Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section/H25
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mit den 2 eingepfarrten Dörfern Oberrabenstein und Rottluff, die an beiden Enden sich an das erstere anschliessen, liegt in einem sehr freundlichen und fruchtbaren Thale, welches sich mehr weit als tief, mit vielen Liebreiz von der 1 Stunde entfernten Stadt Chemnitz nach Westen hinzieht und von dem Rabensteiner Bache durchflossen wird. Der Name ist von der frühern alten Burg Stein zu entlehnen, nicht von der Ansiedelung der hiesigen Steinbrecher.
Nach der Zerstörung der alten Burg „Stein“ ist Niederrabenstein ein Vorwerk von der Herrschaft Rabenstein gewesen, mit welcher es an das Kloster bei Chemnitz kam.
Nach dessen Secularisation wurde es in ein Kammergut umgewandelt, bis es Churfürst Christian II. dem George von Carlowitz schenkte[WS 1], ein Geschenk, welches damals auf 4426 fl. geschätzt wurde.
Dieser Familie hat es lange gehört und manche Wohlthat für den Ort stammt von ihr.
Nach der Familie von Carlowitz kam es eine Zeit lang an das Geschlecht derer von Schönberg aus dem Hause Maxen. Von Anfang des 19. Jahrhunderts befand es sich in den Händen der Familien von Walther und von Mellenstein. Seit 1830 besitzt Herr Kaufmann Reinhold Esche in Limbach das Gut. Letztres zeichnet sich durch seine neuen, eben so grossartig als geschmackvoll und zweckmässig aufgeführten Wohn- und Wirthschaftsgebäude vortheilhaft aus und bietet die Herrschaftswohnung ein halb antikes ehrwürdiges Ansehen.
Die Oeconomie ist von grossem Umfange, Felder und Wiesen ergiebig und der bessern Bodenklasse angehörig verschafft dem Gute einen reichlichen Ertrag. Noch mehr Vortheile gewähren die dazu gehörigen Steinbrüche und die grosse Kalkbrennerei. Seit dem Jahre 1818 gehören auch zwei grosse Teiche zum Gute die früher königlich waren.
Der freundliche, wie in einem Garten gelegene und an ansehnlichen Gebäuden reiche Ort zählt 1477 Einwohner in 19 Gütern, 30 Gärten und 90 Häusern und in 2 Mühlen, von welchen die eine in der Mitte des Dorfes liegt, die andere am Onkritzbache.
Die Einwohner nähren sich grösstentheils von Strumpfwirkerei, doch gewähren auch die hiesigen Kalkbrüche mit den dazu gehörigen Kalköfen denn Orte viel Nahrung.
Im Dorfe selbst wohnen viele Factors, welche nach Chemnitz die gearbeiteten Waaren liefern.
Mit Niederrabenstein hängt nach Westen hin Oberrabenstein zusammen. Es liegt am Ende des oben beschriebenen Thals, welches hier seine Naturschönheiten concentrirt. Dieser Ort ist der alte Stammsitz der Herrschaft Rabenstein, von welchem der noch wohlerhaltene Thurm als Zeuge lang vergangener Zeiten dasteht, umrankt von dem Winter- und Sommergrünenden Epheu, welches ihn noch den späteren Geschlechtern zusammen bewahren zu wollen scheint. Rabenstein ist der spätere Name und bedeutet so viel wie Grafenstein.
Südlich von Rottluff und mit demselben Dorfe paralell geht der noch jetzt sogenannte Pfaffensteg von Chemnitz nach Niederrabenstein, auf welchem der Geistliche vom Kloster bei Chemnitz nach der Capelle zum Stein sich begab, um daselbst die Messe zu lesen.
[194] Beide Orte Rottluff und Oberrabenstein sind jetzt in die Kirche nach Niederrabenstein gepfarrt, wie wir oben schon erwähnt haben.
Die Kirche zu Niederrabenstein ist jetzt für die zahlreichen Kirchengänger bequem und neu erbaut. Zu derselben gehören 3 Todtenäcker.
