Aprilreise
Angelegt den Sommerrock,
Auf, ergriffen Hut und Stock,
Himmel steht im blau’sten Kleide,
Erd’ in ihrer grünsten Seide.
Heut’ am letzten Tag im März,
Wann ist wo ein Mai erschienen
Mit so hellen, heitern Mienen?
Luft und Licht, und Farb’ und Gluth!
Heißt uns ferne Reisen wagen
In so wunderbaren Tagen.
Morgen grüßet mich April,
Was doch der erst bringen will?
Morgen blühn sie von den Bäumen!
Ueber Nacht das Thal beschneit,
Ueber Nacht ward’s Winterszeit!
Schneeweiß blühn alle Bäume,
Weithin, weithin wollt’ ich streifen
Auf des freien Hügels Rand,
Der den Blick läßt ferne schweifen
In der Schneegebirge Land.
Auf dem alten Mauerstein
Durch das Fernrohr spähend schauen,
Welche Wonne wird es seyn!
Solchen Wunsch in meinem Herzen
Fängt mit Flocken an zu scherzen,
Zaubert her mir, was ich will.
Ruhig in das Futteral,
Schneegebirg’ ist überall!
Sey mir willkommen Städtchen,
In dieser schlimmen Zeit!
Hat dich Aprilgestöber
So finster und so enge
Mag wohl kein andres seyn,
Es nimmt der Straßen Länge
Dein kleines Rathhaus ein.
An deinem obern Thor,
Gleich schallt ein helles Prosit
Vom untersten empor!
Doch bin ich armer Wandrer
So durstig ist kein Andrer,
Und müde keiner so.
Reichst du mir Speis’ und Trank;
Des Dichters auf zum Dank.
Die Thore will ich zimmern
Aus ew’gem Cedernholz,
Ein goldnes Dach soll schimmern
Ich pflanze Bäum’ und Reben
Auf deiner kahlen Au,
Und über alles wölb’ ich
Des Sommerhimmels’ Blau.
Leb’ wohl, du sel’ger Ort!
Ich muß durch Berg und Fläche
In Schnee und Regen fort!
Braunes Bier und saure Gesichter!
Hell und freundlich, treu und gut: –
Wirthin, mir wird wohl zu Muth!
Wahrlich, auch die Zeitungsblätter
Haben heut’ Aprilenwetter,
Gar zu lau darin der Wind.
Selig hießen die Monarchen,
Daß die Kriegesfurien schnarchen;
Heut’ in dieser Sturmesnacht
Mahmud sitzt im Kaisersaale,
Ali’s Kopf steckt auf dem Pfahle,
Und aus finstrer Wolke Sitz
Stürmt der Hagel, schießt der Blitz.
Doch ist’s nur Aprilenwetter,
Und im Osten führt der Mai
Gold’nes Morgenroth herbei.
Laß dich den Schnee durchdringen,
Denn, kann die Lerche singen,
So kannst du wohl noch gehn!
Was lachen mich die Männer,
Die schmucken Mägdlein aus,
Nach dem zerfallnen Haus?
Daß ich so sehnlich folge
Des Flusses krummem Lauf,
Daß ich so rüstig steige
Sie mögen es nicht glauben,
Daß mir durch Thal und Höhn
Die Lust den Schritt beflügelt
Bei dieser Stürme Wehn;
Und schielen halb mit Neid
Auf meine weichen Hände
Und auf mein städtisch Kleid.
Ihr Männer des Gebirges!
Daß ihr die Nahrung kärglich
Abzwinget eurem Schnee;
Die Last den Rücken beugt,
Kein Tröpfchen Weins erzeugt.
Doch däucht mir noch viel bittrer,
Als euer Durst und Schweiß,
Daß euer Geist vom Schönen,
Die Noth, an der ihr zehret,
Der euer Leib sich bückt,
Hat euch in’s Herz gefressen,
Hat euch den Sinn erdrückt!
Durchwandl’ ich dieses Thal:
Er kennet jeden Kummer,
Er heilet jede Qual!
Geb’ Er dem Jahre Segen,
Und löse dann die Binde
Von dem verhüllten Geist!