Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H18
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wendisch Panjetzy, liegt 3 Stunden westlich von Bautzen, links ab von der Strasse nach Kamenz, am Taucherwalde, einer aus schönem Laubholz bestehenden Waldung, in welchem man einen fünfeckigen heidnischen Altar fand, der noch jetzt auf dem Taucher Kirchhof bei Bautzen zu sehen sein soll. Im Mittelalter stand in diesem Walde auch eine der Maria geweihte Kapelle, welche aber wegen Unfugs der Wallfahrenden abgebrochen und im Jahre 1523 ebenfalls auf dem sogenannten Taucher Kirchhof bei Bautzen versezt wurde. Dort ist sie aber verfallen.
Der Name des Ortes und Gutes Pannewitz kommt wohl unstreitig von einem Pan, Ban, Herrensitz her, eine Benennung, die polnisch mit Pan, deutsch Herr, kroatisch Ban übersetzt wird.
Von Pan, Ban, Herr kommen die Supaniengüter an der Saale im westlichen Theile des alten Sorbenlandes vor. Supania ist slavischen Ursprungs und sollte eigentlich Zupania geschrieben werden, weil es von Zupa, d. i. ein bewohnter Strich Landes hergeleitet und der darüber gesetzte Richter oder Voigt von den Serviern Zupanus genannt wird. Als bekannt kann aber angenommen werden, dass die Wenden ihre Länder in gewisse Distrikte und Kreise abzutheilen pflegten. Diesen Gebrauch behielten auch die Sorben und andern Wenden, als sie in hiesige Gegend kamen, und sich deren bemächtigten, bei. Eine solche Zupania war bei den Sorben-Wenden ganz dasselbe, was bei den alten Deutschen mit Gowe − Gau − bezeichnet wurde.
Soviel steht fest, dass Zupania ein kleiner oder grösserer Landesstrich war, darüber war ein Supan, Voigt oder Richter gesetzt, um Recht und Gerechtigkeit zu pflegen, um polizeiliche Ordnung zu handhaben. Für seine Bemühungen erhielt ein solcher Richter einige Freiheiten, z. B. einen Erbkretzscham mit zwei oder mehrern Hufen Landes, worauf der Richterdienst erblich haftete, so dass dieser Dienst nicht von dem Gute getrennt werden konnte. Eine solche Wohnung hiess die Supanie, welche später mit dem Namen „Erbrichterei“ belegt wurde. Dieses Verhältniss mag auch in Pannewitz vorgewaltet haben, was sich daraus herleiten lässt, dass der hiesige Erbkretzscham zum Gute gehörte.
In späteren Zeiten hat ein Adelsgeschlecht von dem Orte seinen Namen entlehnt. Ein Hans von Pannewitz kommt 1498 als Amtshauptmann im Budissiner Kreise vor.
Bis zum Jahre 1550 besassen die von Pannewitz das Hauptgut Königswartha.
Dieses Geschlecht blüht heute noch. Vorzüglich hat dasselbe in Mark-Brandenburg und in der Niederlausitz, und im Cottbusser-Kreis schöne Güter, in der Oberlausitz besitzt es nur das Gut Niedergerlachsheim.
Die späteren Nachrichten über Pannewitz fehlen. Als erster bekannter Besitzer erscheint uns im Jahre 1650 Heinrich Otto von Zeschwitz, welcher im Jahre 1671 seine Besitzung an Herrn Wolf Rudolph von Carlowitz verkaufte. Bei dieser Familie blieb Pannewitz bis zum Jahre 1706. [138] Im darauf folgenden Jahre acquirirte von Christoph Gottlob von Carlowitz, das Gut der Klostervoigt von Marienstern, Herr Johann Christian von Heldreich, von welchem es in die Hände des Herrn Gottlob Ernst Ehrenreich von Seidewitz kam und zwar im Jahre 1716. Dann wurde 1720 Herr Hauptmann Johann Carl von Schönberg damit beliehen. Nach dessen Ableben erbte es seine Witwe Friederike Sophie geb. von Löben, die es 1725 ihrer Schwester Eleonore von Löben hinterlies.