Auf dem ältesten steht die Kirche. Der zweite mit dem erwähnenswerthen Begräbnissplatze der Familien des Herrn Obristlieutenant von Welk, frühern Besitzers von Oberrabenstein liegt, wie der an ihn stossende dritte, und erst neuerdings vom Pfarrfelde abgetretene Begräbnissplatz unmittelbar vor dem Dorfe nach Süden zu.
Die Pfarrwohnung ist ein räumliches, wohnliches Gebäude, die Schule ein recht stattliches zu nennen. Bis zum Jahre 1837 war auch Oberrabenstein verbunden, seine schulpflichtigen Kinder hierher zu schicken. Rottluff ist schon seit 1839 von Niederrabenstein ausgeschult.
Als Parochie betrachtet, hat Niederrabenstein vor andern verschiedene Vorzüge.
Dahin gehört, dass alle Festtage und bei der Communication der oberen und niederen Herrschaft eine besondere Kirchenmusik aufgeführt werden muss, zu deren Unterhaltung 2 Legate existiren, deren das eine von 200 Gülden auf dem niedern, das andere von 200 Thalern auf dem obern Rittergute haftet.
Die Intressen sind jährlich am Georgentage gefällig und werden unter die hiesigen Kirchenmusiker, den Pfarrer, Schullehrer und dem Organisten getheilt.
Der Pfarrer ist Inspector, der Schullehrer Direktor der Musik.
Der Urheber dieser Stiftung war der frühere hiesige Pfarrer M. Martin Löscher, (1635) welcher aus reiner Liebe zur Musik die Knaben seiner Parochie erst Klassenunterricht ertheilte und mit ihnen dann die Kirchenmusik aufführte.
In den 40ger Jahren entstand ein Prozess wegen dieser beiden Legate und es wurde eine Zeit lang nur von Oberrabenstein der Betrag bezahlt. Es ist aber später der Prozess zu Gunsten der Stiftung ausgefallen und so wird auch die Verpflichtung von Niederrabenstein fernerhin erfüllt.
Ein nennungswerthes Gebäude von Niederrabenstein ist die Schenke, früher das Gericht genannt, welches von der Gutsherrschaft eigends dazu im 18. Jahrhundert acquirirt worden ist.
Die nicht weit vom Dorfe gelegene Onkritz- oder Telzmühle von 2 Gängen, nahe Reichenbrand am Onkritzbache, war sonst ebenfalls herrschaftlich und ist erst im 18. Jahrhundert davon verkauft worden.
Der sogenannte Rabensteiner Wald bildet sich auf dem östlichen Flügel des Hohnsteiner Gebirgs zwischen hier, Pleissa, Wüstenbrand und Grüna aus, in einer Länge von 1¼ und in einer Breite von ¾ Stunden; an Grüna und Rabenstein stösst er fast an. Seine grösste Höhe bei Wüstenbrand erhebt sich gegen 1550 pariser Fuss über das Meer.
Es ist der grösste Wald im Gerichtsamte Chemnitz, gehört als Zubehör zu Grüna mit Reichenbrand, besteht meist aus Tannen und versorgt von allen andern Wäldern die Stadt Chemnitz mit Holz. Wegen seiner hohen Lage sieht man ihn auf den Thürmen in Leipzig sehr deutlich.
Er enthält über Obergrüna sowohl, als von Kändler herauf mehre Steinbrüche. Niederrabenstein, was vor der Einführung der neuen Gerichtsorganisation seine eigenen Gerichte hatte, gehört jetzt nun Gerichtsamte Chemnitz.
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1 Stunde südlich von Werdau, 2 Stunden westlich von Zwickau, ¼ Stunde von Freyreuth in dem schönen beyersdorfer Thale an dem beyersdorfer Bache mehr, als an dem durch den Ort fliessenden Neumärker Wasser gelegen, ist wohl zu unterscheiden von Ruppertsgrün im Voigtlande, durch welches die Eisenbahn von Reichenbach nach Plauen führt.
