An der Quelle des Lüneburger Salzes

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Autor: Gustav Kopal
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Titel: An der Quelle des Lüneburger Salzes
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aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 747–750
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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[747]

An der Quelle des Lüneburger Salzes.

Von Gustav Kopal. Mit Illustrationen von H. Haase.

Brrrrr! Also das ist Lüneburger Sole, und so schmeckt sie – alle Hochachtung!“ und mein Antlitz verzog sich in ähnlicher Weise wie dasjenige des freundlichen Herrn auf unserem Bilde, das als eine Durchschnittsdarstellung der Züge aller Besucher der Lüneburger Saline gelten kann, wohlverstanden in dem denkwürdigen Augenblick, da ihr Wissensdrang sie zum Nippen aus dem dargereichten Glase verleitet.

Der wackere alte Beamte aber, dem soeben die Erlaubnis der Königlichen Salinendirektion zur Besichtigung der Werke vorgezeigt worden war, lächelte sehr vergnügt, und über die Züge des mich begleitenden Lüneburger Freundes ging es wie ein Sonnenschein stolzer Freude – „Nicht wahr, prachtvoll salzig … haben Sie jemals etwas Aehnliches an Stärke des Gehalts geschmeckt?“

„Ich gestehe Ihnen gern, daß auch die verliebteste Köchin solche Musterleistung nicht zustande bringen könnte. Beim Baden auf Helgoland habe ich einige Versuche auf diesem Gebiet gemacht, oder richtiger, machen müssen, aber daß selbst das Salzwasser der Nordsee nicht entfernt an Ihre verehrte Sole heranreicht, will ich jederzeit vor Gericht beschwören.“

„Das glaube ich,“ lachte der Lüneburger. „Das ist auch unser Stolz, denn darauf beruht seit vielen Jahrhunderten der Wohlstand und das Gedeihen unseres Gemeinwesens, ja überhaupt das Entstehen und Emporblühen dieser ehemaligen Hansestadt. Meerwasser – pah! Das enthält ja nur 3,5 o/o an Salzen, davon etwa 2,5 o/o reines Kochsalz, und Lüneburger Sole bietet 25 bis 26 o/o des vorzüglichsten Kochsalzes; wo finden Sie Aehnliches? Doch ich will auf den Ocean nicht schelten; trägt er doch unser Erzeugnis bis in die fernsten Zonen.“

„Beispielsweise nach Kanada, nach Südafrika,“ ergänzte der alte Beamte. „Fern und nah’ ist es berühmt; die ausgezeichnete Meiereibutter Schleswig-Holsteins verdankt ihm einen wesentlichen Teil ihrer Güte. Und gar in Dänemark, Schweden, Norwegen! Da spricht man im allgemeinen vom „Lüneburger“, auch wenn das Salz aus anderen Bezugsorten stammt, gerade wie beim Kaffee der vermeintliche Stammort Mokka zur Gesamtbezeichnung geworden ist. Freilich, rund 500 000 Centner Salz gehen alljährlich von hier aus in alle Welt!“

„Damit läßt sich in der That manche Speise würzen.“

„Hm, das schon. Aber für den wesentlichsten Verbrauch sorgt doch der Gewerbefleiß. Wie viel Salz ist nicht allein erforderlich zur Erzeugung dreier Gegenstände, deren in gesitteten Ländern jedermann benötigt ist: Soda, Seife, Glas! Daneben sind unsere guten Kunden die Gerber, Färber, Töpfer, Handschuhmacher, Feilenhauer, Gelbgießer, Seiler, Schnellbleicher, Schiffbauer, Kürschner, Darmhändler, die Bäcker und gar die Zuckerbäcker – denken Sie an Gefrorenes! – die Eisen- und die Zinkhütten, die Fabrikanten von Papier, Dünger, Kunstwolle, Saiten, Oel, Tuch, Cement …“

„Und noch einige andere.“

Als wir dieses Gespräch führten, standen wir auf altehrwürdiger Stätte, die von unseren Vorfahren wohl schon zu den Zeiten, da Hermann den Varus schlug, nur mit frommem Schauder betreten wurde. Galt doch jeder Ort, wo man Salz fand, den alten Deutschen als heilig. Daß sie hierin dem Beispiel so mancher anderer Völkerschaften des grauen Altertums folgten, für die das Salz symbolische Bedeutung hatte, braucht wohl kaum erwähnt zu werden; bedeutet doch noch heutzutage die Darreichung von „Salz und Brot“ in Rußland und anderen östlichen Ländern die Zusicherung schützender Gastfreundschaft.

