Auf dem Gelände der Berliner Gewerbeausstellung
[240 a] Auf dem Gelände der Berliner Gewerbeausstellung. Zwar ist die große Weltausstellung, die man anfänglich im Jahre 1896 in Berlin abhalten wollte, rasch zu einer nationalen und dann noch rascher zu einer ganz lokalen Gewerbeausstellung zusammengeschrumpft, aber eins muß man den Unternehmern lassen: sie verstehen es, von dieser „Schau“ so viel zu singen und zu sagen, als gelte es, Paris und Chicago nicht nur hinsichtlich des Defizits glänzend zu überholen. Die Teilnahme für das Werk ist allenthalben, und nicht nur in Deutschland, gründlich geweckt; man findet das kräftige Hammerplakat in Londoner Frisierstuben so gut wie in pommerschen Dorfkneipen. Berlin besucht schon jetzt in hellen Haufen das Treptower Gelände; an warmen Sonntagen wimmelt’s dort von Neugierigen, obgleich es einstweilen außer Baum- und Buschwerk, das eben den ersten feinen grünen Schleier um sich geworfen hat, außer noch unvollendeten Gebäuden und gewaltigen Baugerüsten, riesigen Stein- und Sandhaufen noch wenig zu sehen gibt. Und nun gar der Kaiser selbst dem Beispiele seiner Berliner gefolgt ist, zählt die Besichtigung der Ausstellung vor der Eröffnung zur Modesache. Am 6. März machte er mit seiner Gemahlin Treptow den angekündigten Besuch. Es interessierte sie besonders das Alpenpanorama, dessen Schöpfer, den Maler Rumpelsbacher, wir auf unserem Bilde rechts vom Kaiserpaar sehen. Die Leiter der Ausstellung, die Kommerzienräte Goldberger und Kühnemann, hatten sich ins Feiertagskleid geworfen und die Wege aufs beste vorbereitet. Wir finden sie auf unserem Holzschnitte links vom Kaiserpaar, zwischen ihnen steht der Chef des kaiserlichen Zivilkabinetts v. Lucanus. Auch den Chef des Ausstellungsgeneralstabes, den Architekten Hoffacker, der den „Feldzugsplan“ für 1896 entwarf und bis jetzt siegreich durchführte, ließ der Kaiser sich vorstellen; der vielgeplagte Mann, der an diesem 6. März vielleicht seit Monaten zum erstenmal zehn Minuten lang auf demselben Fleckchen der Ausstellung stehen bleiben konnte, hat sich neben Rumpelsbacher postiert, während die äußerste Rechte General Graf Wedel und Hofmarschall Graf zu Eulenburg eingenommen haben. Auf dem linken Flügel, nahe dem noch nicht vollendeten Brauereigebäude, bemerkt man den Flügeladjutanten Oberst v. Moltke und den Kammerherrn der Kaiserin, Graf Keller. Auf die noch unfertige und nicht sonderlich einladende Scenerie blickt der Turm der grauen, hübsch gelegenen Dorfkirche von Stralau. Wenige Wochen werden verrinnen, und er wird erstaunt zwischen sauber geputzten Häusern, Hallen und Hainanlagen schwärzliches Menschengewimmel sehen, und das in einem Maße, wie er sich dessen selbst aus den glorreichsten Tagen des vormaligen „Stralauer Fischzuges“ nicht erinnern kann.