Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section/H04

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Heft 3 des Voigtländischen Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke
Heft 4 der Section Voigtländischer Kreis
Heft 5 des Voigtländischen Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Rodau
  2. Gutenfürst
  3. Dobeneck
  4. Pöhl


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Rodau.


An der nordöstlichen Gränze des Sächsischen Voigtlandes, am Rodauer Bache, liegt das Dorf Rodau, in Urkunden auch Roda und Rodowe genannt, welches seine Entstehung nach Unterdrückung der einst im Voigtlande herrschenden Slaven – den siegreichen Deutschen verdankt. Der Name Rodau ist ohne Zweifel von dem Worte „ausroden“ das Land von Waldung freimachen, herzuleiten, weil die Umgegend, noch lange nach dem Anbau einzelner Landstrecken durch die Sorben, von ungeheuern Wäldern bedeckt war, die erst im Laufe der Jahrhunderte durch die fleissige Axt des deutschen Ansiedlers niedergeschlagen oder gelichtet wurden. Für diese Behauptung sprechen die immer noch sehr ansehnlichen Waldstrecken, welche sich westlich von Rodau ausbreiten, sowie die Namen einer grossen Anzahl Voigtländischer Ortschaften, wie Rodersdorf, Ulrichsreuth, Reuth, Troschenreuth u. s. w., welche sämmtlich im elften oder zwölften Jahrhundert auf der Stelle finsterer Urwälder entstanden, wo die deutschen Ansiedler ohne grosse Besorgniss vor den geknechteten Ureinwohnern ihre Sprache und Cultur verbreiteten, überall das Kreuz aufrichteten und Zwingburgen bauten. Die Volkssage erzählt, dass einst in Rodaus Nähe ein Tempel des Slavengottes Swantowith gestanden habe, den die Deutschen zerstörten und an dessen Stelle eine Walfahrtskapelle errichteten. Noch jetzt ist einiges Gemäuer dieser Kapelle vorhanden, und der dahin führende völlig verraste Weg wurde erst vor einigen Jahren in Feld verwandelt.

Dass eine grosse Anzahl Slaven sich lange sträubten dem Christengotte zu huldigen, war natürlich, und so schlichen denn viele in die einsamsten und dichtesten Theile der nahen Wälder um dort den alten Göttern ihres Volkes Opfer zu bringen. Hieraus entstand die Sage von den Holzweibchen, diese waren ursprünglich nichts anderes als Sorbische Frauen, welche vor dem Kreuze in die dichten Waldungen zu den Altären ihrer Götter flüchteten und als sie sich wieder hervorwagten bemerkt und verfolgt wurden, aber – nach der Sage – an einem Stamme mit drei Kreuzen Rettung und Zuflucht fanden.

Das Dorf Rodau besteht aus mehr als 100 Feuerstätten mit ungefähr 500 Bewohnern, welche ausser Ackerbau und Viehzucht auch viel Handwerkerei betrieben. Namentlich wohnen in Rodau eine ziemliche Anzahl Maurer und Zimmerleute die mit der Frühlingssonne hinausziehen, oft in weite Ferne, um bei grösseren Bauten lohnende Arbeit zu finden, und mit den Schneeflocken zurückkehren, um den Winter bei ihren Familien zu verleben. – Ein Theil von Rodau, und zwar der bedeutendste, gehört zu dem Rittergute Leubnitz, ein anderer zum Rittergute Reuth, ein Dritter zu dem von Schneckengrün und ein vierter steht unmittelbar unter dem Amte Plauen. Der fünfte Theil gehört dem Rittergute zu Rodau, welches auch Antheil an Schönberg, Kornbach und Tobertitz besitzt. Im Jahre 1291 hatte das Kloster Kronschwitz Besitzungen im Dorfe Rodau, indem es einige daselbst fällige Zinsen dem Kloster Bosau verkaufte, und 1503 nennt ein noch vorhandenes Register der Balley Thüringen, unter welcher die Voigtländischen Besitzungen des deutschen Ritterordens standen, unter den dreizehn Kirchlehen die dem Ordenshause zu Plauen gehörten auch das Dorf Rodau.

Das Rittergut Rodau gehörte in der frühesten Zeit einem adeligen Geschlecht von Roda, von dem 1278 Heinrich von Roda als Ebersteinscher Landsasse, in Gemeinschaft mit dem Ritter Helm von Hassbecht, zwei Herren von Reinaldsdorf, Sixen von Magwitz und den Brüdern Eberhard und Eckbrecht von Marksgrün als Zeuge in einer Schenkungsurkunde genannt wird, worin das Kloster Kronschwitz bedeutende Güter in Strassberg zum Besten der Seele Kunigundens von Reuss empfing. Ritter Rudolph von Roda war der Landgräfin von Thüringen Elisabeth der Aelteren bestellter Voigt auf der Burg Arnshaugk. Heinz von Roda unterschrieb im Jahre 1398 mit Helvico, Ritter von Hossebergk, Albert von Reinaldsdorf, Theodorich Rusterge und Albrecht von Ammendorf ein Dokument, worin Graf Conrad von Eberstein seine lehnsherrliche Einwilligung zu einer abermaligen Schenkung an das Kloster Kronschwitz erklärt. Im Jahre 1485 kommt ein Kaspar von Roda vor, welcher bei einem Vergleiche Heinrich des Mittleren von Reuss mit seiner Ritterschaft worin diese ihrem Herrn zur Bezahlung seiner Schulden zehn Procent von den Gütern ihrer Bauern bewilligte, aber dafür auf sieben Jahre von der Landbethe befreit blieb – die darüber ausgestellte Urkunde mit noch vierzehn anderen Edelleuten unterzeichnete. Die sogenannte Landbethe oder Landbitte war eine öffentliche Steuer, die aus dem Viehbestande erlegt, desshalb auch Horn- oder Klauensteuer hiess, ursprünglich aber nur auf geschehene landesherrliche Bitte von den Landsassen freiwillig geleistet wurde. [26] Im 16. Jahrhunderte gehörte Rodau den Herren von Röder, einem der ältesten und begütertsten voigtländischen Adelsgeschlechter. 1521 besassen von den Röders Veit von Röder Kloschwitz, Eberhard von Röder Kröstau, Hans von Röder Pöhl, Veit von Röder Rössnitz und Heinz von Röder Rodau. Einer dieser Familie, Adam von Röder, wurde mit Volkmar von Rüther, Thomas und Joachim von Zedlitz, Walther von der Mosel, Hans von Trützschler und dem reisigen Knechte Thomas 1545 bei Reussa unweit Plauen auf der Landstrasse von feindlich gesinnten Edelleuten angefallen und sammt seinen Begleitern niedergeschossen. 1613 besass Rodau Kaspar von Dobeneck auf Schlegel, zu dessen Zeit die Kirche zu Rodau, welche bis dahin ein Filial von Leubnitz war, zu einer selbstständigen Pfarrei erhoben wurde. – In der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts gehörte Rodau einer Frau von Sprichovsky von der es bald darauf die Herren von der Planitz auf Auerbach an sich brachten. Von dieser Familie kam das Gut an die Gebrüder Fiedler aus Reichenbach, von denen einer in der Kirche zu Rodau begraben liegt. In rascher Folge besassen im Laufe des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts Rodau die Familien von Siegheim, von Schönfels und von Kospoth. Herr Friedrich Heinrich von Kospoth auf Leubnitz erkaufte Rodau im Jahre 1823 und starb 1852, worauf die Güter an dessen vier Söhne, die Herren Franz Heinrich Rudolph, Hermann Heinrich Maximilian, Bernhard Heinrich Asmus und Hugo Heinrich Luithold von Kospoth übergingen, welche dieselben noch jetzt besitzen.