Im Jahre 1749 überkam Pannewitz Johann Heinrich Simonis auf Wittwitz, Königl. Polnischer Churfürstl. Sächsischer Geheimer Kriegsrath. Derselbe erhielt ganz bevorzugte Allodial-Gerechtigkeit. Nach seinem Ableben übernahm im Jahre 1768 die Wittwe desselben, Maria Elisabeth Simonis geb. d’Orville das Gut Pannewitz, von welcher es an deren Bruder, den Churfürstl. Major d’Orville von Löwenklau überging. Im Jahre 1790 war Maxmilian Rudolph Hiob von Uechteritz auf Obersohland im Besitze des Gutes und 1794 kam es an Ernestine von Sahla geb. von Burgsdorf. Dann folgte im Jahre 1805 Frau Charlotte Friederike von Herrmann geb. Cichorius als Besitzerin, von welcher es 1812 Herr Johann Gotthelf von Herrmann erbte.
Im Jahre 1831 wurde Christiane Emilie Mathilde verehel. Schwarz geb. Küstner damit beliehen, welche schon 1836 solches an Herrn Herrmann Friedrich von Damnitz verkaufte. Letztrer überlies es wieder anderweit im Jahre 1838 an Herrn Johann Samuel Vetter, dessen Schwiegersohn Herr Ernst Moritz Klare seit dem Jahre 1850 damit beliehen ist und es dermalen noch besitzt.
Die Rittergutsgebäude sind von dem früheren Besitzer Simonis neu angelegt und in neuem Styl erbaut. Sie liegen nach Westen und gewähren ein prächtiges Bild.
Das Gut selbst enthält 139 Acker, 152 □R. und hat 3811,28 Steuereinheiten.
Pannewitz ist mit Taschendorf, Grosshänichen, Utzschowitz, Lehndorf, Kleinhainichen, Judlitz, Buchholz, Bucka, Glaubnitz, Kaschwitz, Neustädtel nach Uhyst eingepfarrt.
Die Collatur steht dem jedesmaligen Besitzer von Uhyst zu. An der Ostseite des Dorfes Uhyst in der sogenannten Michausgasse, einem nach dem Taucher führenden Hohlwege, befindet sich der sogenannte Hungerbrunnen, dessen Vertrocknung theure Zeit anzeigen soll.
Die ganze Flur Pannewitz hält 251 Acker, 347 □ Ruthen mit 5,200,29 Steuereinheiten. Die Ortsfluren grenzen in Westen am Taucherwald, in West-N. an Kleinhänichen, in Norden an Utschkowitz, in N.-O. an Dobernitz, in Süden an Grosshänichen.
Pannewitz hat bis in den Taucherwald ¼ Stunde, in das Kirch- und Schuldorf Uhyst ½ Stunde, nach Kleinhänichen ¼ Stunde, nach Dobernitz ¼ Stunde, nach Grosshänichen ¼ Stunde, nach Bischofswerda 1½ Stunde, nach Elstra 2 Stunden, nach Camenz 2 Stunden, nach Budissin 2½ Stunden.
Der ganze Ort Pannewitz mit Rittergut bekennt sich zur evangelischen Lehre: Der Ort selbst gehört zum Wendischem Sprachgebiet.
Der ganze Ort mit Rittergut gehört jetzt zum Gerichtsamt Bischofswerda, zum Bezirksgericht − zur Amtshauptmannschaft − zum Regierungsbezirk Bautzen, und zählt mit seinen 19 bewohnten Gebäuden und 21 Familienhaushaltungen, 101 Bewohner.
auch Birkau, 2½ Stunde westlich von der Stadt Bautzen, rechts ab von der Strasse von Dresden nach Bautzen im frühem Amte Stolpen gelegen.
Der Ort Birkau wird auch Berka, Birk, Bürkau, auch Birkau genannt, und hat seine Benennung von der Birke, die hier sehr gut gedeiht, gut wächst. Früher muss hier noch viel mehr Birkenwald und Gebüsch gewesen sein. Die Birke heisst wendisch Bresa, daher so viele Ortsnamen im Königreiche Sachsen, wie z. B. Bresen, Brestan, Prösen, Bresern, Bresauk etc.