Die Erinnerung an jene Anschauungen unserer deutschen Altvordern mag den Anlaß gegeben haben, daß man das auf unserem Bilde oben vorgeführte Gebäude mit säulengeschmückter Pforte und Kuppelüberbau in seiner Gesamtform einem Tempel einigermaßen ähnlich gestaltet hat. Sein Dach beschirmt die segensreiche Solquelle, die den eigentlichen Mittelpunkt des Lüneburger Salinenbetriebes bildet. Das Bergmannswappen, Hacke und Schlägel, sowie der bergmännische Gruß „Glück auf!“ über dem Eingange erklären sich aus dem Umstande, daß die Saline unter Oberaufsicht des Oberbergamtes zu Clausthal steht. Verwaltet wird sie durch die Königliche Salinendirektion unter Mitwirkung des Salineausschusses; diesen wählt die Jnteressentenschaft der Saline, bestehend aus den Nachkommen oder den Rechtsnachfolgern der alten „Sülfmeister“, von deren einstigem Wirken und Schaffen Julius Wolff in seiner gleichnamigen Erzählung den weitesten Kreisen Kunde gegeben hat. „Die Solquelle,“ so berichtet da Gilbrecht, der Sohn eines Sülfmeisters, seinem Wandergenossen Timmo, „gehörte in alten Zeiten den Landesherren, aber die brauchten Geld, viel Geld und immer wieder Geld; da verkauften sie nach und nach die Solquelle an Klöster und Stifte und reiche Prälaten diesseit und jenseit der Elbe bis nach Walkenried hin. Den geistlichen Herren wurde aber der Betrieb des Salzwerkes zu unbequem, darum verpachteten sie die Einkünfte daraus in ganzen Pfannen oder in Pfannenteilen an Bürger unserer Stadt auf lange Jahre, zumeist in Erbpacht. Die Pächter heißen Sülfmeister und bilden eine eigene hoch angesehene Gilde. Im Reiche nennt man sie spottweise auch Salzjunker. Als ich auf Wanderschaft ging, gab es jährlich über 25 000 Wispel Salz, und zum Eindampfen brauchten sie nahe an 30 000 Klafter Holz. Solche Zahlen vergißt kein Lüneburger.“ –

Doch kehren wir nach diesem Abstecher in die Vergangenheit zur Gegenwart zurück!

[748] Das Innere des tempelartigen Gebäudes birgt ausschließlich das gewaltige Pumpwerk, getrieben durch Uebertragung der in der Nähe erzeugten Dampfkraft, die übrigens demnächst durch Elektrizität abgelöst werden soll; elektrische Beleuchtung ist jetzt schon vorhanden. 50 Fuß tief ist der Schacht, dessen Mündung der Besucher erblickt, und auf 82 Fuß Tiefe ist die „Pfahlquelle“, so nannte sie der alte Beamte, angebohrt, aus der durch die Pumpe die salzhaltige Flüssigkeit heraufbefördert wird. Völlig lichtweiß, etwa wie die Schaumkrone perlenden Sektes, braust die Sole stoßweise empor; in unterirdischen Röhrenleitungen fließt sie dann nach den Siedehäusern, 26 an der Zahl, die zusammen 1400 Centner Salz täglich liefern.

„Besondere Pumpwerke verhüten das Eindringen des Oberwassers in den Schacht,“ bemerkt noch der Beamte.

