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Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H2

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Heft 1 des Lausitzer Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke
Heft 2 der Section Markgrafenthum Oberlausitz
Heft 3 des Lausitzer Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Neschwitz
  2. Radibor
  3. Reibersdorf



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Neschwitz.


Die Gründung von Neschwitz (wendisch Nesstaczidto) in einer fruchtbaren Ebene am Schwarzwasser gelegen, fällt, wie die der meisten Ortschaften unserer Oberlausitz, in jene ferne Vorzeit, wo das Wendenvolk noch im vollen Besitze seiner Macht und Unabhängigkeit über weite Länderstrecken herrschte und seinen Göttern Flynz und Radegast in dunklen Hainen und auf hohen Bergesgipfeln geheimnissvolle Opfer brachte, bis endlich das heilige Kreuz des Christenthums über den zerstörten Altären auf blutgenässtem Boden sich erhob, und der überwundene Slave zum Hörigen der deutschen Sieger herabsank. Ueber die Bedeutung des Namens Neschwitz herrschen verschiedene Meinungen, indem Manche denselben von dem wendischen Worte neswadzicz, welches so viel als „sich nicht veruneinigen“ bedeutet, ableiten, so dass Neschwitz so viel wie Friedheim heissen würde; Andere dagegen behaupten, die Benennung komme von nesswadzicz – nicht Vesperbrod essen – her, und stützen sich dabei auf den Umstand, dass bis auf den heutigen Tag in Neschwitz die Feierabendglocke eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang geläutet werde, weil einst vor vielen Jahrhunderten ein Edelmann auf dem Neschwitzer Rittersitze mit seinen Leibeigenen sich dahin verglichen habe, ihnen täglich eine halbe Stunde der Frohnarbeitszeit zu erlassen, wenn sie ihren Ansprüchen auf das ihnen zustehende Vesperbrot entsagen wollten. Ueber jener fernen Vorzeit des Ortes Neschwitz liegt ein undurchdringlicher Schleier, erst mit dem dreizehnten Jahrhundert erhellt sich das Dunkel und erlaubt uns einige Blicke in Neschwitz’s Vergangenheit.

Historisch erscheint Neschwitz zuerst im Jahre 1268 in der Theilungsurkunde der Oberlausitz, datirt Plawe die Philippi Jacobi, wo es unter dem Namen Nyzwacz zu dem Budissiner Kreise geschlagen wurde. Zu dieser Zeit gehörte der Ort bereits den Rittern von Schreibersdorf, deren Familie es bis zum Jahre 1572 besass. Lucas von Schreibersdorf wird 1286 als Zeuge erwähnt, und 1309 bis 1334 kommt verschiedene Male urkundlich ein Leuther oder Lothar von Schreibersdorf vor, dem Hennig und Albrecht im Besitze des Gutes folgten. Caspar von Schreibersdorf entlehnte 1416 von Hans von Biberstein 200 Schock böhmische Groschen, wofür er dem Gläubiger sein Haus zu Neschwitz mit Zubehör verpfändete. Albrecht von Schreibersdorf, der erbittertste Feind der Hussiten, besass Neschwitz bereits vor dem Jahre 1463, trat 1467 am Tage Allerheiligen zu Görlitz einem Bündnisse vieler oberlausitzischen Städte und Edelleute gegen den hussitischen König Podjebrad bei, und zeichnete sich in dem darauf folgenden Kampfe nicht wenig aus, so dass Podjebrad, oder König Girsick, wie er gewöhnlich genannt wurde, den Ritter Albrecht zu seinen gefährlichsten Gegnern zählte. Dieser Albrecht von Schreibersdorf muss noch vor dem Jahre 1481 gestorben sein, denn zu dieser Zeit wird urkundlich Herr Martin von Maxen als Besitzer von Neschwitz genannt, dem jedoch das Gut schon 1492 nicht mehr gehörte, da es in diesem Jahre bereits wieder die Schreibersdorfe besassen, und zwar drei Brüder, mit Namen Hans, Caspar und Dietrich. Der letzte Schreibersdorf auf Neschwitz war Dietrich, der 1572 das Gut an den kaiserlichen Rath Hans Haubold von Schleinitz, Herrn auf Tollenstein, Rumburg, Nischeborn und Hainspach verkaufte. Dieser Haubold von Schleinitz war seit dem Jahre 1572 Landvoigt der Oberlausitz, und verwaltete dieses Amt getreulich zweiundzwanzig Jahre lang unter den Kaisern Maximilian II. und Rudolph II.; aber trotz aller Redlichkeit und völligen Tadellosigkeit hinsichtlich seiner Amtsführung, gelang es seinen Feinden dennoch, den edlen Mann bei dem schwachen, ängstlichen Kaiser Rudolph zu verdächtigen, so dass dieser ihn absetzte. Am 6. Juli 1594 hielt Haubold von Schleinitz vor den zusammenberufenen Ständen seine Abschiedsrede, und schied tief ergriffen aus einer Stellung, in der er sich die Liebe und Achtung des ganzen Kreises erworben hatte. Der schwer gekränkte Mann überlebte die ihm widerfahrene Ungerechtigkeit nicht lange, der Gram darüber brach ihm das Herz; er starb schon am 1. Januar 1595 auf dem Schlosse zu Neschwitz.

Nach des Landvoigts von Schleinitz Tode kam Neschwitz an Friedrich von Pannewitz, von dem es jedoch schon zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts durch Kauf an die Familie von Ponickau überging, von welcher Hans von Ponickau als erster Besitzer genannt wird. Ihm folgte Georg Rudolph von Ponickau, der sich als ein sehr frommer Herr viele Verdienste um Kirche und Schule erwarb. Durch eine Schenkungsurkunde, datirt vom 12. November 1604, überliess er auf ewige Zeiten dem Pfarrlehn zu Neschwitz einen Hüfner mit allen Frohnpflichten und sieben Thalern trocknen Zinsen; auch entwarf er im Jahre 1608 eine neue sehr strenge Schulordnung mit dem Titel: „Instruction, wie es mit den Knaben so in der Schule allhier zu Neschwitz instituiret werden und dem Organisten commandiret sind, hinfüro gehalten werden soll.“ Ebenso stiftete er auch am 8. April 1615 ein Legat, wodurch der Besitzer einer in Neschwitzer Flur gelegenen Wiese alljährlich achtzehn Groschen Erbpacht an die Schulkasse zu zahlen hat, wofür die Kinder am Charfreitage nach abgehaltenem Examen zur Aufmunterung mit Fastenbrezeln traktirt werden sollten. Das Vermächtniss besteht noch jetzt, da aber die jugendliche Bevölkerung zu Neschwitz zur Zeit zahlreicher ist, als vor dritthalbhundert Jahren, so musste die Kirchenkasse sich zur Zahlung eines Zuschusses verstehen, wofür die Wiese gegen den bestimmten Erbpacht an die [10] jedesmaligen Kirchenväter des Orts übergegangen ist. – Georg Rudolph von Ponickau’s Plan, Neschwitz zu einem Marktflecken zu erheben, weshalb er auch schon einen freien Platz vor dem jetzigen Kaufmannshause anlegen liess, misslang, indem er die landesherrliche Genehmigung nicht erhalten konnte. – Später erkaufte Neschwitz Conrad von Theler; 1674 gehörte es Frau Annen von Theler, gebornen von Güntherode, die zu Gunsten des Pfarrherrn, der Armen und der Schule ein Legat stiftete; 1676 George Bernhardt und 1689 Conrad Heinrich von Theler, von welchem Letztern es durch Kauf in Besitz des churfürstlich sächsischen Obersten von Schan-Rumohr überging. Dieser besass Neschwitz bis zum Jahre 1722, wo es der Herzog Friedrich Ludwig von Würtemberg, Graf von Mömpelgard, Herr zu Heidenheimb und kaiserlicher Generalfeldmarschall-Lieutenant erstand.

