Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section/H24
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Zu den interessanten Schlössern von Sachsen gehört unbedingt auch das Schloss Schwarzenberg, in sehr waldiger Gegend, 3 Stunden von Schneeberg entfernt gelegen.
Als ein Haupttheil des ungeheueren Miriquidviwaldes, nachher die böhmischen Wälder genannt, war der Bezirk in früheren Zeiten nur schwach bevölkert; nur hier und da mag ein Gasthof oder eine Köhlerhütte an den wenigen Strassen gestanden haben, welche durch den Wald nach Böhmen führten. Wälder wurden damals wenig beachtet und so mag gar lange Zeit über diese Gegend kein Oberherr geboten haben. Die wenigen Bewohner waren Deutsche, welche sich den Bedrückungen der Sorben entzogen hatten. Wenigstens wurde die hiesige Gegend zu keinem sorbischen Gau gerechnet. Im 10. Jahrhundert unter dem Kurfürst Heinrich I. und Otto I. kamen niedersächsiche Familien in die Gegend von Schwarzenberg, (so genannt von dem Wasser, welches hier vorbeifliesst) und eine derselben, die Grafen von Osterode vom Harz bauten bei Schwarzenberg ein festes Schloss und bildete eine Herrschaft, die östlich bis zur Pöhl, südlich ein Stück ins heutige Böhmen hinein, westlich bis zur Mulde reichte. Burg und Herrschaft wurde nun deutsch (nach dem Schwarzwasser) Schwarzenberg genannt. Diese Herrschaft, das nachherige Schwarzenberger Amt, besass 950 Graf Eckebrecht von Osterrode. Vielleicht nicht viel später bildete sich eine Herrschaft oder nachmalige Grafschaft Hartenstein, die in einem schmalen[WS 1], aber 7½ Meilen langen Strich aus der Zwickauer Gegend bis in die von Kupferberg in Böhmen reichte, folglich das ganze nachmalige Amt Crottendorf mit begriff und deren Besitzer schon ums Jahr 1200 Burggrafen zu Meissen waren. Schwarzenberg gehörte zu Böhmen, Hartenstein aber zu Meissen.
Nach[WS 2] einer Urkunde vom 11. Jahrhundert besass die Herrschaft Schwarzenberg zu damaliger Zeit ein Graf Ziska, Stammvater des Reussischen Geschlechts und Bruder des seit 1089 Neuenburger Bischofs Wolfram; auch findet sich wirklich ein Brief des Voigts Heinrich von Gera, d. d. Schwarzenberg 1282.
Was hingegen manche Schriftsteller vom Grafen Aribo von Gleissberg und Schwarzenberg von den hiesigen „Markgrafen auf dem Norkau und auf dem Walde“ u. s. w. erzählen, beruht blos auf einer Verwechselung unseres Schwarzenbergs mit Schwarzenburg und mit Schwarzenberg in Franken.
Zur Zeit des 13. Jahrhunderts finden wir Dynasten von Schwarzenberg, noch später das böhmische Geschlecht von Boskowitz im Besitz der Herrschaft. Unter Wilhelm von Boskowitz, einem eifrigen Gegner der Hussiten, zerstörten letztere Schwarzenberg.
Die Grafen Schlick zu Passau mögen Schwarzenberg blos pfandweise besessen haben, denn Maria von Boskowitz brachte es ihrem Gemahl Albrecht von Tettau als Morgengabe mit. Da nun aber schon 1461 ein Wolf von Sensheim, Dynast von Schwarzenberg war, welcher den sächsischen Herzog Wilhelm ins gelobte Land begleitet hat, so müssen die Tettauer die Herrschaft sehr bald wieder veräussert haben. Bald erscheint als Besitzerin in dieser, überhaupt sehr wechselvollen Zeit, die böhmische Prinzessin [186] Sidonie, und brachte Schwarzenberg als Aussteuer dem Herzog Albert mit, der sie aber schon 1488 an Wilhelm von Tettau verkaufte, nach anderen Nachrichten sei dies erst im Jahre 1499, wo es ihm zu dem friesischen Kriege an Geld mangelte und wo er auch Thum an Heinrich von Schönberg veräusserte, geschehen.