Bürkau ist ein sehr aller Ort. Schon im Jahre 1381 wird derselbe in einem Notariatsinstrument – den streitigen geistlichen Zehent zu Göda betreffend – erwähnt.
Das jetzige Rittergut ist aber erst späteren Ursprungs, wiewohl auch schon in der früheren Zeit ein Vorwerk hier existirt haben muss.
Denn schon im 15ten Jahrhundert wird die Familie von Kyntsch, welche in Kessel-Kindsch – Kynitzsch ihren Sitz gehabt, als Besitzerin von Bürkau genannt.
Ein Wolfgang von Kynitzsch besass Bürkau noch vor der Reformation.
Im Jahre 1559 war beliehene Eigentümerin von Bürkau die Familie von Haugwitz, ein altes berühmtes Geschlecht in hiesiger Gegend mit vielem Besitzthum.
Die Herren von Haugwitz existirten hier noch längere Zeit.
Das eigentliche jetzt noch bestehende Rittergut Bürkau ist aus drei wüsten Bauergütern formirt, welche ursprünglich und im Jahre 1570 Wilhelm Frentzeln, Mathes Chistow und Wentzel-Decke gehört haben, die nach dem dreissigjährigen Kriege an die Pietzschwitz und Nedaschütz verkauft worden sind.
Im Jahre 1740 besass diese drei wüsten Bauergüter Johann Marks unter dem Namen eines Vorwerks. Dieser Marks hat für seine Unterthanen ein Erbzins und Dienstregister anfertigen lassen, und es ist anzunehmen, dass dieser Marks von Pieschwitz und Nedaschütz diese Güter gekauft hat und zwar mit den Rechten eines Erblehn- und Gerichtsherr, wie derselbe sich auch unterschrieben hat.
Im Jahre 1777 erkaufte dieses Vorwerk Bürkau Christian Thiermann, um und für 6500 Thlr., wozu damals ohne Wiesewachs 448 Scheffel Feld gehörten.
Dann im Jahre 1784 besass dasselbe Georg Ernst Schade, Kaufmann zu Bischofswerda. Letztrer verkaufte das Gut 1786 an Peter Zimmermann zu Bischofswerda um und für 7400 Thlr., welcher Bürkau schon 1792 wieder an Frau Johanne Margarethe Maximiliane von Witzleben, geborne von Ziegler und Klipphausen abtrat.
Hierauf wechselte in schneller Reihenfolge der Besitz. Das Gut [140] kam zunächst an Johann Traugott Polink, sodann an Frau Wilhelmine Constanze, verehel. von Tümpling, dann an Gustav Schmalz, dann an Johann Christian Bernhardt und an dessen Ehefrau Christiane Friederike Bernhardt geb. Möbius.
Im Jahre 1854 kaufte das Rittergut Bürkau der Königl. Wasserbaudirektor Herr Johann Gottlieb Lohse aus Dresden um und für 33000 Thlr. und im Jahre 1857 hat derselbe es seinem Sohne Herrn Moritz Lohse käuflich überlassen, welcher das Gut jetzt noch besitzt.
Vor Marks besass dieses Gut wohl schon der General von Flemming auf Hertha, Goldbach u. s. w. und vor diesem Herr Ferdinand von Haugwitz.
Die Rittergutsgebäude sind sehr wohnlich und gehören dem neuern Baustyl an. Sie rühren von dem früheren Besitzer Herrn Peter Zimmermann her.
Das Gut selbst enthält jetzt 204 Acker, 165 □ Ruthen und ist mit 2657 Steuereinheiten belegt. Es hat jährlich 82 Thlr. 28 Gr. Grundsteuer zu entrichten und hat 5050 Thlr. Brandkasse.
Das Auge erblickt jetzt hier nur schöne fruchtbare Fluren, mit Freude anzusehen.