Wie schon erwähnt war Rodau bis zum Jahre 1613 Filial von Leubnitz. Die Kirche scheint ursprünglich eine blosse Schlosskapelle gewesen zu sein, da sie noch jetzt sehr nahe am Rittergute steht. Die ersten christlichen Gotteshäuser errichtete man wo möglich immer unmittelbar neben den Schlössern um sie vor der Entweihung oder Zerstörung durch die besiegten zum Christenthum gezwungenen Sorben zu schützen. Noch jetzt zeigen Spuren von Thürmen an der die Rodauer Kirche umschliessenden Friedhofsmauer, dass man sie einst gegen feindliche Angriffe verwahren wollte, und deshalb in den Bereich der Befestigungen des Rittersitzes zog.

Die Parochie Leubnitz umfasste 11 Dorfschaften, von denen Rodau, Tobertitz, Schönberg, Demeusel und Kornbach in die neue Parochialkirche zu Rodau eingepfarrt wurden. Die Edelleute des Kirchspiels und sämmtliche Gemeinden brachten ein Kapital von 1200 Gulden zusammen, wofür man in Rodau von einem Herrn von Ravensteiner ein Bauerngut ankaufte und solches dem neuen Pfarrer, M. Oehler, zur Wohnung anwies. Ausserdem setzte man dem Pfarrer ein Fixum von 16 Scheffel Roggen, 3 Fuder Heu, 8 Klafter Holz und 9 Gulden Tranksteuer aus, wozu noch einige Deputate von den Rittergütern kamen. Die Edelleute des Leubnitzer Kirchspiels waren damals Melchior von Bodenhausen auf Mühldorf und Leubnitz, Maria von Feilitzsch, auf Tobertitz, Hildebrand Eichelberg von Trützschler auf Stein und Schneckengrün, Hans Kaspar von Dobenek auf Rodau und Schlegel, Hans von Reibold auf Rössnitz und Kloschwitz, und Joachim Daniel Rabe auf Schneckengrün.

Die alte Kirche war zu Anfange dieses Jahrhunderts so baufällig geworden, dass der damalige Pfarrer ihren Einsturz befürchtete, und somit sah man sich genöthigt einen Neubau vorzunehmen, der jedoch erst nach einem langen Processe mit der Kirchfahrt in Angriff genommen wurde. Die neue Kirche entstand in den Jahren 1810–1813, und ist durchaus kein Muster eines ländlichen Gotteshauses zu nennen, sondern im Innern wie im Aeussern verpfuscht. Das äussere Aussehen verdirbt der Thurm, ein sogenannter Dachreiter, welcher ursprünglich von Grund aus gemauert war, aber seiner Vollendung nahe, starke Risse bekam, weil der Maurermeister die Mauern des Thurmes auf Todtengrüfte gesetzt und somit keinen festen Grund gesucht hatte. Trotz der Tröstungen des Meisters, dass es gegen dergleichen Zufälle tausend Mittel gäbe, sah er sich dennoch zu dem einzigen vernünftigen gezwungen, den Kirchthurm bis auf den Grund niederzubrechen. Der Zimmermeister versprach hierauf einen Thurm zu bauen, wie kein zweiter gefunden werden sollte im Lande weit und breit umher. Der Mann hielt Wort, denn einen geschmackloseren Thurm giebt es nicht im ganzen Sachsenlande. Durch Verlängerung der Kirchenmauern wurde nun die Kirche zu lang, und weil man auf den alten Grund gebaut hatte, zu eng und hoch, sowie wegen des obenaufsitzenden Thurmes, unter dem keine Fenster eingebrochen werden durften, um Altar und Kanzel herum zu dunkel. Der hölzerne Altar, welcher bei einer Restauration der neuern 1833 vom Tischlermeister Mökel in Oelsnitz gefertigt wurde, ist mit einen hübschen auf Holz gemalten Bilde, die Fusswaschung Christi darstellend, geschmückt. – Die Orgel, 1814 von den Geschwistern Heidenreich in Hof erbaut, ist ein treffliches Werk.

Das Vermögen der Kirche ist gering, würde indessen sehr bedeutend sein, wenn man das Lehngeld, welches ihr noch aus den Zeiten vor der Reformation (durch Stiftungen) beim Verkaufe von Häusern und Grundstücken zusteht nicht verschenkt oder doch herabgesetzt hätte. Sie hat eigentlich das Recht bei Verlehnung eines Bauerngutes den zehnten Pfennig zu beanspruchen, so dass sie da 300 oder 400 Thaler bekommen müsste, wo sie jetzt 7 bis 8 Thaler empfängt. Die sogenannten Kühezinsen, welche die Kirche noch ausserdem bezieht, sind wahrscheinlich bei der Reformation von einem Kloster auf sie übergegangen.

In neuerer Zeit sind Kornbach und Tobertitz aus dem Schulverbande mit Rodau geschieden. Zu Tobertitz wurde ein neues Schulhaus gebaut und ein confirmirter Lehrer angestellt. Rodau und Demeusel haben eine Anzahl von etwa 130 schulpflichtigen Kindern. – In Rodau sind 2 Begräbnissplätze, von denen einer die Kirche umgiebt und der andere, 1613 angelegte, sich hinter den Dorfe befindet. – Das Patronat- und Collaturrecht über Kirche, Pfarre und Schule steht dem jedesmaligen Besitzers des Rittergutes Leubnitz zu.

M.      



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Gutenfürst.