Wilhelms Wittwe und Erben aber (Georg von Tettau zu Mechelgrün, Christoph und Albert zu Neuensalz und Schilbach) verkauften Schwarzenberg schon 1533 wieder an den Kurf. Johann Friedrich um 20700 Gulden. Nach dessen Gefangennehmung schlug Kaiser Karl V. das südliche Drittel zu Böhmen, (zu welchem daher noch heute die Schwarzenberger Städtchen Platten und Gottesgabe gehören) und gab den Rest an Kurf. Moriz ab.
Dieser überliess ihn 1548 – jedoch ohne Bergwerke, Steuern und Geleite – an seinen Bruder, welcher 1550 dafür Wolkenstein eintauschte.
Seitdem blieb Schwarzenberg dem Kurhause, welches jedoch 1784 die zugehörige Jagd auf dem böhmischen Drittheile (eben diese hatte Moriz mit übernommen) nebst dem Plattener Jagdhause um 2000 fl. an Joseph II. verkaufte.
Kurf. August bildete nun aus der Herrschaft ein Amt, welches er F. G. Rachalss mit dem Prädicat eines Oberamtmannes übergab und 1562 mit den von Friedrica von der Planiz auf Göltzsch um 28300 fl. gekauften Gütern Neustädtel, Stützengrün und Schönhaide vermehrte und es zu einem der grössten Aemter von Sachsen machte.
Später[WS 3] wurde dieser District durch die Abtheilung des Eibenstocker Amtes und durch die Errichtung eines Justitiariats zu Schönhaide verringert; aber es blieb bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation immer noch ein bedeutendes Amt, mit welchem ein Forstjustizamt, ein Rentamt und zwei Flossämter verbunden waren.
Das hohe und sehr malerisch auf dem Felsen gelegene Schloss, durch eine steinerne, breite Treppe mit der Stadt verbunden, wurde 1555 durch den Amtshauptmann Wolf von Schönberg kastellartig hergestellt und nach dem Brande von 1709 wieder erneuert, mit einem grossen runden Thurme und zwei Thürmchen, sonst das Kreis-Criminal, Forstrügen und Rentamt enthaltend, in welches 1760 den 25. Februar Lips Tullian eingebrochen sein soll, dient jetzt meist zum Criminalgefängnisse.
Schwarzenberg ist übrigens ringsum von ziemlich hohen Bergen umgeben, namentlich dem Rockelman, dem Galgenberg, dem Mühlberg, dem Tannenwald mit dem Ottenstein, dem Brückenberg, dem Schafberg mit dem Schlosswalde, der doppelgipflichen Morgenleithe, dem höchsten Berge der Gegend, dem Todensteine, dem Magnetenberg u. s. w. umgeben ist und in dem Felsenthale des Schwarzwassers, welches unmittelbar unterhalb der Stadt ganz dem Plauenschen Grunde gleicht, werden die herrlichsten An- und Aussichten geboten, wie in dem nahen Thale der Pöhl und des Oberwaldbaches bei Wildenau, woselbst die Bäche in das Schwarzwasser einfallen und bei Aue sich mit der Mulde vereinigen.
Diese Berge, meist aus Gneus und Glimmerschiefer, hier und da auch aus Granit bestehend, schützen den Ort vor den rauhen Winden und machen das Klima milder, als es die Seehöhe erwarten lässt, milder als es in Schneeberg und Freiberg ist.
Schwarzenberg, der Ort hat drei Vorstädte, einen Marktplatz, zwei Haupt- und einige Nebenstrassen und wird von dem Schwarzwasser zur Hälfte umflossen.
Die 3200 Ellen lange, über Berg und Thal sich erstreckende Schlosswasserleitung versorgt die Stadt mit dem besten Trinkwasser.
Die Stadt hat gegenwärtig 222 Häuser 2371 Einwohner, welche sich von Landwirthschaft, Klöppeln, Nähen, von der Brauerei, vom Bergbau und Handel nähren.
Dazu kommt noch ein lebhafter Verkehr durch die günstige Lage des Ortes an den Kunststrassen nach Schneeberg, Lössnitz, Eibenstock, Johanngeorgenstadt und neuerdings durch den Bau der Eisenbahn. Uebrigens bietet auch der Aufenthalt mehrerer Beamter, indem sich hier ein Gerichtsamt, ein Forst-, ein Rent-, ein Floss-, ein Untersteueramt, eine Bezirksteuereinnahme, eine Chausseegeldereinnahme, eine Obergrenzcontrole, eine Postverwalterei, eine königl. Pechniederlage befinden‚ dem Orte Nahrung und Verdienst.
