Aus einem Briefe (Heine)
Aus einem Briefe.
(Die Sonne spricht:)
Was gehn dich meine Blicke an?
Das ist der Sonne gutes Recht,
Sie stralt auf den Herrn wie auf den Knecht;
Ich strale weil ich nicht anders kann.
Bedenke was deine Pflichten sind,
Nimm dir ein Weib und mach ein Kind,
Und sey ein deutscher Biedermann.
Ich strale weil ich nicht anders kann.
Aus Langeweile guck’ ich hinab –
Was gehn dich meine Blicke an?
Das ist ja eben meine Tugend,
Das Licht der ew’gen Seelenjugend,
Blendende Schönheit, Flammenglück!
Jetzt aber fühl’ ich ein Ermatten
Der Sehkraft, und es sinken nieder,
Auf meine armen Augenlieder …
(Chor der Affen:)
Wir Affen, wir Affen,
Wir glotzen und gaffen
Weil sie es doch nicht währen kann.
Im Wasser, im Wasser,
Da ist es noch nasser
Und ohne Beschwerde
Erquicken
Wir uns an den Sonnenblicken.
(Chor der Maulwürfe:)
Von Stralen und von Sonnenblicken!
Wir fühlen nur ein warmes Jücken,
Und pflegen uns alsdann zu kratzen.
(Ein Glühwurm spricht:)
Mit ihrer kurzen Tagespracht!
So unbescheiden zeig’ ich mich nicht,
Und bin doch auch ein großes Licht,
In der Nacht, in der Nacht!