Am Wartburgthor
Die Berge schmückt der Frühlingsschleier,
Und alle Wälder wachten auf.
Da hebt die Auferstehungsfeier
Zur Waldburg uns das Herz hinauf.
Zu Fels ergraut des Thors Gestein!
Und acht mal hundert Jahre schauen
In ihrer Mauern Kranz herein.
Und acht mal hundert Jahre schreiten
Und tragen Bild um Bild der Zeiten
Durch dieses Thor auf ihrem Schild.
Da drängt’s den Geist, daß er berichte,
Was, Zug um Zug, ihm steigt empor,
Das Aug’ versenkt in’s dunkle Thor.
Hell blitzt das Schloß weit in die Thale,
Verkündend allem deutschen Land,
Daß Thüringen zum zweiten Male
Tief in der Unstrut liegt die Krone
Vom hingesunk’nen Königshaus:
Hoch schaut von seinem Wartburgthrone
Der Löwe in die Welt hinaus.
Das erste Wartburgfest bricht an!
Wie dröhnt vom scharfen Rosseshufe
Der Felsweg! Auf das Thor gethan!
Da sprengt herein des Bergs Bezwinger,
Grüß Gott, Herr Ludewig, der Springer!
Und Euren Eingang segne Gott!
Und wieder klirrt’s herauf von Eisen.
Zum Junkerschrecken wird der Stuhl
Er kommt vom Schmiede in der Ruhl!
Und hinter ihm, in Kriegeswettern,
Die Lanze hoch, das Schwert gezückt,
Des Barbarossa tapfre Vettern,
Horcht auf! Vom Thal welch’ Harfenklingen!
Es zieht herein der Sänger Kreis,
um für die Minne zu erringen
Im Wartburgkrieg der Palme Preis.
Geht still herauf Elisabeth,
Im Arm der Armuth Korb voll Rosen,
Die fromme Seele voll Gebet.
Gleich frommer Ehre hat die Rechte
Wie glänzt die Wartburg als die echte
Herberge der Gerechtigkeit!
Von Thüringen bebt bis zum Rheine
Die Raublust, als sein Kriegeszug
Um seines Krämers Esel trug.
Trübt sich der Tag? Der untreu fröhnig
Wird das Geschlecht. Wer zieht heraus?
Sieh’, Raspe ist’s, der Pfaffenkönig!
Wozu das Thor noch? Schmach und Trauer!
Die Blide wird der Treue Lohn –
Und dort, ach, flieht, steilab die Mauer,
Die Mutter vom gebissnen Sohn.
Zum Thore der Gebissne ein. –
Weit hin von Siegesehren breitet
Sich seines Lorbeers Zauberschein.
Und höher noch im Sohne blühen
Recht wie der Berg im Abendglühen
Ausleuchtet, eh’ er sinkt in Nacht.
Der Löwe stirbt. Wohl trägt zum Thore
Wettin herein den Rautenkranz.
Verhüllt die Burg den alten Glanz:
An’s Herz gedrückt der Minne Lieder
Sinkt sie wie auf die Todtenbahr
Verlassen und vergessen nieder
Da ballt zum Wetter sich die Wolke
Am deutschen Himmel, donnernd fährt
Den Fürsten all’ und allem Volke
Ein Blitz durch Herz und Haupt! Verklärt
Die Mauern, es zerreißt der Flor;
Der mächtigste von allen Rittern,
Ihr größter Gast betritt das Thor!
Der Junker Görg! Die Flammenleuchte,
Der Welt, die vor dem Wahn sich beugte.
Hier leuchtet sie der ganzen Welt!
Sie leuchtet fort, ob auch die Hallen,
Die ausgestrahlet „Gottes Wort“,
Dreihundert Jahr’, sie leuchtet fort.
Und ihre Flamme hat entzündet
Das Herz der treuen Jünglingsschaar,
Die auf der Wartburg Fels gegründet
Der Heldenjugend ohne Gleichen,
Die dem zerriss’nen Reich entrollt
Der deutschen Einheit erstes Zeichen,
Das ewig hehre Schwarz-Roth-Gold!
Die Wartburgfahne mit der Macht:
Der deutsche Geist blieb unbezwungen,
Trotz Bundestag und Kerkernacht! –
– Heut ist’s vollbracht! Ihr tapfern Alten,
Zermalmt! Gott war mit Eurem Walten:
Der Geist der Wartburg hat gesiegt!
Drum stehst du, alte hohe Warte,
In Deutschlands Herzen so geweiht.
An deiner Ehren Kranz sich reiht.
So schreite, von der Welt bewundert,
Von Sieg zu Sieg der deutsche Geist!
Heil Burg dir, die noch manch Jahrhundert