BLKÖ:Cadorin, Joseph

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Cadonici, Johann
Band: 2 (1857), ab Seite: 227. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Giuseppe Cadorin in Wikidata
GND-Eintrag: 141317701, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Cadorin, Joseph|2|227|}}

Cadorin, Joseph (Kunstforscher, geb. in Cadore, gest. zu Venedig 14. Dec. 1851). Trat jung in den priesterlichen Stand. Später war er Inspector an den städtischen Schulen der mittlern und ärmern Classen Venedigs, dann Lehrer der schönen Wissenschaften im Seminar zu Venedig, welche Stelle er Kränklichkeit halber aufgab. Als er einst das venetianische Archiv in den Frari besuchte und in den 298 Sälen und Gemächern dieses [228] merkwürdigsten aller europäischen Archive die Urkunden von 883 bis auf die Gegenwart vereinigt sah, da machte dies einen unauslöschlichen Eindruck auf ihn und seit dieser Zeit begannen seine geschichtlichen Arbeiten. „Es war mir,“ schildert er diesen Eindruck in seiner Schrift „Meine Studien in den Archiven“, „als wäre in diesen Bogengängen, in diesen gewölbten Sälen und Hallen die Königin des adriatischen Meeres noch nicht gestorben, als schlummere sie nur neben ihrem Löwen, der im ruhigen Schlafe noch zu athmen scheint. Von jenem Tage an begannen meine Forschungen: ich wollte Alles umfassen, Alles sehen und kennen lernen, wie die Väter dem Handel in den entferntesten Regionen Leben und Nahrung gaben, die entferntesten Höfe der drei Welttheile mit Waaren füllten, wie ihre Staatskunst auch die Mächtigsten erzittern machte, wie sie die Söhne zu Helden im Kampf und zur Bewachung vaterländischer Freiheit erzogen; wie sie endlich, was für mich besondern Reiz hatte, Wissenschaft, Literatur, Kunst, Gewerbfleiß förderten und hoben.“ Die Culturgeschichte machte C. zum Gegenstande seiner Forschungen. Insbesondere war es aber Titian und seine Werke, die er studirte. Zuerst erschien seine Schrift: „Dell’ amore ai Veneziani di T. Vecellio, delle sue case a Cadore e in Venezia e della vita de’ suoi figlii, notizie“ (Venedig 1833, 4°., mit Portr.); – u. „Delle case abitate da T. Vecellio in Venezia“ (s. l. und s. d. [Venedig 1834] 8°.); zwei an Notizen über den großen Maler und seine Familie reiche Monographien. Dann begann er eine Erläuterung der nach Titians Werken gearbeiteten Holzschnitte und bereitete eine vollständige Lebensbeschreibung Titians vor. Ferner schrieb C. über die Geschichte des Baues des Dogenpalastes ein quellenmäßiges Werk und beschäftigte sich mit Forschungen über die Mosaiken der Markuskirche. Nicht dieses Werk, nicht seine Biographie Titians sind vollendet worden. Die Ereignisse des Jahres 1848 hatten ihn so ergriffen, daß er in den Bergen seiner Heimat Erholung suchen mußte; aber plötzlich überraschte ihn der Tod. Abate Antonio Magrini von Vicenza hat es unternommen, C.’s Nachlaß zu ordnen. Das reichste aber nicht ausgearbeitete Material an sehr schätzbaren Urkunden fand sich für das Leben Titians vor.

Ergänzungs-Conversations-Lexikon von Dr. Fr. Steger (Leipzig u. Meißen 1853, Lex. 8°.) VIII. Bd. S. 256. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1853, Bibl. Inst., Lex. 8°.) II. Supplementband S. 717.