BLKÖ:Sulkowski, Ludwig Johann

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Sulkowski, Joseph
Band: 40 (1880), ab Seite: 303. (Quelle)
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5. Ludwig Johann (geb. 14. März 1814, gest. zu Bielitz 18. Februar 1879). Der ältere Sohn des Fürsten Johann Nep. und Louise Josephinens, geborenen Freiin Larisch. Fürst Ludwig vermälte sich am 2. October 1845 mit Anna Elisabeth Franziska Maria, geborenen Freiin von Dietrich, einer Tochter jenes Dietrich [Bd. III. S 292], welcher sich vom sogenannten Großfuhrmanne zum Millionär und Baron emporschwang. Im Bewegungsjahre 1848 stellte sich der Fürst an die Spitze der Bielitzer Nationalgarde, mit welcher er dem seit 6. October im offenen Aufruhr stehenden Wien zu Hilfe eilen zu müssen glaubte, als Windischgrätz mit seinen in Böhmen gesammelten Truppen gegen die Residenz marschirte, um sie einzuschließen und zum Gehorsam gegen die Gesetze und seinen Kaiser zurückzuführen. In der That kam er auch mit seiner Schaar Mitte October in Napagedl an, wo erst Tags zuvor eine Artheilung des Windischgrätz’schen Armee-Corps mit einem Stabsofficier eingetroffen war und die Eisenbahn besetzt hatte. Mit seiner Schaar von den kaiserlichen Truppen in Empfang genommen, entwaffnet und verhaftet, erhielt er ein Zimmer in dem Gasthofe, in welchem Erzähler dieses auf seiner Reise von Lemberg nach Wien abstieg, weil auch ihm von dem in Napagedl commandirenden Stabsofficier die Weiterfahrt nach der Hauptstadt nicht gestattet wurde. Vor dem Zimmer des Fürsten wurde eine Schildwache ausgestellt. Als am folgenden Morgen der Stabsofficier seinen Arrestanten weiter befördern wollte, fand es sich, daß sich derselbe in der Nacht durch das Fenster geflüchtet hatte. Verkleidet als Heizer, gelangte er aus Napagedl über die österreichische Grenze nach Preußen und von da in die Schweiz. In der Nähe des Bodensee’s bei Rorschach lernte er die Tochter eines Schweizer Bürgers, Maria Antoinette Gemperle kennen, die ihn fesselte, und nachdem seine erste Frau am 13. Februar 1853 gestorben war, warb er um sie. Die Eltern hatten nichts dagegen und so folgte sie ihm mit deren Zustimmung nach Amerika, und zwar zunächst nach St. Louis. Von dort ging er später nach einem anderen Staat, kaufte sich an, wurde Farmer und wirthschaftete dort bis zu Anbeginn der Sechziger-Jahre, worauf er nach Europa zurückkehrte und in Bielitz seinen bleibenden Aufenthalt nahm. Des Fürsten Betheiligung an der Achtundvierziger-Revolution schließt nicht aus, daß er ein guter Oesterreicher war, und er bewies dies im Jahre 1866, als ein preußischer General Graf St. mit einer Colonne nach Bielitz und Biala kam und der von aller Mannschaft entblößten Stadt, die sich sonst auch ganz ruhig verhalten hatte, eine Brandschatzung von 60.000 fl. in Wechseln zahlbar in Eupen vom Hause Sternikl auferlegte und nach Zerstörung der Telegraphenleitung und einiger Locomotiven auf dem Bahnhofe durch Sprengung mit Nitroglycerin nach Pleß zurückkehrte. Damals [304] hätte der Fürst, über diese eigenthümliche Art von Kriegführung auf das Aeußerste gebracht, in seiner Aufregung sich zu einem für die ganze Gegend verhängnißvollen Gewaltstreiche hinreißen lassen, wenn er nicht von seiner Frau, mit welcher er in schönster Harmonie lebte, und einem eben anwesenden Freunde wäre zurückgehalten worden. Mit seiner ersten Frau hatte er einen Sohn, den gegenwärtigen Majoratsherrn Fürsten Joseph, auf den wir noch unten zu sprechen kommen. Die zweite Frau, mit welcher der Fürst in glücklichster Ehe lebte, gebar ihm während seines mehrjährigen Aufenthaltes in Amerika fünf und nach seiner Rückkehr nach Europa sieben Kinder, von welchen zwölf noch folgende leben: Louis, Tayda, Alfred, Alexander, Antoinette, Stanislaus, Paula, Gabriele, die Zwillinge Wanda und Edgar und endlich Victor, dessen Geburt seiner Mutter im 43. Jahre das Leben kostete. Fürst Louis steht als Lieutenant bei den Huszaren. Alexander als solcher bei den Dragonern, Alfred betreibt die Landwirthschaft und Stanislaus, vordem im Theresianum, ist jetzt Truppeneleve; von den Töchtern vermälte sich Prinzessin Tayda am 12. Februar 1877 mit Lothar Freiherrn Unterrichter von Rechtenthal, Officier im k. k. 2. Dragoner-Regimente, der bei den jüngeren Prinzen und Prinzessinen die Vormundsstelle vertritt; Prinzessin Antoinette heiratete den verwitweten preußischen Landrath Wegener, den sie zufällig auf einer Reise in Ostende kennen gelernt, und der für sehr reich ausgegeben wurde, welcher Reichthum nach geschlossener Ehe auf sein Gehalt zusammenschrumpfte. Des Fürsten Ludwig Johann Sohn aus erster Ehe mit der Baronin Dietrich[WS 1], Fürst Joseph, wurde 1870, im Alter von 22 Jahren, majoren erklärt und trat nun das Erbe nach seinem Großvater mütterlicherseits (Baron Dietrich) an: die Herrschaft Pankota bei Arad in Ungarn, Feistriz, die Häuser in Matzleinsdorf und Wien, in Summa an sechs Millionen. Nach längerer Abwesenheit vom Elternhause in dasselbe zurückgekehrt, fand er bei seinen jüngeren Geschwistern eine Gouvernante, die bald seine Aufmerksamkeit fesselte. Victoire Lehmann, so hieß das Mädchen, etwa acht Jahre älter als er, war die Tochter eines jüdischen Börsensensals. Die Neigung des jungen Fürsten wuchs endlich so, daß er mit Hintansetzung aller Standesrücksichten die Gouvernante am 20. Juni 1868 heiratete. Gegenwärtig leben die Gatten getrennt. Eine aus dieser Ehe entsprossene Tochter starb nach Jahresfrist. Der Fürst weilt meist auf Reisen oder in Holland, in Paris und Monaco; die Fürstin Victoire abwechselnd in Wien und in Feistritz. Alle Versuche des Gatten, eine Auflösung seiner Ehe zu erwirken, scheiterten an dem Widerstande seiner Gemalin. [Neue Freie Presse, 1868, Nr. 1393: „Correspondenz aus Bielitz“. Daselbst heißt es irrthümlich, daß die Mutter des jetzigen Majoratserben Fürsten Joseph eine Dietrichstein sei; sie ist eine geborene Baronin Dietrich. – Dieselbe, 1868, Nr. 1402, das Schreiben ddo. Bielitz 24. Juli 1868, in der Rubrik „Eingesendet“. – Dieselbe, 1868, Nr. 1480: „Aus dem Gerichtssaale. Affaire Sulkowski“. – Dieselbe, 1868, Nr. 1489, Schreiben ddo. Bielitz 20. October 1868 des Fürsten Joseph Maria Sulkowski“. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1868, Nr. 182: „Eine Geschichte aus der Wiener Aristokratie“.] –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Larisch.