BLKÖ:Voglsanger, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vogler, Georg Joseph
Band: 51 (1885), ab Seite: 222. (Quelle)
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Voglsanger, Joseph (k. k. Gubernialrath, geb. zu Innsbruck am 11. November 1783, gest. daselbst am 23. Februar 1862). Bei dem frühen Tode des Vaters, des Handelsmannes und Stadtkämmerers Joseph Ignaz Voglsanger in Innsbruck, leitete die Mutter Katharina geborene Perger die Erziehung des Knaben, welcher sämmtliche Studien in seiner Geburtsstadt beendete und im Herbste 1806 zur Ausbildung in der italienischen Sprache nach Trient ging, wo er – Tirol war damals bayrisch – im October als Praktikant bei dem Kreisamte eintrat. Vom 19. April 1808 ab prakticirte er bei dem Stadtgerichte Innsbruck, am 4. März 1809 wurde er von König Max zum zweiten Assessor bei dem Landgerichte Lauingen im Oberdonaukreise, am 5. März 1812 zum ersten Assessor zu Starnberg ernannt. Der Dienst an letzterem Orte, wie früher in Lauingen, war in jener bewegten kriegerischen Periode ein sehr schwerer. Im Jahre 1814, in welchem Tirol wieder österreichisch wurde, erhielt Voglsanger am 30. Mai den Posten eines ersten Kreissecretärs im Innkreise und mußte, um sein Amt anzutreten, sofort nach Innsbruck abreisen. Aber seine Stellung war keine leichte, denn es galt als Princip, die Uebernahme der bayrischen Beamten für den österreichischen Staatsdienst rundweg zu verweigern, und der allmächtige kaiserliche Hofcommissär Roschmann [Bd. XXVI, S. 352] lehnte tatsächlich die Annahme Voglsanger’s ab. So arbeitete dieser längere Zeit unentgeltlich und ohne Anspruch auf eine Anstellung in der Kanzlei des k. k. Kreisdirectors Benz, bis er endlich ein Gehalt durch besonderes Hofdecret angewiesen erhielt. Als dann 1815 die Organisation der Kreisämter in Tirol erfolgte, wurde er am 7. April dieses Jahres zum zweiten Kreiscommissär ernannt und bald danach dem Schwazer Kreisamte zur Dienstleistung zugetheilt. Anfangs Jänner 1818 kam er als zweiter Kreiscommissär nach Bregenz in Vorarlberg. Daselbst harrten seiner wichtige Arbeiten: die Untersuchung und Liquidation der bayrischen Eisenvorräthe von Bäumle[WS 1], Bregenz und Feldkirch; die Durchführung des Subarrendirungs-Systems; die Verhandlungen zwischen der Stadt Bludenz und dem Kloster St. Peter, wegen alter Kriegsperäquationen aus den Jahren 1796–1810; ein ähnlicher Proceß zwischen den Gemeinden Rankweil und Zwischenwasser; die Regulirung der Umlage für die Zehentabgabe unter den Insassen der Gemeinde Lustenau; die Begleichung der Rechnungsdifferenzen zwischen der Stadt Feldkirch und den Erben des städtischen Rechnungslegers, wodurch die ersten Familien der Stadt entzweit wurden; endlich die Regelung der Grundsteuer in Vorarlberg, welche er in so musterhafter Weise endgiltig durchführte, daß nach geschlossenem Vergleiche der Betrag von 35.728 fl. rückvergütet wurde. In den Hungerjahren 1816 bis 1817 gelang es seiner Energie, die Noth so zu lindern, daß sich kein Unglück ereignete, während in der angrenzenden Schweiz mehrere Menschen den Tod durch Hunger und Elend erlitten. Nach fünfjähriger Dienstleistung in Vorarlberg [223] wurde er am 10. November 1820 zum Secretär am Gubernium in Innsbruck ernannt. Bei Voglsanger’s Scheiden erklärte der Kreishauptmann von Bregenz: daß ihm der Vollzug eines hohen Auftrages nie so schwer gefallen, als die Versetzung eines solchen Beamten, dessen ganze Dienstleistung eine vorzügliche und in den schwierigsten Zeitumständen musterhafte gewesen sei. 1825 wurde dem Gubernialsecretär von der königlichen Hofkanzlei ein Commissarium übertragen, welches einen zwischen den Gemeinden Ritten und Wangen im Kreise Bozen einerseits, dann Villanders und Barbian andererseits, schon 300 Jahre obwaltenden viel Unglück und mißliebigste Maßregeln im Gefolge führenden Alpenstreit zum Gegenstand hatte. Voglsanger’s Bemühungen gelang es nun, den alten Streit zu völligem und befriedigendem Abschluß zu bringen. In dieser Stellung sammelte er auch die tirolischen Handels-und Gewerbebestimmungen zum Gebrauche bei der Revision