Nahe der Bairischen Grenze, an einem aus Süden kommenden Bache der hier einen bedeutenden Teich speisst und in nordöstlicher Richtung zur Chemnitz hinabrinnt, liegt das Dorf Gutenfürst. Ueber die Entstehung seines Namens lässt sich nichts Bestimmtes ermitteln, doch ist es sehr wahrscheinlich, dass derselbe eine Ansiedelung auf einer Stätte bedeuten soll, die früher mit schöner Forstung bewachsen war. Aehnliche Namen finden wir bei den Voigtländischen Ortschaften Eichicht, Birk, Schönlind, Langebug, Stöckigt und Anderen, welche gleichfalls ihre Entstehung auf Waldboden beweisen, die im 11. oder 12. Jahrhundert zu suchen ist, wo die Deutschen im Voigtlande Colonien zu gründen begannen, nachdem sie die Slavischen Ureinwohner unterjocht und dienstbar gemacht hatten. – Gutenfürst raint mit Stöckigt, Chemnitz, Krebes und Kröbau, hat eine Mühle mit zwei Gängen, ein Beigeleite von Planen und gegen 200 Einwohner.

Der Sage nach soll Gutenfürst in früheren Zeiten ein bedeutender Ort gewesen, jedoch durch den Hussitenkrieg, Seuchen und Brand zu seiner jetzigen Bedeutunglosigkeit herabgesunken sein. Zu den vielen Unfällen, welche die hiesigen Einwohner trafen, gehörte auch der Besuch eines Heuschreckenzuges, der im August des Jahres 1693 die Fluren verwüstete. Das ungeheure Heer der ekelhaften Insekten kam aus den Oriente, und liess sich zuerst in Ungarn, nahe bei den Städten Ofen und Pesth nieder, von wo es sich in zwei Züge theilte, deren einer durch Schlesien, Mähren, Böhmen und endlich mit einem Südwinde über einen Theil des Voigtlandes zog, und dann nach Thüringen ging, wo das Ungeziefer starb. Den 16., 17. und 18. August zogen die Heuschrecken über Plauen her und am 25. August kamen sie über Schleiz an. Sie flogen in unterschiedenen grossen Haufen, denen immer einige kleinere Schwärme vorangingen und machten auf ihren Zügen viele Rasttage. Wie eine dunkle Wolke kamen sie etwa eine Stunde breit gegen Plauen heran, wo sie sich zwei Stunden aufhielten, in den Strassen umherschwärmten, in die Häuser eindrangen und dabei Laub und Blüthen von den Bäumen und Sträuchern abfrassen. Bei Regenwetter und in der Mittagshitze legten sie sich in die Wälder, und zwar in so ungeheuren Massen, dass die stärksten Aeste unter ihrer Last brachen. So vernichteten sie das Tösseholz bei Plauen. Wurden des Nachts ihre Fittige vom Thau nass, so klebten sie alsdann so fest an der Erde, dass man sie nicht aufzuschichten vermochte, bevor die Sonne sie wieder flugfähig machte, worauf der Schwarm mit starkem Geräusch aufflog und kleine Vögel, ja selbst Tauben aus der Luft herabstiess. Oft mussten sogar Menschen sich mit Gewalt einen Weg durch ihren Zug bahnen, denn bisweilen flogen sie dicht über der Erde, bisweilen aber auch hoch über den Kirchthürmen hin. Wo sie sich niederliessen, lagen sie fast eine halbe Elle übereinander, so, dass die Pferde fast bis an die Knie in die Schichten eintraten. Von den Schweinen wurden die Heuschrecken mit grosser Gier verzehrt. Was noch an Gartengewächsen, Feld- und Wiesewachs stand, vernichteten die Asiatischen Gäste bis auf den Grund, und hatten sie Alles vertilgt, erhoben sie sich zu neuer Wanderung, wobei sie einen unausstehlichen Geruch zurückliessen, was auch geschah, wenn man sie durch Feuer vertrieb. Da sie die Früchte grösstentheils verzehrten und die Luft verpesteten, so waren Krankheit und Theuerung die von ihnen verursachten traurigen Folgen. – Auch im 30jährigen Kriege wurde Gutenfürst durch feindliche Soldaten, Pest und Hungersnoth vielfach heimgesucht.

Das Rittergut Gutenfürst gehörte in den frühesten Zeiten der Familie von Feilitzsch, von der es im 16. Jahrhundert an die Herren von Etzdorf kam. Melchior von Etzdorf wird 1570 als Besitzer des Gutes genannt, doch war es schon 1588 wieder Eigenthum Hans Dietrichs von Feilitzsch, der dasselbe 1605 an Walther von Nischwitz verkaufte, von welchem es an Joachim von Reibold auf Reinsdorf, Neudorf, Strassberg, Netzschkau, Sachsgrün, Ebenath, Haselbrunn, Lössnitz, Polentz, Kloschwitz und Tannhof gelangte.

Von diesem kam Gutenfürst an das alte Geschlecht der Herren von der Heydte, welches im Voigtlaude bereits seit Jahrhunderten begütert war. Schon 1398 wird ein Ritter Hans von der Heydte genannt, welcher als Voigt des Reussen von Plauen auf dem Schlosse zu Mühldorf sass. Ein anderer Hans von der Heydte hatte einen Nürnberger Kaufmann, der zur Messe nach Leipzig ziehen wollte, gefangen genommen und so lange festgehalten. bis er sich mit 1100 Gulden löste. Die von Plauen zogen deshalb auf des Kaufmanns Anklage vor des Ritters Burg, nahmen ihn mit seiner ganzen Familie gefangen und brachten ihn nach Zwickau, wo er zum Tode verurtheilt und sammt seiner Gattin im Januar des Jahres 1530 enthauptet wurde. 1542 erschoss Philipp von der Heydte auf Misslareuth daselbst vor der Kirche Asmus von Zedwitz auf Tepen, weil dieser zuvor seiner Frauen Bruder, Simon Magnus von Zedtwitz auf Isar ebenfalls erschossen hatte.

Georg Peter von der Heydte, ein Sohn Kaspar Joachims von der Heydte, erkaufte Gutenfürst um das Jahr 1655, auch gehörten ihm zu gleicher Zeit die Güter Grobau, Misslareuth und Kemnitz. 1731 besass die Güter der Oberaufseher der Elsterflüsse Carl Ferdinand von der Heydte. Bei dieser Familie blieb Gutenfürst bis auf den heutigen Tag, wo das Gut Eigenthum des Kammerjunkers [28] Herrn Friedrich Wilhelm von der Heydte ist. – Zum Rittergute Gutenfürst gehören ein Vorwerk in Grabau und 5 Häuser daselbst, nebst Antheilen von Krebes, Stöckicht und Kemnitz.

