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ADB:Zoller, Karl August Christoph Friedrich von

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Artikel „Zoller, Karl August Christoph Friedrich von“ von Emil Schott in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 406–409, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zoller,_Karl_August_Christoph_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 21:09 Uhr UTC)
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Zoller: Karl August Christoph Friedrich von Z., geboren am 21. März 1773, † am 21. September 1858, württembergischer Pädagoge, Oberinspector und Pfarrer des königl. Waisenhauses und Rector des königl. Katharinenstiftes in Stuttgart. Am 21. März 1773 wurde Z. in Deizisau bei Eßlingen als der Sohn des dort wirkenden Pfarrers Johann Friedrich Zoller geboren. In der lateinischen Schule zu Kirchheim u. T., sodann in den Klosterschulen zu Denkendorf und Maulbronn wurde der reichbegabte und wißbegierige Knabe 1782–90 ausgebildet und vorbereitet auf das Studium der Theologie, der er sich, dem väterlichen Vorbilde folgend, widmen wollte. Die Zeit, die er 1790–93 auf der Landesuniversität Tübingen zubrachte, fiel zusammen mit jener gewaltigen Gährung, die in der äußeren Geschichte durch die französische Revolution hervorgerufen wurde und auf dem Gebiete des wissenschaftlichen Lebens an Namen wie Kant und Fichte sich knüpft, und der lebhafte Verkehr, in dem Z. damals mit Studiengenossen, wie Schelling, Hegel und Hölderlin stand, regte den offenen Sinn des lebendigen Jünglings mächtig an; für seine Wissenschaft selbst fand er besonders in dem damaligen Professor Storr einen ehrwürdigen und fesselnden Lehrer. Schon in seinem 21. Jahre konnte er seinen kränkelnden Vater in Deizisau als Gehülfe und Stellvertreter im Pfarramte unterstützen und drei Jahre nachher, 1796, übertrug ihm das Vertrauen der Gemeinde diese Stelle definitiv, die er dann auch bis zum Jahre 1811 mit großer Pflichttreue und reichem Erfolge verwaltete. Schon damals lenkte sein ausgezeichnetes pädagogisches Talent und seine Liebe zur Jugend seine Thätigkeit [407] vielfach auf das Gebiet der Schule und Erziehung, und wie energisch er hiebei vorging, beweist – neben der Umbildung der eigentlichen Dorfschule – die Gründung einer Jugend-, einer Männer-, einer Soldaten- und einer Lehrerschule, wahrlich genug für das bescheidene Oertchen Deizisau. Junge Engländer, die er zur Erziehung in sein Haus aufnahm, veranlaßten ihn, sich der Erlernung der neueren Sprachen zuzuwenden: durch beispiellosen Fleiß, der ihn oft die Nacht zum Tag schlagen ließ, und durch sein ungemein leichtes Erfassen des Wissensstoffes eignete er sich mit der Zeit nicht weniger als elf derselben an. Die Jahre der Napoleonischen Kriegsstürme waren auch für Z. herb und hart; doch stand ihm hierin seine treue Lebensgefährtin, eine geborene Barrier, die er im J. 1799 heimgeführt und mit der er über 50 Jahre lang in glücklichster Ehe lebte, helfend zur Seite. Inzwischen hatte die vielseitige pädagogische Thätigkeit auch die Aufmerksamkeit der Behörde auf den unermüdlich wirkenden Pfarrer gelenkt und so wurde Z. 1811 als Schulinspector nach Stuttgart berufen. Hier eröffnete sich nun seinem rastlosen Eifer ein ungemein reiches Arbeitsfeld, hier war es ihm möglich, seine fruchtbarsten pädagogischen Ideen zu verwirklichen und in die Geschichte des Schulwesens der schwäbischen Residenz dauernd seinen Namen