BLKÖ:Kleber, Johann Baptist

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kleber
Band: 12 (1864), ab Seite: 32. (Quelle)
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Kleber, Johann Baptist (französischer General, geboren zu Straßburg 9. März 1753, ermordet zu Kairo 14. Juni 1800). Kleber, der nachmalige berühmte französische General, hat unter eigenthümlichen Umständen die militärische Laufbahn in kais. Diensten begonnen und unter nicht minder eigenthümlichen sie schon nach einigen Jahren verlassen. In Paris wurde 1782 ein deutscher Edelmann in einem Kaffeehause in ein Duell verwickelt. Während er sich nach einem Secundanten umsah, näherte sich ihm ein junger Mann, ein Straßburger, der des deutschen Edelmannes Absicht errathen haben mochte, und bot sich ihm zum Secundanten an. Der Edelmann nahm den Antrag an. Das Duell wurde ausgefochten, und hatte nur eine leichte Verwundung des Gegners zur Folge. Der deutsche Edelmann und sein Secundant wurden aber seit dieser Zeit Freunde, und der Erstere überredete Letzteren, ihn nach Wien zu begleiten. Der deutsche Edelmann war ein Sohn des Staatskanzlers Fürsten Kaunitz, durch dessen Vermittlung der Straßburger eine Lieutenantsstelle im Infanterie-Regimente Kaunitz Nr. 38 (des Staatskanzlers drittgeborner Sohn Franz Wenzel war seit 1773 Inhaber des Wallonen-Infanterie-Regiments Nr. 38) erhielt. Das Regiment lag in Luxemburg, wo noch ein zweites Wallonen-Regiment, Vierset-Infanterie Nr. 58, jetzt Erzherzog Stephan, stationirt war. Beide Regimenter, im Felde die besten Cameraden, ließen es im Frieden nicht an Neckereien fehlen, die oft einen sehr ernsten Charakter annahmen. Baron Tornaco hatte die Officiere des Regiments Vierset zu einem Mahle eingeladen, zu welchem, um allen Hader zu vermeiden, kein Officier von Kaunitz gebeten war. Da wurde während der Mahlzeit von dem Kammerdiener eine von unbekannter Hand gespendete kunstvolle Pastete auf den Tisch gesetzt. Man staunte die schöne Gabe an, endlich machte sich der Hausherr daran, sie zu zerschneiden. Kaum aber hatte er den Deckel der Pastete abgehoben, als sich die Luft im Saale mit dem reinsten Extracte von Assa foetida erfüllte, aus welcher Substanz der Inhalt der Pastete bestand. „Das haben die Kaunitzer gethan“, erscholl es wie aus Einem Munde. Man beschloß sich zu rächen. Einer der Gäste, ein Baron Fels, lud die Anwesenden auf den folgenden Tag zu sich. Wieder erschien eine prächtige Pastete und Alles harrte gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Und sie kamen. Als der Hausherr die Pastete zu tranchiren anfing, flog aus der durch den Schnitt entstandenen Oeffnung eine Schaar magerer Spatzen mit rosenrothen Kräglein um den Hals und rosenrothen Stülpen an den Füßen. Rosenroth war die Aufschlagfarbe des Regiments Kaunitz. „Da fliegen sie, die hungrigen Spatzen von Kaunitz“, rief Fels. Donnerndes Gelächter hallte durch die Räume über diese derbe unwürdige Anspielung auf die Kaunitzer. Die Kaunitzer konnten diese Beleidigung nicht auf sich beruhen lassen. Durch das Loos wurde ein Officier gewählt, der im Namen des Regiments von den Vierset Genugthuung fordern sollte, und ein zweiter als Secundant. Von Seite des Regiments Vierset hatte Fels den Strauß auszufechten übernommen. Bei den Kaunitzern fiel das Loos zum Duell auf einen ältlichen Major, [33] zum Secundanten auf einen Hauptmann. Das Duell fand Statt. Der Major erhielt zuerst eine bedeutende Wunde am linken Arm. Man glaubte, damit sei der Ehre genug gethan. Fels aber erklärte: „Nein, einer von uns muß auf dem Platze bleiben“, und erzwang einen neuen Gang. Dießmal aber war der Major glücklicher und rannte seinem Gegner den Degen durch den Leib. Den Forderungen der Ehre war nun jetzt wohl genug gethan, aber die Steger, Major und Hauptmann, waren dem strengen Duell-Mandate verfallen, welches Kaiser Joseph II. erlassen hatte und in seiner vollen Strenge walten ließ. Dem Major und dem Hauptmanne blieb, um sich zu retten, nichts übrig als die Flucht. Wer der Major gewesen, ist nicht bekannt. Der Hauptmann aber war Kleber, derselbe Straßburger, der vor einigen Jahren dem Grafen Kaunitz Secundantendienste geleistet, als Lieutenant mit seinem Regimente nach Ungarn gekommen, dort zum Hauptmann vorgerückt war und überdieß sich so ausgezeichnet hatte, daß, wie unsere Quelle mittheilt, ihm das Theresienkreuz nicht hätte entgehen können. Ein Duell hatte ihn in die kaiserliche Armee gebracht, ein zweites ihn gezwungen, sie zu verlassen. Auf seiner Flucht begab er sich zunächst nach Straßburg, wo er später in das Bataillon der Carmagnolen trat und bald mit dem Ruhme seines Namens die kriegerische Welt erfüllte. In Kairo machte ein fanatischer Türke der glänzenden Heldenlaufbahn Johann Baptist Klebers, der damals 47 Jahre alt war, ein Ende. Nicht ohne Grund wurde von Staatsmännern und Geschichtschreibern die Frage aufgestellt: Welche andere Physiognomie hätte die Welt bekommen, wenn nicht ein frühzeitiger gewaltsamer Tod den ebenbürtigen Nebenbuhler Napoleon’s dahingerafft hätte?

Der Korrespondent von und für Deutschland (Nürnberg, kl. Fol.) 1857, Nr. 142 und 143 [im Feuilleton: „Ein Duell und seine Folgen“]. – Für das biographische Lexikon des Kaiserthums Oesterreich hat nur das oben Erzählte Wichtigkeit, Biographien Kleber’s finden sich in allen Conversations-Lexikons; wer aber ausführlichere Nachrichten über das Leben dieses merkwürdigen Mannes zu lesen wünscht, den verweist Herausgeber auf folgende Werke: Barrois (Édouard), Notice biographique sur le général Kléber (Strasbourg 1838, 8°.). – Couret de Villeneuve (Louis Philippe), Éloge funèbre de Kléber, général en chef de l’armée française en Orient (Gand s. d. [an IX], 8°.). – (Cousin d’Avallon, Charles Yves) Histoire des généraux Kléber et Desaix (Paris, en IX [1802], 12°.). – Carat (Jos. Dominique), Éloge funèbre des généraux Kléber et Desaix (Paris, en VIII [1800], 8°.). – Hannus-Tuppin, Oraison funèbre de Kléber ... (s. l. et d. [Bar sur Ornain, an IX], 12°.). – Héricourt (Lubert de), Vie du Général Kléber (Paris, en VII [1800], 8°.).