BLKÖ:Keglevich von Buzin, Johann Graf (Staatsmann)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 11 (1864), ab Seite: 128. (Quelle)
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Keglevich von Buzin, Johann Graf (Staatsmann und Humanist, geb. zu Preßburg 13. Mai 1786, gest. 13. October 1856). Sohn des Grafen Karl, des Stifters des ersten Zweiges der ungarischen Linie der Grafen Keglevich. Nachdem er bis zu den philosophischen Studien im Hause erzogen worden, kam er 1802 in die Theresianische Ritterakademie, wo er bis 1805 die Rechte beendete. Dann hörte er in Pesth das ungarische Recht und widmete sich der Rechtspraxis. Im Jahre 1806 trat er bei der ungarischen Hofkanzlei als Praktikant ein und wurde in Kürze Hofconcipist. Eben als er Secretär werden sollte (1809), nöthigte ihn der Tod seiner Mutter, welche bisher die ausgebreiteten Güter verwaltet hatte, seine Entlassung aus dem Staatsdienste zu nehmen, und die Verwaltung seiner Güter selbst zu übernehmen. Der Graf lebte nun ganz der Landwirthschaft, dabei aber auch der Pflege der Wissenschaften, unter denen er die Botanik besonders liebte. Im Jahre 1823 ohne sein Zuthun zum Administrator des Barser Comitates ernannt, unterzog er sich diesem Amte in schwierigen Zeitverhältnissen und wurde bereits im folgenden Jahre Obergespan desselben Comitates. Im Jahre 1827 nahm er im Landtage seinen Platz ein und wurde zum Präses der ungarischen Grenz-Regulirungscommission gegen Mähren ernannt. Dieses seit Jahrhunderten verschobene und verworrene Geschäft beendete der Graf im August 1830 und übergab den versammelten Ständen sein mehrere Bände umfassendes Operat welches er allein ohne Beihilfe eines Actuars zu Stande gebracht hatte. Im Februar 1831 wurde er zum geheimen Rathe ernannt. Im schönsten Lichte aber erscheint dieser edle Magnat, als im Jahre 1831 die Cholera in Ungarn und auch auf seinen Gütern ausbrach. Den Schrecken, welcher sich der Bevölkerung allenthalben bemächtigte, dämpfte sein unerschrockenes, besonnenes [129] Benehmens. Die Absperrung seines Schlosses strenge untersagend, verfügte er sich vielmehr selbst zu den Kranken, ihnen in ihren Hütten die Arzeneien überbringend, welche seine Gemalin bereitete. Die Furcht vor der Seuche schwand bei den Bauern, als sie ihren Gutsherrn so furchtlos zu jenen, welche von ihr befallen wurden, mit hilfreichen Mitteln treten sahen. Dieses Benehmen, verbunden mit dem von dem Grafen angewandten Heilverfahren, hatte merkwürdige Erfolge. Im Markte Klein-Tapolcsán, wo das gräfliche Schloß sich befindet, waren 100 Personen von der Cholera befallen worden und nur sechs davon starben. Die übrigen vierundneunzig wurden gerettet. Dieser Umstand lenkte die Aufmerksamkeit, selbst fremder Aerzte, auf den Grafen, und sein Verfahren stellt Dr. Martin Steer in seiner Schrift: „Estratti di sei rapporti sul Cholera morbus diretti al J. R. Governo di Venezia“ (Padua 1834) ausführlich dar. Aber nicht allein in seinem Wohnorte entwickelte der Graf eine so segensvolle Thätigkeit, auch die Kranken in den benachbarten Dörfern besuchte er, brachte ihnen Arzeneien, stellte Wärterinen auf, und ließ den von der Krankheit Genesenen nahrhafte Speisen und Getränke verabreichen. Ueberdieß war der Graf ein Freund der Künste und Wissenschaften; in früheren Jahren verschmähte er es selbst nicht, poetische und andere Beiträge, freilich anonym, in dem „Patriotischen Wochenblatte“ des Dr. Lübek erscheinen zu lassen. Diese Liebe für die Wissenschaft beseelte ihn durch sein ganzes Leben; er gründete 1806 eine Bibliothek, die anfänglich in Wien aufgestellt war, später aber nach Klein-Tapolcsán in sein Schloß übertragen wurde. Dieselbe wuchs bis auf 10.000 und mehr Bände an und enthält kostbare Werke aus allen Wissenszweigen, besonders aber aus der Naturgeschichte. Auch seine Gemäldesammlung, 1813 gegründet, obwohl nicht sehr zahlreich, enthielt manches kostbare Gemälde von berühmten Meistern. Ueberdieß legte er Sammlungen von Naturalien und anderen Kostbarkeiten, vornehmlich aber von exotischen Pflanzen an, die er aus allen Ländern kommen ließ und auf das Sorgfältigste pflegte, so daß seine Pflanzenhäuser in Klein-Tapolcsán[WS 1] seltene Schätze der Pflanzenwelt enthielten. Der Graf war zweimal, zuerst (seit 12. November 1805) mit Adelheid Gräfin Zichy (geb. 15. September 1788, gest. 17. Jänner 1839), zum andern Male (seit 3. Februar 1840) mit Victoria Gräfin Folliot von Crenneville (geb. 6. August 1816) vermält. Nur dieser zweiten Ehe entstammt ein Sohn Graf Stephan (geb. 18. December 1840), früher Oberlieutenant im k. k. 11. Uhlanen-Regimente, und gegenwärtig das Haupt des ersten Zweiges der ungarischen Linie der Grafen Keglevich. Seit 29. September 1860 ist Graf Stephan mit Angelica geb. Gräfin Eßterházy (geb. 20. November 1841) vermält. Der alte Graf Johann starb im Alter von 70 Jahren und wurde in der Familiengruft zu Klein-Tapolcsán beigesetzt.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 174, und über seine Bibliothek S. 176. – Boeckh (Franz Heinrich), Wiens lebende Schriftsteller, Künstler und Dilettanten im Kunstfache (Wien 1821, K. Ph. Bauer, 8°.) S. 105 [ausführlichere Nachrichten über des Grafen reiche und kostbare Bibliothek]; S. 319 [Nachrichten über des Grafen Gemäldesammlung]. – Porträte. 1) Unterschrift: Gróf Keglevich János N’s Bars Varmegyének Fö-Ispánya (Baro Lütgendorf Ferd. 1826, gr. 8°.). – 2) Unterschrift: Johann Graf Keglevich von Busin, Seiner Kaiserl. Königl. Apostolischen [130] Majestaet wirklicher Kaemmerer (Schönwitz del. Lithogr., Halb-Fol.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Klein-Topolcsán.