Zu dieser Zeit, wo nach dem Vorbilde des üppigen französischen Hofes die Fürsten und der hohe Adel fast aller europäischen Staaten einer ungemeinen Prunksucht fröhnten, entstanden durch den neuen Herrn in Neschwitz die prachtvollsten und kostspieligsten Anlagen. Das alte, mit Wallgräben umgebene Schloss, welches ein Ritter von Schreibersdorf in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts auf der Stelle der abgebrochenen ältesten Burg Neschwitz, einem engen Gebäude, errichtete, und in dem sich eine Kapelle befand, welcher vom Jahre 1454 bis zur Reformation besondere Schlosskapläne vorstanden, reichte mit seinen wenigen Räumlichkeiten für den prachtliebenden Herzog und seine zahlreichen Umgebungen nicht aus; deshalb liess er das alte Gebäu abbrechen und baute mit Ueberwindung unsäglicher Schwierigkeiten auf einem Hügel, der wegen des sumpfigen Grundes von Kies und Erde aufgeworfen werden musste, das jetzt sogenannte


Alte Palais,


welches er mit Kanälen und einem Wallgraben umgab, jedoch weniger als Wohnhaus, sondern vielmehr als Jagdschloss für sich und seinen Hofstaat während der Dauer der Jagdzeit benutzen wollte. Zugleich mit dem Palais entstanden die vier noch jetzt im Garten befindlichen symetrischen und massiven Pavillons; die herrlichsten neuen Anlagen zierten den Garten – der natürlich nach französischem Geschmacke angelegt wurde – und werthvolle Statuen, nebst einer auserlesenen Orangerie, trugen nicht wenig zur Verschönerung des ländlichen Fürstensitzes bei. Die Vergrösserung des Gartens machte es nothwendig, die alten Wirthschaftsgebäude abzubrechen und weiter westlich einen neuen Oeconomiehof zu erbauen, in dem sich zugleich ein schöner Marstall befindet. Von zwei, jetzt längst verschwundenen, für Roth- und Damwild eingerichteten Thiergärten ist blos ein Jagdhäuschen übrig geblieben, das in der Mitte des einen stand, und sehr vortheilhaft in die Augen fällt.

Der prachtliebende Herzog Friedrich Ludwig von Würtemberg starb um das Jahr 1733, und seine Wittwe, Ursula Katharine, geborne Fürstin von Teschen und Khotiborsch, behielt die Güter ihres Gemahls noch bis 1737, wo Neschwitz durch Kauf Eigenthum des Grafen Alexander Joseph von Sulkowsky, königlich Polnischen und churfürstlich Sächsischen Kabinetsministers und Generals der Infanterie wurde, der als eifriger Katholik seine Glaubensgenossen ausserordentlich begünstigte, so dass sie unter seinem Schutze sich zahlreich in der Umgegend ansiedelten. Während der Sulkowsky’schen Herrschaft trafen Neschwitz schwere Drangsale durch die Stürme des siebenjährigen Krieges: Misshandlungen der Einwohner, Brandschatzungen und Requisitionen, sowie die mehrmalige nahe Aufstellung preussischer und österreichischer Lager brachten die Bevölkerung von Neschwitz fast an den Bettelstab.

Im Jahre 1764 gelangte Neschwitz, nebst Zubehör, durch Kauf an den kaiserlich Oesterreichischen Rath und nachmaligen Sächsischen Geheimrath Freiherrn Wolfgang von Riesch, der es zu seinem Sommeraufenthalte wählte und die bereits ungemein schönen Gartenanlagen noch vielfach vergrösserte und verbesserte. Ein Herr von grossem Reichthum, Prachtliebe und Geschmack, schuf Freiherr Wolfgang von Riesch neue Fernsichten, liess Sümpfe entwässern, den Boden erhöhen, fruchtbare Erde herbeiführen und Kanäle ziehen. Durch ihn entstand das


Neue Palais,

nebst dem Orangeriehause, und dieser herrliche Bau, ein Werk des Architekten Krubsacius, Erbauers des Dresdner Landhauses, war nicht nur eine neue Zierde des Ortes, sondern er wurde auch für die Bewohner von Neschwitz und den umliegenden Ortschaften dadurch höchst wohlthätig, dass seine Herstellung ihnen bei der damals herrschenden schrecklichen Theuerung und Armuth eine reiche Erwerbsquelle eröffnete. Das neue Schloss enthält im Erdgeschoss das wunderschöne Orangeriehaus von 170 Ellen Länge, 19 Ellen Tiefe und 16 Ellen Höhe, in der Mitte über dem Orangeriehause aber befindet sich das Corps de Logis des Schlosses mit einem prachtvollen Balkon. Die Orangerie besteht aus den verschiedenartigsten Sorten und enthält 400 Stämme, darunter Exemplare von seltener Stärke und Schönheit, namentlich zeichnen sich vier Prachtstämme aus, welche als ein Geschenk des Fürsten Esterhazy aus Ungarn nach Neschwitz gelangten. Da die früher im Garten befindlichen drei Gewächshäuser eingegangen sind, so werden in der kälteren Jahreszeit mit der Orangerie auch die übrigen perennirenden und exotischen Gewächse im Orangeriehause aufbewahrt.

Dem Freiherrn Wolfgang von Riesch folgte im Jahre 1776 sein ältester Sohn Isaak Wolfgang, Freiherr, und seit 1792 Graf von Riesch, churfürstlich Sächsischer Geheimrath und königlich Polnischer Kammerherr, der während eines Zeitraums von beinahe vierzig Jahren die väterlichen Güter mit Liebe und Sachkenntniss pflegte, von seinen Reisen in Italien, Frankreich und England mannigfaltige Kunstschätze zurückbrachte und in Neschwitz eine Gallerie von mehreren hundert zum Theil sehr werthvollen Gemälden, eine bedeutende Bibliothek, eine Antiken-, Münz- und Mineraliensammlung, sowie ein Conchylienkabinet gründete. Um zugleich den Grundbesitz seines Hauses für die Dauer zu consolidiren, erhob er denselben mittelst Stiftungsurkunde vom 5. März 1800, confirmirt unter dem 31. März 1801, zum Majorat und Familien-Fideicommiss. Sein wohlwollender und menschenfreundlicher Sinn verband mit dieser Fundation die Begründung einer Cassa pia, welcher jährlich aus den Revenuen der Majoratsgüter eine Summe von ungefähr 450 Thalern zufliesst, die zum Besten der Armen und Nothleidenden, z. B. auch zur [11] Unterhaltung eines Arztes für unbemittelte Kranke, in diesen Ortschaften verwendet wird. Das Andenken des edlen, im Jahre 1810 verstorbenen frommen Stifters wird fortwährend in Segen gehalten. – Auch Graf Isaak Wolfgang brachte der Verschönerung des Gartens ausserordentliche Opfer, und verwendete auf seine Unterhaltung die grösste Sorgfalt, namentlich interessirte er sich sehr für die Anpflanzung neuer Baumgattungen. An dem Todestage des edlen Mannes (25. März) und dem seiner Gemahlin (19. März) liegt dem Ortspfarrer zu Neschwitz die Verpflichtung ob, im gräflichen Erbbegräbniss eine Gedächtnissrede zu halten.

