Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H1

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Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke
Heft 1 der Section Markgrafenthum Oberlausitz
Heft 2 des Lausitzer Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Landhaus zu Budissin
  2. Schloss Königsbrück
  3. Nieder Kayna
  4. Schloss Gaussig


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Album
der
Rittergüter und Schlösser
im
Königreiche Sachsen.


Nach der Natur neu aufgenommen von
F. Heise, Architect.
Unter Mitwirkung tüchtiger Fachmänner so wie unter den Auspicien der betreffenden geehrten Herren Grundbesitzer und unter Beihülfe anerkannter Geschichtsforscher und der besten Quellen.
Mit historisch-statistisch bearbeitetem Text herausgegeben
von
G. A. Poenicke.




Einzige Original-Ausgabe
Mit Dedicationsannahme der geehrten Herren Vorsitzenden der Stände der fünf ritterschaftlichen Kreise.




III. Section.
Markgrafenthum Oberlausitz




Leipzig:
Die Expedition des Albums sächsischer Rittergüter und Schlösser.
Commiss.: Gustav Poenicke in Leipzig.

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Den Herren Kreisvorständen
     
G. H. Freiherrn von Biedermann
Friedrich Ernst von Schönfels
auf Nieder-Forchheim
auf Reuth
Königl. Sächs. Amtshauptmann und Domcapitular im Collegiatstifte zu Wurzen.
Königl. Sächs. Rittmeister a. D. und Comthur des S. Civil-Verdienstordens.
     
Friedrich Freiherrn von Friesen
H. E. A. von Thielau
auf Rötha und Trachenau
auf Plotzen
Königl. Sächs. Kammerherr, Geh. Finanzrath, Vorsitzender des erbländisch-ritterschaftlichen Creditvereins im Königreich Sachsen, Ritter des Civil-Verdienstordens etc.
Director der Landständischen Bank zu Budissin und Ritter des Königl. Sächs. Civil-Verdienstordens.
     
Curt Robert Freiherrn von Welck
auf Riesa
Königl. Sächs. Amtshauptmann und Domcapitular im Collegiatstifte zu Wurzen.
     
als ein Zeichen höchster Verehrung und Ergebenheit
     
     
gewidmet
von  
     
dem Verleger.
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Landhaus zu Budissin.


An den lieblichen Ufern der Spree, hocherhaben auf zum Theil steil abfallenden Felsen, liegt die jetzige Vier- und Kreisstadt Budissin, von den Wenden gemeinhin Mjesto (d. i. Stadt) genannt, mit dem alten Schlosse Ortenburg. Schon unter Kaiser Carl dem Grossen soll an derselben Stelle ein befestigtes Lager errichtet worden und daraus dann später Burg und Stadt entstanden sein. Im 10. Jahrhundert wird Budissin zuerst als Hauptstadt der Oberlausitz genannt und hat stets den Sitz der Regierung und der Stände gebildet. Feuer und Schwerdt haben diese Stadt zwar sehr oft heimgesucht, aber welche Drangsale sie auch auszuhalten hatte, stets erholte sie sich schnell wieder von ihren Niederlagen, ja sie ging meist kräftiger und schöner aus ihnen hervor.

Nahe dem Schlosse Ortenburg, auf der Schlossgasse, liegt das Landhaus, der Schauplatz und Mittelpunkt der gemeinsamen Thätigkeit der Oberlausitzer Ritterschaft, und wir glauben die oberlausitzer Serie unseres Werkes nicht würdiger beginnen zu können, als mit Darstellung desselben.

Ohne in architectonischer Hinsicht besonders hervorzutreten, ist dieses Gebäude in allen seinen Theilen ausserordentlich stark und massiv erbaut, und bildet so einen würdigen Vereinigungspunkt für eine Corporation, die mit Klugheit, aber auch mit Kraft und Ausdauer, ihre Rechte und ihre Verfassung zu schützen und in so vielen Stürmen aufrecht zu erhalten wusste, ohne jedoch dabei den Anforderungen der vorschreitenden Zeit das Ohr zu verschliessen. Auf der Stelle, wo dies Landhaus steht, wurde schon 1659 ein solches erbaut, allein dasselbe wurde 1664, kurz nach seiner Vollendung, durch einen Brand, der durch Verwahrlosung entstanden sein soll, wieder zerstört, so dass das gegenwärtige Gebäude erst nach diesem Jahre erbaut worden ist.

Im Erdgeschoss des Landhauses befindet sich die, 1844 gestiftete, oberlausitzer Hypothekenbank, im ersten Stock aber der Ständesaal, in welchem die gewöhnlichen Provinziallandtage abgehalten werden. Eine besondere Zierde desselben bilden die Rüstungen, in welchen in früheren Zeiten der Vorritt erfolgt ist, und die nach altem Herkommen nach beendigter Feierlichkeit der Landschaft geschenkt und im Ständesaale aufgehängt werden mussten.