Ausserdem existiren hier zwei Apotheken‚ eine Baumwollspinnerei, drei Ziegeleien, eine Loh-, eine Mal-, eine Schneidemühle, ein [187] Flossholzhof, ein Drathwerk‚ welches durch die Vollkommenheit und Mannichfaltigkeit der Arbeiten ausgezeichnet ist.
Die Kirche ist mit einem ziemlichen hohen Thurme versehen und von 1690–99 erbaut. Bei dem grossen Brande von 1824 waren das Schloss und die Kirche die einzigen Gebäude, welche von der Feuergluth verschont blieben.
Ausserdem ist noch nennenswerth das drei Stock hohe schöne Forst- und Rentbeamten-Gebäude, und das seit 1824 erneuerte Rathhaus am Markte, welches das Local für die hiesige Harmonie-Gesellschaft, sowie ein Sessionszimmer für das Johanngeorgenstädter Bergamt enthält. Ausser einer Knaben- und Mädchenschule mit einem Rector, Cantor, Collabrator und Hülfslehrer besteht hier auch eine Klöppelschule.
Die Seelsorge hat nur ein Pfarrer, welcher auch die Gefangenen im Schlosse besucht.
Wenn auch die Stadt selbst ausserdem nicht grosse Merkwürdigkeiten aufzuweisen hat, so wird der Naturfreund durch die Schönheit der Gegend entschädigt.
Ausser den allgemeinen Naturschönheiten bei der Stadt und in der Umgegend sind noch zu erwähnen: Der Schlossberg, mit seinen Gängen und Anlagen, der kleine Wasserfall, unterhalb der Chausseebrücke mit Anlagen beim Schiesshause. Noch weiter unten führt der Poetengang, mit einer in den Granitfelsen gehauenen Grotte, von dem Landeshauptmann Grafen von Solms angelegt, bis in den Sachsenfelder Schlossgarten.
Einen zweiten herrlichen Spaziergang gewährt das Thal nach dem Erlhammer mit einer der grössten Eisengiessereien und Maschinenwerkstätten Sachsens. Je weiter man geht, desto grösser und erhabener werden die Felsenparthien, darunter die Kanzel, der Teufelstein u. a.
Zu den nächsten Vergnügungsörtern gehören das Schiesshaus, das raschauer Bad, die sogenannte grüne Wiese, der Klosterberg.
Nicht minder interessant ist der Besuch der nahen König Antonshütte, einer Silberschmelzhütte, welche 1828–31 mit einem Aufwande von 74000 Thlr. gebaut wurde, um die silbernen Erze der nahen Reviere zu schmelzen.
Ehemals gab es hier ein Oberzehnten- und ein Bergamt und eines der stärksten Hauptgebiete in Sachsen war hier; zu Anfang des 18. Jahrhunderts Walk- und Schleifmühlen; eine Plättwalzenfabrik bis 1780, (wie ähnliche nur in Mailand und Genf existirten), welche schon 1716 Gold- und Silberlohe lieferte; seit 1730 ein Fossilienwerk, wohin später der Drahthammer zu stehen kam.
Mit der Zeit nahm der Bergbau immer mehr ab und mit dem Zollanschluss auch der bedeutende Grenzhandel.
Allein über den Ort ruht ein gewisser Segen. Die Eisenbahn, die jetzt hier durchführt, trägt zum neuen Aufblühen des Orts, der sich von Jahr zu Jahr verschönert, redlich das ihrige dazu bei.
[188]
an der Strasse von Zwickau nach Plauen, 1½ Stunde südwestlich von Zwickau an dem östlichen Arme der Pleisse gelegen, der aus dem Lindenbrunn bei Ebelsbrunn entspringt, wie dies bei der nachfolgenden Beschreibung von Tannhof näher beleuchtet werden wird.
Woher der Name herzuleiten ist, dürfte unermittelt sein, wenn man nicht annehmen will, dass solcher von der herrlichen Aussicht herstammt: denn wenn man den Lichtentanner Berg überstiegen hat, so wird die Aussicht nach Zwickau zu und nach der ganzen Umgegend auf 3 Stunden weit schön und licht.