Gutenfürst und Reinhardswalde sind in die Kirche zu Kemnitz, ein Filial von Krebes, eingepfarrt, wo aller 14 Tage Gottesdienst abgehalten wird. Das Kirchlein zu Kemnitz war früher eine Kapelle der Pfarrei zu Misslareuth, welche der Kaplan zu Krebes versorgte, bis Krebes zu einer eigenen Pfarrei erhoben und die Kapelle in eine Tochterkirche der Parochie umgewandelt wurde. Das jetzt vorhandene Gotteshaus zu Kemnitz wurde in den Jahren 1731–1734 neu erbaut und die darin befindliche Orgel von dem Flossverwalter Johann Adam Schmidt auf eigene Kosten angeschafft. Den Bau der Kirche leitete namentlich der Oberaufseher der Elsterflösse, Rittergutsbesitzer Carl Ferdinand von der Heydte, welcher auch den grössten Theil der Baukosten aus eigenen Mitteln hergab.

In einem alten Landbuche von Hof aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts wird gesagt, dass die Pfarrei Krebes eine öde Herberge zu Kemnitz besitze, auch einen öden halben Hof und 2 Wiesen bei dem Dorfe an dreien Flecken, dazu ein Holz mit daranstossendem Felde in Reinhardswalde. Die Wiesennutzung steht dem Pfarrer noch jetzt zu, aber über die öde Herberge und den öden halben Hof sagen schon die Visitationsacten von 1546, dass sie Heintze von Feilitzsch, der damalige Herr auf Kemnitz an sich gebracht habe. Das Holz zu Reinhardswalde entzog die Landesregierung der Pfarre und verabfolgt derselben zur Zeit bloss noch 6 Klaftern sechs Viertel langes Scheitholz ohne Abraum, während früher der Pfarrer das Holz selbst schlagen liess; doch war die Waldung schon 1617 an das Churfürstliche Rentamt in Plauen übergegangen. Uebrigens müssen in alten Zeiten viele Grundstücke zu Kemnitz dem Nonnenkloster zu Krebes gehört haben, und es ist sehr wahrscheinlich, dass das Rittergut zu Kemnitz dieselben an sich zog, oder wohl gar aus ihnen entstanden ist.

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Dobeneck.


Der Name des Dorfes Dobeneck ist slavischen Ursprungs und bedeutet eine wohlgelegene oder gute Veste, weshalb anzunehmen ist, dass das hiesige Schloss im zehnten Jahrhundert als eine Grenzburg des grossen Gaues Dobenawe oder Plawen erbaut wurde. Das Dorf besteht aus 12 Häusern mit 80 Einwohnern und liegt 2 Stunden südlich von Plauen am rechten Ufer der hier gespaltenen Elster, nahe beim Geiersberge, zwischen Raschau, Schönbrunn, Planschwitz und Stein.

Das Schloss Dobeneck auf einen Felsenvorsprunge des rechten Elb[1]ufers erbaut, ist das Stammschloss des alten Voigtländischen Geschlechts der Herren von Dobeneck, welches früher in hiesiger Gegend bedeutende Güter besass, jetzt aber nur noch in Baiern ansässig ist. Durch Lage und künstliche Befestigung fast uneinnehmbar gemacht, gehörte die Veste zu den wichtigsten Edelsitzen des Voigtlandes und ihre Herren genossen grosses Ansehen weit umher. Zu jener Zeit, wo hauptsächlich nur der Adel Geltung besass und sich im Genuss bedeutender Vorrechte befand, während der Bürger neben ihm kaum bemerkt wurde, der Bauer aber sein leibeigener Sclave hiess, durfte der Edelmann mit fast unbeschrankter Willkühr in der Umgebung seines Schlosses thun, was ihm gefiel, doch war dieses Leben für ihn keineswegs ein freudenreiches und ruhiges, denn wie seine Hand gegen Jedermann, war auch wiederum Jedermanns Hand gegen ihn, und das Leben des mittelalterlichen Landadels erscheint durchaus nicht beneidenswerth, wenn wir die Schilderung lesen, welche Ulrich von Hutten, Luthers Freund, von dem Aufenthalte eines Edelmanns auf seinem einsam gelegenen Schlosse entwirft:

Man lebt auf dem Lande in Wäldern und in jenen Gebirgshöhlen, die man Burgen nennt. Die uns ernähren sind äusserst dürftige Landleute, denen wir unsere Aecker, Weinberge und Wiesen verpachten müssen. Das Pachtgeld, welches dieselben zahlen, ist für die daran gewandte Mühe äusserst geringe und wenig. Wenn es ansehnlich und ergiebig sein soll, so erfordert es eine grosse Sorgfalt und unendliche Anstrengung. Denn wir müssen die fleissigsten Hauswirthe sein und überdiess uns auch noch dem Dienste irgend eines Fürsten ergeben um die nöthige Sicherheit zu geniessen. Denn wenn der Edelmann nicht im Dienste steht, so glauben Alle gegen ihn sich herausnehmen zu dürfen, was sie wollen, und ist er auch drin, so bleibt die Hoffnung doch noch mit vieler Gefahr und täglicher Furcht verknüpft. Geht der Burgherr einmal aus dem Hause, muss er besorgen, dass er Denen in die Hände falle, die mit jenen, er sei was für ein Fürst er wolle, Händel haben oder mit ihm in Fehde befangen sind. Geschieht es zu seinem Unglück, so verliert er das halbe Vermögen durch die Auslösung, und so entspringt oft daher, woher ihm Schutz zugesichert ist, gerade Unterdrückung. – Die Edelleute auf den Schlössern und Vesten müssen nur deshalb Pferde halten, Waffen [29] anschaffen und mit einem zahlreichen Geleite versehen sein, das Alles grossen und schweren Aufwand erfordert. Nirgend hin und nicht auf zwei Ackerlängen weit dürfen wir anders als mit Waffen versehen lustwandeln. Keinen Weiler dürfen wir unbewaffnet besuchen und nicht auf die Jagd noch auf die Fischerei ausgehen, ohne in Eisen gekleidet zu sein. Indessen ereignen sich doch häufig wechselseitige Streitigkeiten zwischen unsern und andern Bauern, und es vergeht kein Tag, da man uns nicht einen Streithandel vorträgt, den wir mit aller Vorsicht beilegen müssen. Denn sobald ich zu eigenwillig das Meinige behauptete oder auch das angethane Unrecht ahndete, so entstünde ein Krieg, und wenn ich zu geduldig nachsähe oder aus dem Meinigen etwas überliess, so würde ich gleich der Habsucht und Ungerechtigkeit Aller preisgegeben sein, indem was einem zugestanden worden, gleich alle Andern bewilligt haben wollen. Das geschieht aber nicht etwa unter Fremden, nein, unter Schwägern, Verwandten und Vettern, ja sogar unter Brüdern. Und das sind unsere Annehmlichkeiten des Landlebens, das ist die Muse und die Ruhe welche wir geniessen. Selbst die Burgwarte, sie mag sich auf einem Berge oder im Thale befinden, ist nicht zur Annehmlichkeit, sondern zur Befestigung erbaut, mit Mauern und Wällen umgeben; inwendig enge mit Wohnplätzen für das Vieh und die Heerden eingerichtet, und daneben befinden sich dunkle Gewölbe mit Geschossen, Pech und Schwefel und übrigen Rüstungen von Waffen und Kriegswerkzeugen angefüllt. Ueberall nichts als Pulvergestank, dann Hunde, und sollts denken, der liebliche Hundegestank und Schmutz. Endlich ab und zugehende Reiter, worunter Räuber, Diebe, Mörder. Denn allen diesen stehen unsere Thore offen, und wir können nicht wissen, wer ein Jeder ist, noch dürfen wir darauf achtgeben. Man hört nichts als das Geblöcke der Schafe, das Brüllen der Ochsen, das Wiehern der Pferde, das Gebell der Hunde, das Geschrei der Arbeitsleute auf dem Felde, das Rollen und Knarren der Wagen und Karren und sogar im Hause selbst das Geheul der Wölfe, weil es dem Walde nahe liegt. Jeder Tag bringt neue Sorge und Bekümmerniss für den morgenden. Es herrscht eine beständige Bewegung und ewige Unruhe den Acker zu pflügen und anzusäen, im Weinberge zu arbeiten, Bäume zu setzen, Wiesen zu wässern, zu eggen, zu düngen, zu schneiden, zu dreschen. Nun kommt die Ernte, nun kommt die Weinlese. Steht es nur in einem Jahre damit übel, dann jämmerliche Armuth, erbärmliche Theuerung. Also niemals eine Zeit, wo man nicht bewegt, beunruhigt, geängstigt, abgezehrt, niedergeschlagen, aufgeschreckt, ausgetrieben und ausgejagt wird.

Von den Rittern von Dobeneck auf der Burg Dobeneck unterschrieb 1284 Arnold von Dobeneck mit zwei Trützschlern auf Strassberg Heinrich von Neuhoven, Poppo von Lunzen, Heinrich Assmann und Poppo von Lünewacz eine Urkunde, worin Graf Otto von Arnshaugk den Orden der deutschen Herren mit der Kapelle zu Strassberg belehnte. Sämmtliche hier genannte Edelleute waren Arnshaugksche Landsassen. 1327 wird bei Gelegenheit der Lehnsübertragung Plauens an die Krone Böhmen unter den Zeugen auch Ritter Nickel von Dobeneck genannt, mit dem Zusatze „Kriegsmann und Waffenträger unserer vorgenannten Herren von Plauen“. Um das Jahr 1335 beschenkten die von Dobeneck das adelige Nonnenkloster zum heiligen Kreuze bei Saalburg mit Lehnen und Zinsen in den ihnen gehörigen Dorfe Stelzen. Adelheid von Dobeneck schenkte 1401 dem Mönchskloster zu Hof ein Gut zu Langenbach und Ursula von Dobeneck war gegen Ende des 15. Jahrhunderts Aebtissin des Claraklosters zu Hof. Der sittliche Ruf dieser Nonnen war nicht viel besser als derer im Kloster zu Saalburg, weshalb sie 1502 einer Special-Visitation unterworfen wurden, in deren Acten gesagt wird: „damit gleichwohl die armen Schwestern nicht allerdings ungetröstet bleiben, soll der unterirdische Gang von den Franziskanern in das Nonnenkloster offen gelassen werden.“ –

Wilhelm von Dobeneck auf Dobeneck und Gottmannsgrün hatte sich in seiner Eigenschaft als unmittelbarer Reichsvasall in den Jahren 1449 und 1450 Graf Friedrich von Hennebergs Verbündeten gegen die Schwäbischen Reichsstädte angeschlossen und dabei einen bedeutenden Theil seines Vermögens verloren. Sein Sohn, Kühnmuth von Dobeneck auf Dobeneck und Gottesgrün, und dessen Bruder Fabian, nebst einen Ritter, Guttheil von Dobeneck, mit noch 38 Edelleuten von der Reichsritterschaft verbanden sich 1465 gegen den Bischof Johann von Würzburg, wurden aber zwischen den Dörfern Sundbach und Herlesdorf von des Bischofs Kriegsleuten überfallen und gefangen. Durch diesen Unfall kamen Kühnmuths Vermögensverhältnisse so herab, dass er sich genöthigt sah 1468 die Burg seiner Väter zu veräussern. – Später werden von den Dobenecks noch genannt 1486 Jürge von Dobeneck auf Frössen; 1496 Fabian von Dobeneck, der in diesem Jahre sein Schloss Reichenfels verpfändete; 1500 Hiob von Dobeneck als Bischof von Pommeran an der Ostsee; 1534 Wilhelm von Dobeneck auf Brandenstein, der wegen eines Anfalls auf Siegmund von Magwitz sammt seinem Schwiegervater, Kaspar von Feilitzsch auf Zedwitz landesflüchtig werden musste; 1535 Hans und Fabian von Dobeneck als Begüterte in der Herrschaft Schleitz; 1549 Adam von Dobenek, als Herr auf Weissendorf; 1559 Christoph von Dobeneck auf Frössen; 1652 Heinrich von Dobeneck auf Plintendorf, 1712 Christian Heinrich von Dobeneck auf Plintendorf und endlich 1748 Adam von Dobeneck, der Plintendorf 1748 in Lehn nahm. Er war der letzte Dobeneck welcher im Voigtlande ein Gut besass, seine Nachkommen siedelten nach Baiern über.

Als Kühnmuth von Dobeneck zur Veräusserung seines Stammschlosses schreiten musste, erwarb dieses einer seiner Vettern, ein Herr von Neuberg oder Neipperg, dessen Vorfahren 1361 aus Böhmen herübergekommen, von Hans von Sparneck die Schlösser Sparneck und Waldstein mit der Stadt Mönchberg erkauft hatten. Friedrichs von Neipperg geschieht 1501 Erwähnung. Das Gut Dobeneck blieb bei dieser reichbegüterten Familie bis zum Anfange des 18. Jahrhunderts, wo es durch Kauf an die Familie Hickmann kam, welche das Gut, nebst dem zu Taltitz gelegenen Vorwerke Eulenstein in der Person des Herrn Georg Heinrich Hickmann noch jetzt besitzt.