Die Fideicommissgüter übernahm nach Graf Isaak Wolfgangs Tode sein einziger Bruder, der kaiserlich Oesterreichische General der Cavallerie Johann Sigismund Graf von Riesch, des militairischen Maria-Theresia-Ordens Ritter und Inhaber des sechsten Dragonerregiments. Auch er unterhielt die von seinen Vorfahren geschaffenen Garten- und Parkanlagen auf das Beste, und dieselben genossen damals eines so ausgebreiteten Rufes, dass aus der Nähe und Ferne zahlreiche Besucher dadurch herbeigeführt wurden. – In die Zeit der Regierung des Grafen Johann Sigismund fiel die unglückliche Periode des Krieges von 1813, wo auch Neschwitz empfindlich litt, namentlich am 9. Mai während des Kampfes bei Königswarthe zwischen York und Barklay de Tolly auf der einen, und Lauriston auf der andern Seite.

Die beiden nächstfolgenden Besitzer Franz Sigismund Graf von Riesch, k. k. Rittmeister von der Armee und königlich Bairischer Kammerherr, gestorben 1833 zu Dresden, und dessen Sohn, Graf Franz Theodor, bewohnten die Familiengüter nur wenig, und Letzterer, bis zum Jahre 1840 noch minorenn, fand sich bald nach erlangter Mündigkeit bewogen, dieselben an den nächstberechtigten Successor und gegenwärtigen Majoratsherrn Johann Wolfgang Sigismund Grafen von Riesch, Sohn zweiter Ehe des im Jahre 1821 mit Tode abgegangenen k. k. Generals der Cavallerie, Grafen von Riesch, abzutreten, welcher unter dem 22. Februar 1843 damit beliehen wurde. Derselbe besitzt zugleich die Allodialgüter Schmochtitz in der königlich Sächsischen, sowie Hermsdorf an der Spree in der königlich Preussischen Oberlausitz, und gehört seit dem Jahre 1852 der ersten Ständekammer des Königreichs Sachsen als Mitglied an.

Der Complex der Gräflich Rieschischen Fideicommiss-Besitzungen umfasst unter königlich Sächsischer Landeshoheit ein Areal von 3408 Ackern mit 34525 Steuereinheiten, und vertheilen sich hiervon 1100 Acker auf die Felder, 300 Acker auf Wiesen, 200 Acker auf Teiche und 1800 Acker auf Waldungen, zu welchen Letztern noch ausserdem auf Preussischem Gebiete 1500 Morgen Forstungen gehören. Von den Allodialgütern enthält das Rittergut Schmochtitz 200 Acker 30 Quadratruthen mit 3832,40 Steuereinheiten, sowie das Rittergut Hermsdorf einen Flächengehalt von 2724 Morgen. – Zu dem Rittergute Neschwitz gehören als Pertinenzorte Neudorf und Lomske mit herrschaftlichen Vorwerken, sowie Lissahora und Siebitz; den Complex der Majoratsbesitzungen bilden aber ausserdem noch die Rittergüter Holscha mit Holsch-Dubrau, Uebigau mit Krinitz, Zescha, Milkwitz mit Gross- und Kleinbrösern und Niederuhna.

Die kirchlichen Angelegenheiten betreffend, ist Neschwitz eine der volkreichsten Parochien Sachsens, welche vierunddreissig Dörfer umfasst, und zwei Geistliche, einen Oberpfarrer und einen Diakonus, erfordert. Die Kirche steht in der Mitte des Dorfes, umgeben von den Wohnungen der Prediger und den Schulgebäuden. Wann die Kirche erbaut wurde, ist nicht bekannt, doch ist es gewiss, dass ein Theil derselben schon zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts als Kapelle vorhanden war, in welcher der Pfarrer zu Göda den Gottesdienst verrichtete. In der zweiten Hälfte des genannten Jahrhunderts scheint die Kirche bereits Pfarrkirche gewesen zu sein, da zu dieser Zeit mehrere katholische Pfarrer von Neschwitz vorkommen, auch mehrere Altäre, wie der des heiligen Leichnams, der Mutter Gottes und des heiligen Kreuzes sich in ihr befanden, welche ihre besonderen Altaristen hatten. Interessant ist der alte, aus Sandstein errichtete, und im Jahre 1799 restaurirte Altar, in dem eine Nische mit ausgehauener Abendmahlsscene sich befindet, deren Figuren nicht ohne Kunst gearbeitet sind und höchst wahrscheinlich von derselben Hand herrühren, welche den massiven, aus einem Granitblock gemeisselten Taufstein schuf. Der Thurm wurde im Jahre 1693 wahrscheinlich zugleich mit dem westlichen Theile der Kirche von Grund aus neu erbaut, mit Blech gedeckt und grün angestrichen. Er trägt ein sehr melodisches, aus drei Glocken bestehendes Geläute.

Vor der Reformation hatte der Pfarrer zu Göda das Recht, die Plebane für Neschwitz und Gaussig zu ernennen, welche dem Pfarrherrn gehorsam zu sein, und ihm jährlich zwanzig böhmische Groschen zu entrichten verpflichtet waren. Beim Beginn der Reformation verwaltete das Pfarramt zu Göda Johann Temmler, der sich mit allem Eifer der neuen Lehre widersetzte, und, wie es scheint, nicht ohne Erfolg, denn noch 1559 gab es in Göda einen katholischen Pfarrherrn, Peter Pelk, welchen Johann Leisentritt, Decan zu Budissin, des Gehorsams gegen den nach Temmlers Entweichung von Göda neugewählten Pfarrer, der zur neuen Lehre übergetreten war, feierlich entband. Auf jeden Fall war Pelk der letzte katholische Geistliche, dem Joachim Beltin als erster lutherischer Pastor folgte. Johann Temmler, der sich nach Crostwitz zurückgezogen hatte, gab sich noch immer die grösste Mühe, der Reformation entgegen zu wirken, und schickte sogar, als Beltin bereits im Amte war, Kapläne nach Neschwitz, um dort nach katholischem Ritus Gottesdienst abzuhalten. Der letzte dieser Kapläne scheint Michael Caswigk gewesen zu sein, der in einer noch vorhandenen Urkunde vom Jahre 1576, Altarist des heiligen Wahrleichnams der Pfarrkirche zu Neschwitz genannt wird. Der letzte Altarist und Kaplan in der Kapelle zu Unserer lieben Frau auf dem alten Schlosse zu Neschwitz hiess Michael Cossmann, der sein Amt im Jahre 1515 antrat, woraus die Wahrscheinlichkeit hervorgeht, dass die damaligen Herren dieses Edelsitzes schon sehr zeitig Luthers Lehre huldigten, obgleich die Verhältnisse jener Zeit es ihnen unmöglich machten, die Reformation auch auf ihren Besitzungen einzuführen.