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Schloss Königsbrück,


Sitz der Standesherrn zu Königsbrück, in alten Urkunden auch Königsburg, von den Wenden aber noch jetzt Kunsperg genannt, liegt auf einer anmuthigen Erhöhung, neben der dazu gehörigen Vasallenstadt gleiches Namens, an den freundlichen Ufern der Pulsnitz, (die hier die Grenze zwischen den königl. sächs. Erblanden und der Oberlausitz bildet) an der Dresden-Budissiner Chaussee. Das Schloss ist von einem schönen Park umgeben, dessen Anlagen sich bis zum Flusse hinab erstrecken.

Kaiser Carl der Grosse liess hier eine Brücke über den Fluss schlagen und sie, als einen festen Punkt gegen die Sorben-Wenden, mit Vertheidigungswerken und einer stehenden Garnison versehen. Aus diesem Fort bildete sich nach und nach Burg und Stadt, die lange Zeit als ein wichtiger militärischer Punkt betrachtet, und im Jahre 1490 förmlich mit Festungswerken versehen wurde, von denen sich noch jetzt Spuren vorfinden. Als Stadt und königl. Burg findet sie sich schon in Urkunden vom Jahre 1268 genannt.

Als Standesherrschaft wird Königsbrück zwar schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts erwähnt, aber erst im Jahre 1680 als solche förmlich anerkannt und verbrieft. Dem jedesmaligen Besitzer der Standesherrschaft Königsbrück steht, nach der Provinzial-Verfassung, der Vorsitz im engern Ausschusse, und nach der Verfassungsurkunde eine erbliche Stimme in der ersten Kammer des Königreiches Sachsen zu.

Als die ältesten Besitzer werden die von Polenzk genannt; 1454 folgten ihnen die Burggrafen von Dohna, deren letzter, Christoph, zugleich Landgraf der Oberlausitz, 1560 ohne männliche Erben starb. Kaiser Ferdinand I. zog das hierdurch erledigte Lehn zwar ein, verlieh es aber alsbald einem Kaspar von Dohna, welcher jedoch nicht lange im Besitz blieb, sondern die Herrschaft an einen Freiherrn von Schellendorf verkaufte. Denen v. Schellendorf folgten, 1728 durch testamentarische Verfügung, der Gräfin Auguste Constanze v. Cosel, Gemahlin des vorletzten Grafen Heinr. Friedr. v. Friesen, die gräfliche v. Friesische, und nach deren Austerben, 1755 die freiherrl. v. Friesische Familie. Von dieser kaufte die Standesherrschaft Königsbrück 1776 der Graf von Rödern, der, nachdem er ansehnliche Theile davon abgetrennt, sie 1795 an den Reichsgrafen Münster-Meinhövel verkaufte. Unter diesem Besitzer, welcher in Vermögensverfall gerieth, wurden besonders die Waldungen stark angegriffen. 1803 endlich erkaufte der Graf Johann Wilhelm v. Hohenthal die Standesherrschaft und dessen Enkel der königl. sächs. Kammerherr, Graf Alfred von Hohenthal, ist gegenwärtiger Besitzer. Ausser dem besondern Rittergute Steinborn gehören dazu 5 Vorwerke, grosse Waldungen, Teiche und die Dörfer Golschdorf, Neukirch, Otterschütz, Quasdorf, Rohna, Schmorkau, Weisbach, Zeisholz, Zeitsch mit einem Areal von 2 Quadratmeilen; über Kirchen und Schulen haben die Standesherrn das Patronat und die Collectur.

Königsbrück hat viel und oft von Kriegsdrangsaalen zu leiden gehabt, und wurde 1350, unter einem von Schreckenstein, gänzlich zerstört. Merkwürdig ist der Ort aber auch noch durch eine Niederlage, welche am 23. Febr. 1637 4000 verzweifelte Bauern den Schweden daselbst beibrachten und mit altwendischer Tapferkeit [7] und heimischen Dreschflegeln, diese Plagegeister dermassen bearbeiteten, dass von den Angegriffenen nur wenige mit heiler Haut davon kamen. Beim Umbau eines Schloss-Flügels fand man in dem alten Burgverliess menschliche Skelette, deren Ueberreste an der jetzt eine Terrasse bildenden Mauer in 5 Reihen eingemauert sind. Im Hofe sieht man noch die früheren offenen Umgänge, ein Portal und einen Thurm, sämmtlich dem 15. Jahrhundert angehörend. 1847 brannten ein Drittel der Häuser der Stadt, 1848 die sämmtlichen Scheunen ab.

Der Wohlthätigkeitssinn der verschiedenen Besitzer hat die Stadt wie die ganze Herrschaft mit vielen milden Stiftungen versehen, zu denen die hochherzige Gemahlin des gegenwärtigen Herrn Besitzers, welche mit ihrem gleichgesinnten Gatten überall Segen spendend waltet, noch eine reich dotirte Kleinkinderbewahranstalt fügte.