In geschichtlicher Beziehung ist zu bemerken, dass im Jahre 1633 der sogenannte „schwarze Tod“ eine furchtbare Pest auch hier auftrat und eine grosse Anzahl Opfer hinwegraffte, welche man auf dem Kirchhofe auf einen besondern Platze beerdigte und mit Kalk überdeckte. In hiesiger Nähe fand 1761 ein Gefecht zwischen Preussischen und Oesterreichischen Truppen statt, wobei der Preussische Oberst von Hund erschossen und zur Bestattung nach [30] Plauen abgeführt wurde. Im Jahre 1806 hatte Dobeneck nicht wenig durch französische Soldaten zu leiden.

Dobeneck ist in die Kirche des nahen Dorfes Taltitz eingepfarrt. Diese ist ein mit Ziegeln gedecktes in Mitten des Ortes gelegenes niedriges Gebäude mit einem 60 Ellen hohen Thurme, hat jedoch ein freundliches helles Ansehen. Ihrer Bauart nach ist das Gotteshaus von hohem Alter, und zeichnet sich besonders durch schöne massive Kreuzgewölbe und gothische Verzierungen aus. Unter den Restaurationen, welche die Kirche erfuhr, sind die von 1683 und die von 1830 die bedeutendsten, und namentlich letztere hat zur Verschönerung der Kirche und Bequemlichkeit der Gemeinde viel beigetragen. Im 14. Jahrhundert stand das Patronatsrecht über die Kirche zu Taltitz der Kirche zu Plauen, oder vielmehr den deutschen Ordensrittern daselbst zu, von denen es nach der Reformation an die Superintendenten zu Plauen überging, die es in der Folge gegen eine jährliche Entschädigung von 5 Thalern an die Besitzer des Rittergutes Taltitz abtraten, welche es noch jetzt besitzen. Im Jahre 1344 war Planschwitz ein Taltitzer Filial, welches Ulrich von Sack, Herr auf Planschwitz, mit Bewilligung des Komthurs zu Plauen, Heinrichs von Kürbitz, zur Mutterkirche erhob und ihr Dröda als Filial beigab. Der Pfarrer zu Taltitz hies damals Cunrad. – Das Vermögen der Kirche ist durch einen nachtheilig entschiedenen Prozess sehr verringert worden, doch besitzt sie noch ein trefflich bestandenes Stück Waldung, der Göswein genannt, und ein kleines Holzgrundstück in der Pirker Flur, das Fischerholz. – Dem Pfarrer zu Taltitz steht die Lehnsherrlichkeit über einige Grundstücke und ein Haus im Dorfe zu welche er in seinem und der Kirche Namen ausübt und dafür einige Zinsen bezieht. Wolfgang Pfündel, Pfarrherr zu Taltitz, flüchtete 1632 vor den wilden Holkeschen Schaaren nach Oelsnitz, wurde aber hier, als die Holkischen diese Stadt heimsuchten, erschossen und in das Feuer geworfen. –

H.     




Pöhl.


Pöhl, in Urkunden auch Pehla, Pöhla und Pöhlau genannt, hat seinen Namen unstreitig von der Lage des Ortes auf einen Hügel – slavisch Bühel oder Pöhl – erhalten, welcher auf drei Seiten von üppigen Thälern rund auf der Nordseite von Feldern und Waldungen umgeben ist. Das südliche breitere Thal durchfliesst der Triebischfluss, dessen Vereinigung mit der Elster hinter dem nahen, westlich gelegenen, die Gegend beherrschenden Eisenberge in einer wildromantischen Felsschlucht stattfindet. Der Ort hat eine höchst angenehme Lage und die Gegend bietet wahrhaft überraschende Ansichten wenn man aus dem Bergwäldchen, welches das Dorf bis auf 1000 Schritte vor demselben verdeckt, hervortritt und das freundliche, mit stattlichen, zum Theil neuen, herrschaftlichen Gebäuden geschmückte Pöhl auf seinen ringsum bebauten Hügel vor sich, das fruchtbare reizende Triebischthal in seiner weitesten und längsten Ausdehnung unter sich, und den ehrwürdigen, mit dunkeln Waldungen bedeckten Eisenberg in geringer Entfernung zur Linken neben sich erblickt. Der Eisenberg wird schon seit langen Zeiten bergmännisch ausgebeutet, weshalb auf seiner Höhe ein Huthaus errichtet ist. Das gewonnene Eisenerz ist von vorzüglicher Güte und gehört dem grossen Eisenwerke zu Morgenröthe, welches in den hiesigen drei Schachten und vier Stollen vierzig Bergleute und einen Obersteiger beschäftigt. Die Sage behauptet, dass einst auf dem Eisenberge eine Burg stand, doch ist jetzt davon keine Spur mehr vorhanden, man müsste denn eine auf dem westlichen Abhange des Berges befindliche kleine Ebene, der Ochsenstall genannt, dafür halten, wohin die Burgbewohner in Kriegszeiten das Vieh in Sicherheit gebracht haben sollen.

Das Dorf Pöhl enthält 9 Bauergüter, 37 Häuser, ein Armenhaus und gegen 400 Einwohner, die theils Feldbesitzer, theils Handwerker und Handarbeiter, in gewerblichen Verbindungen mit den umliegenden Städten oder bei der hiesigen Rittergutswirthschaft Beschäftigung und Verdienst finden. Zum Dorfe gehört ausser einer Mühle auch ein Eisenhammer, welcher am Fusse des Eisenberges liegt und im Jahre 1836 durch Actien zu einer Gussstahlfabrik erhoben werden sollte, ein Unternehmen, welches keinen Fortgang hatte, weshalb der Eisenhammer durch den jetzigen Besitzer seiner früheren Bestimmung zurückgegeben wurde.