Ruppertsgrün ist vielleicht eben so alt wie Altschönfels und ein von fränkischen Einwohnern erbauter Ort.
Die frühere alte Burg verdankte ihre Entstehung einem Ritter Ruppertus und sollen dazu bedeutende Ländereien gehört haben, so dass dieser Besitzer von Ruppertsgrün mit allen seinen Nachbarn wetteifern konnte und als einer der angesehensten Edelleute damaliger Zeit galt.
Ob die Herrn von Schönfels von diesem Ruppertus abstammen, ist unermittelt geblieben, und doch fast anzunehmen, da man in Ruppertsgrün in den alten Urkunden nie eine Besitzabtretung an irgend eine andere Familie findet. Immer und immer werden uns die Herrn von Schönfels genannt und schon an dem Thore der Beiersdorfer Kirche ist das von Schönfels’sche Familienwappen zu finden.
Reinhold von Schönfels wird uns im Jahre 1444 als Besitzer genannt und in den Urkunden von 1533 finden wir, dass im gedachten Jahre Heinrich von Schönfels mit dem Rechte der Fischerei im Neumarkerbach beliehen wurde, vor welchem Joachim von Schönfels Ruppertsgrün besass, der seinem Gute 1515 seine eigene Kirche und Schule verschaffte.
Ums Jahr 1600 wurde das zu Ruppertsgrün bis dahin gehörige Vorwerk Obersteinpleis abgetrennt und mit der dazu geschlagenen grossen Pleissenwiese zu einem besonderen Rittergute erhoben.
Erst am 20. Februar 1781 wurde Ruppertsgrün ein schriftsässiges Gut und besass bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation schriftsässige Antheile von Rottmannsdorf, Ober-Neumark, Schönbach, Stenn, Unter-Neumark und Gospersgrün.
Schon im Jahre 1729 brannte die alte Burg ganz ab, so dass die jetzigen herrschaftlichen Wohngebäude mehr in neuerem Style erbaut sind, wie dies die Abbildung zum mehrern darthut.
Der jetzige Herr Besitzer dieses Gutes ist Herr Ed. Heinrich von Schönfels, dessen Herrn Brüder Herr August von Schönfels auf Tobertiz im Voigtland und Herr Major Ernst Friedrich von Schönfels auf Reuth sind. Letzterer hat in unserem Vaterlande einen bedeutenden Namen erlangt durch seine Wirksamkeit auf den verschiedenen Landtagen des Königreich Sachsens.
Der Vater dieser Herren Brüder war der Amtshauptmann von Schönfels auf Rodersdorf, Reuth u. s. w.
Zu dem Gute gehört bedeutendes Areal an Feld, Wiesen und Holzungen und der Boden ist schon durch und durch ein sehr guter und ertragsfähiger zu nennen. Roggen und Weizen gedeihen vortrefflich, und das Futter der Wiesen ist dem besten beizuzählen.
Auch die Schäferei ist nennenswerth und die Ziegelei wirft einen grossen Gewinn ab.
Die hiesigen Einwohner treiben meistentheils Ackerbau und Viehzucht und sind wohlhabend, ja sogar einzelne reich zu nennen.
Die Häusler finden Beschäftigung im Rittergute und in den beiden Wollspinnmaschienen, wodurch der Ort überhaupt an lebhaftem Verkehr sehr gewonnen hat.
Die dasige Kirche ist Filialkirche von Beiersdorf und seit 1515 erbaut, wie wir dies oben schon erwähnt haben.
Anfangs galt diese Kirche nur als Schlosskapelle für die Herrschaft [196] in Ruppertsgrün und die kirchliche Andacht wurde darinnen von Mönchen aus dem Kloster zu Frankenhausen verwaltet, welche von daher requirirt werden mussten.
Berühmt ist diese Kirche durch ihre Festigkeit und das Gewölbe derselben wird deshalb für ein Meisterwerk erklärt, weil kein Sachverständiger den Schlussstein derselben finden kann.