In Lichtentanne sind 2 Rittergüter, welche zusammen bis zum 17. Jahrhundert Denen von Gauern gehörten, von dem einen waren spätere Besitzer die Familien von Rabe, Grempel, Neander und Oehler, von welchem es an einen gewissen Ehrler kam; das andere, dem unsre Beschreibung gilt, war eben bis zum 17. Jahrhundert in dem Besitze der Herren von Gauern, von welchen es an die Familie Meurer gelangte.
Später acquirirte das Gut die Familie Heckel. Von dem Vater Wilhelm Heckel gelangte es an dessen Sohn Anton Herrmann Heckel, welcher solches jetzt noch besitzt.
Zu unserem Gute gehörte das Dorf Brand, wovon wir weiter in der nächsten Beschreibung von Tannhof sprechen werden.
Die Gutsgebäude sind in vortrefflichem Zustande und in der Neuzeit ungemein verschönert worden, so dass dieselben einen schönen Anblick gewähren, wie die Abbildung näher besagt.
Beim Gute befindet sich eine gute Schäferei und Brennerei, Felder, Wiesen und Holzungen gehören schon der bessern Bodenclasse an, in den Teichen werden grosse und feinschmeckende Karpfen gezogen und die zum Gute gehörigen Steinbrüche sind nicht unbedeutend.
Die Viehzucht ist in einem ausgezeichneten Zustande, der Obstbau aber hier schon ein vortrefflicher zu nennen.
Lichtentanne gab für Lohrmanns Höhenmessungen eine Station ab. Nach demselben erhebt sich die Lage des Orts im Thale 900, auf der Höhe 1000 Fuss über die Nordsee.
Das Dorf verbirgt sich grösstentheils im Thale. Von der nordöstlichen Anhöhe erblickt man das Muldenthal in einer Breite von einer, in einer Länge von vier Meilen und im Mittelpunkte dieser schönen Gegend die Stadt Zwickau.
Das Dorf, mit Einschluss dreier eingepfarrter Orte, zählt gegen 1250 Bewohner in 180 Häusern, nehmlich incl. 2 Rittergüter und des Gutes Tannhof, 35 Bauerhöfen, 34 Garten und 105 Kleinhäusern, einer Pfarre, einer Schule und einem Gemeindearmenhause.
Die unbegüterten Einwohner nähren sich theils durch Handwerke, theils durch Handarbeit.
Von den nach Lichtentanne eingepfarrten Dörfern, Tannhof mit 32 Häusern, Brand mit 25 Häusern, Vorholz mit 23 Häussern, bildet nur Tannhof eine eigene Gemeinde.
Das Collaturrecht für Pfarre und Schule ist mit dem Besitze des Schlosses Alt-Schönfels verbunden und befindet sich also bei den Senioren des von Römerschen Geschlechts.
Die Kirche von Lichtentanne war in der Zeit von 1644 bis 1662 Filial von Steinpleiss, worauf solche ihren eignen Geistlichen erhielt.
Die Kirche ist alt, und für die Zahl der Bewohner des Kirchspiels eigentlich zu klein, ob schon mehrere Einbaue gemacht worden sind, um dieselbe zu vergrössern. Sie enthält ausser einigen Epitaphien einen antiken geschnitzten und vergoldeten Flügelaltar mit 3 Figuren, von welchen die mittlere St. Barbara, der die heilige Anna und Johannes der Täufer zur Seite stehen, gleich dem darunter gemalten Ecce Homo nicht ohne Werth ist, auf der Rückseite sind St. Georg und Christoph gemalt. In derselben befindet sich eine schöne Orgel von Trampeli erbaut.
Pfarre und Schulgebäude sind in gutem Zustande, ersteres ist 1749, letzteres 1832 erbaut.
[189] Unter den dasigen Geistlichen ist vorzüglich Christian Gottlieb Michaelis seiner Zeit als theologischer Schriftsteller bekannt, welcher 1773 Superindent in Greiz wurde.
Durch eine Stiftung der Herren von Gauern, die überhaupt sich um die hiesige Gegend verdient gemacht haben, muss der Schlossprediger von Altschönfels in Lichtentanne während der Fastenzeit alle Wochenpredigten halten.