der Gewerbe- und Handelsverfassung der österreichischen Monarchie. Am 7. Februar 1827 erfolgte seine Beförderung zum Rathe beim tirolischen Gubernium. Als solcher nahm er die Subarrendirung des Getreides für das Arbeiterpersonal an der Saline, den Bergwerken, Hüttenwerken u. s. w. bei Hall vor; führte er von 1828–1849 die Cassenscontrirung der Cameral-, Militärfonds- und Nationalbankverwechslungscassen durch; 1827 fungirte er als Vorsitzender der Gubernialcommission zur Liquidirung der tirolischen Defensionsforderungen aus den Kriegsjahren 1796–1809; 1831 als Vorstand und Leiter der in diesem Jahre zur Abwehr der Cholera aufgestellten städtischen Sanitätscommission; leitete 1838 die Huldigungsfeierlichkeiten; schlichtete 1834 den langjährigen Alpenstreit zwischen den Gemeinden Sellrain und Oberperfuß; wirkte 1847 in der zur Lösung der Forstwirren eingesetzten Commission und arbeitete die Entwürfe des Forstpolizeigesetzes, der Triftordnung, der Grenzmarkungsinstruction und der Waldbrandlöschordnung aus; 1819 übernahm er die Redaction der Provinzial-Gesetzsammlung, welche er mit 1814 begann und bis zum 33. Bande im Jahre 1848 fortführte, und zu welcher er drei Repertorien (der Jahrgänge 1814–1825, 1826–1839 und 1839–1848) anfertigte. Seit 1822 war er erster Ersatzmann bei der Vereinsdirection der Innsbrucker Sparcasse; seit 1839 Mitglied der Landwirthschaftsgesellschaft für Tirol und Vorarlberg und arbeitete als solches einen Ausweis über die von 1830–1841 in diesen beiden Ländern vorgefallenen Hagel- und anderen Elementarschäden, und eine Denkschrift über die Ausführbarkeit einer Hagelassecuranz aus; wirkte auf das eifrigste für die Förderung des Innsbrucker Nationalmuseums, bereicherte dasselbe in werthvoller Weise namentlich mit Urkunden und Handschriften, schenkte demselben eine Sammlung von Landkarten, deren Verzeichniß allein 28 Folioseiten ausmacht. Von dem großen Bürgerausschusse der Stadt Innsbruck zum Mitgliede ernannt, unterzog er in dieser Eigenschaft die Einrichtung der städtischen Armenanstalt einer eingehenden Prüfung, machte Verbesserungsanträge, Vorschläge zur Abstellung des Bettels u. d. m. Bei seiner umfassenden amtlichen Beschäftigung, von welcher in der bisherigen Darstellung nur eine kurze Skizze gegeben wurde, blieb ihm zu literarischen Arbeiten, bei allem Interesse für die Geschichtskunde Tirols, doch nur wenig Zeit; indeß besitzen wir [224] aus seiner Feder eine Lebensskizze des Schützenmajors Joseph Speckbacher und dessen Sohnes Andreas, abgedruckt im achten Bande der „Zeitschrift des tirolischen Nationalmuseums“; – dann „Beiträge zur Geschichte des tirolischen Defensionswesens“ im „Tiroler Boten“; ungedruckt sind: „Die Erzählung der Kriegsereignisse in Tirol seit 1790 bis 1810“; – die Abhandlung über den Radetzký-Stutzen, ein historisches Waffenstück, welches in den Jahren 1797, 1809 und 1848 bei der Landesvertheidigung benützt und durch eine Deputation dem Feldmarschall im September 1848 zu Mailand überreicht wurde; und eine Sammlung theils von ihm geschriebener, theils gedruckter, das Land Tirol betreffender Notizen aller Art umfaßte mehr als 200 Bände. Nachdem Voglsanger 42 Jahre und 5 Monate dem Staate gedient hatte, erbat er seine Uebersetzung in den Ruhestand, welche ihm auch am 8. April 1849 in ehrenvollster Weise gewährt wurde. Er lebte nun bleibend in Innsbruck und machte zeitweilig Erholungsreisen nach München, Lauingen und Einsiedeln in der Schweiz. Viele Sommer verlebte er zu Achenkirch im Achenthal. Zu Beginn des Jahres 1862 begann er zu kränkeln, gegen Ende Februar schloß der verdienstvolle Beamte, der edle humane Mensch für immer die Augen. Am 21. November 1815 hatte sich Voglsanger mit Theresia Baur aus Lauingen vermält, welche am 16. Jänner 1849 starb. Von sechs Kindern, drei Knaben und drei Mädchen, überlebte ihn nur eine Tochter, die treue Gefährtin seines Greisenalters.

Joseph Voglsanger, k. k. Gubernialrath zu Innsbruck. Nekrolog (Innsbruck 1862, 4°.); auch als Beilage zu den „Tiroler Stimmen“, 1862, Nr. 160.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Baümle.