Bis zum Jahre 1515 war Ruppertsgrün in die Mutterkirche zu Beiersdorf gewiesen, über welche, wie über die Filialkirche in Ruppertsgrün den Herren von Schönfels auf Ruppertsgrün von jeher das Patronatsrecht zustand, welche der Vater des 1484 lebenden Johann Sigismund von Schönfels von dem Burggrafen von Meissen und Leissnig acquirirt hatte. Vor der Reformation war der Naumburger Bischoff hier in geistlichen Angelegenheiten das Oberhaupt.
Zu Beiersdorf gehörten auch ausserdem noch in früherer Zeit zwei Filialdörfer Freyreuth (auch Frauenreuth) genannt, und Gospersgrün.
Ein Geistlicher in damaliger Zeit hat dies Filiale bisweilen vernachlässigt, so dass sich die Freyreuther zu einer Beschwerde bei dem damaligen Hauptmann in Greiz veranlasst fanden, welcher ihnen folgende Resolution ertheilte: Sie sollten, wenn der Pfarrer in Beiersdorf seine Schuldigkeit nicht thue, ihm auch kein Opfergeld und keine Hausgroschen mehr bezahlen.
Diese Beschwerden haben denn zur Abtrennung dieser wichtigen Filiale Veranlassung gegeben, so dass die Parochie jezt nur noch aus dem Pfarrdorfe Beiersdorf, mit den zu beiden Seiten davon ½ Stunde entfernt liegenden eingepfarrten Dörfern Gospersgrün gegen Osten und Reuth gegen Westen und aus dem Filiale Ruppertsgrün besteht.
In Ruppertsgrün muss alle Sonntage früh – früher als in Beiersdorf – Kirche gehalten werden.
Unter den Predigern zeichnete sich vorzüglich von 1634–1787 die Familie Martius aus, von welcher vom Urgrossvater an 4 gleichen Namens im Amte waren. Die Familie stammte aus Böhmen, wo der Urgrossvater als evangelischer Prediger fliehen musste.
In der Kirche zu Beiersdorf herrscht noch in vielen Stücken das Gepräge des Katholicismus vor. Vor dem Eingang ist noch der grosse steinerne Weihkessel und in der hintern Abtheilung auch der Schrank vorhanden, im gothischen Styl künstlich aus Stein gehauen, worinnen die Monstranz aufbewahrt wurde. Auf der Sacristei befindet sich ein Ueberbau, zu welchem eine steinerne Wendeltreppe hinauf führt, welche noch jetzt die katholische Kapelle genannt wird, wo noch das Christkindlein und andere Figuren nebst mehreren Marschallstäben zu finden sind.
Am Schlussstein dieses Ueberbaues ist das adlige Schönfelssche Wappen eingehauen, woraus genugsam hervorgeht, dass schon vor Erbauung dieser Kirche die Herren von Schönfels Ruppertsgrün besessen haben.
Im Schlosse zu Ruppertsgrün befindet sich ein Saal mit vielen Ahnen der von Schönfelsschen Familie, welche einen imposanten Anblick für die Beschauer gewährt, denn die alten vergangenen ritterlichen Zeiten treten dann recht lebhaft vor unsere Augen.
Ruppertsgrün mit Schloss und Kirche umfasst 78 Gebäude mit 540 Einwohnern, die jetzt dem Gerichtsamte Werdau einverleibt sind, während vor der neuen Gerichtsorganisation über 800 Gerichtsuntergebene zu der von Schönfelsschen Juris-Diction gehörten.
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an welches Untersachsenfeld angebaut ist und wozu „die neue Welt“ gehört, liegt ½ Stunde von Schwarzenberg, 1 Stunde von Grünhain und 2½ Stunde von Schneeberg am rechten Ufer des Schwarzwassers, welches hier den Beiersdorfer Bach aufnimmt.
