BLKÖ:Goßmann, Friederike

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Gostner, Joseph
Band: 5 (1859), ab Seite: 277. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Friederike Goßmann in der Wikipedia
Friederike Goßmann in Wikidata
GND-Eintrag: 116304723, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Goßmann, Friederike|5|277|}}

Goßmann, Friederike (dramatische Künstlerin, geb. in Würzburg 23. März 1838). Ihr Vater Joh. Baptist bekleidete die Stelle eines Professors an der lateinischen Schule und war seiner Zeit als Verfasser mehrerer, epischer Gedichte, in welchen er die Fürsten des Hauses Wittelsbach, u. z. den Glaubenshelden Churfürst Maximilian I., dann Max Emanuel und König Max I. besang, in literarischen Kreisen bekannt. Ihre Mutter Johanna Constantia, geb. Weinzierl, war eine ausgezeichnete Sängerin und feierte als Sopranistin große Triumphe auf der Bühne, war aber noch bedeutender als Concertsängerin. Friederike verlor die Mutter, als sie zwei Jahre alt war; unter der Leitung des Vaters erhielt sie eine gute Erziehung, auch lernte sie Sprachen und Musik. Früh zeigte sich ihre Vorliebe für die Bühne, gegen welche die weiblichen Verwandten ihrer Familie eiferten, während der Vater, die Anlagen des Kindes erkennend, den Wünschen desselben nachgab. Friederike erhielt nun bei Constanze Dahn, k. bair. Hofschauspielerin, Declamationsunterricht und debutirte unter der Leitung dieser Künstlerin auf der Münchener Hofbühne in der Rolle der Leonie in Scribe’s „Damenkrieg“, der Erfolg war ein sehr günstiger; auf den Rath ihrer Lehrerin Dahn betrat sie nun fremde Bühnen, u. z. zuerst zu Königsberg in Preußen, wo sie ein Jahr blieb, spielte dann in Elbing, Gumbinnen und auf kleineren Provinzbühnen, bis sie endlich nach Hamburg kam, von welcher Stadt sich ihre eigentlichen Erfolge datiren. An Director Maurice fand sie einen Freund und Vater. Nach anderthalbjährigem Aufenthalte in Hamburg (Sept. 1855 bis Mai 1857) kam sie im Mai 1857 an die Wiener Hofbühne, an welcher sie das Jahr vorher auf das beifälligste gastirt hatte, und am 7. Mai 1857 als Sabine die erste Antrittsrolle spielte. In Wien machte sie insbesondere mit der Rolle der „Grille“, welche Frau Birch-Pfeiffer eigens für sie geschrieben, ein Aufsehen, wie vor ihr seit Jahrzehenden keine zweite Künstlerin. Seit der Zeit wird sie auch „die [278] Grille“ genannt. In naiven Rollen steht sie wohl unerreicht da, doch auch in gemüthlichen, ja sentimentalen Parthien bewährt sie es, daß, wie sie in ersteren einfach Naturalistin ist, sie in letzteren es mit der Kunst ernstlich meine. Ihr Repertoire stellt sich sonach nicht so klein, als man für den ersten Augenblick denken möchte, ihre besten Rollen sind: Sabine in der „Einfalt vom Lande“; – Karoline in „Ich bleibe ledig“; – Cölestine in „Er ist nicht eifersüchtig“; – Evchen im „Verwunschenen Prinzen“; – Rustica in der „Schule der Verliebten“; – Gretchen Lieblich in den „Schwestern“; – Polyxena in „Kunst und Natur“; – Barfüßele im gleichnamigen Stücke; – Margarethe Western in „Erziehungsresnltate“; – Röschen in „Rose und Röschen“; – Klara in „Ein glücklicher Familienvater“. Ueberall, wo sie hinkam, kannte der Enthusiasmus keine Gränzen und wie sich in Hamburg ihr Andenken im „Goßmannpunch“ erhielt, so wurde in Wien, wo sie geraume Zeit das Gespräch des Tages bildete, der „Goßmannschwindel“, in dem sich Alles verlor, sprichwörtlich. Ihr Spiel ist wirklich überraschend. Stellen, wie „ich habe einen Spitz“ in „Rosenmüller und Finke“, oder ich krieg’ den Papa schon herum“ ebenda, oder „bitte, bitte“ im „Käthchen von Heilbronn“ u. „du dummer Kerl“ in der „Grille“ spricht ihr Niemand nach. Man nennt sie in gewissen Kreisen Naturalistin, um ihr Talent herabzusetzen, legt aber eben mit diesem Ausdruck ihren dramatischen Gebilden die schönste und festeste Basis unter, daher auch die Worte, welche Castelli in ihr Album schrieb: „Viel Unnatürliches gebrauchten | Die Hexen einst in alter Zeit, | Du kleine Hex’ in unsern Tagen | Bezauberst durch Natürlichkeit“ den ganzen Zauber ihres Spieles am kürzesten und treffendsten erklären.[BN 1]

Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) Nr. 835, 1859, 2. Juli, S. 16 [ihr Porträt ist sehr unähnlich]. – Pest-Ofner Zeitung 1859, Nr. 49. – Erinnerungen (Prager Unterhalt. Monatschrift) 1857, S. 255. – Iris (Grazer Unterhaltungsblatt) 1857, Nr. vom 15. August, S. 123: „Ein Abend mit Friederike Goßmann“, von Rosa Waldmeister. – Beilage zur Dresdener Theater-Zeitung 1858, Nr. 11. – Stadtpost (Wiener Blatt) 1858, Nr. 66: „Was der Zeitungsausträger erzählt“ [berichtet eine Episode aus dem Leben der jungen Künstlerin]. – Dieselbe Nr. 63 [erzählt den Erfolg als Mehlmesserin in der Josephigasse in Wien, indem Fräulein G., um einem verarmten Gewerbsmanne aufzuhelfen, ihre fabelhafte Beliebtheit benützte, im Mehlladen die Rolle einer Mehlverkäuferin übernahm, und durch diese Scene wirklich eine überraschend große Summe dem verarmten Gewerbsmanne einbrachte]. – Theaterzeitung, herausgegeben von Adolph Bäuerle 1858, Nr. 269 [erzählt gleichfalls einen originellen Zug der Künstlerin]. – Wiener Modespiegel 1856, Nr. 13. – Ost-Deutsche Post (Wiener polit. Blatt) 1858, Nr. 64: „Fräulein Goßmann im Carltheater“ von Rudolph Valdek. – Dieselbe Nr. 250: „Skizzen aus der Theaterwelt. III. Der Schnabel“ [man wollte wissen, da unter dieser derbsatirischen, in Rabeners Manier gehaltenen Silhouette die Goßmann gemeint sei]. – Sonntags-Zeitung (Pesth, 4°.) 1858, Nr. 224 [enthält im „Local-Courier“ das Urtheil Saphirs über die G., das dieser in einem Briefe geschrieben]. – Porträte. 1) Facsimile der Unterschrift: Friederike Gossmann. Dauthage 1857 (lith.) Gedr. bei Jos. Stoufs in Wien Fol. (Paterno). – 2) Facsimile der Unterschrift wie oben. Eduard Kaiser 1857 (lith.) Gedr. bei Jos. Stoufs in Wien, Fol. (Neumann). – Ueber ihren Vater Johann B. Goßmann (gest. 1854) siehe: Blätter für literar. Unterhaltung 1837, Nr. 117; 1840, Nr. 185 und 1841, Nr. 270. – Blätter für Literatur und bildende Kunst, herausgeg. von Th. Hell (Beiblatt der Abendzeitung) 1841, Nr. 70, Sp. 571. – Ueber ihre Mutter Johanna Constantia (geb. zu München 10. Febr. 1867, gest. zu Würzburg 13. Oct. 1840) siehe: Neues Universal-Lexikon der Tonkunst (begonnen von Schladebach, fortgesetzt) von Ed. Bernsdorf (Dresden 1857, Schäfer, gr. 8°.) II. Bd. S. 211. – Allgem. Wiener Musikzeitung 1842, Nr. 18.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Goßmann, Friederike [s. d. Bd. V, S. 277]. Sie blieb bis zum Jahre 1861 im Verbande des Wiener Hofburg-Theaters. Im genannten Jahre (10. März) vermälte sie sich mit Anton Freiherrn von Prokesch-Osten, ältestem Sohne des Internuntius Anton Freiherrn von P.-O. und Irenens gebornen Kiesewetter von Wiesenbrunn. Sie verließ aber nicht, wie anfänglich vermuthet wurde, für immer die Bühne, sondern im Jahre 1862 betrat sie dieselbe von Neuem und gab Gastrollen auf den Theatern in München, Stuttgart und später auf anderen Bühnen. Einzig in ihrem Fache, welches freilich nur im jugendlichen Alter mit Erfolg gespielt werden kann, war sie eine Specialität, begünstigt durch Talent, Geist, Anmuth in ihrer äußern Erscheinung und das Glück, daß die Dichtung Charaktere schuf, welche durch eine bühnenkundige mütterliche Freundin für sie in höchst dankbarer, aber auch nur von ihr in unvergleichlicher Weise gespielte Rollen umgeschaffen wurden.
    Pilsner Bote (Wochenblatt für Unterhaltung u. s. w.) 1861, Nr. 17 u. 18: „Friederike Goßmann’s erster Ausflug“. – Oesterreichische Zeitung (Wien) 1861, Nr. 62 [im Feuilleton]. – Pesth-Ofner Zeitung 1859, Nr. 49: Biographische Skizze; – dieselbe 1861, Nr. 60. – Wiener Theater-Zeitung, herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.) 1858, Nr. 35. – Breslauer Zeitung 1861, Nr. 123; 1862, Nr. 131. – Presse 1862, Nr. 77. – Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1862, Nr. 258; 1863, Nr. 272. – Porträt. Der Historienmaler Engelbert Seibertz hat sie in der Rolle als „Kind des Glückes“ in einem größeren Oelbilde gemalt. [Wiener Zeitung 1860, Nr. 54: Correspondenz aus München.] [Band 11, S. 419]