Zum Inhalt springen

BLKÖ:Wieser, Leopold Ritter von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Wieser, Kaspar
Band: 56 (1888), ab Seite: 63. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Leopold von Wieser in Wikidata
GND-Eintrag: 1011404613, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Wieser, Leopold Ritter von|56|63|}}

Wieser, Leopold Ritter von (Sectionschef im gemeinsamen obersten Rechnungshofe und Kunstfreund, geb. zu Petrinia im ehemaligen Militärgrenzgebiete am 26. Juni 1819). In Rede Stehender, dessen Vater Johann k. k. Oberkriegscommissär war, besuchte die Schute in Agram und wurde nach Abschluß des philosophischen Curses im October 1834 bei dem Ottocsaner Grenz-Regimente als Fourier assentirt. Von einem Regimente zum anderen übersetzt, konnte er seinem Vater 1835 nach Böhmen, 1837 nach Galizien, 1839 wieder nach Agram folgen. In letzterer Stadt ward es ihm gestattet, an der Akademie die juridischen Studien nachträglich zu vollenden, wodurch er den Anspruch auf die Eintheilung in das Feldkriegscommissariat erwarb. Im December 1842 kam er als Kriegscommissariatsaccessist zum Militär-Generalcommando in Dalmatien. im November 1845 als Kriegscommissariatsadjunct zum Militär-Generalcommando in Verona und 1848 zum Armee-Generalcommando in Italien. Das ihm übertragene Referat für das Sanitätswesen der Armee gab ihm Gelegenheit, Umsicht, Energie und Gewandtheit im Ergreifen und Vollführen der nothwendigen Maßregeln zu bekunden. Nach der Concentrirung der Armee in Verona war der Krankenstand von einigen Hunderten in kurzer Zeit auf sechs Tausend angewachsen, und Aehnliches ergab sich auf allen Punkten, in welchen die Armee in Action trat. Es mußten Localitäten ausgemittelt, Aerzte und Wärter aufgebracht, Bedürfnisse aller Art beigeschafft, Feldspitäler errichtet und mit dem Wagenpark versehen werden, es mußte der Transport der Verwundeten vom Schlachtfelde ermöglicht, in den überfüllten Spitälern für die neu zuwachsenden Kranken und Verwundeten durch Rückwärtssendung der Transportablen Raum geschaffen werden, und eine Hauptschwierigkeit verursachte der geringe Stand der Feldärzte, die, in beständiger Uebersicht gehalten, von einem Bedarfspunkte zum andern dirigirt wurden. In diese umfassende und mühevolle Thätigkeit theilte sich Wieser mit dem Armeechefarzte Dr. Conrad Römer [Bd. XXVI, S. 237, in den Quellen, Nr. 1] und sein Ritterstandsdiplom bestätigt diese Wirksamkeit mit den Worten: „Das ausgezeichnete Sanitätswesen in [64] Unserer italienischen Armee in den Jahren 1848 und 1849 war ein Werk Wieser’ s“. Im Kriegsministerium, in welches er im August 1849 eintrat, machte er sich bald durch sein organisatorisches Talent so bemerkbar, daß man ihn zu wichtigeren Organisirungsarbeiten beizog, die dann durch eine ganze Reihe von Jahren seine ausschließliche Aufgabe bildeten. Im Februar 1851 wurde er Feldkriegscommissär und 1852 Kanzleidirector einer Commission zur Verfassung eines administrativen Reglements. Bei Abfassung desselben war er bemüht, auf die Verbesserung der Mängel der Gebührenvorschriften und des Militär-Verrechnungswesens, sowie auf die Erzielung von Einfachheit, Klarheit und Zweckmäßigkeit in beiden Dienstzweigen hinzuwirken. Im Februar 1854 zum Hofsecretär ernannt, wurde er der Abtheilung für militär-administrative Organisirungsarbeiten der kaiserlichen Militär-Centralkanzlei zugetheilt. Für seine Mitwirkung bei Verfassung des mit Armeebefehl vom 25. Jänner 1857 kundgemachten Armee-Organisirungsstatuts erhielt er mit Cabinetsschreiben vom 27. Jänner 1857 das Ritterkreuz des Leopoldordens und am 17. Februar 1857 die Stelle eines General-Kriegscommissärs mit unmittelbarer Eintheilung in der