Die Gegend ist wahrhaft romantisch zu nennen. Nordöstlich erhebt sich nahe an dem stark rauschenden Schwarzwasser ein steiler und mit Schwarzholz bewachsener Berg zu einer Höhe von etwa 150 Ellen, welche die Gegend gegen die rauhesten Winde schützt und das Klima sonach mildert; weniger steil und mit Fluren bedeckt ist die nördliche Höhe; jenseits des Wassers aber breitet sich eine Aue aus, deren Ansicht das Auge entzückt. Jenseits der Aue steigen nicht gar steil die Höhen der Vorwerke und der neuen Welt an und ihre Gipfel sind mit einer schönen starken Waldung bedeckt. Geschlossen wird die Aue im Norden durch den Berg zwischen Lauter und Untersachsenfeld.
Am Beyerfelder Wasser zieht sich der Ort entlang hinauf, so dass er fast an das Dorf Beyerfeld selbst stösst; am Schwarzwasser stehen die Häuser nur in einfacher Reihe und dehnen sich daher ¼ Stunde lang von Südost nach Nordwest.
Das Schloss steht nahe am Flusse auf einer Anhöhe und bildet 3 kurze Flügel, davon 2 drei, einer aber nur zwei Etagen hat und der westliche ein Thürmchen mit der Schlaguhr trägt. Vor demselben ist ein herrlicher Garten und am Fluss hinauf, der hier in 2 Arme getrennt fliesst, führen schöne Alleen und Spatziergänge.
Zum Schlosse gehören umfassende Wirthschaftsgebäude, eine gute und grosse Schäferei, mehrere Teiche und herrliche Waldungen, sowohl in der Gegend von Lauter als nach Wildenau hin, wo sie das Stromufer ¼ Stunde weit begleitet.
Zum Gute gehört noch die neue Welt und ein Antheil von Beyerfeld mit dem Viliale und Schwefelwerk.
Sachsenfeld gehörte 1240 dem Kloster Grünhein, indem der damalige Burggraf von Meissen Meinhardt oder Meinherr 10 Dörfer in dasiger Gegend schenkte und in dem darüber ausgestellten Schenkungsbriefe den Abt mit den Ober- und Untergerichten belieh. Diese Schenkung ist als die eigentliche Fundation des Klosters anzusehen.
Im Jahre 1429 wurde das Kloster von den Hussiten fast ganz zerstört und zu dessen Wiederaufbau, was der Abt Schlottau gezwungen, seine sämmtlichen Dörfer und somit auch Obersachsenfeld an Siegmund von Miltiz zu verpfänden. Später wurden solche und zwar 1464 wieder eingelöst und blieben bei dem Kloster bis zur Reformation. Nach der Secularisirung des Klosters, welche 1536 erfolgte, übergab der letzte Abt des Klosters Johannis Gupfert die sämmtlichen Klosterbesitzungen dem Kurfürst Johann Friedrich.
Nach der Reformation kam das Gut an die Rüdigersche Familie. Im 17. Jahrhundert besass es Junker Rüdiger, welcher 5 Tage lang im Jahre 1618 Johann Georg I. hier bewirthete.
Dann kam es an den Obristen Veit Dietrich Wagner und von diesem an den Reichsgrafen zu Solms-Laubach, von denen der Landeshauptmann Graf Friedrich Ludwig die hier befindliche schätzbare Bibliothek sammelte und überhaupt seinen Unterthanen viel Gutes erwiesen hat. Er starb 1790 im 84. Jahre seines Alters. Von seinem Sohne dem Reichsgrafen Ludewig zu Solms-Laubach gelangte das Gut an den Hauptmann Ludwig Freiherrn von Müller, bei welcher Familie es bis auf die neueste Zeit geblieben ist.
Ueber das Schwarzwasser gehen hier 2 Brücken – eine geringe [198] bei der ansehnlichen Mahl- und Schneidemühle, die das vorletzte Haus im Norden bildet, und eine bedeckte stark und massiv gebaute beim Schlosse dem obersten Hause des Ortes.
