BLKÖ:Habsburg, Leopold Joseph Karl

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 6 (1860), ab Seite: 431. (Quelle)
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171. Leopold Joseph Karl, Herzog von Lothringen (geb. 11. September 1679, gest. zu Luneville 27. März 1729). Sohn des Herzogs Karl Leopold, des berühmten Türkenbesiegers [s. Nr. 145], aus dessen Ehe mit Eleonora Maria [s. Nr. 54], Stiefschwester des Kaisers Leopold I. [s. Nr. 170] und Witwe Michael Korybut’s, Königs von Polen. Leopold ist der Vater Franz I. Stephan’s [s. Nr. 94], [432] des Gemals der großen Maria Theresia, und einer jener merkwürdigen Charaktere, in welchen die strenge Sittlichkeit und Weisheit mit der echten Regentenwürde um die Palme streiten. Als Vater jenes Lothringers, der mit dem Hause Habsburg sich verband und so der Stammvater des Hauses Habsburg-Lothringen wurde, gebührt ihm in diesem Werke auch eine Stelle. Von seiner Regentengeschichte absehend, die uns als Oesterreicher weniger interessiren kann, fassen wir vielmehr den edlen Fürsten in’s Auge. Durch den Ryswicker Frieden 1697 wieder in den Besitz seiner von französischen Truppen verheerten Staaten gelangt, unterzog er sich aus Liebe zu seinem Volke sehr harten Bedingungen. Was seinem Vater der Fürstenstolz und der gesteigerte Begriff von Ehre zu thun verboten, gestattete ihm die Liebe zu seinem Volke, in dessen Glücke er seine Ehre suchte. Da er, in der Güte seines Herzens unermüdlich, sich die Bemerkung des Einen seiner Minister zuzog: „Herzog, Sie sind zu gütig, Ihre Unterthanen ruiniren Sie,“ erwiederte er gelassen seinem Mahner: „Besser sie ruiniren mich, als ich sie; sind sie glücklich, so bin ich reich.“ Jene Scheindiener und Heuchler verabscheuend, welche sich durch Plackereien der Unterthanen und subtile Spitzfindigkeiten Verdienste zu sammeln glaubten, umgab er sich vielmehr mit gediegenen talentvollen Männern, welche Einsicht, Gewissenhaftigkeit und guten Willen zu ihren Aemtern mitbrachten. Die Gerechtigkeitspflege unter seiner Regierung war musterhaft und er unterhielt mit den bewährtesten und ausgezeichnetsten Advocaten von Paris ununterbrochenen Verkehr, um bei wichtigen Rechtsfragen ihre Ansicht zu vernehmen und sich von derselben leiten zu lassen. Er nahm von Allem Einsicht; was er unterschrieb, las er genau und unterzeichnete es dann immer selbst. Wie Titus den Tag bedauerte, an dem er nichts Gutes vollbracht, so rief Leopold oft: „Ich gäbe morgen meine Fürstenhoheit weg, wenn ich nicht ein Schärflein zum Glücke der Menschheit beitragen könnte.“ Die zahlreichen Züge seines Zartgefühles und der unvergleichlichen Herzensgüte hier aufzuzählen, ist leider nicht unsere Aufgabe, aber eines Momentes, der ihn vollends charakterisirt, sei hier nunmehr gedacht. Einst spielte er mit einem armen Edelmanne und verlor beständig. „Sie spielen heute unglücklich,“ sagte der Edelmann. – „Umgekehrt,“ erwiederte Leopold „das Glück hat mich niemals besser bedient.“

Alliot (François), Relation de la pompe funebre de Léopold I. (Nancy 1730, 4°.). – Leben Leopold’s I., Herzogs von Lothringen (Wien 1783, 4°.). – Segaut (Guillaume de), Oraison funebre de Léopold I. duc de Lorraine (Nancy 1729, 4°.).Porträt. H. Rigaud p., Cl. Kohl sc. (8°.).