BLKÖ:Mittrovsky von Mittrowitz und Nemischl, Johann Baptist Graf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 18 (1868), ab Seite: 392. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Johann Baptist von Mittrowsky in der Wikipedia
Johann Baptist Graf von Mittrowsky in Wikidata
GND-Eintrag: 138391912, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Mittrovsky von Mittrowitz und Nemischl, Johann Baptist Graf|18|392|}}

Mittrovsky von Mittrowitz und Nemischl, Johann Baptist Graf (Staatsmann, geb. 28. Jänner 1736, gest. 18. Jänner 1811). Ein Sohn des Freiherrn Ernst Mathias aus dessen zweiter Ehe mit Maria Theresia Freiin von Lehotzky. In der savoyischen Ritterakademie zu Wien erhielt er die Grundlage seiner wissenschaftlichen Ausbildung, dann kam er auf die berühmte Universität Löwen in den Niederlanden, wo er die Rechte vollendete, und nun machte er Reisen durch Holland und Deutschland. Im Jahre 1757 trat er bei dem k. Tribunal in Mähren in den Staatsdienst, zwei Jahre später schon wurde er Rath mit Sitz und Stimme, im Jahre 1765 trat er aber als Rath bei dem mährischen Gubernium zur politischen Stelle über. In dieser bei den verschiedensten Aemtern und Commissionen in Verwendung, eignete er sich eine umfassende Praxis an, wurde im Jahre 1776 Oberst-Landrichter, 1783 Oberst-Landkämmerer Mährens, worauf er bei [393] den großen Reformen des Kaisers Joseph wieder zum Justizdienste zurückkehrte, und noch in demselben Jahre Vice-Präsident bei dem für Mähren und Schlesien neuerrichteten Appellations- und Criminal-Obergerichte, und als im Jahre 1790 die völlige Trennung der politischen und Justiz-Geschäftsleitung durchgeführt ward, unabhängiger Präsident dieses Obergerichtes beider Länder wurde. Seit dem Jahre 1777 ward er Principal-Commissär bei den mährischen Landtagen, im Jahre 1794 aber über sein Ansuchen davon enthoben. Bis an seinen Tod diente M. dem Staate und führte noch wenige Tage vor seinem Tode den Vorsitz im Rathe des Appellationsgerichtes. Ueber ein halbes Jahrhundert hatte M. unter vier Monarchen mit Umsicht, Treue und völliger Hingebung gedient, und sich in bedrängnißvoller Zeit, besonders bei der feindlichen Invasion im Jahre 1805, als Staatsmann voll Klugheit und Entschlossenheit bewährt. Durch viele Jahre war M. der Mittelpunct alles geistigen Wirkens in Mähren, insbesondere in Beziehung auf die Verbreitung der Landeskunde. Er war die Haupttriebfeder des Entstehens der mährischen Agricultur-Gesellschaft im Jahre 1770, deren Statuten er entwarf, zu deren Kanzler (1771) und Director (1775) er von der Gesellschaft gewählt wurde, und es bis zu ihrer in Folge des Absterbens vieler Mitglieder und anderer widriger Ereignisse eingetretenen Auflösung im Jahre 1787 blieb. Im Jahre 1794 trat er wieder an die Spitze eines neuen, von ihm zu Stande gebrachten Privatvereins, der sich mährische Gesellschaft der Natur- und Vaterlandskunde nannte, zu welchem im Jahre 1800 die Mitglieder des Herzogenrath’schen Vereins von Freunden der Natur- und Vaterlandskunde übertraten, und aus welcher sich nach Verschmelzung der beinahe erloschenen mährischen und schlesischen Agricultur-Gesellschaft, die mit Hofdecret vom 11. December 1804 genehmigte k. k. mährisch-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde, gestaltete, eine Gesellschaft, die, was nutzbringende geistige Thätigkeit auf allen Gebieten, namentlich aber auf jenem historischer Forschung, betrifft, ihres Gleichen in der