Eine Eigenthümlichkeit der Neschwitzer Parochie ist es, dass in derselben mehr als irgendwo Protestanten und Katholiken untermengt leben, und die Anzahl der Letztern in einigen Ortschaften sogar die überwiegende ist. Die Parochie umfasst gegenwärtig vierunddreissig Dörfer, nämlich Neschwitz (Nesstaczidto[WS 1]), Neudorf (Nowa Wess), Lomsske (Lomssk), Lissehore (Lischa-Hora), Holscha (Holeschow), Holsch-Dubrau (Holeschowska Dubranka), Uebigau (Rohow[WS 2]), Krinitz (Krojuza[WS 3]), Quoos (Kassow), Wietrau (Wjetrow), Puschwitz [12] (Buschizy), Neupuschwitz (Nowe Buschizy), Guhra (Hora), Lausske (Lussz), Neulausske (Nowa Lussz), Jessnitz (Jassonza), Neujessnitz (Nowa Jassonza), Doberschitz (Dobroschitzy), Kasslau (Kosslow), Eytrich (Jitk), Niesendorf (Niza Wess), Zescha (Scheschow), Kommerau (Kommerow), Luga (Luh), Neubuga (Nowy Luh), Milkwitz (Mitkezy)[WS 4], Grossbrösern (Wulki Pschjesdrjen), Kleinbrösern (Maly Pschjesdrjen), Niederruhne[WS 5] (Delny Hunjow), Dreikretscham (Hasslow), Weidlitz (Wutowczizy), Pannewitz (Bahnezy), Loga (Lahow) und Saritsch. Die Seelenzahl in allen diesen Ortschaften zusammen beträgt ungefähr 3800, die theils wendischer, theils deutscher Abkunft sind – doch bilden die Deutschen bei Weitem die Mehrzahl – weshalb an jedem Sonn- und Festtage der Gottesdienst in beiden Sprachen stattfindet. Die hauptsächlichste Beschäftigung der Bevölkerung besteht in Acker- und Feldbau, doch fehlt es, namentlich in Neschwitz, auch nicht an den nöthigen Handwerkern. Sämmtliche evangelische Schuljugend der Parochie beläuft sich auf etwa 600 Köpfe.

Otto Moser, Redact.     






Radibor.


Bei dem wichtigen Einflusse, welchen die slavischen Volksstämme auf die Entwickelung unserer vaterländischen Cultur ausübten, dürfte es am Orte sein, der Beschreibung des wendischen Radibor, wo vor vielen Jahrhunderten sich ein Rathshof oder eine Gerichtsstätte befand, eine kurze Schilderung des Slavenvolkes vorauszuschicken. Die Slaven kamen schon mehrere Jahrhunderte vor Christo aus Asiens ungeheuren Steppen nach Europa und nahmen ihren Wohnsitz im jetzigen Galizien und Slavonien, von wo bis zur Ostsee hinab sie sich nach und nach ausbreiteten. Als bei der grossen Völkerwanderung unübersehbare Tartarenschwärme nach dem Westen flutheten, und alle Völkerschaften, auf die sie trafen, mit sich fortrissen, wurden auch die Slaven gezwungen, ihre bisherigen Wohnsitze zu verlassen, und zum Theil nach Norden, zum Theil nach Westen zu ziehen. Aufgemuntert durch die Einfälle der Deutschen in Italien, verliessen zuerst die Wenden, einer der mächtigsten Slavenstämme, ihr bisheriges Gebiet – das jetzige Polen und südwestliche Russland bis an die Grenze Asiens hin, nebst dem Lande jenseits der Weichsel – um von den verlassenen deutschen Fluren Besitz zu nehmen. Dieses theils unabhängige theils unter Herrschaft der Gothen stehende Volk drang zu Anfang des sechsten Jahrhunderts in Deutschland ein, breitete sich im Laufe der Zeit bis an die Elbe und Saale aus, und setzte sich ebenso in Böhmen und Mähren fest. Bald folgten andere slavische Stämme dem Beispiele der Wenden; auch sie suchten neue Wohnsitze und nahmen von den Ländern, wo sie sich niederliessen, und von den Seen und Flüssen, an denen sie Wohnungen erbauten, ihre Namen an.

Die Sorbenwenden sind der erste slavische Volksstamm, welcher in der Geschichte Deutschlands genannt wird. Sie theilten sich in Daleminzier, Miliener, Obotriten und andere Nebenstämme ein, und nahmen nach und nach von allen an der Elbe, Saale, Mulde und Elster gelegenen Ländern Besitz. Namentlich setzten sie sich um das Jahr 530 in dem östlichen Theile des Meissnerlandes fest, dessen Bewohner, die Sachsen – welche dieses Land von den Franken, als Belohnung für ihre Hülfe gegen die Thüringer, erhalten hatten – viel zu schwach waren, um die ungebetenen Gäste mit Gewalt zu vertreiben. Die Wenden aber hielten mit den Sachsen gute Freundschaft. Sie gaben ihnen Etwas von ihren Erzeugnissen ab und waren selbst dann noch ihre treuen Bundesgenossen, als die Franken beide Völkerschaften unterjocht hatten. Von den Sorbenwenden bekam der Theil des Meissnerlandes, welchen sie bewohnten, den Namen Sarabia oder Zyrbia, ein Ausdruck, der noch im spätern Mittelalter häufig gebraucht wurde.

Ein anderer sorbenwendischer Stamm hauste in der heutigen Lausitz, die ihren Namen von dem wendischen Worte Luza (Sumpf) erhalten haben soll. In Böhmen und Mähren suchten sich die Czechen festzusetzen; sie wurden aber von den Avaren, einer gleichfalls asiatischen Nation, bewältigt, und zur Zahlung eines Tributs gezwungen. Da jedoch die Sieger mit barbarischer Härte gegen die unterdrückten Czechen verfuhren, verbanden sich diese mit andern stammverwandten Völkern, schüttelten das schmachvolle Joch von sich und erhoben ihren Anführer Samo zum König, dessen Reich jedoch nur kurze Zeit bestand. Die Wanderungen der Slavenvölker hörten seit dieser Zeit auf, und im siebenten Jahrhundert treten Böhmen, Mähren und Schlesien bereits historisch als geschlossene Staaten auf. Nach Osten hin wohnten die Lechen oder Polen, und noch weiterhin die zahlreichen Slavenstämme, welche später den gemeinschaftlichen Namen Russen erhielten. An den östlichen Küsten des baltischen Meeres sassen die Porussen oder Preussen, an den westlichen die Pomeranen: im heutigen Mecklenburg die Obotriten, an der Mündung des Elbstroms die Polaben, auf den Inseln des baltischen Meeres die Rugier, und von der Oder bis jenseits der Elbe die Wilzen. Mit dem neunten Jahrhundert mussten die Slaven sich wiederum vor der überwiegenden Tapferkeit und Kriegskunst der Franken und übrigen Deutschen beugen, und geduldig mit ansehen, wie die Sieger die Bildsäulen ihrer Götter zerschmetterten und die heiligen Haine niederschlugen; aber kaum fühlten sie sich wieder etwas [13] gekräftigt, so begann der furchtbare Kampf um Freiheit und Religion von Neuem, und wiederum starben Tausende den Heldentod für ihre heiligsten Güter. Nach zweihundertjährigem Blutvergiessen vereinigte ein tapferer Wendenfürst – Gottschalk – noch einmal die Stämme der Wenden zu einem Volke, noch einmal gab es einen Wendenkönig und ein Wendenreich; aber bald lag seine Krone zerbrochen unter dem Banner des Christenkreuzes – die Sächsischen Herzöge und Dänemarks Könige machten dem wendischen Reiche ein Ende. Böhmen, Polen und Russland hatten sich gleichfalls unter einheimischen Fürsten zu selbstständigen Staaten herangebildet, die jedoch ihren Feinden mit Erfolg widerstanden, und in denen sehr bald das volle Ritterwesen sammt der Lehnsverfassung eintrat, wodurch Fürsten und Adel sich immer enger an einander anschlossen und das Volk ein Recht nach dem andern verlor, bis es endlich alles Grundes und Bodens beraubt, zur Leibeigenschaft herabsank.

