BLKÖ:Wieser, Kaspar

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wiser, Karl
Band: 56 (1888), ab Seite: 61. (Quelle)
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Wieser, Kaspar (k. k. Oberstlieutenant, geb. zu Wien am 6. Februar 1794, gest. daselbst am 21. Mai 1870). Er trat am 11. Mai 1802 zur militärischen Ausbildung in die Wiener-Neustädter Akademie, aus welcher er am 31. August 1813 als Fähnrich zu Splényi- (späteren Erzherzog Karl Ferdinand-) Infanterie Nr. 51 eingetheilt wurde. In diesem Regimente, in welchem er nahezu 40 Jahre bis zu seinem Uebertritte in den Ruhestand ununterbrochen diente, machte er die Feldzüge 1813, 1814 und 1815 mit, wurde 1813 Lieutenant, 1828 Oberlieutenant, 1831 Capitainlieutenant, 1834 wirklicher Hauptmann und am 28. März 1848 Major, in welcher Eigenschaft er in den Feldzügen 1848 und 1849 infolge der Felonie seines Obersten das Regiment commandirte. Die Sache verhält sich nämlich [62] so: Commandant des Regimentes war damals Oberst Emanuel Freiherr Baldacci. Dieser hielt zu Kossuth und erließ am 9. October 1848 an das Officierscorps des 1. und 3. Bataillons in Schäßburg und Mediasch – das zweite war in Klausenburg stationirt, wo er selbst sich befand, den Befehl – den er den Officieren des 2. Bataillons persönlich ankündigte – innerhalb 24 Stunden die schriftliche Erklärung abzugeben, daß es dem ungarischen Kriegsausschusse seine Treue für Ungarn und bereitwilligen Gehorsam bewahre und die ungarische Tricolore anstecke: während im entgegengesetzten Falle Jeder, der diese Pflichten versäume, als Landesverräther betrachtet, als solcher außer dem Gesetze erklärt sei und durch wen immer gefangen genommen und erschossen werden könne. Den Officieren des 2. Bataillons befahl er, daß jeder binnen einer Stunde seine Erklärung versiegelt unter persönlicher Adresse des Obersten einzusenden habe, fügte jedoch hinzu, daß er keinem in politischer Meinung einen Zwang auferlege, sondern jeder nach seinem Gutdünken handeln könne, hatte aber schon früher wiederholte Entlassungsgesuche einzelner Officiere des Bataillons .zurückgewiesen. Hauptmann Fackler als ältester Officier des in Klausenburg stationirten 2. Bataillons berief nun das Officierscorps desselben zu einer kurzen Berathung auf der Hauptwache zusammen. Da sich bestimmt voraussehen ließ, daß sich einem Abmarsche des nationalen Bataillons eine bedeutende Uebermacht mit sicherem Erfolge widersetzen würde, blieb daher kein Ausweg als Neutralität. Das Bataillon steckte die durch den ungarischen Kriegsministerialerlaß anbefohlenen Cocarden an und zog seine kaiserliche Fahne ein, welche im Officierswachzimmer sorgfältig aufbewahrt wurde. So behauptete sich das Bataillon einen ganzen Monat gegen die Ueberredungskunst gewandter Demokraten, gegen die Bestechung der Emissäre, gegen List, Tücke und Gewalt der feindlichen Uebermacht. Als die Officierscorps des 1. und 3. Bataillons in Schäßburg und Mediasch den Befehl des Obersten Baldacci im Sinne der oberwähnten Erklärung: binnen 24 Stunden sich auszusprechen, erhalten hatten, waren sie über diese schändliche Zumuthung im höchsten Grade empört, und das Officierscorps des 3. Bataillons zu Mediasch verfaßte eine Denkschrift, zu welcher auch die Officiere des 1. Bataillons ihre Zustimmung gaben, und die durch die beiden von ihren Kameraden dazu gewählten Hauptleute von Steinburg und Abl dem Landescommandirenden General Baron Puchner [Bd. XXIV, S. 49] überreicht wurde. Die wesentlichsten Punkte dieser Denkschrift waren: Erklärung der gesammten Officiere, ihrem Fahneneide bis auf den letzten Blutstropfen treu zu bleiben, Bitte um Entsetzung des als Meuterer aufgetretenen Obersten Baldacci, sowie auch sämmtlicher im gleichen Falle etwa comprimittirten Individuen, Uebertragung des Regimentscommandos an den allgemein geachteten ersten Major Kaspar von Wieser, Beschleunigung der bereits angeordneten Recrutirung, Ergreifung der Offensive gegen Klausenburg, um sogleich die Befreiung des dort festgehaltenen 2. Bataillons zu erwecken u. s. w. Freiherr von Puchner empfing die beiden wackeren Officiere mit gewohntem Wohlwollen, tief gerührt von der unwandelbaren Treue des Officierscorps gegen den rechtmäßigen Monarchen. Major von Wieser aber wurde mit der einstweiligen Führung des Regimentscommandos betraut. [63] Im Generalcommando, so berichtet Graf Thürheim, dem wir den Bericht über diese interessante Episode aus der Kriegsgeschichte 1848 und 1849 verdanken, wurde von einer „Schreiberseele“ diese Denkschrift und deren Vortrag „ein Janitscharenact“ genannt, aber, fügt der Graf treffend hinzu, nur auf diese Weise war die Erhaltung eines braven Regimentes für die Sache und das Recht seines Kaisers möglich geworden. Wieser befand sich bei dem unter dem Obersten Urban stehenden Nordcorps, in welchem er allen Gefechten mit Auszeichnung beiwohnte, wofür er mit dem Verdienstkreuze geschmückt wurde. Russischerseits erhielt er den St. Annenorden zweiter Classe mit den Schwertern. Am 15. August 1859 rückte er zum Oberstlieutenant vor, trat aber schon am 25. Februar 1850 in den Ruhestand über, welchen noch zwanzig Jahre zu genießen ihm gegönnt war.

Thürheim (Andreas Graf). Licht- und Schattenbilder aus dem Soldatenleben und der Gesellschaft. Tagebuch-Fragmente und Rückblicke eines ehemaligen Militärs (Prag und Teplitz 1876, Dominicus, 8°.) S. 92–94. – Oesterreichisch-ungarische Wehr-Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1870, Nr. 59.