Vor den Herren von Gauern sollen die beiden Rittergüter Lichtentanne und Tannhof zu dem Rittergute Altschönfels gehört[WS 4] haben, doch sind die Nachrichten hierüber nicht gewiss, denn im 30jährigen Kriege ging das sehr wichtige Schlossarchiv zu Altschönfels zu Grunde, wodurch die genaueren Nachrichten alle verloren gegangen sind, so dass man blos aus anderen vorgefundenen Aktenstücken Vermuthungen über dieses oder jenes frühere Verhältniss anzustellen vermochte.
auch Thanhof und Thannhof, ein Name, welcher von Lichtentanne abstammt und eigentlich Tannenhof geschrieben werden muss, ein Vorwerk in der frühesten Zeit, welches zu Lichtentanne gehörte.
Der Ort liegt 1¾ Stunden südöstlich von Zwickau, unfern der Chaussee von Zwickau nach Plauen, 1 Stunde südlich von Werdau, in einer von Basalthügeln angefüllten, schönen Gegend zwischen den Thälern der Neumärker und Lichtentanner Bäche, welche zusammen die Pleisse bilden.
Das Rittergut, getrennt von Lichtentanne, kommt schon im Jahre 1527 vor und die damaligen Besitzer waren die Herren von Gahren (Gauern) welche auch Lichtentanne besassen und im Jahre 1589 ihren Schwager Urban von Feilizsch auf Treuen das Gut Tannhof verkauften. Letzterer acquirirte die luschwitzischen Theile dazu, veräusserte es aber an seinen Bruder Hans Christoph, obschon die alten Nachrichten hier von einander abweichen. Denn nach einer anderen Urkunde soll zu Anfang des 16. Jahrhunderts Hiob von Milkau auf Altschönfels Tannhof mit besessen haben; so viel steht fest. Nach dem Ableben des Hans Christoph von Feilitzsch kam das Gut an seinen jüngsten Sohn seines Bruders, Jobst Heinrich, dem es im Jahre 1718 ein älterer Bruder abkaufte, welcher ebenfalls im Jahre 1729 ohne Decendenten mit Tode abging.
Noch im 18. Jahrhundert erkaufte es eine Familie Mühlmann. Von dieser Familie ist es von Herrn Christian Friedrich Mühlmann an dessen Herrn Sohn, dem vormaligen Besitzer, Herrn Otto Friedrich Mühlmann, übergegangen.
Das Gut selbst erlangte erst im Jahre 1789 die Schriftsässigkeit, wogegen die Obergerichte Wolf von Weissenbach als Besitzer von Altschönfels schon im Jahre 1527 an die vormaligen Besitzer von Tannhof, an Quirin, Jobst und Georg von Gahren (Gauren) verkauft hatte.
Die herrschaftliche Wohnung besteht aus neuen schönen Gebäuden, wie wir solche in der Abbildung erblicken.
Zum Gute gehört eine grosse Schäferei und schöne basaltartige Steinbrüche.
Die dazu gehörigen Felder sind von ausgezeichneter Bodenklasse, die Wiesen und Holzungen vortrefflich und in dem besten Zustande. Die ebenfalls dem Rittergute zugehörigen Teiche zeichnen sich wegen ihrer Grösse nebst den Würschnitzern in dasiger Gegend vorzüglich aus.
Auf Ritterguts Grund und Boden sind ausserdem 32 Häuslerwohnungen erbaut, von denen jede so viel Grund und Boden hat, um eine Kuh halten zu können.
[190] Die Einwohner von Tannhof treiben vorzüglich Handarbeit. Unter die frühere Gerichtsbarkeit von Tannhof gehörten aber 17 Bauern von Lichtentanne und 8 von Gospersgrün.
Aus den Steinbrüchen Tannhof werden jährlich über 500 Ruthen verkauft. Die Steinart selbst ist wasser und feuerfest und leicht bearbeitbar.
Früher wurden auch hier Kupfererze gewonnen, wie noch jetzt die alten Schächte beweisen und muss dieser Bergbau ein sehr ergiebiger gewesen sein.
Eingepfarrt ist Tannhof mit Brand und Vorholz nach Lichtentanne.
Brand liegt nur ¼ Stunde rechts ab von der Chaussee nach Plauen, also zwischen Tannhof und Lichtentanne, am Rande eines Holzes, welches sich sehr schmal und unter verschiedenen Namen bis in die meranische Gegend ausdehnt. Es wird dieser Ort gewöhnlich das Brandgut genannt, weil es ohne Zweifel aus einem Vorwerke Brand entstanden ist und zu Lichtentanne und Tannhof früher gehörte.