Das im grossartigen Style erbaute Schloss, in seiner Grundform ein Hufeisen bildend, beherrscht die Gegend im weiten Umkreise. Die standesherrliche Canzlei hat in demselben ihren Sitz; das Rentamt ist in einem daneben gelegenen Gebäude. Eine grosse Bierbrauerei und Brandtweinbrennerei, nebst den übrigen Wirthschaftsgebäuden des herrschaftlichen Vorwerkes, liegen in der Nähe des Schlosses, welches wegen seiner schönen Lage öfter Gliedern der königl. Familie zum Sommeraufenthalt gedient hat.




Nieder Kayna


auch Nieder-Keyna, von den Wenden Delna Kina genannt, ist ein, in der anmuthigen und fruchtbaren Gegend Budissin’s, drei Viertelstunden von dieser Stadt gelegenes, Rittergut. So lange ältere Urkunden zurückreichen, war es im Eigenthume der Stadt Budissin, als besonderes Land mitleidendes Rittergut. In den 20er Jahren dieses Jahrhunderts wurde es jedoch an den Kammerherrn v. Hartmann veräussert, von dem es 1842 an die Familie Hetzer kam, welche es noch besitzt.

Das gesammte Gut brannte (1813) während der Schlacht bei Bautzen nieder; das Wohnhaus wurde erst 1843 von den jetzigen Besitzern im neuern, freundlichen Style erbaut.

Auf einer nahe bei dem Orte befindlichen Anhöhe, ordnete Napoleon am 21. Mai 1813 nach der Schlacht bei Wurschen, auf einer Trommel sitzend, die Verfolgung des Sieges an. Die den Ort umgebenden Anhöhen tragen viele Spuren von Hunnengräbern und nicht selten werden höchst interessante Versteinerungen in dessen nächster Umgebung gefunden.

Das zu dem Gute gehörige Areal gehört zum grossen Theil der zweiten Bodenklasse an. Ein zahlreicher Viehstand erhöht den Werth und bezeugt die, eben so nutzbringende als intelligente Bewirthschaftung dieses Gutes.




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Schloss Gaussig


in angenehmer, fruchtbarer Gegend, zwei Stunden süd-westlich von Budissin im freundlichen und gewerbthätigen Marktflecken gleiches Namens gelegen, ist der Sitz des gegenwärtigen Besitzers der Fidescommissherrschaft Gaussig, des Herrn Grafen v. Schall-Riaucour.

Ueber den Ursprung des Ortes finden sich keine urkundlichen Nachrichten, doch muss er schon in frühester Zeit entstanden sein, da seine Kirche zu den ältesten in der Gegend gehört.

Das Schloss, ein Gebäude im schönen und grossartigen neueren Style, wurde erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut, und es geht die Sage, dass die Erbauerin desselben, Frau Ursula Margarethe geb. von Haugwitz verw. Generalin von Neitschütz, († den 3. Juli 1713) auf den Gerüsten fleissig gesponnen habe, um die Bauleute unter eigner Aufsicht zum Fleiss aufzumuntern. Der schöne Park, die innere geschmakvolle, zum Theil prächtige Einrichtung des Schlosses, welches nebst einer schönen Bibliothek, eine, zwar nicht grosse aber ausgewählte, Gemäldesammlung enthält, bezeugt die hohe Bildung und den feinen Geschmack der Eigenthümer, wie die zahlreichen milden Stiftungen, deren sich die Herrschaft erfreut, den stets vorherrschenden Wohlthätigkeitssinn der Besitzer beurkunden. Als die ersten Besitzer, über welche man sichere Nachrichten hat, werden die v. Haugwitz genannt. Der letzten Besitzerin aus diesem Geschlecht, der Gemahlin des Generallieutnant und Obersten der Reiterei, Rudolph von Neitschütz, der oben genannten Erbauerin des Schlosses, folgte auf kurze Zeit Graf Hermann Carl von Kaiserling († 1764). Von diesem erkaufte Graf Andreas v. Riaucour die Herrschaft und hinterliess sie bei seinem, am 28. Octob. 1794 erfolgten Tode, als ein Familienfideicommiss. Dasselbe besteht aus den Rittergütern Gross- und Kleingaussig, Diehmen, Drauschkowitz, Medewitz, und dem Vorwerke Brösang.

Die Gerichtsbarkeit der Besitzer der Herrschaft erstreckt sich über Gaussig und 10 andere Dörfer; eben so steht den Besitzern das Patronat und die Collatur der Pfarrstellen zu Gaussig und der Schulen zu. In die Kirche zu Gaussig sind 22 Ortschaften eingepfarrt, von denen 10 im Meissner Kreise liegen.





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Nieder-Kayna
Nieder-Kayna
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Gaussig
Gaussig
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