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BLKÖ:Lucchesi-Palli, Hector Karl Graf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 16 (1867), ab Seite: 129. (Quelle)
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3. Für den Kaiserstaat näheres Interesse besitzt auch der Gemal der Herzogin von Berry, Hector Karl Graf Lucchesi-Palli, Herzog della Grazia, aus dem Hause der Fürsten Campofranco (geb. zu Palermo 2. August 1807, gest. zu Brunnsee in Steiermark 1. April 1864). Sein Vater war ein vertrauter Freund des Königs Franz II. von Neapel, bekleidete die höchsten Aemter und war einige Zeit Vicekönig von Sicilien. Hector als zweiter Sohn war ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt, wählte jedoch die diplomatische Laufbahn. Er kam zuerst als Attaché nach Wien; später in gleicher Eigenschaft nach St. Petersburg; kam von dort als Gesandtschafts-Secretär nach Madrid, von wo er wegen Unterhandlungen rücksichtlich der Vermälung Ferdinand’s VII. mit Donna Christina von Neapel mehrere Reisen nach dieser Stadt und zurück unternahm. Endlich diente er als Chargé d’affaires im Haag und diesen Posten verließ er, als er sich im Jahre 1835 morganatisch mit der verwitweten Herzogin von Berry vermälte, nachdem der unter zahllosen Schwierigkeiten unternommene denkwürdige Versuch dieser heroischen Frau, ihrem Sohne, dem Herzoge von Bordeaux, das Erbe Frankreichs wieder zu erwerben, gescheitert war. Graf Lucchesi begleitete seine Gemalin, mit der und deren Geschwistern er an dem zu Palermo relegirten neapolitanischen Hofe seine Kinderjahre zugebracht hatte, in die österreichischen Staaten, [130] wo die Herzogin zuerst in Böhmen ein Asyl fand, welches sie einige Jahre später mit dem selbstgewählten Aufenthalte zu Gratz in Steiermark vertauschte. Als sodann von dem Grafen Wimpffen die vormals im Besitze der Familie Saurau gewesene Herrschaft Brunnsee und von dem letzten Sproßen der Familie Bendramin der gleichnamige prächtige Palast in Venedig angekauft worden waren, nahm die Herzogin abwechselnd ihren Wohnsitz in Steiermark und Venedig, bis sie in den letzten Jahren Winter und Sommer in Brunnsee verblieb. In einer 32jährigen Ehe stand der Graf Lucchesi seiner Gemalin, die ihren ersten Gatten von Meuchlerhand hatte fallen gesehen und mit ihrer Anwartschaft auf eine Königskrone in’s Exil hatte wandern müssen, treu und männlich zur Seite, und erst als die Herzogin in Folge des Bankerotts eines legitimistischen Bankiers zu Paris und der politischen Complicationen theils große Verluste, theils große Einbußen in ihren Bezügen (besonders nach dem Sturze des neapolitanischen Thrones) erlitten hatte und mit einem Male genöthigt war, sich Entsagungen aufzuerlegen, scheinen diese Umstände auf den Grafen Lucchesi so tief eingewirkt zu haben, daß sie als Ursache seines so vorschnell erfolgten Todes angesehen werden. [Chateaubriand, Mémoires d’outre tombe, 10. volume. – Tagespost (Gratzer polit. Blatt) 1864, Nr. 120. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850, 8°.) Tome XXXII, p. 129. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliograph. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 2, S. 1046.]