(22. Februar 1917)
Der große Hund ist tot. O Herz steh still,
das diese Trauerbotschaft fassen will!
Das stolze Aug, der stummen Gottheit Pfand,
das Licht der Liebe ist nun ausgebrannt.
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Wie lautlos lebte er vorbei dem Streit.
Würdig und weise schritt er durch die Zeit.
Wir andern leben auf des Glaubens Grab.
Sein Auge dankte, daß es andre gab.
Die Not des Tages lehrt’ ihn keine List
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und nur im Traum bestand er unsern Zwist.
Oh Freude, wenn ihn seine Herrin rief!
Oh Wirrsal, wenn er ihr zu Füßen schlief.
Doch eh’ er schlief, des Hundes Majestät
sich um sich selbst herum im Kreise dreht.
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Wenn er die Stelle fand, hier auszuruhn,
so hatt’ er es mit manchem Feind zu tun.
Mag wacher Haß die Hundeseele schelten:
im Schlaf nur lebt der Hund in unsern Welten.
Im Wachen wendet Wahn die Menschenseele,
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daß sie sich um den eignen Vorteil quäle.
[28] Kein Wort, kein Handschlag waren zu Gebote
dem Glauben je wie diese gute Pfote.
Verlorner Einfalt letztes Lebenszeichen
war dieses greisen Hunds beflißnes Keuchen.
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Nie hat der Hund die Ansicht uns verhehlt.
Er zeigt sich eifrig, hat er was verfehlt.
Was er verfehlt hat, tat ihm ehrlich leid.
Wedelnd bewährt sich Ehrenhaftigkeit.
Ein Tanz vor uns war seines Eifers Dank.
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Aus Sehnsucht wird die Hundeseele krank.
Das Menschenherz kennt Hunger nur aus Haß.
Verlaß den Hund, und er verläßt den Fraß.
Dem hier ruf’ nach ich’s in die Ewigkeit:
Er hungerte aus einer Trennung Leid!
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Nun aber, da das Schicksal sich verkehrte,
er selber uns die Sehnsucht kennen lehrte.
In Thränenschrift sei’s darum aufgeschrieben:
Er ist dahin und wir sind hinterblieben!
Und abschiedsvoller schlägt mir jede Stund’,
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nun du noch stummer bist, du großer Hund.