einzureihen. Gerade damals erlitten die Stuttgarter Volksschulen eine durchgehende Umgestaltung und hier war es nun Z., der in die Organisation der Bürgerschule, der Armenfreischule, der Katharinenschule etc. mit fester Hand eingriff und, von Pestalozzi’schem Geiste durchweht, der überallhin damals befruchtend sich verbreitete, den niederen Bildungsanstalten Stuttgarts den Stempel aufdrücken half, den sie z. Th. heute noch haben. Daneben versäumte er nicht, auch den Privatlehranstalten sein Augenmerk zuzuwenden. wie z. B. dem Tefinger’schen[1] Töchterinstitut; außerdem war er Geistlicher und Schulinspector am kgl. Waisenhaus und der damit verbundenen Lehrerbildungsanstalt, so daß man ihn als den Vorsteher sämmtlicher Stuttgarter Schulen, abgesehen von den Gymnasien, betrachten konnte. Diesem arbeitsvollen und umfänglichen Wirkungskreise trat nun seit dem Jahre 1818 noch ein zweiter bei, der Zoller’s pädagogische Erfahrung auch dem höheren Schulwesen zu gute kommen ließ. Abgesehen davon, daß ihm damals der englische Unterricht an mehreren Classen des Stuttgarter Gymnasiums übertragen wurde, gab ihm die Königin von Württemberg, Katharina, den ehrenvollen und die beste Anerkennung für sein segensreiches Wirken bildenden Auftrag, ihr bei der Gründung einer Bildungsanstalt für die Töchter der mittleren und höheren Stände berathend an die Hand zu gehen. Z. rechtfertigte das ihm geschenkte königliche Vertrauen in vollem Maße und wurde bei der Einrichtung des neuen Institutes, das späterhin den Namen „Katharinenstift“ erhielt, die rechte Hand der hohen Stifterin. Er war es, der den vollständigen Lehrplan entwarf und den allgemeinen Unterrichtsbetrieb regelte; zum Dank für seine verdienstvolle Mühe wurde er der erste Rector dieser seitdem herrlich herangeblühten Anstalt. Das Katharinenstift war fortan seine Lieblingsschule, der er bis an sein Ende das wärmste Interesse zuwandte, und trotzdem trat er im J. 1826 daneben noch als Oberinspector an die Spitze des Stuttgarter Waisenhauses und Jahrzehnte lang führte nun der pflichtgetreue Mann diese beiden so verschiedenartigen Aemter mit liebevollster Hingabe weiter. Eine lange Frist stand nun Z. als allgemein anerkannte Autorität an der Spitze des gesammten Stuttgarter Schulwesens. Tausende von Zöglingen beiderlei Geschlechts aus allen Schichten der Bevölkerung verdankten ihm die Bildung von Geist und Gemüth. Denn seine Schüler nicht bloß zu unterrichten, sondern auch sittlich zu erziehen, war Zoller’s ideales Streben und dazu befähigte ihn vor andern seine Liebe für die Jugend, seine Begeisterung für alles Edle und Gute, und seine tiefe, aufrichtige Religiosität. [408] – Neben dieser vielverzweigten praktischen Wirksamkeit führte Z. aber auch noch eine sehr fruchtbare Feder. Verschiedene Schulbücher, zum biblischen („Lehrbibel für Haus und Schule“, Stuttg. 1838), französischen („Hilfsbuch der franz. Sprache“, Stuttg. 1822; „Französisches Sprachbuch“, Stuttg. 1834, 2. Aufl. 1837) und ersten Leseunterricht („Fibel oder erster Unterricht im Lesen, Schreiben, Denken, Sprechen für die Schulen des Königr. Württemberg“, Stuttg. 1836, 2. Aufl. 1843; dazu Wandtafeln; „Anleitung zum Gebrauch der Wand- und Handfibel für die Schulen des Königr. Wütttemberg“, Stuttg. 1836, 2. Aufl. 1843; „Schul- und Bildungsbuch oder Anweisung zur methodischen Behandlung des Unterrichts der Kinder in den ersten Bildungsjahren“, 2 Theile, Stuttg. 