Der Ort selbst enthält ausserdem noch ein Wirthshaus, eine Löffelplattenschmiede und ein Berglagegebäude bei der treuen Freundschaft Erbstollen, wo Vitriolkiese[WS 2] und Schwefelkiese u. s. w. gewonnen werden. Ausser der oben genannten Mühle (auch die rothe Mühle genannt) existirt auch noch die Schlossmühle mit 1 Gange und der Backgerechtigkeit. Eine Kirche befindet sich nicht im Dorf, vielmehr ist Sachsenfeld mit Untersachsenfeld, der neuen Welt, Wildenau und das Vorwerk nach Beyerfeld eingepfarrt, über welche hier dem Gerichtsherrn nach der Reformation das jus patronatus verliehen wurde.
Beyerfeld und Sachsenfeld sind gleichsam die Mutterörter der sächsischen Blechlöffelfabrikation, welche übrigens auch in den Dörfern Bernsbach, Pfannenstiel, Wildenau, Pühlau, Raschau, Zschorlau, Rittersgrün, Neuwelt, Grünstädtel und in den Städten Aue und Grünhein ihren Sitz hier ausgebreitet hat. Die Löffelfabrikation entstand erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts, erhob sich aber unglaublich geschwind zur herrlichsten Blüthe.
Im Jahre 1710 ungefähr gerieth ein Schlosser in Sachsenfeld auf den Einfall, die Löffel gleich aus Schwarzblech nach Form der jetzigen langen Löffel zu schneiden und kalt zu teufen, wodurch er täglich an 6 Dutzend liefern konnte.
Lange Zeit hindurch kannte man nur die Hauptsorten von Löffeln; nämlich die jetzt noch üblichen ordinären langen oder Schlosserlöffel, wie man sie nach dem ersten Verfertiger nannte, und die runden oder Doppellöffel. Gegenwärtig giebt es vom Bauer- bis zum Potagelöffel über 70 Sorten, welche nicht mehr aus Blech geschnitten, sondern aus Eisen geschmiedet werden.
In der Politur dieser verschiedenen Löffelsorten hat man es so weit gebracht, dass die feinsten oder sogenannten Silberlöffel auch in der That viel Aehnlichkeit mit echten silbernen Löffeln haben.
Hart an Beyerfeld liegt das Vitriol- oder Schwefelwerk, die Silberhoffnung.
Dieses ist eins der ältesten Werke des Erzgebirges, wo Schwefel, Vitriol, Vitriolöl und Scheidewasser gefertigt wird.
Die nöthigen Vitriol- und Schwefelkiese findet man auf Stamm-Asser am Graul in geringer Entfernung vom Fürstenberge auf Raschauer Gebiet.
Der Unterschied des Vitriols rührt von der verschiedenen Mischung der Bestandtheile desselben her. Es giebt blauen oder Kupfer-Vitriol und grünen Vitriol, welcher auch Eisen-Vitriol genannt wird. Aus letzterem brennt man das Vitriolöl. Ehe der Vitriol in die Kolben kommt, wird er geröstet und getrocknet, so dass er in eine Art weissen Mehls sich verwandelt. Aus diesem letztern treibt nun der Destillirofen durch heftiges Feuer jene Säure, Vitriolöl genannt, welches weis, hell, ohne Bodensatz, feurig und rauchend sein mus, so bald von der besten Sorte die Rede ist. Sobald eine Flasche geöffnet wird, raucht sie sehr sichtbar und deshalb alle Vorsicht anzurathen.
In Sachsen selbst wird das Oel in den Tuch-, Zeug- und Kattunmanufacturen von Bleichern, Gerbern, Färbern u. s. w. verbraucht.
Die meisten Vitriolbrunnen liefern auch Scheidewasser. Dieses theilt man in rauchenden Salpetergeist und in Scheidewasser.
Salzgeist brennt man nur zu Beyerfeld und Bockau, Hirschhorngeist im letztern Orte allein.
In hiesiger Gegend wird ausser dem Ackerbau und der Viehzucht die Spitzenklöppelei stark betrieben, und Tagelöhner und Handarbeiter finden in den verschiedenen Vorwerken und in den Königl. und Sachsenfelder Waldungen Beschäftigung.