Das Rittergut Pöhl gehörte im 13. Jahrhundert einer adeligen Familie von Pöhl, von welcher der Ritter Dietrich von Bel zuerst genannt wird. Noch 1361 besassen die Herren von Pöhl das Gut sammt dem nahgelegenen Helmsgrün, doch scheint Bruno von Pöhl um das Jahr 1390 die Güter verkauft zu haben. Im Anfange des 15. Jahrhunderts befand sich Pöhl mit Helmsgrün im Besitze des uralten Voigtländischen Geschlechts der Röder, welche bereits im [31] 12. Jahrhundert Burgmannen zu Plauen waren und daselbst sogar ein Lehen, das sogenannte „Rödersche Schlösschen“ besassen, auf dessen Stelle die jetzige Stadtschule steht. Heinz Röder auf Pöhl wird im Jahre 1411 als einer der Edelleute genannt, welche Heinrich der Reusse zu Vormündern seiner Kinder wählte, und Landgraf Friedrich zu Weissenfels in dieser Eigenschaft bestätigte. Hans Röder auf Pöhl verkaufte 1427 ein Gut zu Sachsgrün an den Propst der Kirche zu Elsterberg und Heinz Röder trat 1429 als Zeuge einer frommen Schenkung auf.

Zur Zeit wo die Hussiten in das Voigtland eindrangen war auch Konrad von Röder, Herr auf Pöhl und Helmsgrün, mit einer Anzahl bewaffneter Knechte der bedrohten nachbarlichen Stadt Plauen zu Hülfe gezogen. Mit ihm waren dort sein Vetter Konrad Röder auf Leubnitz, Konrad von Molsdorf, ein Neffe des Komthurs der deutschen Herren zu Plauen, Gottfrieds von Molsdorf, Ritter Rumpf von Mossbach, Hans von Pöllnitz, Herrmann Kopp, Hans Posegk, Johann von Magwitz, Wilhelm von Milan, Hans von Magwitz, Hans Rab, Nickel von Reussa und Otto von Röder auf Rodersdorf. Zu jener Zeit, wo man nur weniges und sehr mangelhaftes Geschütz besass, war Plauen eine feste Stadt und somit im Stande den stürmenden Hussiten kräftigen Widerstand entgegen zu setzen. Endlich gelang es den erbitterten Feinde die Stadt zu erobern, und das Gemetzel, welches nun erfolgte, war entsetzlich. Alle Männer wurden erschlagen, Weiber und Kinder misshandelt und die Stadt an allen vier Ecken angezündet, wobei sammt der Kirche und den übrigen öffentlichen Gebäuden auch das einstmalige Ebersteinsche Schloss mit seiner schönen Kapelle in Flammen aufging.

Bei Eroberung der Stadt hatte ein Theil der Bürgerschaft sich in das von den Edelleuten vertheidigte feste Schloss Hradschin geworfen, welches durch seine hohe Lage, gewaltige Mauern und Thürme und eine zahlreiche Besatzung geschützt, für uneinnehmbar galt. Und in der That begannen die Hussiten, nach vielen fruchtlosen Stürmen auf das Schloss ermüdet, sich zum Abzuge zu rüsten, als sich ein Verräther fand, der dem Feinde heimlich das Thor öffnete. Gegen Zusage einer bedeutenden Belohnung beging diese Schandthat ein Ritter von Ratschauer, Commandant der Besatzung, am Morgen des Peter-Paulstages 1430, und die Hussiten drangen, Alles niederschlagend, in die Burg ein. Unter den ersten, welche der Wuth des Feindes zum Opfer fielen befand sich auch der Verräther. Die ganze Besatzung, 2000 Mann stark, musste sterben, und das Schloss wurde demolirt. Da man von allen Seiten die besten Habseligkeiten in den Hradschin geflüchtet hatte, schleppten die Hussiten eine unermessliche Beute weg. Ein schreckliches Schicksal traf die Geistlichen, welche das Unglück hatten dem entmenschten Gesindel in die Hände zu fallen. Im Ordenshause ermordeten die Hussiten den Komthur, Gottfried von Molsdorf mit mehreren Ordensbrüdern und Rittern, darunter Heinrich von Schönberg und Nickel von Zeuseln. Den Franziskaner Vikar Nikolas von Hof, und den Augustiner Vikar Jobst von Neustadt, welche zum Besuch in Plauen waren, nebst Nickel Horn, Hans Bechscheider, Hans Wolf, Heinrich Thiergartel, Johann Günther und den Bruder Rieger schleppten die Unmenschen auf den Klosterkirchhof und warfen sie lebend in ein Grab, welches dann mit Erde gefüllt wurde. Einen gleichen grässlichen Tod erlitten die Dominikanermönche Zeissler, Kundener, Töpfer und Eckart. Drei Tage nach Erstürmung des Schlosses zog das Mordgesindel auf seinem durch die schrecklichste Verheerung bezeichneten Wege weiter.

Nach Konrad von Röders Ermordung auf dem Hradschin kam Pöhl in Besitz Curts von Röder, der 1442 eine Schenkungsurkunde unterzeichnete. 1485 wird ein Hans von Röder auf Pöhl und Helmsgrün als Zeuge in einem Vergleiche Heinrichs des Reussen mit der Ritterschaft genannt, dessen Schwester Else von Röder, Aebtissin des Klosters zu Saalburg war. Einer seiner Söhne, Hans von Röder auf Pöhl, war der letzte Amtsverweser zu Plauen und Voigtsberg, und erhielt 1521 vom Churfürsten Johann die Obergerichte auf das Rittergut Pöhl. Katharine, seine Tochter, lebte als Nonne im Kloster Saalburg, in dem zur Zeit der Reformation Zucht und Ordnung dergestalt in Verfall gekommen waren, dass die Sache öffentlich zur Sprache kam. Da keine Abstellung erfolgte, wandten sich mehrere Nonnen, darunter Katharine von Röder, an ihre Familien und baten um deren Verwendung. Hans von Röder, sammt den Herren von Obernitz, Zedtwitz, Watzdorf und Draxdorf beschwerten sich nunmehr in einem Schreiben an den Landesherrn über die harte und ordnungswidrige Behandlung der armen Nonnen, verlangten schleunige Abstellung der eingerissenen Missbräuche und Versetzung der Vorsteher und Verwalter des Klosters, wobei sie bemerkten, dass im Falle der Nothwendigkeit Recht und Genugthuung mit Gewalt erzielt und das Kloster nicht geschont werden sollte.

Als die Kirchenvisitation nach Saalburg kam, fand sie daselbst als Aebtissin Helene von Dobeneck, als Aebtissin-Adjunctin Ottilie von Dobeneck, als Priorin Elisabeth von Weischlitz und als Nonnen Magdalene von Heubsch, Anna von Knobloch, Margarethe von Zedtwitz, Veronika von Draxdorf, Katharine von Röder, Brigitte von Dobeneck, Afra von Obernitz und Katharina von Mauer. Katharina von Orlamünde lebte im Kloster als Laienschwester. – Nur drei von den Nonnen wünschten das Klosterleben, über welches sie die bittersten Beschwerden führten, mit dem Ehestande zu vertauschen, und zu diesen gehörte auch Katharina von Röder. Margarethe von Zedtwitz legte in Gegenwart der Visitatoren vor allen Anwesenden die Nonnenkleidung ab, und in dem noch vorhandenen Actenstück sagen die alten Herrn: „Margarethe von Zedtwitz habe sich eines feinen Edelknechts nicht unwerth dargestellt.“ – Die Klostergeistlichen, der Probst Götze, die Vikarien M. Thieme und Wolfgang Rost, so wie der Kaplan Jugemann wurden als liederliche und untaugliche Gesellen fortgeschickt. Die völlige Aufhebung des Klosters erfolgte erst 1544.