1840) bezeugen sein vielseitiges Lehrtalent. Eine Bibliothèque française (Sér. I, Tom. I–XII. Sér. II, Tom. I–VI, Stuttg. 1850) für die Jugend gesammelt, beweist seine große Belesenheit auch in fremden Litteraturen. Daneben gaben regelmäßige Publicationen, wie die „Nachrichten vom Stuttgarter Waisenhaus“ oder die von ihm an den Feiern des Katharinenstiftes gehaltenen Festreden Zeugniß einerseits von seinem Verwaltungstalent, andrerseits von seinem klaren, gediegenen Stil. Von Schriften allgemeinen Inhalts aus Zoller’s Feder seien erwähnt: „Bilder aus Schwaben“ (Stuttg. 1834); „Stuttgart und seine Umgebungen“ (Stuttg. 1841) und „Masson, die berühmten Kinder aller Jahrhunderte, bearb. von Zoller“ (Stuttg. 1844).[2] Endlich hat Z. auch noch ein umfangreiches Memoirenwerk hinterlassen: „Das Bildungswerk in 25 Schulen“; doch ist dasselbe bis jetzt noch nicht im Druck erschienen, sondern befindet sich als Manuscript im Besitz von Zoller’s Sohn, Dr. Edmund Z., Director der königl. Hofbibliothek in Stuttgart. Nur ein Theil aus dem 23. Abschnitt ist von letzterem veröffentlicht worden in der Schrift: „Das Katharinenstift. Blätter aus den Denkwürdigkeiten eines deutschen Erziehers. Festgabe zum Jubiläumstage von Dr. Edmund Zoller“ (2. Aufl. Stuttg. 1868). Das Memoirenwerk, in 25 Abschnitte zerfallend, enthält neben „des Verfassers eigenem Bildungsgang“ das vollständige pädagogische Testament Zoller’s. Sämmtliche Arten von Schulen von der Kleinkinderschule an bis zum Lehrerseminar, mit Einschluß von den verschiedensten Specialschulen (Soldaten-, Waisenhaus-, Landwirthschafts-, Hausfrauenschule u. a. m.) in Stadt und Land sind berücksichtigt, und das Ganze läßt nicht nur die ungemein vielseitige organisatorische Thätigkeit Zoller’s und sein lückenloses Wissen auf allen Gebieten der Pädagogik erkennen, sondern ist zugleich eine werthvolle historische Quelle für die Erforschung des württembergischen, speciell des Stuttgarter Schulwesens in der ersten Hälfte d. 19. Jahrhunderts. Cap. 13 („Waisenhausschule“) berichtet u. a. von mannichfachen Versuchen Zoller’s mit den verschiedenen Methoden des Lesenlernens; auf die hiebei gemachten Erfahrungen gründet sich die Zoller’sche Fibel. – Im J. 1840 legte Z. das Rectorat am kgl. Katharinenstift nieder. Das Oberinspectorat und Pfarramt am kgl. Waisenhause dagegen gab er erst 1847, das Lehramt der englischen Sprache am Gymnasium im J. 1848 ab, um, von seinem König durch Verleihung des Kronenordens geehrt, in den wohlverdienten Ruhestand zurückzutreten, der ihm noch zehn Jahre beschieden war. Am 21. September 1858, in einem Alter von 851/2 Jahren, entschlief Z., nachdem er noch bis zum letzten Tag eine seltene Geistesfrische bewahrt hatte.

„Zum Andenken Zoller’s in „Die Volksschule“ 1858, S. 169–172. – Edmund Zoller, „Das Katharinenstift“, Blätter aus den Denkwürdigkeiten e. deutschen Erziehers, 2. Aufl., Stuttg. 1868. – Merkle, Das kgl. Katharinenstift zu Stuttgart, in: Mitthlgn. d. Ges. f. dtsch. Erziehungs- u. Schulgeschichte, Jg. IX, Heft 1, S. 1 ff. Berl. 1899. – Zoller’s nachgelassenes Memoirenwerk „Das Bildungswerk in 25 Schulen“, das dem Verf. obiger [409] Zeilen von Zoller’s Sohn, Director Edmund Zoller in Stuttgart, zur Benutzung überlassen wurde.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 407. Z. 25 v. o. l.: Tafingersche. [Bd. 45, S. 677]
  2. S. 408. Z. 17–20. Die hier irrthümlich genannten Schriften sind nicht von dem hier besprochenen Zoller, sondern von seinem gleichnamigen Sohne. [Bd. 45, S. 677]