Wenn auch die Gegend von unserm Brandgut nicht so reizend, wie von Brand in der sächsischen Schweiz ist, so wird man sie immer lieblich und angenehm, wenn auch etwas rauh finden.
Unerwähnt können wir nicht lassen, dass der obenerwähnte Ort Gospersgrün, wovon 8 Bauern unter die früheren Gerichte von Tannhof gehörten, überhaupt 5 verschiedenen Gerichten unterworfen war, ein Fall, der in hiesiger Gegend öfters vorgekommen ist; denn der Kirchort Baiersdorf, wohin Gospersgrün gepfarrt ist, stand unter eben so verschiedenen Gerichtsbarkeiten.
Gospersgrün ist noch merkwürdig wegen seines anmuthigen Thales, durch welches das Neumarker Wasser fliesst. Dieses Wasser wird sehr häufig auch der Gospersgrüner Bach, ja nicht selten wird er schon von der, unter Gospersgrün bei genanntem Holze oder Pleissenmühle an, die Pleisse genannt, doch in der Regel erst bei Steinpleiss.
Wir finden uns um so mehr bewogen, dieses hier zu erwähnen, weil wir oben schon gesagt haben, dass Tannhof zwischen den Thälern der Neumarker und Lichtentanner Bäche liegt, da diese Bäche es sind, aus welchen eben die Pleisse sich bildet, welche zwar in ihrem mittlern Laufe dem Fürstenthume Altenburg, übrigens aber ganz dem Königreiche Sachsen, namentlich dem Gerichtsamte Zwickau und Werdau und den Gerichtsämtern Borna, Pegau und Leipzig angehört.
Der Lichtentanner Bach entspringt südöstlich von seinem Zusammenflusse mit dem Neumarker Wasser auf grosser Höhe am Schönfelser Oberwalde, aus dem sogenannten Lindenborn, welcher in sehr alten Urkunden unter dem Namen Albo Distudinga vorkommt.
Der Bach fliesst sehr schnell und jäh nach Ebelsbrunn herab, durchfliesst es in nördlicher Richtung, sowie das daran stossende Stenn in nordwestlicher; Lichtentanne, welches an Stenn stösst, hat wieder meist nördliche Richtung und damit verbindet sich theils Moselgut, theils das schöne grosse Dorf Steinpleiss, wo der Bach gegen Nordwest und West fliesst.
Sein Gang ist schon in Stenn etwas träge und wird es noch mehr in Lichtentanne – eine Eigenheit, welche ihn allerdings des Namens der Pleisse würdig macht.
Das viel stärkere Neumärker Wasser bildet sich in Neumark durch Zusammenfluss des Schönbacher Wassers und des Oberneumärkischen, das am Gotteswalde über Oberneumark seine Quelle hat; diese liegt unter allen des Flussgebiets am höchsten (gegen 1000 Pariser Fuss über dem Meere) und muss als dessen Hauptquelle betrachtet werden; dass durch sie gebildete Gerinne heisst auch das Keilwasser. Der vereinigte Bach fliesst in sehr geschlungenem Laufe durch Unterneumark nach Ehrlmühle hinab und nimmt hier eine nördliche Richtung an, in welcher sich dann im Allgemeinen der ganze Fluss erhält.
Jener Bach aber verstärkt sich dann in dem erwähnten Gospersgrüner Theile sehr ansehnlich durch das Altschönfelser Wasser und fliesst nach dem niederen Ende von Steinpleiss zu der genannten Vereinigung hinab, nimmt jedoch noch zuvor den durch das Freyreuther Wasser verstärkten Ruppertsgrüner oder Beyersdorfer Bach auf.
[191]
in einem von Osten gegen Westen sich aufwärts ziehenden Grunde ½ Stunde westlich von Zwickau zwischen der Hauptstrasse nach Reichenbach und der nach Gera zu gelegen, hat seinen Namen von der Marienkirche in Zwickau, wohin in den frühesten Zeiten die Einwohner des Orts gepfarrt waren. Ja die Vorstadt von Zwickau von der Westseite hing vor dem Hussitenkriege mit diesem Dorfe fast zusammen.
Die Gründung des Dorfes muss schon im 11. Jahrhundert erfolgt sein und der Ort selbst war damals Eigenthum des Klosters Bosau bei Zeitz, dem es aber lange Zeit der Markgraf von Meissen streitig machte.