Ueber die politische Verfassung der slavischen Völker wissen wir nur wenig, und was wir davon kennen, verdanken wir den Gesetzen der salischen und ripuanischen Franken, der Alanen, Baiern, Thüringer und Friesen. Nach dem Inhalt jener Gesetze waren die Slaven Leute von grosser Sittenreinheit, zwar rauh von Denk- und Handlungsweise, aber unbekannt mit fremden Lastern. Fleissig und betriebsam, liessen sie in der Nähe ihrer Wohnungen auch das kleinste Stück Land nicht unbebaut; sie kannten den Vortheil des Ackerbaues nur zu gut und betrieben ihn mit allem Eifer. Sie verehrten mehrere Götter, unter denen die vornehmsten Perun, Swantewit, Radegast, Bilbog, Czernebog, Flynz, Lada, Diwa und Marzanna hiessen und welche sie in dunklen Hainen und auf Bergen verehrten; doch erzeigten sie auch Quellen und Flüssen göttliche Ehre. Die Freiheit war ihnen ein so schätzbares Kleinod, dass sie es selbst mit dem letzten Blutstropfen zu erhalten suchten. Im Kriege hatten sie Anführer oder Könige, welche aus den besten und tapfersten Männern des Volkes gewählt wurden, jedoch im Frieden nicht mehr galten, wie jeder andere unbescholtene Mann. Ihre Todten verbrannten sie zu Asche, die man in irdenen Krügen sammelte und nebst Waffen und Zierrathen des Verstorbenen auf einer Anhöhe oder hochgelegenen Wiese begrub. Ihre Gerichte, welche von den Königen und Priestern abgehalten wurden, fanden an gewissen Tagen, entweder in Wäldern oder auf freien Plätzen, Statt, und eine solche Gerichtsstätte war einst – vielleicht vor einem Jahrtausend schon – unser Radibor, dessen wendischer Name Radwor aus den Worten Rade Dwor zusammen gesetzt, so viel als Rathshof oder Stätte der Berathung bedeutet, und das ohne Zweifel zur Zeit der Sorbenwenden ein nicht unwichtiger Ort war.

Die ältesten sichern Nachrichten über Radibor gehen bis zum Jahre 1397 hinauf, wo ein Bürger von Budissin, Sigismund Behr, als Besitzer des Orts erscheint, und sich in einer Urkunde selbst „Patron und Collator von Radwor“ nennt. Er wird von Zeitgenossen als ein frommer und berühmter Mann bezeichnet, der im eben genannten Jahre zu Radibor die Kreuzkapelle gründete, und das Schutz- und Schirmrecht darüber dem jedesmaligen Pfarrherrn zu Radibor für alle künftigen Zeiten verlieh. Er erbte das Dorf Camina, befreite es von allen Frohndiensten, mit Ausnahme derer, welche dem Landesherrn und seinem Voigte zu leisten waren, und beschenkte es auf ewige Zeit mit allen weltlichen Rechten. Dem wackern Manne folgte die Familie von Bolberitz, von der Hans von Bolberitz in Urkunden namentlich vorkommt. Später gelangte Radibor an das alte edle Geschlecht Derer von Plaunitz, die es bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts besassen. Im Jahre 1489 gehörte das Gut den Gebrüdern Johannes und Leonhard von Plaunitz, die es von ihrem Vater ererbt hatten, und 1529 den Gebrüdern Johannes und Heinrich von Plaunitz auf Rattwitz und Radibor. Christoph von Plaunitz, der 1557 zum Besitze des Gutes gelangte, verkaufte dasselbe 1589 an Christoph von Haugwitz, der es jedoch schon 1605 Christophen von Minkwitz überliess. Dieser Herr von Minkwitz war einer der eifrigsten Anhänger Luthers, der sich grosse Mühe gab, die Reformation auf seinen Gütern einzuführen und deshalb die katholischen Unterthanen nicht nur grausam verfolgte, sondern auch dem Pfarrherrn viel Leides anthat. Christoph von Minkwitz hatte von Kaiser Rudolph II. die Erlaubniss verlangt, einen protestantischen Pfarrer nach Radibor zu setzen; als ihm aber diese Bitte abgeschlagen wurde, „weil es eine Neuerung und von jeher in Radibor ein katholischer Pfarrer gewesen sei“ wurde der Herr von Minkwitz immer heftiger und die Katholiken hatten ein übles Leben bei ihm. Die kaiserliche Verweigerung bildete einen hauptsächlichen Punkt der Beschwerden, welche die Oberlausitzer Stände 1619 gegen Kaiser Ferdinand II. erhoben. Sie klagten in der Beschwerdeschrift: „Christoph von Minkwitz zu Radibor habe keinen evangelischen Pfarrer in die dortigen beiden Kirchen setzen dürfen, sondern müsse mit den Seinen und seinen Unterthanen auf eine Meile Weges in eine evangelische Kirche reisen.“

Auf Christoph von Minkwitz folgte 1640 Erentreich von Minkwitz, und diesem 1675 Georg von Minkwitz, der Radibor 1685 an Johannes Julius von Burkersroda verkaufte, von welchem es ebenfalls durch Kauf im Jahre 1707 an Friedrich Wilhelm von Schack gelangte, den Erbauer des noch jetzt stehenden herrschaftlichen Schlosses. Der letzte Zweig der Schack’schen Familie veräusserte das Gut 1765 für 80,000 Thaler an den kaiserlichen General Baron Joseph von Ried, wieder der erste katholische Besitzer seit der Reformation, welcher aus der Reichsstadt Offenbach stammte und schon nach einigen Jahren mit Tode abging, worauf Radibor an dessen Bruder, den Obristlieutenant Baron Ludwig von Ried fiel. Im Jahre 1783 erkaufte Radibor der königlich Sächsische Minister von Wurmb für seine Mündel Maria Johanna Nepomucena Gräfin von Bolza, die sich 1787 mit dem Grafen von Gondrecourt, einem französischen Kreolen von der Insel Guadeloupe, wo er bedeutende Pflanzungen besass, vermählte. Die Gräfin begleitete ihren Gemahl im Jahre 1802 nach Paris und verkaufte nach und nach die früher zu Radibor gehörigen Ortschaften Quoos und Bornitz nebst vielen Ländereien für 60,000 Thaler, das Hauptgut selbst aber 1805 für 80,000 Thaler an den Sächsischen Rittmeister Carl Friedrich Wilhelm von Bose, der es jedoch nur bis 1819 besass, in welchem Jahre es an den herzoglich Gothaischen Regierungsrath Johann Georg Geissler kam, der es für 50,000 Thaler erstand. Nach des Regierungsraths Tode erbte Radibor Werner Reinhold Geissler, Doctor der Rechte (1830) und verkaufte es 1842 an einen Herrn von Swoboda, von welchem das Gut indessen schon 1843 durch Kauf an Reinhold von Voss überging. Der jetzige Besitzer ist seit 1854 Herr Clemens Graf von Einsiedel.