Der jetzige Herr Besitzer und dessen Herr Vorbesitzer haben keine Kosten, keine Mühe, keine Arbeit gescheut, das Gut so in die Höhe zu bringen.
Das Rittergut hat 10 Unterthanen, die sich theils in Bürkau, Semmichau und Neuspittwitz befinden.
Bürkau ist nach Göda eingepfarrt und eingeschult, welcher Ort ½ Stunde vom Ersteren entfernt liegt.
Die Communicationswege auf Bürkauer Flur werden in bester Ordnung erhalten und fortgebaut, wozu der Herr Besitzer von Bürkau die meiste Veranlassung giebt.
Bürkau grenzt ostsüdlich mit Grossseitzschen, im Süden an Anhaltepunkt, welcher nur ¼ Stunde entfernt ist, in Südwesten mit Neuspittwitz im Norden mit Spittwitz und im Osten mit Semmichau. Bürkau ist von Camenz 3 Stunden, von Elster 3 Stunden, von Bischofswerda 2 Stunden entfernt.
Bürkau ist ein schon etwas hochliegendes die Gegend beherrschendes Felddorf und bietet eine schöne Fernsicht, es bildet zwei Seiten von Süden nach Norden. Das Rittergut befindet sich hinter der Westseite.
Ganz Bürkau gehört zum Regierungsbezirk – zur Amtshauptmannschaft – zum Bezirksgericht – zum Gerichtsamt Bautzen und zählt in seinen 20 bewohnten Gebäuden mit seinen 21 Familienhaushaltungen, 97 Bewohner.
Die sämmtlichen Einwohner bekennen sich zur evangelischen Lehre, der Ort selbst gehört zum wendischen Sprachgebiet.
Oehna, wend. Hownow oder Howejow, ½ Stunde nordöstlich von Bautzen, auf einem Berge an der Spree gelegen.
Von Oehna aus geniesst man eine der herrlichsten Aussichten.
Der Ursprung vom Orte selbst dürfte ein weit in die Vorzeit hinausreichender sein. Sein wendischer Name Hownow oder Howejow soll von der Bezeichnung des Feuerscheines abzuleiten sein, welcher sodann sichtbar wurde, wenn die Priester des Gottes Flinz, dem in der unmittelbaren Nähe von Oehna ein Standbild errichtet war, zur Darbringung von Opfergaben aufforderten.
Flinz stand bei den Sorbenwenden in der Reihe der Gottheiten, die sie besonders in Meissen und in der Lausitz verehrten. Er galt als Gott der Verstorbenen und der Auferstehung.
Sein auf dem Höhepunkte des reizenden Spreeufers aufgestellt gewesenes Standbild hat nach den darüber vorhandenen Ueberlieferungen ein in einen weiten Mantel gehülltes Todtengerippe dargestellt, welches in der rechten Hand einen Stab mit einer brennenden Korngarbe, oder nach Anderen mit einer rauchenden Opferschale gehalten, während ein Löwe mit den hinteren Füssen auf seiner linken Hand, mit den vordern auf seinem Nacken geruht, so dass sein Kopf über das Haupt des Idols hervorgeragt hat. Der Löwe sollte die Wachsamkeit der Stunde andeuten, womit das Standbild Todte weckte. Die Lage hatte allerdings etwas Feierliches und eignete sich ganz zum Standorte eines Götzen. War aber einer hier, so kann er nicht Flinz oder Flins genannt worden sein. Vielmehr erhielt er diesen Namen erst von den Deutschen, weil sein Fussgestell oder er selbst aus Flins (Kieselstein) geformt war.
Die Zeit, wenn das Standbild Flinz (oder Flins) vernichtet worden ist – nach der allgemein verbreiteten Sage wurde es in die vorüberfliessende Spree gestürzt – wird verschieden angegeben.