k. k. Militär-Centralkanzlei. Von den aus den Händen und unter dem Einflusse Wieser’s hervorgegangenen Arbeiten sind hervorzuheben: das Gebühren- und das Pensionsnormale der Armee, ferner die Auflösung der bestandenen Hofkriegsbuchhaltung und die Einrichtung der Rechnungsdepartements zur Seite der Militär-Generalcommanden. Nach Auflösung der Militär-Centralkanzlei im Juli 1859 übernahm er die Commissariatsabtheilung beim Armee-Obercommando und im December 1860 die General-Rechnungsinspection der Armee, und als diese Stelle infolge administrativer Veränderungen überflüssig geworden, wurde er beim General-Rechnungsdirectorium eingetheilt. Nach dem Tode des Präsidenten Preleuthner übernahm er die Leitung des gemeinsamen obersten Rechnungshofes, die er dann, gleichzeitig zum Sectionschef befördert, an den zum Präsidenten ernannten ungarischen Minister Wilhelm Tóth übergab. Anläßlich seines fünfzigsten Dienstjahres wurde er zum wirklichen geheimen Rath ernannt. An diese Uebersicht der dienstlichen Wirksamkeit Wieser’s fügen wir noch hinzu, wie sich derselbe auch in anderer Weise bemerkbar gemacht. Von Jugend auf für Kunst begeistert, ward er von dem Vereine zur Beförderung der bildenden Künste, nachdem der bisherige Präsident desselben, Preleuthner, zurückgetreten, als dessen Nachfolger einstimmig gewählt. Die Verhältnisse dieses Vereines lagen sehr im Argen. Auch als es demselben gelang, die Errichtung der Statuen für die Elisabethbrücke durch mehrseitige Unterstützung zu bewerkstelligen, war doch seine Lage eine solche, daß sein fernerer Bestand in Frage gestellt blieb. Dieser Verein, im Jahre 1830 gegründet, hatte sich bei dem Umschwung der Zeiten überlebt und war auf etliche hundert Mitglieder herabgeschmolzen, mit deren Einzahlungen seine Auslagen sich nicht mehr decken ließen. Diese trostlosen Verhältnisse fanden erst dann ein Ende, als es Wieser gelang, im Einvernehmen mit dem damaligen Vorstande der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, dem Maler Friedländer, bei Eröffnung des neu gebauten Künstlerhauses die Verbindung des Vereines mit eben dieser Genossenschaft durchzusetzen. [65] Doch damit war nur Frist gewonnen. Sollte sich der Verein ferner erhalten, so mußte seine Grundlage, das Princip, dem er seine Entstehung verdankte, entsprechend verändert werden, denn durch den Fortschritt der Zeit war derselbe bereits überholt worden. Es drängte zu dem Ausblicke nach einem neuen Wirkungskreise, denn kein Verein ist zur Existenz berechtigt, der nicht anstrebt, was ohne Verbindung unerreichbar wäre. Die Thätigkeit des Vereines, bestehend in der Veranstaltung von Kunstausstellungen, Bewirkung und Vermittlung von Bilderankäufen und Errichtung von Monumenten, war ein berechtigter Zweck zur Zeit seines Entstehens; jetzt aber erfüllen sich alle diese Kunstinteressen, ohne daß die Intervention eines Vereines, in Wien wenigstens, im Geringsten nothwendig ist. Die Ausstellungen werden am leichtesten und besten von der Künstlergenossenschaft selbst bewirkt; der Kunsthandel hat sich in solcher Weise ausgebildet, daß wirkliche Kunstwerke zuverlässig Käufer zu finden vermögen; für die Errichtung von Monumenten bilden sich selbst dort, wo der Staat und die Commune nicht eingreifen, mit Leichtigkeit Specialgesellschaften. Nach allen Richtungen hin war also durch den Fortschritt der Zeit dem Vereine die frühere Basis seiner Existenz thatsächlich bereits entzogen, und die Grundbedingung seines Fortbestehens war die Annahme eines neuen Gebietes für seine Thätigkeit, auf welcher derselbe im Interesse der Kunst und des Schönen zu wirken vermag. Eine solche neue veredelnde Aufgabe glaubte Wieser in der Pflege der Reproduction zu finden, um durch solche einem