Zu dem Rittergute gehören im Ganzen 865 Scheffel, wovon 485 Scheffel [14] Feld, grösstentheils guter Weizenboden, 123 Scheffel Wiesen, 150 Scheffel Waldung und 85 Scheffel Teiche. Als lebendes Inventar werden gehalten 50 Stück Rindvieh, 12 Pferde und 300 Schafe. Zugleich hat das Gut eine bedeutende Brauerei und auf seinen Fluren ein starkes Braunkohlenlager. – Der Ort zählt 90 Hausnummern.

Das katholische Kirchdorf Radibor hat zwei Gotteshäuser, von denen die Pfarrkirche zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts gegründet wurde, und in den Jahren 1680 und 1816 bedeutende Reparaturen erfuhr. Ein kleiner alterthümlicher Seitenalter trägt die Jahreszahl 1319. Der Pfarrer Michael Welde, welcher in der Mitte des vorigen Jahrhunderts hier amtirte, ist der Herausgeber des vortrefflichen wendischen Gesangbuches, welches ausser in Radibor auch in der wendischen Kirche zu Budissin eingeführt ist. Die zweite Kirche oder Kapelle zum heiligen Kreuz gründete, wie schon bemerkt, 1397 der damalige Besitzer des Rittergutes Sigmund Behr, und es befindet sich die Fundationsurkunde noch jetzt im Pfarrarchiv. In alter Zeit soll die Kreuzkirche eine Wallfahrtskapelle gewesen sein, an der ein besonderer Geistlicher angestellt war; jetzt findet in ihr jährlich nur viermal Hauptgottesdienst und ausserdem die kirchliche Feier bei Begräbnissen statt. Im Jahre 1630 wurde diese Kirche von einem Orkane fast gänzlich zerstört und blieb in diesem Zustande bis 1652, wo der damalige Pfarrer Aloysius Lock sie durch gesammelte Liebesgaben wieder herstellen liess. –

Die Parochie besteht aus elf eingepfarrten Ortschaften, deren Einwohner theils Katholiken theils Protestanten sind. Die eingepfarrten Orte sind: Radibor, Brahne, Luppe, Luppedubrau, Camina, Grossdubrau, Mirka und Luttowitz, Bornitz, Neubornitz, Cölle und Stroschütz.

Otto Moser, Redact.     






Reibersdorf.


In einer der reizendsten und fruchtbarsten Gegenden der Oberlausitz, da, wo die Neisse ihre munteren Wellen aus dem nahen Böhmen herüber treibt und gewaltige Bergesriesen ernst herabschauen auf das thätige Schaffen des unerschöpflichen Menschengeistes, erhebt sich das grossartige Schloss Reibersdorf, Hauptsitz der Standesherrschaft gleichen Namens, umgeben von den freundlichen Gebäuden des zu ihm gehörigen Dorfes und einem herrlichen, mit den reizendsten Fernsichten ausgestattetem Parke.

Ueber die älteste Geschichte Reibersdorfs, welches in alten Nachrichten Raubersdorf genannt wird, lässt sich aus Mangel an sicheren Ueberlieferungen nichts Bestimmtes angeben, doch ist der Ort ohne Zweifel deutschen Ursprungs, und wahrscheinlich bald nach Unterdrückung der Slaven durch Kaiser Heinrich I. von einem der adligen Streiter des Christenheeres gegründet worden. Eine Volkssage erzählt, der erste Erbauer des Reiberdorfer Schlosses sei ein Ritter aus dem edlen Geschlechte der Rauber gewesen – daher der Name Raubersdorf, später Reibersdorf – und da die Familie Rauber in früher Zeit hier herum bedeutende Güter besass, so scheint die Sage nicht ohne historischen Grund zu sein. Sichere geschichtliche Nachrichten über Reibersdorf beginnen mit der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts, wo es mit der Herrschaft Seidenberg vereinigt wurde.

Zwischen 1260 und 1270 besass die Herrschaft Seidenberg mit Reibersdorf Ritter Bolko von Bieberstein, der im hohen Alter starb und einen Sohn, Friedrich, hinterliess. Der mächtige Dynast, Herr Puta Birk von der Duba, raubte indessen Bolkos unmündigem Sohne die väterlichen Güter und erhielt sich im Besitze derselben bis zum Jahre 1349, wo Friedrich von Bieberstein sein Vatererbe wieder erlangte und zu gleicher Zeit auch als Herr von Friedland, Forste, Breskow und Sorau genannt wird. Damals brach ein wüthendes Heer unmenschlicher Böhmen mordend und brennend in die Oberlausitz ein, und, wie hundert andere Orte, erfuhr auch Reibersdorf die entsetzlichsten Drangsale von dem wilden Gesindel, welches mit unerhörter Grausamkeit ausser vielen andern Personen in Reibersdorf auch den Ortsrichter und den Pfarrer ermordete. Friedrich von Bieberstein starb 1371, worauf seine Güter an Hans und Ulrich von Bieberstein gelangten, die sie jedoch schon 1375 wieder verloren. Bei den Unruhen, welche damals in Böhmen gegen den König Wenzel ausbrachen, gehörten nämlich die Biebersteine zu Wenzels entschiedenen Gegnern, mussten aber nach beendigtem Aufstande von ihren Gütern weichen, mit denen der dankbare König seinen treuen Anhänger den Grafen Czdenko von Donin oder Dohna belehnte. Die geächteten Biebersteine bemühten sich lange um des Königs Verzeihung, erlangten dieselben aber erst durch Hülfe mächtiger Freunde im Jahre 1397, worauf sie in den Besitz der Güter zurückkehrten, diese jedoch schon 1402 an Caspar von Gersdorf, Bürgermeister, und Peter Göldner, Richter der Stadt Lauban, verkaufen mussten. Ob diese beiden Männer für sich oder die Stadt Lauban den Kauf abschlossen, lässt sich nicht ermitteln. Im Jahre 1426 besass die Biebersteinischen Güter ein Herr von Colditz, und 1444 wird Albrecht von Colditz, Landvoigt der Oberlausitz und Landeshauptmann des Fürstenthums Jauer, genannt, der die Herrschaft Seidenberg mit Reibersdorf an Wenzel von Bieberstein veräusserte. Dieser Wenzel war ein sehr reicher Herr, der ausser der Herrschaft Seidenberg auch noch Sorau, Triebel, Sommerfeld, Muskau und Friedland [15] besass, dabei sich aber später einer so übertriebenen Verschwendung ergab, dass er oft in grosse Geldverlegenheiten gerieth, die nur durch Verpfändung der Güter beseitigt werden konnten. Bei Wenzels Tode befanden sich die meisten seiner Besitzungen in den Händen der Gläubiger, doch liessen die nachfolgenden Herren von Bieberstein es sich angelegen sein, durch gute Verwaltung und Sparsamkeit die verpfändeten Güter wiederum an die Familie zu bringen. Der letzte Herr von Bieberstein auf Seidenberg und Reibersdorf war Christoph, der zur protestantischen Lehre übertrat, und am 15. December 1551 zu Friedland an der Pest, oder wie auch behauptet wird, an ihm beigebrachten Gifte, verschied.

