ADB:Zwinger, Johannes

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Artikel „Zwinger, Johannes“ von Arnold von Salis in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 541–542, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zwinger,_Johannes&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 19:17 Uhr UTC)
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Zwinger: Johannes Z. (26. August 1634 – 26. Februar 1696), Dr. und Professor der Theologie zu Basel 1664–1696, einziger Sohn von Antistes Theodor Z. (s. u. S. 544), ist in Basel geboren am 26. Aug. 1634 und wurde schon 1654 als Candidat ins Ministerium aufgenommen. Er begab sich sodann nach Genf und war dort eine Zeit lang Pfarrer der deutschen Gemeinde. Nach einer Studienreise mit Aufenthalten in Heidelberg, Utrecht, Amsterdam, Leyden, Gröningen, Bremen und Marburg kehrte er am 3. October 1656 nach Basel heim und wurde hier „in der Stunde seiner Ankunft einhellig zu einem Professor der griechischen Sprache erwehlet“. Sein Schwager, Lukas Gernler, war kurz vorher Antistes geworden nach dem Tode des Vaters Theodor Z. Durch seine Mutter, eine Tochter von Prof. Joh. Buxtorf II, stand Z. auch diesem letzteren nahe. Und so finden wir ihn auch neben jenen beiden als Gegner des Schotten Duräus und seines Unionsprojectes (s. den Artikel Theodor Z.), als derselbe 1662 wieder in die Schweiz kam und 1666 nach Basel. Die Vermuthung liegt nicht ferne, daß die ablehnende Haltung des Genannten gegenüber Duräus z. Th. damit zusammenhing, daß der von ihnen verfaßte orthodox-reformirte „Syllabus Controversiarum“ eben 1662 erschien, und darum eine „Capitulation mit der lutherischen Kirche“ von ihnen wollte [542] vermieden werden. 1664 wurde Z. Prof. Controv. et Loc. Comm. sowie Dr. theol. (Febr. 1665) und 1675 Prof. Vet. Testamenti. Eben sollte die von Heidegger (Zürich), Turretin (Genf) und Gernler (Basel) ausgearbeitete „Formula Consensus Helvetica“ mit ihrer scharfen Ausprägung der Dordrechter Lehre und der Vocalinspirationstheorie, nachdem der theologische Convent sie schon im November 1671 gebilligt hatte, dem Rathe vorgelegt werden, als Lukas Gernler starb (9. Febr. 1675). Bevor ein Nachfolger desselben im Antistitium gewählt war, erschien statt eines solchen Prof. Johannes Z. am 6. März an der Spitze einer Abordnung der Geistlichkeit vor dem Rath, um diesem „nomine totius ministerii“ diese Consensformel zur Annahme zu empfehlen, und zwar in dem Sinne, daß sie „gleiches Ansehen mit den Confessionen bekomme und ebensowohl verbindlich sei“, ja, daß die Weigerung, sie zu unterschreiben, vom Kirchen- und Schuldienste ausschließen sollte. Auffallend schnell willfahrte der Rath, und wurde die Formel auch in Zürich, Bern, Schaffhausen und Genf als verpflichtend, als „beständiges Gesetz“ angenommen. Es mag kaum nach Zwinger’s Sinn gewesen sein, daß Basel zuerst ihre Verbindlichkeit wieder aufhob. Im J. 1685 war Z. Prof. Novi Testamenti geworden. Und schon 1686 willigte Antistes Werenfels, auf Vorstellung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg an den Baseler Rath hin, gerne ein, in Zukunft auf die Unterzeichnung der Consensformel zu verzichten, wodurch diese in Basel thatsächlich aufgehoben ward; formell geschah es erst 1723, während Zürich und Bern sich auch jetzt noch dawider sträubten, trotz der Vorstellungen von England, Preußen und dem Corpus Evangelicorum zu Regensburg 1722. (Vgl. Hagenbach, Gesch. d. Basl. Conf., S. 167–182.)

In Dogmaticis erscheint Z. überhaupt starrsinnig orthodox, namentlich auch gegenüber den „Fanaticis Copernicanis“, zu welchen der Basler Mathematiker Peter Megerlin gezählt wurde. Ein diesbezüglicher Streit dauerte von 1675 bis 1681. Seine Polemik gegen die römische Kirche, insbesondere gegen deren Fronleichnamsfest, trug ihm die Bezeichnung ein „durum Pontificiorum Flagellum“ (vgl. Athen. Raur. und Hagenbach, Theol. Schule Basels, S. 3 f.). Seine philosophischen und theologischen Schriften, Disputationen u. s. w. finden sich aufgezählt bei Leu, Lex., S. 569 ff. Großes und bleibendes Verdienst um die Vaterstadt erwarb sich Z. durch seine Bemühungen um deren Universitätsbibliothek. Als Bibliothekar leitete er 1671 den Umzug der erweiterten Bibliothek aus den Räumlichkeiten beim Münster und aus dem „oberen Collegium“ in das Haus „zur Mücke“, ordnete dieselbe und verfertigte eigenhändig bis 1678 einen ausführlichen Katalog, in 5 Bänden der Manuscripte, in 12 Bänden der Druckwerke (s. Andr. Heusler, Gesch. d. öffentl. Bibl. d. Univ. Basel; Progr. zur Rectoratsfeier 1896). Z. starb am 26. Februar 1696, mitten in einer theologischen Vorlesung vom Schlage gerührt. Von seinen vier Söhnen wurden drei Mediciner oder Apotheker, einer, Johann Rudolf, Theologe und s. Z. Antistes der Basler Kirche (s. u.).