factischen dringenden Bedürfnisse nach der Verallgemeinerung des Sinnes und Verständnisses für die Kunst entsprechend abzuhelfen. Und es ist eine unleugbare Thatsache: ebenso sehr als der Sinn für die Musik ein Gemeingut geworden, in eben dem Umfange begegnet man noch immer einem bedauerlichen Mangel an Verständniß für die Erzeugnisse der bildenden Kunst, welcher sich selbst in sonst hochgebildeten Kreisen bemerkbar macht. „Sinn und Verständniß für die Kunst dadurch zu erwecken und zu pflegen, daß die vielfachen glänzenden Mittel der vervielfältigenden Kunst zu dem Ende in Thätigkeit gesetzt werden, um die hervorragenden Werke der alten und neuen Kunst in möglichst künstlerischen Nachbildungen auch den minder bemittelten Ständen zuzuführen, dadurch die Läuterung des Geschmackes in immer weiteren Kreisen zu bewirken und die Popularisirung echten wahren Kunstsinnes zu sichern“, dies waren hiernach die Ziele, welche Wieser durch seinen Antrag anzustreben versuchte, den Verein zur Beförderung der bildenden Künste in die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst umzuwandeln. Der Antrag wurde beifällig ausgenommen, Kräfte, wie der Kupferstecher Professor Louis Jacoby und Radirer Professor William Unger, Künstler hochstehenden Ranges, standen schon zur Seite, und gestützt auf dieselben, trat die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst im Jahre 1871 ins Leben. Näheres darüber, was sie geleistet, was sie heute leistet, und wie sie verwaltet wird, ist zu ersehen in Eitelberger’s Schrift „Die Kunstbewegung in Oesterreich seit der Pariser Weltausstellung“ (Wien 1878) und in dem auch in einem Separatabzug publicirten Aufsatze der „Wiener Zeitung“ vom 9. und 10. Mai 1885, dann in dem schon in zehn Jahrgängen erschienenen [66] Organ der Gesellschaft „Die graphischen Künste“. Hier sei nur erwähnt, daß die Bilanz der Gesellschaft bereits im ersten Geschäftsjahre die Gesammteinnahme mit 25.778 fl. 3 kr. auswies und letztere, fort und fort sich steigernd, 1886 bis auf 103.309 fl. 24 kr. angewachsen ist, daß ferner die Künstlerhonorare für bereits: publicirte Platten allein schon die Höhe einer Viertelmillion erreichten. Sehr bald kam Wieser zur Erkenntniß, daß eine Gesellschaft für vervielfältigende Kunst nur dann ihren Zielen gerecht zu werden vermöge, wenn es ihr gelinge, internationale Bedeutung zu erlangen, daß sie also kein Localverein bleiben dürfe, denn man kann nicht die sämmtlichen Bewohner einer Stadt zu Kupferstichsammlern erziehen, und daß sie ferner sich zu einer bedeutenden Verlagsanstalt entwickeln müsse, an welche Künstler zunächst sich wenden, weil sie bei ihr die höchsten Honorare zu erhalten die Aussicht haben, und die Kunstfreunde, um wirklich künstlerische Producte um erschwingliche Preise zu erstehen. Die im Jahre 1883 veranstaltete internationale Specialausstellung der graphischen Künste und die oben angeführten Ziffern beweisen, daß die Gesellschaft in beiden Richtungen sich auf dem besten Wege befindet. Nach Paris ist Wien der bedeutendste Punkt für graphische Kunst geworden. In dem Streben nach weiterer Entwickelung und um die Fortschritte der graphischen Kunst in ständiger Uebersicht zu erhalten, hat die Gesellschaft die Veranstaltung von internationalen graphischen Jahresausstellungen beschlossen und erfreut sich in dieser Richtung der Förderung der k. und k. Regierung und des Oberstkämmereramtes Seiner Majestät des Kaisers. Die erste dieser Ausstellungen fand im Winter 1886–1887 statt. Die Gesellschaft hat ferner die Gründung eines Museums für moderne graphische Kunst begonnen und die Geschichte der graphischen Kunst in Angriff genommen, ein Werk, das in dem Umfange und in der Reichhaltigkeit der