Im Jahre 1212 kam Marienthal vom Bosauer Kloster an das Zwickau-Eisenberger und 1430 wurde der ganze Ort von den Hussiten in Asche gelegt.
Nach Aufhebung der Klöster wurde Hans von Mergenthal damit beliehen, nach welchem es der Zwickauer Rath längere Zeit mit dem von Römerschen Geschlechte gemeinschaftlich besass. Ersterer brachte von letzterem in 1536er und 40er Jahren eine Anzahl Unterthanen käuflich an sich, die er aber nebst einem schon früher der Zwickauer Kirche gehörigen Theile des Dorfes 1552 an den Kurfürsten abtrat.
Auf das von Römersche Geschlecht folgten die Herren von Milkau, Kreizer und Uttmann im Besitze[WS 5] und schneller Folge späterer Zeit Franke, Richter, Wenzel, M. Döhler, Prebig, Krausse, von Kutschenbach. Von 1800 an übernahm Frau von Hack das Gut, von welcher es an Herrmann, dann an Amtmann Fink, von diesem auf Advocat Wunder aus Plauen, und nach dessen Tode auf dessen Wittwe geh. Schmöger aus Plauen, später verehelichte Kirchhof überging.
Der derzeitige Besitzer ist Herr Fischer, welcher es aber nicht selbst bewirthschaftet, da derselbe zugleich das Domainen-Gut Thallwiz bei Wurzen in Pacht hat[WS 6].
Das hiesige neuschriftsässige Rittergut, welches bis zur Einführung[WS 7] der neuen Gerichtsorganisation seine eigenen Gerichte hatte, liegt etwa in der Mitte des Dorfes, zwar klein, doch massiv und wohlgebaut und ist von mehreren, jetzt im guten Zustande befindlichen Wirthschaftsgebäuden umgeben. Dazu gehört eine Ziegelei, die stark betrieben wird.
Die Rittergutsfelder sind mehr nass als trocken und enthalten ungefähr 140 Scheffel Aussaat.
Der frühere Besitzer Herrmann hatte im Jahre 1816 eine oberschlächtige Mühle erbaut, wozu das Wasser eine Viertelstunde weit durch Röhren in einen Schutzteich geführt und von da in einem 200 Schritt langen Gerinne auf ein 15elliges Rad fiel. Da aber späterhin wegen Mangel an hinreichendem Wasser, der Erfolg den Erwartungen nicht entsprach, verkaufte er das Gut 1817 an Herrn Amtmann Fink, welcher das Mühlenwerk abtragen liess.
Im Jahre 1828 wurde nördlich vom Dorfe nach Vollendung des Chausseehauses von Zwickau über den Windberg nach Werdau ein Chausseehaus errichtet, von wo aus man eine der herrlichsten Aussichten in das Obererzgebirge hat: denn man erblickt hier nach Süden die drei freistehenden Basaltgebirge, den Pöhlberg, den Bärenstein den Auersberg. Auf der Höhe des Windberges, der gegen 1200 Fuss Seehöhe erreicht, befindet sich ein Pfahl, auf welchem der Körper des am 15. Dec. 1823 hier hingerichteten Carl Heinrich Friedrichs aus Neustädtel bei Schneeberg, welcher seine Pflegeeltern, Meister Christian Friedrich, Fleischhauer daselbst und Sophie Elisabeth geb. Bachmann am [?]0.[WS 8] Januar 1827 ermordete, aufs Rad geflochten und sein Kopf oben aufgenagelt war. Nachdem aber schon am vierten Tage nach der Hinrichtung der Aberglaube des Nachts sich Stücken von seinem weissen Anzug und sogar von seinem Körper holte und die Furcht der hier auf der Hauptstrasse nach Werdau und Zwickau Vorübergehenden sich vergrösserte, so wurde, in Folge einer an die Amtshauptmannschaft gemachten Anzeige, sofort der Befehl zur Einscharrung des Körpers ertheilt, der Kopf aber blieb noch angenagelt bis zum Jahre 1825, wo er in der Nacht des 14. und 15. April nebst dem Rade gestohlen wurde; der Thäter blieb unentdeckt.
Von hieraus sieht man nach Osten und Norden 3–4 Stunden weit Schönburgische Städte und Dörfer, ja man kann hier sogar einige Häuser [192] von dem 6 Stunden weit entlegenen Dorfe Lichtenau bei Hundshübel im Obergebirge mit gutem Auge sehen.