Das Rittergut Pöhl besass um 1572 Christoph von Röder, 1630 Hans Joachim von Röder, 1660 Sebastian Friedrich von Röder, 1669 Wolf Christoph von Röder, 1695 Christoph Hans von Röder und 1721 Hans Christoph von Röder, und so blieb es bei dieser Familie bis zum Jahre 1808, wo der letzte des Geschlechts auf Pöhl und Helmsgrün, Christoph Ludwig Wilhelm von Röder, Churfürstlich Sächsischer Kreishauptmann, Obersteuereinnehmer und Geheimrath mit Tode abging. Durch die Vermählung seiner einzigen Tochter, Auguste Christine, mit dem Königlich Sächsischen Kammerherrn, Leberecht von Bodenhausen kam das Rittergut an dessen Familie. Nach des Kammerherrn von Bodenhausen Tode erbte Pöhl dessen Sohn, Hans Burkhardt von Bodenhausen, und jetzt besitzt das Gut Herr Bodo von Bodenhausen.

[32] Das Rittergut Pöhl, ehemals in Ober- und Unter-Pöhl eingetheilt, ist seinem Flächenraume nach eines der grössten und nach der Lage und Güte seiner Fluren unstreitig eines der vorzüglichsten Güter des Voigtlandes. Die vortreffliche Lage seiner Felder erheben deren Erzeugnisse zu den gesuchtesten auf den Marktplätzen der nahen Städte. Vormals gehörten zum Rittergute der Eisenhammer, die Mühle, das Wirthshaus und die Schmiede, welche Etablissements früher verpachtet und später verkauft wurden.

Unter den Schicksalen, welche Pöhl betroffen, ist namentlich das durch den 30jährigen Krieg verursachte Elend hervorzuheben. Pöhl wurde bei einem in der Nähe stattgefundenen Treffen zwischen dem Oesterreichischen General von Salis und einer Schwedischen Heeresabtheilung gänzlich verwüstet. Im Jahre 1705 drang eine alte Bärin mit ihrem Jungen in das Dorf Hartmannsgrün, tödtete hier einen Knaben und nahm dann ihren Weg nach Pöhl, wo sie sammt dem jungen Bären mit Netzen umstellt und erlegt wurde. Ein grosses Oelgemälde, welches noch jetzt auf dem Schlosse zu Pöhl gezeigt wird, stellt die Jagd dar, auch befindet sich über dieses Ereigniss im Röderschen Familienarchiv ein besonderes Aktenstück. – Der Napoleonische Krieg brachte über Pöhl gleichfalls grosse Drangsale und namentlich das Jahr 1806 zeichnete sich durch mehrmalige Plünderungen, Erpressungen und Durchmärsche aus. Den alten 72jährigen Pfarrer Küttner banden die Franzosen an einen andern Mann und führten ihn mit sich fort, als aber der Greis vor Angst und Schrecken niedersank, plünderten sie ihn aus und liessen ihn hülflos liegen. Diesem Schrekenstage folgten mehrere ähnliche, welchen der alte Pfarrer, der Geheimerath von Röder und eine Anzahl Einwohner mit ihren Frauen und Kindern bald durch die Flucht bald durch Verbergen in den Schluchten und Klüften des nahen Eisenberges zu entgehen suchten.

In die Kirche zu Pöhl sind auch die Dörfer Möschwitz, Rodlera, Neundörfel und Jocketa eingepfarrt. Die Gründung dieser Kirche fällt in die Zeit wo die Ritter des Deutschen Ordens nach Errichtung einer Komthurei zu Plauen mit rastloser Thätigkeit sich bemühten den Sprengel ihrer Mutterkirche zu erweitern. Daraus entstand später das Patronatsrecht des Pfarrers und Superintenden zu Plauen über eine Anzahl Kirchen, worunter auch die zu Pöhl. Das Patronatsrecht über das Gotteshaus zu Pöhl erkaufte 1680 Christoph von Röder für 100 Thaler von dem Superintendenten M. Heiffel an sich, liess aber das Kapital auf dem Rittergute stehen und verinteressirte es mit 5 Procenten. Seine Nachfolger entrichteten diesen Collaturzins bis auf die neueste Zeit, sowie auch von Pöhl, Helmsgrün und Möschwitz noch jetzt das sogenannte Pfaffengetreide oder der Pfaffenzins in das Deutsche Haus zu Plauen abgeführt wird.

Die Kirche – im 30jährigen Kriege durch Kaiserliche Truppen sammt dem ganzen Dorfe eingeäschert – war erst 1654 wieder soweit ausgebaut, dass der Gottesdienst darin stattfinden konnte. Nach verschiedenen Reparaturen wurde endlich 1818 eine gründliche Hauptreparatur vorgenommen, durch welche das Gebäude eine recht freundliche Umgestaltung erfuhr. Die Kirche ist 30 Schritt lang und 15 breit, hat einen Thurm mit 3 Glocken und eine neue Orgel. An Legaten besitzt sie 52 Altschock 10 Groschen vom Pfarrer Mieser, 16 Thaler 20 Groschen vom Pfarrer Jahn zu Friesa, 200 Thaler von zwei Fräulein von Röder, 50 Thaler vom Schulmeister Schneider und 30 Thaler von der Wittwe Horlabeck. Die Schule, an der Vorderseite des Kirchhofs erbaut, ist die einzige der Parochie und zählt 200 Kinder, welche von einem Schullehrer und dessen Assistenten unterrichtet werden. Unter den Pfarrherrn zu Pöhl war auch ein armer alter Exul, „Johann Cimmermann der Elter aus Joachimsthal“ welchem der Superintendent Lothar zu Plauen 1624 die erledigte Pfarre zu Pöhl übergab. Der arme alte Exul, wie er sich selber nannte, gehörte zu den 30,000 Familien, welche Kaiser Ferdinand I. wegen ihres Glaubens aus Böhmen vertrieb.

Otto Moser, Redact.     




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  1. handschriftlich: Elster