Nach Einigen soll Adelgott Erzbischof zu Magdeburg mit dem Herzoge Lothar, nachmaligem deutschen Kaiser im Jahre 1126, nach Anderen Bischof Otto von Bamberg im Jahre 1124 das Bild des Flinz (Flins) zerstört haben. Es dürfte jedoch dessen Vernichtung bereits in die Zeit vor 1106 und wohl schon ins 10te Jahrhundert fallen, indem von da an die Kraft der Sorbenwenden allzusehr gebrochen war, um annehmen zu können, dass sich eines ihrer Götzenbilder über diese Zeit hinaus erhalten habe oder eine Wiederaufrichtung von ihnen sollte versucht worden sein.
Man hat in der früheren Zeit und noch im Jahre 1725 steinerne Platten mit 3 tiefen Löchern gezeigt, in welchen Letzteren das Götzenbild gestanden haben soll. Der damalige Besitzer, Dr. Brescius, lies auf dem von der Sage geheiligten Hügel und zu deren Andenken eine steinerne [142] Spitzsäule mit dem Anfangsbuchstaben seines Namens B. und der Jahreszahl 1725 bezeichnet setzen. Man hat es auch in früheren Zeiten nicht an Versuchen fehlen lassen, die in dem überaus tiefen Flussbette der Spree ruhenden Ueberreste des Götzenbildes, das über der Sage aus Gold geformt gewesen, zu Tage zu fördern.
Die durchaus massiv und seit dem im Jahre 1817 stattgefundenen Brande wieder neu hergestellten und später durch hinzugetretene Neubauten beträchtlich erweiterten Rittergutgebäude von Oehna entsprechen den Anforderungen der Neuzeit und machen auf das Auge durch die gewählten Verhältnisse einen wohlthuenden Eindruck.
Als der erste bekannte Besitzer dieses frühern Mannlehnguts Oehna erscheint Hans Hennig von Blankenfeld auf Weissensee, später Hofrichter zu Budissin, welcher das Gut 1650 erwarb. Es gelangte hierauf im Jahre 1698 an Franz Adolph von Nostiz, unterlag aber von da an öfters sich rasch wiederholenden Besitzveränderungen. Im Jahre 1741 wurde es in Erbe verwandelt und befindet sich gegenwärtig in den Händen des Herrn Theodors von Hennig, eines vortrefflichen, menschenfreundlichen Herrn gegen seine Untergebenen.
Die Kriegsereignisse des Jahres 1813 führten schwere Bedrängnisse für Oehna herbei.
Am verhängnissvollen 10. Mai, wo der Kaiser Napoleon bei der Schlacht von Bautzen auf einem hohen, von Linden (die noch jetzt den Namen der „Napoleonslinden“ führen) beschatteten Punkte des Spreeufers den Uebergang zweier Artillerieparks über die Spree beobachtete, auch kurz darauf das Dorf Oehna berührte, wobei er einige freundliche und trostbringende Worte an die geängstigten Dorfbewohner richtete, wurde der Rittergutshof nebst einem beträchtlichen Theil des Dorfes ein Raub der Flammen, ein Brandunglück das einen grossen Theil der Rittergutsgebäude am 25. März 1817 wiederholt traf.
Die Lage von Oehna, dessen südliche Grenze durch die in einem überaus pittoresken Thale (als „Oehnaer Thal“ weithin bekannt) dahin fliessende Spree gebildet wird, gehört zu den reizendsten der Lausitz.
Die Gegend ist, wenn auch hügelig, dennoch fruchtbar. Der Boden, die besseren Bodenklassen aufweisend, ist von lehmiger, milder Beschaffenheit.
Die an der Spree sich hinziehenden Wiesen gewähren reichen Ertrag, wie die besonders schönen trockenen Huthungsflächen dem Schaafzüchter leichterkennbare Vortheile bieten.
Die Nähe der Stadt fordert zu einem schwungvollen Betriebe der Viehwirthschaft auf, wie sie im Allgemeinen den Absatz aller Producte ungemein erleichtert.
Die Einwohner von Oehna, welche die wendische Nationalität treu bewahrt haben, besuchen die Michaeliskirche zu Bautzen.
Oehna hat ausser einer Mahlmühle, welche vermöge der ihr zu Gebote stehenden Wasserkraft besonders beachtungswerth ist, 14 Gartenwohnungen und 2 Häusler. Der Häusercomplex besteht aus 16 bewohnten Gebäuden mit 119 Einwohnern.