„Auf daß die Sole ungetrübt bleibe in ihrer fünfundzwanzigprozentigen Vollkommenheit,“ fügt mein Lünebnrger Freund hinzu. „Daher brauchen wir auch keine Gradierhäuser.“

„Was versteht man hierunter?“

„Eigenartige Vorrichtungen, wie man sie in denjenigen Salzwerken findet, deren Sole ihres mäßigen Salzgehaltes wegen das unmittelbare Sieden nicht lohnt. Stellen Sie sich etwa eine Doppelwand aus Holzbalken vor, mit einem Lattenspalier benagelt und mit dornigem Gestrüpp gefüllt. Auf dieses wird die geringhaltige Sole gesprengt. Beim Abfließen des Wassers verdunstet namentlich durch die Einwirkung des Windes so und soviel Feuchtigkeit, und da das Salz nicht mit verdunstet, nimmt das Wasser bei fortgesetztem Gradieren schließlich derart an Salzgehalt zu, daß die Sole siedewürdig wird. Das ist sie, wenn sie in 100 Gewichtsteilen 16 Teile Salz enthält, oder, wie man es nennt, ,sechzehnlötig‘ ist. Den Salzgehalt bestimmt das Areometer, auch Salzspindel genannt. Als einfachstes Areometer diente in älteren Zeiten ein rohes Ei; schwamm es auf der Sole, so war sie genügend gradiert und siedewürdig.“

Im Siedehause.

Wir hatten mittlerweile das Brunnenhaus verlassen und waren, nach flüchtiger Besichtigung des Dampfmaschinenraumes, der nichts besonders Erwähnenswertes enthält, zu einem der Siedehäuser gelangt. Eisig pfiff von der braunen Heide herüber der scharfe Ostwind, um so angenehmer war der Eindruck, als wir den auf dem untenstehenden Bilde dargestellten Raum betraten. Hier betrug die Temperatur etwa 36° R. Bei dieser Wärme ist es den hier beschäftigten wackeren Männern nicht zu verargen, daß sie ihr schweres Werk in derjenigen spärlichen Gewandung verrichten, die unsere Abbildung zart andeutet.

Das Gewinnen des Salzes aus der Sole ist so äußerst einfacher Art, daß es sich selbst in der Gegenwart mit allen ihren weltbewegenden Erfindungen auf dem Gebiete der Maschinentechnik kaum von der zu den Tagen der „Sülfmeister“ üblichen Methode unterscheidet. Wie rasch sich durch Verdampfen des Wassers das Salz freimachen ließ, wußten schon die alten Deutschen; sie schütteten die Sole auf glühende Kohlen, und das sich dadurch bildende, selbstverständlich ziemlich unreine Salz genügte ihren bescheidenen Bedürfnissen. Als die Menschheit das Kochen erfunden hatte, machte sich dieser Fortschritt auch bei der Salzgewinnung geltend. Anno 1453 standen, wie Wolff erzählt, 54 Siedehütten mit Strohdächern ringsum den Sod (Brunnen): „Unter der Aufsicht der Beamten, des Barmeisters und des Fahrtmeisters, der Ober- und Untersogger, der Stiege- und Flodschreiber, hantierten dort die Sülzknechte, die Gestängewärter und Brunnenmacher, die Pfannengießer und Büttenträger, die Sieder und Hüter, die Holzträgerinnen und die Salzführer, weit über 300 fleißige Menschen. In jedem Hause brodelten vier Bleipfannen mit der flüssigen Sole über dem Feuer, und das Innere der Hütten schimmerte und glänzte wie Silber von den feinen, blitzenden Krystallen, die sich mit dem Wasserdampf noch verflüchtigt und an Wänden und Gebälk niedergeschlagen hatten.“ Von diesem Silberüberzug der Wände ist, nebenbei bemerkt, heutzutage wenig oder gar nichts sichtbar; es dürfte also von der edlen Sole etwas weniger verspritzt werden als Anno dazumal.

[749] Auf unserem Bilde stehen die Sieder vor der auf ebener Erde ruheuden eisernen Pfanne, in welcher die durch eine unterirdische, hier nicht sichtbare Röhrenheizung erhitzte Sole brodelnd kocht und qualmt. Zunächst erhalten sie die Flüssigkeit im Sieden und lassen immer frische Sole nachfließen, bis sich auf der Oberfläche ein dünnes, aus kleinen Salzkrystallen gebildetes Häutchen zeigt. Dann wird dieser Vorgang (das „Stören“) unterbrochen und der Zufluß wird abgestellt. Nun läßt der Sieder bei mäßiger Hitze das Salz auskrystallisieren, das sich dabei am Boden der Pfanne ansammelt, bis die Flüssigkeit zum größten Teile verdampft ist. Dieser Teil der Arbeit heißt „das Soggen“. – Will man feines Salz haben, so unterhält man das Wasser in gelindem Sieden; will man grobkörniges Salz, so erniedrigt man die Temperatur.

