Zum Inhalt springen

ADB:Zöllner, Johann Karl Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Zöllner, Johann Karl Friedrich“ von Robert Knott in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 426–428, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Z%C3%B6llner,_Johann_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:00 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Zöllner, Andreas
Nächster>>>
Zöllner, Karl
Band 45 (1900), S. 426–428 (Quelle).
Karl Friedrich Zöllner bei Wikisource
Karl Friedrich Zöllner in der Wikipedia
Karl Friedrich Zöllner in Wikidata
GND-Nummer 118637185
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|45|426|428|Zöllner, Johann Karl Friedrich|Robert Knott|ADB:Zöllner, Johann Karl Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118637185}}    

Zöllner: Johann Karl Friedrich Z. war am 8. November 1834 als Sohn eines früheren Musterzeichners, späteren Kattundruckers zu Berlin geboren. Nachdem er auf dem „Köllnischen Gymnasium“ seiner Vaterstadt das Zeugniß der Reife erworben hatte, bezog er Michaelis 1855 die Universität Berlin um Physik und Naturwissenschaften zu studiren. Nach vier Semestern wandte er sich 1857 nach Basel. Schon als Berliner Student veröffentlichte er in Poggendorff’s Annalen (Band 100) „Photometrische Untersuchungen“. 1859 promovirte er in Basel mit einer auch in Poggendorff’s Annalen auszugsweise abgedruckten Dissertation „Photometrische Untersuchungen, insbesondere über die Lichtentwickelung galvanisch glühender Platindrähte“. Nach einem kürzeren Aufenthalt in Berlin richtete sich Z. ein kleines Privat-Observatorium auf dem Grundstücke seines Vaters, der früher Wolff’schen Kattundruckerei in Schönweide bei Köpenick ein, um hier die Vorarbeiten für seine erstere größere Arbeit „Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels“, die 1861 erschien, zu machen. Im ersten Theile dieser Schrift werden die Principien, auf denen die gesammte Photometrie beruht, sowol vom physiologischen, als auch vom physikalischen Gesichtspunkte aus einer genauen Betrachtung unterworfen und namentlich wird untersucht, in wie weit die von verschiedenen Beobachtern erhaltenen Resultate eine allgemeine Vergleichbarkeit zulassen. Der zweite Theil enthält eine ausführliche Beschreibung eines von Z. construirten Astrophotometers, das auch zugleich als Colorimeter zu verwenden ist. Durch zahlreiche Beobachtungen an künstlichen Sternen wird die Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit des Instruments bewiesen und am Schlusse sind verschiedene Methoden angegeben, um die von Punkten und Flächen ausgesandten Lichtmengen zu vergleichen und die Helligkeit von Nebelflecken und Kometen photometrisch zu bestimmen. Es ist ferner eine Methode angegeben, nach welcher sich jeder Beobachter von der [427] besonderen Art und Weise, wie sein Auge gegen Licht- und Farbenunterschiede reagirt, Rechenschaft geben und die erwähnten Eigenschaften seines Auges quantitativ bestimmen kann. Der dritte Theil endlich enthält einen Katalog von 226 photometrisch und z. Th. auch colorimetrisch bestimmten Fixsternen der 1. bis 5. Größe nebst einer Copie der dazu benutzten 2212 Originalbeobachtungen, welche sich auf 43 Nächte vertheilen. Zu dieser Arbeit war Z. durch ein astronomisches Preisausschreiben der Kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien veranlaßt worden. Das hier beschriebene Photometer hat in Fachkreisen die höchste Anerkennung gefunden. Seine Brauchbarkeit beweist u. a. seine weite Verbreitung; selbst die neuesten Institute für astrophysikalische Beobachtungen wie z. B. das Observatorium in Potsdam sind mit ihm ausgerüstet. – 1862 ging Z. nach Leipzig als Hilfsarbeiter an der dortigen Sternwarte. Hier schrieb er „Photometrische Untersuchungen mit besonderer Rücksicht auf die physische Beschaffenheit der Himmelskörper“. Das Werk enthält eine vergleichende Kritik von Lambert’s und Bouguer’s Principien der Photometrie, ferner eine Theorie der relativen Lichtstärken der Mondphasen und endlich die Resultate angestellter Beobachtungen. Am 13. März 1865 habilitirte sich Z. durch öffentliche Vertheidigung einer Dissertation „Theorie der relativen Lichtstärken der Mondphasen“. Bereits im folgenden Jahre erhielt er eine außerordentliche Professur in der philosophischen Facultät, und am 15. December 1866 hielt er in der Aula der Universität zu Leipzig seine akademische Antrittsvorlesung „Ueber die universelle Bedeutung der mechanischen Principien“, in der er die Astrophysik und die zu ihrer Cultivirung nothwendigen physikalischen Methoden, namentlich die Photometrie und Spektralanalyse, von einem allgemeinen historischen Standpunkte aus als nothwendige Entwicklungsphasen in der fortschreitenden