Obersachsenfeld mit seinen 49 bewohnten Gebäuden und 454 Einwohnern gehört jetzt zum Gerichtsamt Schwarzenberg, ebenso Untersachsenberg mit 7 Häusern und 44 Einwohnern und Neuwelt mit seinen 333 Gerichtsuntergebenen, die auf 43 Häuser vertheilt sind.
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liegt 1 Stunde von Chemnitz gegen Westsüdwest, an der früher belebten Zwickauer Chaussee, in einem weiten schönen Grunde, den die Cappel bildet, gelegen gegen 1000 pariser Fuss über dem Meere, welches ostwärts mit Schönau und westlich mit Höckericht und Siegmar verbunden wird. Die Fluren grenzen nördlich mit dem Rabensteiner, südlich mit dem Neukirchner Gebiet.
Das Rittergut heisst eigentlich Kökericht, auf dessen Grund und Boden von einem Herrn von Taube im 17. Jahrhundert Neustadt erbaut worden ist.
Die Einwohner waren deshalb, obschon sie einiges Feld besitzen, von jeher unbehuft.
Es hat das Gut, wie dies die Abbildung besagt, grosse Gebäude, die in neuerer Zeit sehr restaurirt worden sind. Westlich von dem Rittergutsgebäuden befindet sich eine bedeutende Ziegelei und östlich eine vortreffliche Schäferei.
Den Namen hat es von seiner Lage, welche für die Ebenheit der Umgebungen allerdings höckericht genug ist.
Neustadt wie Höckericht sind neue Orte und aus Grund und Boden, welcher zur Herrschaft Rabenstein gehörte, entstanden.
Höckericht selbst ist seit mehreren Jahrhunderten nebst Neustadt mit Neukirchen combinirt.
Die Entstehung und Geschichte von Neukirchen haben wir aber schon näher in diesem Album beschrieben, so dass wir, um Wiederholungen zu vermeiden, nicht wieder auf die früheren Besitzer von Neukirchen zurückkommen werden. Blos so viel sei bemerkt, dass 1617 ein J. G. v. Taube Höckericht mit Neustadt zum Rittergute Neukirchen kaufte. Die Familie Taube, ihre Abstammung und ihre Fortpflanzung haben wir ebenfalls bei Neukirchen näher erwähnt, so dass wir hier nicht näher darauf einzugehen brauchen.
Nur so viel muss erwähnt werden, dass der ausgezeichnetste von der Taube’schen Familie der 1661 gestorbene Graf Ulrich, Geh. Rath und Obersteuerdirektor, Sohn desjenigen Reinhardts, der seit 1634 des H. R. R. Edler Panner und Freiherr war und 1635 Oberstallmeister ward.
So lange der Graf als solcher lebte, hatte Neukirchen mit Neustadt und Höckericht wie seine übrigen Güter, das Bergregal selbst auf edle Metalle, eignes Geleite, Um- und Judenschutz-Gelder, Machtvollkommenheit zu Anlegung von Mühlen, Messing- und Drahtwerke.
Sein Sohn war der Reichspfennigmeister, und diesem beerbte 1604 ein Vetter Johann Georg auf Frankenthal und Zadel.
Neustadt mit Höckericht ist seit dieser Zeit, so wie schon vorher immer mit Neukirchen vereinigt geblieben.
Im Jahre 1819 erkaufte Neukirchen mit dem Rittergute Höckericht und dem Orte Neustadt der Kaufmann Carl Heinrich Hänel, von welchem es seit mehreren Jahren schon Herr Claus auf Seuslitz acquirirte und jetzt noch damit beliehen ist.
Im Orte Neustadt nähren sich die Einwohner von Maschinenarbeit, von Wirkerei und Weberei in Baumwolle und eine grosse Menge Factors, die nach Chemnitz ihre Geschäfte machen, sind hier ansässig. Viele und [200] eine grosse Zahl von den Arbeitern geht täglich nach der Stadt Chemnitz, um da ihren Unterhalt zu verdienen. Vorzüglich existiren viel Spinner und Drucker hier, die in der Stadt ihre Beschäftigung haben.
