Am Vorabend des Dorffestes
[148] Am Vorabend eines Dorffestes. (Mit Illustration S. 145.) Das muß wohl eins jener musikalisch gebildeten Dörfer Thüringens, Süddeutschland’s oder Deutsch-Oesterreichs sein, in welchem der wackere Kantor zugleich eine Generalprobe mit den beiden Solisten abhält! Die Solosänger zu seiner Linken, seine Schüler, sind gewiß die bedeutendsten Tenoristen und Bassisten meilenweit in der Runde. Anscheinend hat man zur Generalprobe gleich das Koncertlokal gewählt, denn die weiten Räume mit dem stattlichen Kamin, den Gemälden und den hohen Fenstern sehen nicht aus wie die Studirstube des alten Dorfschulmeisters. Die Probe muß übrigens trefflich von statten gehen, das sagt uns die zufriedene Miene des geistlichen Herrn, der da zur Rechten des Flügels aufmerksam lauschend sitzt, und er ist jedenfalls der Sachverständige der Gemeinde. Es beweisen dies aber auch das an die Mutter geschmiegte, andächtig horchende Kind, die lächelnde Frau am Fenster und der ernst aufblickende Mann im äußersten Winkel des Saales. Selbst des Hauses verhätscheltes Kätzchen sitzt dort behaglich am Kamin und freut sich des Spieles und Gesanges. Unwillkürlich weissagt man beim Anschauen von Professor Bianchi's anheimelnder Idylle den Teilnehmern des morgenden Festes einen hohen Genuß.