BLKÖ:Moth, Franz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 19 (1868), ab Seite: 163. (Quelle) | |||
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Franz Joseph Ritter von Gerstner, Professor der höheren Mathematik [Bd. V, S. 161], der wegen fortdauernder bedeutender Augenschwäche sein Lehramt länger zu versehen außer Stande war, jubilirt wurde, fand zur Besetzung der erledigten Lehrkanzel der übliche Concurs Statt. Er wurde im November 1822 abgehalten. M., damals selbst noch Studirender an der philosophischen Facultät und erst zwanzig Jahre alt, stieß auf Schwierigkeiten, als er sich zur Ablegung dieser Concurs-Prüfung meldete. Nur den Bemühungen Gerstner’s, der sein Lehrer war und sich dem strebsamen, in seinem eigenen Fache so hervorragenden Zöglinge stets theilnahmsvoll zugewendet hatte, gelang es, daß Moth zur Concurs-Prüfung zugelassen wurde. Im Jahre 1824 wurde ihm die Supplirung der damals noch immer unbesetzt gebliebenen Lehrkanzel der höheren Mathematik übertragen, worauf er noch im November desselben Jahres seine Vorlesungen in den beiden ersten Jahren vor einer großen Anzahl Zuhörer eröffnete. Nachdem er zwei Jahre die Lehrkanzel mit anerkanntem Erfolge supplirt hatte, hoffte er von Seite der Studien-Hofcommission bei der definitiven Besetzung auf Berücksichtigung. Aber er, der während der zweijährigen Supplirung nicht zu jung erschienen war, wurde, als endlich die bleibende Besetzung erfolgen sollte, zu jung befunden, und es wurde einem schon länger in einer kleinen Provinzialstadt dienenden Professor der Physik das erledigte Lehramt verliehen. Endlich, im Jahre 1831, erlangte M. die Lehrkanzel der Mathematik am Lyceum zu Salzburg. Um diese Zeit hatte M. auch an einem von der k. k. Studien-Hofcommission ausgeschriebenen Concurse auf Bearbeitung eines den wissenschaftlichen und pädagogischen Ansprüchen entsprechenden Werkes über Geometrie für die vierte Classe der Normal- und Hauptschulen theilgenommen, und mit seiner Arbeit unter 46 aus diesem Anlasse eingelangten Manuscripten den Sieg davon getragen. Vier Jahre versah M. das Lehramt zu Salzburg, alsdann wurde er im Jahre 1835 in gleicher Eigenschaft an das Lyceum nach Linz und nach 14jähriger Thätigkeit daselbst im Jahre 1849 an die Wiener Hochschule berufen, wo er bis zur Stunde auf seinem Posten thätig [164] ist. Ehe noch M. ein definitives Lehramt bekleidete, war er bereits in seinem Fache schriftstellerisch thätig und hat von Zeit zu Zeit ein und das andere in sein Fach einschlägige Werk durch den Druck veröffentlicht. Seine Schriften sind in chronologischer Folge: „Theorie der Differentialrechnung und ihre Anwendung zur Auflösung der Probleme der Rectification, Quadratur, Complanation und Cubirung“ (Prag 1827, gr. 8°.); – „System der analytischen Geometrie“ (ebd. 1828, gr. 8°.). – „Entwickelung eines allgemeinen Gesetzes der Umkehrung der Functionen, von welchen das von Lagrange entdeckte und von Laplace verallgemeinerte Reversions-Theorem ein allgemeiner Fall ist“ (ebd. 1829, 8°.), auch in den Abhandlungen der kön. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften. Neue Folge, 1827–1837, im IV. Bande; – „Die Lagrange’schen Relationen und ihre Anwendung in einer neuen Entwickelung aller Gleichungen der sphärischen Trigonometrie“ (Prag 1829, gr. 4°.); – „Analytische Untersuchungen über die Fehler eines Mittagfernrohrs und Methoden, diese Fehler aus den Beobachtungen zu bestimmen“, in den Abhandlungen der kön. böhmischen Akademie, im IV. Bande; – „Anfangsgründe der Geometrie“ (Wien 1834, 8°.), mit Verordnung der Studien-Hofcommission ddo. 2. April 1832 als Lehrbuch für die deutschen Normal- und Hauptschulen in den k. k. Staaten eingeführt; – „Neue Methode der Division und Radication der Zahlen und der Bestimmung der reellen Wurzeln der Gleichungen mit numerischen Coëfficienten von jedem Grade“ (Linz 1838, 4°.); – „Ueber die Anwendbarkeit der imaginären Zahlformen in der Geometrie“ (München 1840, gr. 4°.), auch in den Abhandlungen der math. phys. Classe der k. bayer. Akademie der Wissenschaften; – „Ueber die Theorie des Lichtes. Nach einem lithographirten Memoire des Fr. Aug. L. Cauchy bearbeitet“ (Wien 1842, gr. 8°.); – „Sammlung von Formeln, Lehrsätzen und Aufgaben aus der Buchstabenrechnung und Algebra“ (Linz 1843, 8°.); – „Lehrbuch der Algebra“ (Linz 1852); – „Begründung eines eigenthümlichen Rechnungs-Mechanismus zur Bestimmung der reellen Wurzeln der Gleichungen mit numerischen Coëfficienten“, in den Sitzungsberichten der math. naturwiss. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, im I. Bande – und „Die mathematische Zeichensprache in ihrer organischen Entwickelung“, ebenda. M. ist seit 26. Juni 1848 correspondirendes Mitglied der math. naturwiss. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften.
Moth, Franz (mathematischer Schriftsteller, geb. zu Luditz, einem Städtchen im nördlichen Böhmen, 3. December 1802). Sein Vater war Wirthschaftsbesitzer und Steuereinnehmer in Luditz und der Sohn verlebte die Jugendjahre bis zum Jahre 1814 in seiner Geburtsstadt. Im genannten Jahre übersiedelte der Vater nach Prag, wo der Sohn das Kleinseitner Gymnasium besuchte und in den Jahren 1820–1823 die philosophischen Studien an der Prager Hochschule beendete. Schon am Gymnasium war Mathematik seine Lieblingswissenschaft, und hatte er sich durch Selbststudium der Werke von Euler und Lagrange, die im ersten Jahrgange der höheren Mathematik vorkommenden Gegenstände (Differential- und Integral-Rechnung und höhere Geometrie) in dem Maße eigen gemacht, daß er bei seinem Uebertritte an die Universität vollkommen vorbereitet war, sich der Prüfung aus den Gegenständen des ersten Jahrganges der höheren Mathematik zu unterziehen. So trat er im Jahre 1820, damals 18 Jahre alt, sofort in den zweiten, in dem höhere Mechanik und Hydrodynamik, und im Jahre 1821 in den dritten Jahrgang, in dem höhere Astronomie vorgetragen wird. Als gegen das Ende des Jahres 1822- Almanach der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Wien, kl. 8°.) II. Jahrg. (1852), S. 185, u. IV. Jahrg. (1854), S. 301 [in diesen beiden Jahrgängen heißt er einmal (1852) Franz Moth, das andere Mal P. Moth; ersteres ist das richtige]. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, Joh. Ambr. Barth, 8°.) Bd. II, Sp. 217. [Daselbst heißt sein Geburtsort Luditz in Böhmen irrig Ludlitz].