Neustadt mit Rittergut Höckericht ist nach St. Nicolaus zu Chemnitz gepfarrt, Beweis genug, dass solche vor der Trennung der Rabensteiner Herrschaft zu dem Bergkloster in Chemnitz gehört hat, da diese Kirche eine abhängige Kapelle von diesem Kloster gewesen ist.
Die Kapelle scheint früher an einem andern Platze nur gestanden zu haben und wie man vermuthet, in der Nähe des Dorfes Kappel, welches davon seinen Namen abgeleitet hat. Wo dieselbe jetzt steht, ist sie erst im Jahre 1487 erbaut worden.
Dagegen hat Neustadt seine Schule, an welche drei Lehrer arbeiten. Das Besetzungsrecht dieser Lehrerstellen steht dem jedesmaligen Besitzer des Rittergutes Höckericht zu.
Die Schule zu Neustadt ist erst im Jahre 1834 gegründet worden und besitzt ein schönes geräumiges Schulhaus.
Die dasige Gegend selbst anlangend, so ist solche, wie wir diess schon bei Neukirchen erwähnt haben, angenehm, schön und fruchtbar.
Alle mögliche Getreidesorten gedeihen hier und Obst ist ebenfalls schon nicht rar, sondern gut und fein zu nennen.
Am meisten trägt für des Landes Wohlfahrt, für das Gedeihen des Wohlstandes hiesiger Einwohner, die Industrie hiesiger Gegend bei.
Sind die Geschäfte von Chemnitz in Flor, kommen diese nicht in Stockung, so befinden sich alle Bewohner der Umgegend wohl und ein heiteres, anspruchsloses Leben ist dann aller Orten zu finden.
Stockt aber die Arbeit, liegen Fabriken und Maschinerie darnieder, so sieht man allüberall traurige, niedergeschlagene Mienen und nirgends Muth und Zuversicht.
Es giebt selten eine Gegend, wo so recht auf dem Antlitze des Einzelnen zu lesen ist, wie der Thermometer des Merkantilischen steht; darnach richtet sich die ganze hiesige Lebensart, darnach richtet sich Frohsinn und Betrübniss, darnach richtet sich das ganze sociale Leben hiesiger Gegend.
Man sieht daraus, dass gerade auch in einer solchen Gegend zur Wahrung der allgemein nützlichen Gewerbsthätigkeit alle Mittel angewendet werden müssen, um solche nicht zurückkommen zu lassen.
Die früheren Besitzer von Neukirchen und von Neustadt mit Höckericht haben diesen Umstand stets schon im Auge gehabt und zu würdigen gewusst, so dass die Nachkommen ihnen heute noch dafür Dank sagen müssen, weil gerade sie auf diese Weise für den dasigen Wohlstand, für die Forthülfe des Einzelnen gesorgt haben.
Segen allen diesen treuen, biedern Gerichtsherrn, die für Menschenwohl, für Menschenglück ihre Ruhe, ihr Vermögen opferten.
Auf der andern Seite kann man auch nicht behaupten, dass die hiesigen Bewohner etwa durch den Flor der Industrie verdorben und frivol geworden wären, auch darauf scheint das Vorbild ihrer Gerichtsherrschaften einen guten Eindruck gemacht zu haben.
Der religiöse Sinn ist hier für unsere Zeit noch ein guter zu nennen und Glaube und Liebe hält manches Band hier zusammen, was hier und da gerade die Vernachlässigung des Kirchengehens und der Zweifel an die bessere Menschheit gelockert und aufgelöst hat.
Möge nur Jeder der hiesigen Bewohner stets bedenken, dass man die sogenannten guten Zeiten brauchen muss und dass oft auf gute Jahre Zeiten der Noth und Entsagung kommen. Nur so kann Glück und Heil erwachsen.
Neustadt mit Höckericht gehört jetzt mit seinen um das Doppelte in kurzer Zeit gewachsenen Einwohnern von 400 auf 851, welche nur in 57 Häusern wohnen, zum Gerichtsamte Chemnitz.
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Anmerkungen (Wikisource)
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