Einer Sage zu Folge, hatten in Oehna die Priester der Götzen an der Spree unterirdische Höhlen, wovon man noch in unsrer Zeit Ueberbleibsel bemerkt haben will.
sonst Niedergurke genannt, wend. Delna Hocka (ein niedriger Hügel) an der Spree, welche sich hier in 2 Arme theilt, 11/2 Stunde nördlich von Bautzen an der Strasse nach Muskau gelegen. Der Name scheint anzudeuten, dass es in einer weniger bergigen Gegend liegt als jene südlich von Bautzen ist. Die Fruchtbarkeit der hiesigen Felder und die Güte und Menge der Wiesen geben dem Orte die erste Stelle unter denen der Parochie Malschwitz. Niedergurig gehört ebenfalls zu den Orten, welche in der goldenen Aue liegen, wo die Viehzucht eine vortreffliche ist.
Das herrschaftliche Schloss hat, wie dies die Abbildung besagt, eine angenehme Lage, schöne Umgebungen und einen Lustgarten mit eigenen Gebäuden. Die Gebäude, welche die herrschaftliche Hofröthe bilden, sind ansehnlich.
Zum Gute gehören noch zwei Branntweinbrennereien und eine berühmte Bierbrauerei.
Lubas und Breising gehörten zur Gerichtsbarkeit von Niedergurig.
Die früheren Besitzer von Niedergurig waren die Grafen von Lützelburg, Reder und Lüttichau, von welchen letzteren es an die Gräfin von Schönburg-Forderglauchau überging.
Der jetzige Besitzer ist Graf zur Lippe-Biesterfeld-Weissenfeld, Herr auf Teichniz u. s. w. (vermählt mit einer Gräfin Hohenthal erster Linie,) dessen wir schon bei Teichnitz rühmlich gedacht haben.
Niedergurig liegt im Bereiche der Schlacht von Bautzen und hat deshalb im Jahre 1813 viel Ungemach erlitten.
Durch den Ausgang der Schlacht von Lützen am 2. Mai 1813 sah die verbündete russisch-preussische Armee sich genöthigt, über die Elbe zurückzugehen und ihre Feldherren wählten die durch den Unfall Friedrichs des Grossen berühmte Stellung von Bautzen und Hochkirch, um dort dem Heere Napoleons eine zweite Schlacht zu schlagen.
Die durch die Natur schon feste Position wurde von ihnen durch Verschanzungen und Redouten (200 an Zahl) fast unangreifbar gemacht. Am 20. schon griff Napoleon die Verschanzungen bei Wurschen an, weshalb auch die Franzosen die Ereignisse dieses Tages „das Vorspiel des Kampfes von Wurschen“ nannten. Der Kampf begann am 21. Mai mit Sonnenaufgang: Der Widerstand der Verbündeten war furchtbar: Der Fürst von der Moskwa (Ney) wurde mehre Male zurückgeworfen; auch der Herzog von Dalmatien kam in Verlegenheit. Durch seine Manöver zwang Napoleon den Feind, eine rückgängige Stellung anzunehmen. Der Russen [144] linker Flügel lehnte sich an das berühmte Hochkirch; aber derselbe musste, nachdem der rechte Flügel sich umgangen sah, weil schon Wurschen von Ney und Lauriston besezt war, von dem Corps der Herzoge von Ragusa und Tarent heftig in die Enge getrieben, seine Position auch verlassen und sich nach Görlitz zurückziehen. Die französische Armee ging nun bis über die Katzbach nach Schlesien.
Vor dem Dorfe Niedergurig gegen Abend, in der Spree, sind noch die Ueberbleibsel von einer steinernen Brücke zu sehen, welche im Jahre 1804 vom Wasser zerstört wurde.
Die früheren Besitzer, resp. Besitzerinnen von Niedergurig haben sich um den Ort viele Verdienste erworben und sich die Nachwelt noch zum grössten Danke verpflichtet.