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Im Trockenraum für grobes Salz.

In der vordersten Pfanne auf unserem Bilde ist nur noch wenig Flüssigkeit, die „Mutterlauge“, vorhanden, denn der Sieder schaufelt bereits das gewonnene Salz auf den über der Pfanne befindlichen schrägen Holzkasten, der bis zum Dache hinanreicht. Auf dieser Bretterunterlage tröpfelt noch ein Teil der Flüssigkeit aus dem Salze ab, wieder in die Pfanne zurück, die dann aufs neue mit Sole gefüllt wird.

Jede Sole enthält Gips. Dieser scheidet beim Sieden aus und bildet den auf dem Boden der Pfanne sich ansetzenden „Pfannenstein“, der stets noch einen Teil Kochsalz enthält. Er dient in gepulvertem Zustande als ein vorzügliches Düngemittel, liefert auch die sogenannten „Lecksteine“, eine dem Landwirte für sein liebes Vieh sehr schätzbare Ware, da sie allen Grasfressern zur hochwillkommenen „Leckerei“ im buchstäblichen wie im bildlichen Sinne des Wortes dient.

Daß die Arbeit des Sieders keine leichte ist, liegt auf der Hand; schon der in diesen Räumen herrschende hohe Wärmegrad bedingt das. Es muß ununterbrochen Tag und Nacht geschafft werden, denn bekanntermaßen dulden Krystallisationsvorgänge keine Unterbrechung, und daher gab es hier früher auch an Sonntagen keine Pause. Die Arbeiterschutzgesetzgebung der Neuzeit hat bewirkt, daß jetzt alle drei Wochen ein Sonntag vorkommt, an dem die Feuer erlöschen und die Pfannen erkalten.

Das soeben im Siedehause gewonnene Salz ist durch das Abtröpfeln noch lange nicht genügend trocken geworden. Es wird daher auf Karren geladen und nach den Trockenräumen geschafft.

Unsere obenstehende Abbildung der Darre für grobe Salze bedarf kaum der Erläuterung: auf einer fast den ganzen Raum einnehmenden eisernen Pfanne, unter der sich die mit heißer Luft gefüllten eisernen Röhren entlang ziehen, verliert das Salz auch noch den letzten Rest Feuchtigkeit. Hier herrschen etwa 40° R, und wenn draußen Hundstagsschwüle obwaltet, mag der Aufenthalt im Trockenraume wohl nur äußerst frostigen Leuten gemütlich vorkommen.

Gleiches gilt für den Trockenraum für Tafelsalz, den unser Bild nebenan veranschaulicht. Hier dient die unmittelbare Einwirkung der stark erhitzten Luft zum Darren des auf sogenannten Holzhorden ausgebreiteten Salzes. Das Austrocknen wird denn auch so gründlich hierdurch besorgt, daß, wie unser Führer mit Genugthuung betonte, Lüneburger Tafelsalz in den zierlichen Näpfchen, die auf wohlgedeckter Tafel den Gästen beim Mahle zur Hand stehen, sich nicht zusammenballt, sondern unübertrefflich locker bleibt.

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Im Trockenraum für Tafelsalz.

Die fertige Ware wandert in die Niederlagen, wo sie in Säcke zu 75 kg oder in Fässer zu 150 kg gefüllt wird, um dann hinauszuziehen, zum kleineren Teil auf der Ilmenau, zum größeren auf den Schienenwegen, und weiter von den Hafenplätzen aus über das Meer in alle Welt. – In den Niederlagen wacht ein uniformierter Beamter darüber, daß mittels der Salzsteuer auch der Staat seinen Anteil empfange vom Segen der Lüneburger Solquelle.

Wir wanderten nunmehr nach den ein Viertelstündchen Weges von der Saline entfernten, in der Stadt belegenen Geschäftsräumen der Königlichen Direktion; sie tragen an der Thür die bescheidene, wohl althergebrachte Inschrift: „Salzschreiber“.