Christoph von Bieberstein hinterliess keine Erben, die andern Linien seines Stammes aber wurden von der Belehnung ausgeschlossen, unter dem Vorgeben, dass sie früher die Mitlehnschaft über die Christoph’schen Güter gebührend nachzusuchen unterlassen hätten. Darauf erklärte Kaiser Ferdinand I. sämmtliche Besitzungen des verstorbenen Christophs von Bieberstein als ein der Krone verfallenes Lehn und stellte sie bis 1555 unter Sequestration, wo der Freiherr von Räder aus der Bieberstein’schen Verlassenschaft die Herrschaften Seidenberg, Friedland und Reichenberg an sich brachte. Nach seinem Tode, der 1564 erfolgte, wurden die Güter von den vier Söhnen des Verstorbenen gemeinschaftlich verwaltet, doch starben die drei älteren Brüder in einem Zeitraume von kaum zwanzig Jahren, so dass um das Jahr 1586 der Jüngste, Melchior von Räder, sich im ungetheilten Besitze der väterlichen Güter befand. Dieser Melchior von Räder war seiner Zeit ein hochberühmter und allgemein geehrter und bewunderter Herr. Nachdem er auf mehreren Universitäten, zuletzt in Pavia, sich einen grossen Schatz von Kenntnissen angeeignet, unternahm er eine Reise durch mehrere Staaten Europas, und war am 22. August 1572 zu Paris Zeuge der furchtbaren Bluthochzeit, wobei er nur durch ein Wunder dem Tode entging. Nach der Heimath zurückgekehrt, vertauschte Melchior von Räder die Feder mit dem Schwerte und zog gegen den damals so gefürchteten Feind der Christenheit, welcher den von Blut gerötheten Halbmond siegreich über das Banner des Kreuzes erhob. Hier zeigte sich der junge Edelmann als kühner, umsichtiger Krieger, und erndete Ruhm und Ehre. Im Jahre 1577 kämpfte er gegen die Franzosen, später gegen die Moscowiter, und erhielt bei der Erstürmung Pleskows eine schwere Wunde, die ihn auf längere Zeit vom Schauplatze des Kriegs fern hielt; kaum aber fühlte er sich wieder hinreichend genesen, so kehrte der ritterliche Mann zu seinen Kampfgenossen zurück und bald blitzte sein gewaltiges Schwert wieder über den Häuptern der Moslems. Zu den bedeutendsten Kriegsthaten Melchiors von Räder gehört ein kühner Angriff auf 6000 Türken, den er an der Spitze von nur 300 gepanzerten Reitern unternahm. Mit unwiderstehlicher Gewalt durchbrachen seine Kürassreiter die dichte Masse der Feinde, Alles vor sich niederwerfend, was ihnen Widerstand leistete. Nach langem blutigen Kampfe stoben die Türken auseinander und suchten ihr Heil in der Flucht; mit heissen Dankesthränen aber begrüssten mehrere Tausende gefangener Christen, darunter dreitausend Kinder, die heldenmüthigen Eisenmänner, deren gewaltige Schwerter sie von dem schrecklichen Loose der Sclaverei gerettet. Für diese Ritterthat ernannte Kaiser Rudolph II. den tapfern Räder zum Feldmarschall, und bald nach seiner Erhebung brachte der kühne Feldherr mit nur 5000 Mann einem Corps von 18000 Türken bei Sissak eine so furchtbare Niederlage bei, dass nur Wenige aus der Schlacht entrinnen konnten, um ihren Glaubensgenossen von dem Schicksale der Gefallenen Kunde zu bringen. Als Commandant von Grosswardein vertheidigte Melchior von Räder im Jahre 1598 diese Festung mit nur 2000 Mann Besatzungstruppen gegen ein gewaltiges Türkenheer fünf Wochen lang so energisch, dass nach zwölf wüthenden Stürmen die Belagerer, ohne Hoffnung auf Eroberung des mit übermenschlicher Tapferkeit beschützten Platzes abzogen und 12000 Leichen vor der Stadt zurückliessen.

Aber die unsäglichen Beschwerden und Anstrengungen des Kriegslebens und so manche schwere Wunde hatten die Gesundheit des heldenmüthigen Mannes dergestalt untergraben, dass er auf seinen Gütern eine Zeit lang Ruhe und Erholung zu suchen beschloss; vorher aber führte er noch eine wichtige Waffenthat aus, indem er die Festung Papa den Händen der Türken entriss. Krank, fast sterbend schon, trat der Held nunmehr die beabsichtigte Reise nach einem stillen Ruheplatze an, er sollte jedoch die erwünschte Ruhe im Grabe finden. Zu Deutschenbrod angelangt, starb Melchior von Räder, der kühnste und edelste Mann seiner Zeit, am 20. September 1600 im fünfundvierzigsten Lebensjahre. Sein lorbeergeschmückter Sarg wurde in Friedland beigesetzt, wo noch jetzt ein prachtvolles Denkmal an den gewaltigen Türkensieger erinnert.

Des verblichenen Helden Gemahlin, Katharina, geborene Gräfin von Schlick, übernahm wegen der Minderjährigkeit ihres einzigen Sohnes die Verwaltung der weitläufigen Besitzungen, und leitete dieselbe nicht nur mit grosser Umsicht und Geschicklichkeit, sondern zeigte auch einen so kühnen entschlossenen Geist, dass sie allen Anfeindungen mit glücklichem Erfolge zu begegnen verstand. Die benachbarte Stadt Zittau wollte der muthvollen Dame das Recht verbieten, in Reibersdorf Bier brauen zu lassen, indem dadurch eine städtische Gerechtsame verletzt werde; als aber die Frau von Räder das Verbot unberücksichtigt liess, drohten die Zittauer mit gewaffneter Hand nach Reibersdorf zu ziehen und die daselbst befindliche Brauerei zu zerstören. Anstatt, wie die Bürgerschaft gehofft, durch Nachgiebigkeit die Rache der mächtigen Stadt von sich abzulenken, erklärte Katharina dem Zittauer Abgesandten: sie sei die Ehewirthin eines kühnen und ritterlichen Kriegsmannes gewesen, von welchem sie wohl erlernt, wie man sich gegen Gewalt schützen und dem Feinde stattlich entgegen treten könne, ja sie drohte sogar, die Stadt Zittau an allen vier Ecken anzünden zu lassen. Nach langen Streitigkeiten und Reibungen wurde die Brauereiangelegenheit durch einen Vergleich geendigt, der für Frau von Räder keineswegs von Nachtheil war. –

Christoph von Räder, des Feldmarschalls einziger Sohn, trat 1612 in den Besitz der ererbten Güter. Als treuer Freund und Anhänger Churfürst Friedrichs von der Pfalz, mit dem er auf der Universität Heidelberg zugleich studirte, nahm er sich der Sache dieses unglücklichen Fürsten mit edlem Eifer an, und unterstützte dieselbe mit grösster Aufopferung. Nach der Schlacht am weissen Berge bei Prag, wo Friedrich von der Pfalz die Krone Böhmens verlor und als Flüchtling vor Kaiser Ferdinands Rache umherirrte, fiel nebst anderen dem sogenannten Winterkönig ergebenen Herren auch Christoph von Räder in die Reichsacht, wodurch er seine sämmtlichen Güter in der Lausitz [16] verlor. Reibersdorf, sowie die ganze Herrschaft Seidenberg, wurden vom Churfürsten Johann Georg I. von Sachsen, als Pfandinhaber der Oberlausitz, durch den Landeshauptmann des Budissiner Kreises eingezogen und sequestrirt; der geächtete Freiherr von Räder aber entwich auf seine Besitzungen in Schlesien.