Monarchie zu suchen hat. Auch für Erweckung der Naturwissenschaften, die bis dahin kaum beachtet waren, that M. theils durch diese Gesellschaft, theils auf anderen Wegen unendlich viel, namentlich trug er Sorge, Alles zu fördern, um eine wahrheitsgetreue Beschreibung des Landes zu ermöglichen; insbesondere durch seine Vermittelung wurde André bewogen, nach Mähren zu übersiedeln. Als die Robotabolitions-Hofcommission, deren Beisitzer M. war, im Lande ihre Wirksamkeit begann, eignete sich M., der erste, dieses System an, und führte es auf seinen Gütern und Herrschaften durch. Unter den Beförderern der Schafcultur nahm M. eine ausgezeichnete Stelle ein; für die Aufnahme der Landesindustrie, welche damals noch so zu sagen in der Wiege lag, im hohen Grade sich interessirend, ging er selbst mit gutem Beispiele voran, und begründete zu Ziadlowitz eine großartige Leinen- und Wollwaarenfabrik. Auch die Uebersetzung der Olmützer Universitär nach Brünn im Jahre 1778, deren Bleiben daselbst freilich nur von kurzer Dauer war, kann zunächst als sein Werk angesehen werden. M. wurde auch zum Präses der k. k. Studiencommission an der [394] neuen Universität gewählt, mit welcher Würde er zugleich die eines landesfürstlichen Commissärs der Brünner Ritterakademie und des Stifts- und Oekonomie-Superintendenten[WS 1] des Priesterhauses verband. Des Geschichtschreibers Monse Worte bezeichnen mit wenigen Worten den Einfluß und die Bedeutenheit von M.’s Wirken nach dieser Seite hin. „Seit Stiftung der hohen Schulen in Mähren“, schreibt Monse, „haben die Künste und Wissenschaften nie herrlicher geblüht und reifere Früchte getragen, als unter dem Präsidium Schutz und der weisen Leitung M.’s, die Aufnahme, welche er den Lehrern bereitete, und die Behandlung derselben bewirkten die erwünschteste Ruhe, Ordnung und Harmonie, seine Aufmunterung und Beförderung der Verdienste brachten gelehrte Leistungen hervor, verbreiteten Cultur und Aufklärung im Lande.“ Monse that diesen Ausspruch, nachdem er selbst bereits einundzwanzig Jahre die Thätigkeit dieses Staatsmannes in der angegebenen Richtung erprobt hatte. Die Verdienste des Grafen fanden Allerh. Ortes mehrfache Würdigung, im Jahre 1769 erhielt er die geheime Rathswürde und wurde im nämlichen Jahre in den Grafenstand erhoben; und bei der Feier seines fünfzigjährigen Dienstesjubiläums, am 6. Jänner 1808, erhielt er das nur 11 Personen zu Theil gewordene Großkreuz des neugestifteten Leopold-Ordens. Graf Johann Baptist war zweimal vermält, zuerst (seit dem Jahre 1764) mit Josepha Gräfin Pergen (gest. 1796) und zum anderen Male (seit 10. Mai 1797) mit Maria Anna Gräfin Ugarte, verwitweten Freiin Hauspersky von Fanal. Nur aus erster Ehe stammen zwei Söhne, deren jüngerer, Graf Anton Friedrich [s. d. S. 384), die jüngere gräfliche Linie, deren Stifter Johann Baptist ist, fortpflanzte. Die eigenen reichen Sammlungen, welche der Graf besaß, darunter eine an botanischen Prachtwerken sehr reiche Bibliothek, seine Herbarien und Naturalien-Sammlungen, befinden sich im Besitze der Familie; das Herbarium vivum, eine Sammlung getrockneter Pflanzen, welche 10.000 Arten enthielt, gelangte als Nachlaß in die Hände seines ältesten Sohnes, des Grafen Alois.

Zeman’s Wanderer für das Jahr 1812. – Brünner Zeitung 1811, S. 75–78. – Moravia (Brünner Unterhaltungsblatt 4°.) Jahrg. 1838, S. 47; Jahrg. 1839, S. 743.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Oekononomie-Superintendenten.