Hier prangt im Zimmer der leitenden Herren eine reichhaltige Sammlung aller Arten des erzeugten Salzes in schmucken hohen Krystallgefäßen, dem Prunkgewand für Ausstellungszwecke. Zunächst schneeweißes Salz in feiner, gröberer und großer Körnung, dann eine schwach ziegelrötlich schimmernde Mischung mit Wermut und Eisenoxyd, nämlich Viehsalz, sowie in hellbläulicher Masse das Gewerbesalz, Zusätze von Kupfervitriol und Ultramarin enthaltend. Die beiden soeben genannten Salze sind „denaturiert“, von welcher Eigenschaft die Befreiung von der Salzsteuer bedingt wird. Noch zu einer erwähnenswerten Nebenverwendnng dienen Sole und Mutterlauge: mit der Saline ist eine Solbadeanstalt verbunden, die 4000 bis 5000 Bäder jährlich verabfolgt; sie wirken günstig bei skrophulösen Krankheitszuständen, chronischen Rheumatismen, Gicht, Bleichsucht und manchen anderen Leiden.

„Und all diesen Segen,“ fügte mein Freund hinzu, „verdankt die hier geheilte Menschheit im allgemeinen und unser Lünebnrg im besonderen dem nützlichen Haustiere, das auch die Bäder von Teplitz entdeckt haben soll; es ist nicht zu verwundern, daß es in der Sprache der Herren Studenten die Fülle des Glücks bedeutet!“

[750] „Die Sage von der Auffindung der Lüneburger Solquelle ist mir nicht unbekannt; besitzt sie eine geschichtliche Grundlage?“

„Das weniger. Der älteste historische Nachweis ist eine Urkunde vom 13. August 956, in der Kaiser Otto dem Kloster St. Michaelis bei Lüneburg den damals bereits sehr beträchtlichen Zoll von den Salzwerken schenkt. Doch ich will einen Chronisten reden lassen. Die Herren hier sind im Besitz eines ehrwürdigen Buches, in welchem auch das in unserm Rathause aufbewahrte Schinkenbein nebst Schulterblattknochen erwähnt wird.“

Das Buch wurde gebracht; es ist 1710 bei Johann Georg Lippen in Lüneburg erschienen; der Titel lautet: „Der Ursprung, Güthe und Gerechtigkeiten der Edlen Sültzen zu Lüneburg“, und der Verfasser Henricus Samuel Macrinus sagt unter § 6:

„Auf was Art die Saltz-Quelle erfunden sey, davon kan man noch weniger die Gewißheit berichten, jedoch will man auch in diesem Stück die allgemeine tradition nicht verschweigen, nemlich es wird erzehlet, daß eine schwartze Sau sich in dem Saltz-Brunnen geweltzet, und darauf in der Sonne geleget habe; als nun die Sahle trucken geworden, habe man gar gutes Saltz an den Schweins-Borsten wahrgenommen, ja die Saue davon gleichsam angeweisset gefunden, darauf der Sache ferner nachgesuchet, die Saltzsiederey angeleget, und zum Gedächtniß solcher Erfindung einen Theil von solcher schwartzen Sau aufgehoben, daß dann in E. Edlen Rahts so genandter Küchen bißhero asserviret worden. Vor 3 Jahren aber, als Se. Churfürstl. Durchlauchtige Landesfürstliche Huldigung in dieser Dero Churfürstl. Erb-Stadt obhanden war, hat man solches uraltes Fragmentum dieses so wohl meritirten Schweines in einen gläsernen Kasten eingeschlossen, und solcher in des Rahts Küchen-Stube zum weiteren ewigen Gedächtniß aufgehenget.“

„Nun aber,“ mahnte der Freund, „müssen wir erforschen, ob es in Lüneburg neben der braven Sole auch noch andere Flüssigkeiten giebt, und zwar solche, die sich dazu eignen, den Nachgeschmack des vorhin in Ihrem Munde weilenden Pröbchens zu vertreiben.“ Nach schuldiger Danksagung für die liebenswürdige Aufnahme suchten und fanden wir bald einen guten Tropfen, und die Gläser klangen aneinander bei dem Trinkspruch aus Wolffs „Sülfmeister“:

„Heil allweg Lüneburger Salz!
Gott hat’s gegeben, Gott erhalt’s!“