Ohnweit des Chausseehauses soll nördlich in dem tiefen Thale das Raubschloss Rappendorf gestanden haben, eine Sage, die nicht aller Wahrscheinlichkeit entbehrt: denn nach den näheren Nachrichten hierüber, welche man in dem Altenburger Landesarchiv gefunden hat, haben im Jahre 1457, wo Marienthal dem Eisenberger Kloster gehörte, hier mehrere Hauser, zu Marienthal gehörig, gestanden, welche ein gewisser Richard von Rapp und Oswald von Rieth von dem Grafen Erwin von Gleichen und Grafen von Satzig gekauft und in Lehn erhalten haben. Von diesem Rapp kommt der Name Rappendorf. Es waren 4 Güter, 14 Lehen, 3 Aecker und 1 Garten in Marienthal. Auch sind in dieser Urkunde viele Besitzer von Aeckern und Wiesen namentlich aufgeführt und ihre jährlichen Abgaben an Geld und Getreide bezeichnet. Vor 180 Jahren sah man noch hervorragendes Gemäuer, jetzt befindet sich nur noch der sogenannte sonst sehr tiefe, aber von den dortigen Feldbesitzern nach und nach mehr ausgeschüttete böse Brunnen, von den Bauern wegen vermeintlicher Gespenstererscheinungen so genannt, hier in der Nähe des mit Bäumen überwachsenen Hügels, wo die Burg stand; der Brunnen enthält jetzt noch immer viel Wasser, in der Rundung umfasst er 36 Ellen und im Durchschnitt 18 Ellen. Mehrere Feld- und Waldbesitzer haben in dessen Nähe theils bei Feldbestellung, theils beim Holzfällen und Stockroden, Bruchsteine, Grundmauern, gezimmertes Holz, eiserne Haspen und Bänder u. d. m. gefunden – ein deutlicher Beweis, dass jene Urkunden wahr sprechen; jedoch hat man nirgends gefunden, ob diese Häuser, unter welchen auch eine stattliche Burg sich befand, in welcher jene Grafen ihren Sitz hatten, erst im 30jährigen Kriege oder schon früher zerstört wurden.
Nach einer alten anderen Urkunde ist wahrscheinlicher anzunehmen, dass das Schloss als Raubschloss vom Landgrafen Friedrich dem Gebissenen schon ums Jahr 1321 mit zerstört worden ist.
Marienthal hat ausserdem eine geräumige lichtvolle und schöne Kirche, welche vom Stadtrath zu Zwickau im Jahre 1721 erbaut worden ist.
Die Gebäude der Pfarrwohnung sind schon im Jahre 1713 restaurirt worden; aber noch in ziemlich gutem Zustande. Zum Pfarrgute gehören 46 Scheffel Aussaat Feld und dasselbe hat schöne futtereiche Wiesen.
Das Schulhaus ist ebenfalls gut und massiv und geräumig gebaut.
Ueber Kirche und Schule steht dem Stadtrath zu Zwickau das Collaturrecht seit dem Jahre 1440 zu.
Das Dorf bildet nur eine Gemeinde und ist keine Ortschaft hierher eingepfarrt.
Unter den Einwohnern giebt es eine ziemliche Anzahl Weber. Der Ackerbau ist in trockenen Jahren gedeihlicher, als in nassen.
Die Schicksale des Ortes anlangend, so war das Jahr 1547 ein trauriges für Marienthal. Ein grosser Theil des Dorfes wurde zu jener Zeit von den nach Mühlberg ziehenden Truppen verbrannt. Nicht minder schrecklich war das Jahr 1634: Am 27. Oct. gedachten Jahres zündete Schönickel den Ort an, und 1636 wütheten die Polen und Tataren hier furchtbar.
Die Fluren von Marienthal reinen mit Zwickau, Lichtentanne, Brand, Weissenborn und sind meist von mässiger Güte.
Bemerkenswerth ist noch der erste evangelische Pfarrer, Nicolaus Hoffer, welcher im Jahre 1523 von einem Anhänger des Thomas Müntzer erstochen wurde, nachdem ersterer schon vorher im Jahre 1521 von mehreren Zwickauer Bürgern insultirt worden war.
Marienthal mit seinen 114 bewohnten Gebäuden und seinen 1076 Einwohnern gehört jetzt zum Gerichtsamt Zwickau.
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Anmerkungen (Wikisource)
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