Ausgrabungen bei Klein-Leppin, Kr. West-Priegnitz, Brandenburg

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Autor: Max Weigel
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Titel: Ausgrabungen und Untersuchungen von Fundstellen durch das Königl. Museum für Völkerkunde
Untertitel: Ausgrabungen bei Klein-Leppin, Kr. West-Priegnitz, Brandenburg
aus: Nachrichten über deutsche Alterthumsfunde, Heft 1, 1890, S. 6–7
Herausgeber: Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte unter Redaktion von Rudolf Virchow und Albert Voß
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Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Asher
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Erscheinungsort: Berlin
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III. Ausgrabungen bei Klein-Leppin, Kr. West-Priegnitz, Brandenburg.

Hr. Ritterguts- und Mühlenbesitzer Müller in Klein-Leppin hatte in den Jahren 1887 und 1888 beim Abtragen eines Theiles eines kleinen Hügels dicht bei seinem Hofe zwei Urnen gefunden, von denen die eine zwei hübsche Bronze-Fibeln und mehrere andere Beigaben enthielt. Er schickte die Fundstücke unserer Abtheilung ein, und da die römische Kaiserzeit, der die Sachen angehören, aus der ganzen Mark Brandenburg noch ziemlich spärlich vertreten ist, so hatte Hr. Director Voss schon damals eine weitere Untersuchung dieser Localität beabsichtigt. Doch nahmen die Aufstellungsarbeiten in der Abtheilung und mehrere andere Reisen die Zeit so in Anspruch, dass diese Reise noch zwei Jahre aufgeschoben werden musste und ich erst im Herbst 1889 nach Klein-Leppin fahren konnte, wo ich mit der zuvorkommendsten Liebenswürdigkeit von Hrn. Müller aufgenommen wurde.

Abgesehen von wenigen, ganz unbedeutenden Scherben blieb meine Ausgrabung den ganzen Tag vollkommen resultatlos, obwohl der eine meiner Arbeiter nach seiner Aussage in dem bereits abgetragenen Theile des Hügels vor längeren Jahren wenigstens ein Dutzend Urnen gefunden hatte, die er aber natürlich, ebenso wie ihren Inhalt, achtlos bei Seite geworfen hatte. Ich liess lange Gräben nach verschiedenen Richtungen von einem Ende des Hügels bis zum anderen ziehen, ohne ein Resultat zu erzielen. Auch am zweiten Tage war am Vormittag alle Mühe vergebens, und doch sagten mir die, wenn auch noch so vereinzelt liegenden und noch so unbedeutenden alten Thonscherben klar und deutlich, dass wir eine alte Culturstätte vor uns hatten. Ich kann mir diesen Umstand eigentlich nur so erklären, dass, was mir auch durch einzelne alte Wurzeln bestätigt erscheint, dieser Platz früher, vielleicht vor mehreren Jahrzehnten, mit Wald bestanden war und dass beim Ausroden der Stämme Alles, oder wenigstens das Meiste zerstört worden ist.

Erst am Nachmittage des zweiten Tages war mir das Glück günstiger. Ich fand zuerst einen kleinen Haufen von einer ganzen Menge kleiner dicht zusammengerosteter und aneinander oxydirter oder theilweise ineinander geschobener Metallsachen, die später nur mit grosser Mühe auseinander genommen werden konnten, aber doch zum Theil noch gut erhalten waren. Es waren drei kleine silberne Nadeln mit flach-konischem oder kleinem scheibenförmigen Kopf, eine bronzene Nähnadel, oben am Oehr etwas defekt, ein leistenartiger Bronze-Beschlag, ein [7] zerbrochener eiserner Ring, eine Bronze-Fibel mit einfachem Drahtbügel und ziemlich langer Spirale, und endlich zwei kleine silberne Fibeln, von denen die eine ziemlich gut erhalten ist, während die andere sehr defekt ist und beim Leichenbrand angeschmolzen zu sein scheint.

Wenige Schritte weiter fand ich, wiederum neben einander im Sande liegend, zwei fast ganz gleiche, gut erhaltene Bronze-Fibeln und dann noch später eine ziemlich grosse, 11 cm lange, sehr schön patinierte Nähnadel von demselben Metall.

Die Fibeln – fünf an der Zahl – haben den gewöhnlichen Typus des frührömischen Provinzialstiles. Vier haben einen breiten flachen Bügel, der mit einem etwas schrägstehenden halbmondförmigen Aufsatz versehen ist, ziemlich lange Spiralen und niedrigen Fuss. Auch die Tremolirstriche auf der silbernen Fibel sind typisch für diese Zeit.

Bronze-Fibeln von genau derselben Form, wie die Klein-Leppiner, haben wir z. B. in den bekannten Gräberfeldern von Darzau in Hannover und Fohrde bei Brandenburg a. d. Havel und aus sehr verschiedenen anderen Gegenden. Silberne Fibeln sind aber sehr selten, da das Silber erst um diese Zeit zum ersten Male in den Gräberfeldern des nördlichen Deutschlands vereinzelt auftritt. Wir haben von dieser Form im Königlichen Museum erst ein einziges Exemplar und zwar aus einem Gräberfeld von Kloster-Zinna, Kreis Jüterbock-Luckenwalde.

Von den Thonscherben sind zuerst mehrere zu einer Urne gehörende Randstücke zu erwähnen, die ziemlich dickwandig, verhältnissmässig gut gebrannt und mit einer horizontalen Reihe sehr regelmässig eingedrückter runder Vertiefungen verziert sind. Genau dasselbe Ornament ist mehrfach in Fohrde vertreten. Ein anderer Scherben zeigt schon die Schalenform der Völkerwanderungszeit und ein dritter Fingernagel-Eindrücke, die nicht in der frührömischen, sondern entweder in der vorrömischen oder in der spätrömischen und in der Völkerwanderungszeit vorkommen. Die Fibeln gehören etwa in das zweite Jahrhundert n. Chr., die beiden letzten Scherben möchte ich jedoch erst in das dritte oder vierte Jahrhundert setzen. – Bei so wenigen Funden lässt sich leider nicht sicher bestimmen, ob das Gräberfeld so lange Zeit benutzt worden ist.

M. Weigel.