Vier Jahre nach erwähnter Confiscation (1630) gelangte die Herrschaft Seidenberg für den Preis von 46000 Thalern an den Freiherrn Christian von Nostiz, kaiserlichen Rath und Kämmerer, auch Oberkanzler von Schlesien. Dieser nahm seinen Wohnsitz auf dem Schlosse zu Reibersdorf, das seit jener Zeit bleibender Aufenthalt der Standesherren wurde. Nach Christians von Nostiz Tode, der 1660 erfolgte, erbte die Herrschaft dessen Sohn Otto, kaiserlicher Obrist, welcher 1679 die Reichsgrafenwürde erlangte und 1689 starb. Ihm folgte als Besitzer Seidenbergs der kaiserliche Kämmerer Graf Georg von Nostiz, der sich auch „edler Pannerherr und Freiherr der Standesherrschaft Seidenberg“ nannte, dabei aber ein höchst unbeliebter Herr war. Unaufhörliche Reibungen und Streitigkeiten mit seinen Unterthanen, namentlich aber der Trotz des Städtchens Seidenberg, dessen Bürgerschaft ihm die Huldigung verweigerte, veranlassten den Grafen Georg von Nostiz schon im vierten Jahre nach seiner Ankunft in Seidenberg die Herrschaft an den Sächsischen Geheimrath und Oberforstmeister Hans Haubold von Einsiedel auf Wolkenburg, Ehrenberg und Lobigau zu verkaufen. Von jetzt an blieb die Familie von Einsiedel im ununterbrochenen Besitz von Reibersdorf, und mancher ausgezeichnete Mann dieses ehrwürdigen Geschlechts erscheint in der Reihe der Standesherren. Hans Haubold von Einsiedel gründete in Reibersdorf zwei Jahrmärkte, und hinterliess nach seinem 1700 erfolgten Tode drei unmündige Söhne, deren Mutter Frau Anna Sophie, geborne von Rumohr, die Güter einige Zeit verwaltete, und sich dabei als eine höchst kluge und umsichtige Dame zeigte. Bei der Theilung des väterlichen Erbes erhielten die beiden älteren Brüder die im Meissnischen gelegenen Besitzungen, der Jüngste aber, Kammerherr Detlev Heinrich von Einsiedel, übernahm 1720 die Standesherrschaft Seidenberg, welche er in ein Majorat verwandelte. Ihm folgte 1746 sein ältester Bruder Johann Georg, churfürstlich Sächsischer Hofmarschall, Herr von Wolkenburg, Ehrenberg, Gersdorf, Knau, Saathain und Börigen, der in den Reichsgrafenstand erhoben wurde und 1760 mit Tode abging. Nach ihm besass die Herrschaft Johann Georg Friedrich, Reichsgraf von Einsiedel, königlich Sächsischer Kabinetsminister, ein eifriger Freund und Beförderer der Wissenschaften und Künste, welcher die im Reibersdorfer Schlosse noch vorhandene treffliche Bibliothek gründete und eine ausgezeichnete Kupferstichsammlung anlegte, die leider seit 1848 nicht mehr vorhanden ist. Von 1812 bis 1840 gehörte die Herrschaft dem Grafen Georg von Einsiedel, Sächsischem Gesandten erst am Französischen, dann am Russischen Hofe. Graf Heinrich, sein Nachfolger, besass die Herrschaft nur bis 1842, in welchem Jahre der jetzt regierende Graf, Herr Curt Heinrich Ernst, Reichsgraf von Einsiedel, in ihren Besitz gelangte.

Das alte Schloss Reibersdorf, vor welchem seit Jahrhunderten zwei merkwürdige Linden in seltsamer Gestalt ihre Aeste weithin ausbreiten, ist jetzt zu einem Amthause für die standesherrliche Justizkanzlei umgewandelt, und war im dreissigjährigen Kriege einige Male Hauptquartier kaiserlicher und Schwedischer Feldherren, wie 1631, wo der Feldmarschall von Tieffenbach, und 1648, wo General Königsmark darin wohnten. Das neue Schloss, zu welchem 1760 der Grund gelegt wurde, gelangte erst nach einer langen Reihe von Jahren zu seiner Vollendung und gehört jetzt zu den prachtvollsten und stattlichsten Schlössern der Oberlausitz. In dem obern Stockwerke verwahrt man die schon erwähnte, vom Grafen Johann Georg Friedrich von Einsiedel gegründete Bibliothek, welche namentlich an geschichtlichen, staatswirthschaftlichen und belletristischen Werken ungemein reichhaltig ist. Sie enthält im Ganzen mehr als 20,000 Bände.

Der Flecken Reibersdorf hat das Ansehen eines Städtchens, und auf seinem von Häusern eingeschlossenen Marktplatze finden jährlich zwei Märkte statt. Der Ort besteht aus 80 Häusern und zählt mehr als 800 Einwohner, die hauptsächlich Ackerbau und Handwerke betreiben. Die Kirche, über deren Entstehung keine Nachrichten vorhanden sind, wurde im Jahre 1735 niedergerissen und an ihrer Stelle das jetzige schöne Gotteshaus von Grund auf neu erbaut. Altar und Kanzel sind höchst zweckmässig angebracht; Beide, sowie der Taufstein, wurden der Kirche in den Jahren 1780 und 1807 von dem damaligen Patron Herrn Kabinetsminister Grafen von Einsiedel geschenkt, dessen grosse Verdienste um Kirche und Schule noch jetzt in dankbarem Andenken der Reibersdorfer fortleben. Im Jahre 1836, bei ihrem hundertjährigen Jubiläum, empfing die Kirche ein neues Geläute.

Die Standesherrschaft Reibersdorf führte bis 1815 den Namen Seidenberg, und besteht jetzt aus den Rittergütern Reibersdorf, Dornhennersdorf, Friedersdorf und Oppelsdorf, den Gütern Markersdorf, Oberweigsdorf und Dörfel – welches Letztere in Böhmen liegt – und der Stadt Seidenberg in der Preussischen Oberlausitz. Zum Rittergute Reibersdorf gehören 444 Acker Fläche, worunter 305 Acker Feld – guter Mittelboden – 114 Acker Wiesen und Gärten, sowie 6 Acker Gebäude und Hofraum. Als lebendes Inventarium befinden sich hier 50 Stück Rindvieh, 10 Pferde und 700 Schafe.

Otto Moser, Redact.     







Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.     


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Anmerkungen (Wikisource)

  1. ł in Njeswačidło bzw. "Njesłačidło" wurde hier fälschlich als t wiedergegeben
  2. B in Bohow (Wbohow) wurde hier fälschlich als R wiedergegeben
  3. n in Krojnca (Króńca) wurde hier fälschlich als u wiedergegeben
  4. ł in Miłkecy wurde hier fälschlich als t statt als l wiedergegeben
  5. Niederuhna (Delni Wunjow), vgl. auch den Eintrag im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
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