste war für ihn, die irdischen Ueberreste der Herzogin Anna Amalia, die am 10. April 1807 den zerstörenden Eindrücken stets erneuter Unglücksfälle erlegen war, in einsamer Mitternachtsstunde in die fürstliche Gruft der Stadtkirche zu geleiten. Nachdem er im September 1807 sich eine eigene Häuslichkeit gegründet, begleitete er 1808 den damaligen Erbprinzen und dessen Gemahlin nach Petersburg und blieb Ersterem auch zur Seite während dessen Anwesenheit beim Congreß zu Erfurt. Die Kriegszüge im J. 1813 brachten wieder eine Menge der aufregendsten Episoden, deren Eindruck ihn aufs Krankenlager warf. Kaum genesen, traf ihn die Trauerpost vom Tode seines Vaters, der auf einer Treppe im Schloß von einem Nervenschlage getroffen worden. Der kaum dreißigjährige Z. wurde nun von den vereinigten Landständen an des Vaters Stelle zum Generallandschaftsdirector erwählt, und als solcher führte er auch den Vorsitz bei der Berathungsversammlung über das Grundgesetz vom 5. Mai 1816. Inzwischen hatte ihn das Vertrauen seines Großherzogs schon am 1. Januar 1816 zum Präsidenten der Landesdirection ernannt; doch bereits am Ende desselben Jahres verließ er diese Stellung, die seiner ganzen Richtung nicht conform war, um bei dem neuerrichteten Oberappellationsgericht zu Jena die zweite Präsidentenstelle einzunehmen, bis er, nach dem 1825 erfolgenden Rücktritt des greisen Einsiedel, die Stelle als alleiniger Präsident übernahm. Hiermit vereinigte er noch im J. 1829 die Curatel der Universität und 1839 die Stelle eines Spruchmanns beim Bundesschiedsgericht. Sein redlicher Charakter, seine [160] unbestechliche Rechtlichkeit, seine milde Humanität erwarben ihm in allen diesen Aemtern die Hochachtung und Zuneigung seiner Collegen, der Universitätslehrer, des Publicums, und zugleich wußte er das Vertrauen der Studenten in vollem Maße sich zu verschaffen, von denen er den sehr bezeichnenden Namen „Anton Biedermann“ erhielt. Auch bei dem patriotischen Institut der Frauenvereine war er der langjährige berathende und vermittelnde Gehülfe der Großherzogin Maria Paulowna. Im Frühjahr 1843 fing seine Gesundheit an zu wanken; der Schmerz über den Verlust seiner ältesten, glücklich verheiratheten Tochter, schwächte seinen Lebensmuth. Eine Badecur täuschte die darauf gesetzten Erwartungen. Klar und getrost sah er seinem nahen Ende entgegen; mit heiterer Ruhe schaute er auf sein vergangenes Leben zurück. So schied er am Morgen des 13. November 1843. Gemäßigt in jedem Thun, jeder Leidenschaft abhold, scharfsinnig in Auffassung äußerer Eindrücke, unermüdet thätig und hülfreich für Andere, Gerechtigkeit und Wahrheit über alles ehrend und ausübend, schien ihm keine der Eigenschaften zu fehlen, die ein reines Lebensglück verbürgen. Wenn gleichwol in späteren Jahren jene heitere Stirne sich oft umwölkte, Zweifelmuth und ängstliche Sorge ihn überschlichen, so waren es immer nur die allzustrengen Anforderungen, die er an sich selbst stellte, oder der Schmerz über das verfehlte Ziel menschenfreundlicher Bemühungen, welche eine vorübergehende Mißstimmung veranlaßten. Doch nie konnte getäuschte Hoffnung ihn lange muthlos machen; der unvertilgbare Trieb, auch außerhalb der Sphäre seines Berufs nützlich zu werden, ließ ihn alsobald wieder jede Gelegenheit dazu ergreifen, und die Elasticität seines reinen Gemüths bewährte sich immer aufs neue bei jedem Sonnenblick in den Vorkommnissen des täglichen Lebens.