Illustration, wie es in Aussicht genommen ist, noch nicht besteht, dessen Ausführung einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren und die Mitwirkung zahlreicher literarischer und künstlerischer Kräfte, sowie einen sehr ansehnlichen, von einem privaten Verleger kaum zu bestreitenden Kostenaufwand beansprucht. Der erste Band dieses Werkes, welcher die Geschichte des Holzschnittes der Gegenwart umfaßt, ist nahezu vollständig ausgegeben und mit sehr befriedigendem Erfolge aufgenommen worden. Für Wieser’s Thätigkeit bei der Ausführung der von der Stadt Wien veranstalteten Ausgabe des Huldigungsfestzuges zur Feier der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten des Kaisers Franz Joseph I. und der Kaiserin Elisabeth hat der Gemeinderath der Stadt Wien ihm das Bürgerrecht taxfrei verliehen. Von der Akademie der bildenden Künste in Wien wurde er 1878 zum Ehrenmitgliede ernannt. Wieser vermälte sich 1846 mit Mathilde Zaudiel Edlen von Schulheim. Von seinen fünf Söhnen haben der älteste, Hyacinth, als Maler, und der vierte, Joseph, ein Schüler Hansens, als Architect im Jahre 1876 an der Akademie der bildenden Künste den Römerpreis gleichzeitig erworben. Der Erstere, dessen Talent zu den weitest gehenden Hoffnungen berechtigte, fiel der Malaria Roms zum Opfer; Letzterer erregte durch seine der Aufnahme in verschiedene Publicationen gewürdigten Erstlingsbauten bereits die Aufmerksamkeit[WS 1] der Fachgenossen und zählt zu den beschäftigteren Architecten Wiens. [67] Der zweite Sohn, Georg, wirkt als Eisenbahningenieur, der dritte, Fritz[WS 2], ist Professor der „Nationalökonomie an der deutschen Universität in Prag und hat sich durch sein Werk über den „Ursprung und die Hauptgesetze des wirthschaftlichen Werthes“ (Wien bei Holder 1884) bemerkbar gemacht. Von den drei Töchtern ist Mathilde an den Historienmaler Groll, Paula an den Professor der Nationalökonomie in Innsbruck Eugen Böhm von Bawerk (Verfasser einer „Geschichte und Kritik der Capitalzinstheorien“, Innsbruck 1884) und Amalie an Dr. Anton Oelzelt von Newin, Sohn des bekannten Baumeisters und Galeriebesitzers (Verfasser von „Unlösbarkeit der ethischen Probleme“ und „Grenzen des Glaubens“) verheiratet.

Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien (Separatabdruck aus der kaiserlichen „Wiener Zeitung“ vom 9. und 10. Mai 1885 (Wien 1885). – Bericht der Jury für die Prämiirungen auf der ersten internationalen graphischen Jahresausstellung 1886/87 (Wien 1887, 8°.). – Ritterstandsdiplom vom 8. März 1858.
Wappen. Ein gevierter Schild; das obere rechte blaue Feld durchzieht ein schrägrechter goldener, mit einem aufwärts laufenden natürlichen Wiesel belegter Balken. Im oberen linken rothen Felde zwei silberne Aeste mit je vier paarweise angebrachten Knorren, ins schräge Kreuz gestellt. In dem unteren rothen Felde erhebt sich aus dem Fußrande ein steiler, mit einer Burg von natürlichem Mauerwerk gekrönter Felsen. Im unteren linken goldenen Felde eine fünfblättrige blaue Rosette. Auf dem Schilde ruhen zwei gekrönte Helme. Aus der Krone des Helmes zur Rechten erwächst eine vorwärts gekehrte Mannesgestalt im silbernen, golden geränderten Harnisch, mit offenem Visier und einem mit drei Straußfedern, und zwar einer goldenen zwischen blauen, besteckten Helme, in der von sich gestreckten linken Hand eine halb offene Papierrolle haltend und die Rechte in die Hüfte gestemmt. Die Krone des Helmes zur Linken trägt einen wachsenden schwarzen Adler mit ausgeschlagener rother Zunge. Helmdecken. Die des rechten Helmes sind blau mit Gold, die des linken roth mit Silber unterlegt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Aufmersamkeit.
  2. Friedrich von Wieser (Wikipedia).