Erkenntniß des Universums darstellt und versucht, das Princip von der Erhaltung der Kraft als eine logische Consequenz des Causalitätsgesetzes abzuleiten. – 1869 wurde er Mitglied der kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. – Zur Feier des 300jährigen Geburtstages von Kepler (27. December 1871) erschien sein berühmtes Buch: „Ueber die Natur der Cometen. Beiträge zur Geschichte und Theorie der Erkenntniß“. Die Tendenz dieser Schrift, die bereits 1872 eine zweite Auflage, mit einem Nachwort „Zur Abwehr“ erlebte (dritte Auflage 1883), ist eine bei weitem allgemeinere, als der Titel andeutet. Die Vorrede (72 Seiten) wendet sich u. a. polemisch gegen Mißbräuche, welche aus einer Ueberwucherung populärer Vorlesungen entstanden seien, und im dritten Theil des Werkes liefert der Verfasser unter dem Titel: „John Tyndalls Cometentheorie; Studien im Gebiete der Psychologie und Erkenntnißtheorie“ eine „psychologische Theorie der Eitelkeit und derjenigen Gebrechen, welche bereits in der Vorrede angedeutet waren“. Der vierte Theil endlich, „Aphorismen zur Geschichte und Theorie der Erkenntniß“, ist der umfangreichste und beweist u. a. durch wörtliche Citate aus Kant, Schopenhauer auf der einen, und Helmholtz, Dove, Hansen, Wallace u. a. auf der andern Seite, daß viele Resultate unserer exacten Wissenschaften fast in wörtlicher Uebereinstimmung von wirklichen Philosophen anticipirt worden sind. – Seinem Freunde W. Weber widmete er zu dessen 50jähr. Doctorjubiläum am 26. August 1876 ein größer angelegtes Werk „Principien einer elektro-dynamischen Theorie der Materie“, von dem indeß nur der erste Band erschien. Es wird darin die universelle Bedeutung des von W. Weber im Jahre 1846 aufgestellten elektrodynamischen Grundgesetzes discutirt, und dieses gegen die von Helmholtz, Thomson und Tait gemachten Einwendungen vertheidigt. – Bis 1876 hatte Z. an den „Berichten der mathematisch-physikalischen Klasse der Kgl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften“ und an den „Astronomischen Nachrichten“, bis 1877 an „Poggendorff’s Annalen“ mitgearbeitet. Seitdem [428] aber gab er alle seine Arbeiten unter dem Titel „Wissenschaftliche Abhandlungen“ (4 Bände, Leipzig 1878–1881) in Sonderheften und Bänden und auf eigene Kosten heraus, weil, wie er sagt, bei der Veröffentlichung der Arbeiten in Journalen oder akademischen Schriften die ideelle Einheit und das geistige Band, welches naturgemäß die litterarischen Erzeugnisse eines und desselben Autors verknüpfen müsse, für das Publicum sonst verloren gehen. – Seine äußerst zahlreichen Abhandlungen zeigen uns Z. immer nicht nur als Naturforscher, Astronomen, sondern stets auch als Philosophen, Erkenntnißtheoretiker. Aus dieser Veranlagung heraus erklärt sich auch sein Eintreten für den Spiritismus, zu dessen Anhänger er durch die Experimente des Amerikaners Henry Slade geworden war. Es ist bedauerlich, daß ihm hieraus so viel Gegnerschaft seitens der reinen „Naturwissenschaftler“ entstand. Seine Gegner verstiegen sich schließlich sogar so weit, ihn für geisteskrank zu erklären. Daß er weit davon entfernt war, leichtgläubiger Phantast zu sein, sondern sich vielmehr nur unleugbaren Thatsachen beugte, beweisen viele Stellen aus seinen Schriften. Besonders interessant in dieser Beziehung ist eine Stelle aus der Vorrede zum dritten Bande seiner wissenschaftlichen Abhandlungen, S. XXXVI ff., auf die hier verwiesen sein mag. Bei der Abwehr der Angriffe, die ihm diese seine philosophische Ueberzeugung eintrug, mußte er, wie er sagt, „zuweilen seine wissenschaftlich reinen Glacéhandschuhe mit moralisch reinen Fausthandschuhen vertauschen“. – Z., seit 1872 ordentlicher Professor der Astrophysik an der Universität Leipzig, wurde in späteren Jahren auch auswärtiges Mitglied der königl. Astronomischen Gesellschaft zu London, der kaiserl. Akademie der Naturforscher zu Moskau, Ehrenmitglied des physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main, der Société scientifique d’Études pychologiques zu Paris und der British National Association of Spiritualists zu London. Er starb am 25. April 1882 früh 91/2 Uhr zu Leipzig plötzlich infolge eines Schlagflusses an seinem Studirpult, unverehelicht. Es überlebten ihn mehrere Geschwister und seine Mutter Marie Z. – Ein ausführliches Verzeichniß seiner Werke findet sich in Poggendorff’s biogr.-litterar. Handwörterbuch, auch „Neue Folge“.

Poggendorff, Biographisch-litterarisches Handwörterbuch. – Brockhaus’ Konversationslexikon. – Leipziger Illustr. Zeitung, 1882. – Psychologische Studien, herausgegeben von Aksakow, 1882; auch 1883. – Vgl. auch eine hier nicht benutzte Schrift: Moritz Wirth, Friedrich Zöllner. Ein Vortrag mit Zöllner’s Bild und Handschrift. Leipzig 1882.