Johanna Margaretha Gräfin von Redern, geborne Gräfin von Reuss legirte ein Capital von 250 Thlr., von dessen Zinsen Almosen vertheilt, Schulgeld bezahlt und Schulbücher gekauft worden. Eine andere milde Stiftung von gleicher Höhe verdankt ihre Entstehung der Gräfin Helena Renate von Lüttichau geb. von Hoym, welche im Jahre 1787 hier verstorben ist.
Niedergurig hat sein eigenes Schulhaus und für dieses wurden diese beiden Stiftungen deshalb auch bestimmt. Die Schule brannte im Jahre 1837 völlig ab, wurde aber im nächsten Jahre wieder aufgebaut und im Jahre 1839 eingeweiht.
Hinter der Schule liegt der Kirchhof, auf welchem die Leichen von Niedergurig, Lubas, Briesing und Kleindubrau beerdigt werden. Bei vorkommenden Begräbnissen muss der Pfarrer zu Malschwiz, (wohin dieser Ort eingepfarrt ist) nebst dem Schulmeister sich nach Niedergurig begeben und hält die Leichenreden oder Predigten, die früher in einem Saale des einen Wirthshauses gehalten wurden, seit dem Wiederaufbau der Schule aber in der Schulstube.
Niedergurig ist ausserdem, wie schon jetzt erwähnt worden ist, mit Plieskowitz, Doberschütz, Jeschütz, Quatiz und Krumförstchen nach Malschwiz eingepfarrt. Die Kirche in Malschwitz ist im Jahre 1724 neu erbaut. Auch hier sind viele milde Stiftungen: Die eine vom Jahre 1763, rührt vom Klostervoigt Hans Carl von Metzrad her und ist für die wendischen Armen bestimmt; eine Andere verdankt ihren Ursprung dem sächs. Conferenzminister Andreas Graf von Riaucour, die in 360 Gulden besteht, wovon die wendischen Unterthanen 320 Gulden erhalten und 40 die katholischen Armen zu Bautzen empfangen sollen.
In Malschwitz soll früher ein Kloster gestanden haben, eine Ueberlieferung, die nicht hinlänglich verbürgt ist.
Im Jahre 1777 fand man in Malschwitz auf einem zum Rittergute gehörigen hochgelegenen Felde beim Ackern einige Urnen von einem heidnischen Begräbnissplatz, eine Eigenthümlichkeit der Oberlausitz; denn nirgends findet man so viele alte slawische Begräbnissplätze und Urnen; ausserdem einige dreissig grosse alte slavische Schanzen, die wohl mit Unrecht Hussiten- oder Schwedenschanzen genannt werden. Letztere ziehen sich quer durch die ganze Provinz bis nach Lauban und bildeten ohne Zweifel eine Verteidigungslinie der Deutschen gegen die Milziner Wenden. Sie sind von Umfang und Höhe sehr verschieden und im Ganzen nach keinem bestimmten Plane angelegt; doch bemerkte man deutlich, dass sie auf Feuergewehr nicht berechnet und meistens durch einen Fluss, Bach, oder Abhang von hinten gedeckt waren.
Bei manchen finden sich eine Menge Gräber als sprechende Spuren grosser Niederlagen. Bei einem derselben fand man vor mehreren Jahren ein sorbenwendisches Grab mit Knochen, nebst einer Art von Streitaxt. Eine solche Schanze ist auch die bei Niedergurig und daher mit Unrecht die Hussiten- oder Schwedenschanze genannt. Niedergurig mit Lubas gehört jetzt zum Gerichtsamt – zum Bezirksgericht – zur Amtshauptmannschaft – zum Regierungsbezirk Bautzen und zählt in seinen 37 bewohnten Gebäuden mit seinen 78 Familienhaushaltungen 410 Bewohner.
In Niedergurig befinden sich ausserdem noch 2 Wirthshäuser, eine Schmiede und eine bedeutende Mühle.
In früheren Zeilen war auch eine grosse Ziegelei hier, welche aber in der Bautzner Schlacht mit zerstört wurde.
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