BLKÖ:Pfeiffer, Michael

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 22 (1870), ab Seite: 189. (Quelle)
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12. Michael Pfeiffer (Arzt, geb. zu Käsmark in der Zips 19. October 1721, gest. 7. November 1809). Sein gleichnamiger Vater war ein geschickter Apotheker, der aber starb, als der Sohn noch im Knabenalter stand. Dieser besuchte zuerst die Schulen in seiner Vaterstadt, kam dann im Alter von 15 Jahren, um ungarisch zu erlernen, nach Debreczin. Anfänglich sollte er Theologie studiren, aber der stete Aufenthalt in der väterlichen Apotheke erweckte seine Neigung zur Medicin, und er ging deßhalb nach Ofen und ein Jahr später in’s Ausland, wo er zu Halle und Jena seine Studien beendete. Im April 1745 erlangte er die Doctorwürde, und gab bei dieser Gelegenheit eine Inaugural-Dissertation über die Kennzeichen des nahen Todes bei hitzigen Fiebern: „De similitudine signorum indicationis et mortis in febribus acutis proxime instantis“, im Drucke heraus. Diese mit großer Gründlichkeit gearbeitete Abhandlung veranlaßte die an ihn gestellte ehrenvolle Aufforderung, in Jena zu bleiben, welcher er auch für den ersten Augenblick entsprach, als aber auch Sachsen von den Verheerungen des Krieges heimgesucht wurde, wieder aufgab, worauf er nach Ungarn zurückkehrte. Dort erhielt er bald nach Abgang des Käsmarker Stadtphysicus Dr. Fischer dessen Posten, auf welchem er sich durch seine große Geschicklichkeit solchen Ruhm erwarb, daß er weit und breit, selbst in das benachbarte Galizien zu Kranken berufen wurde. Neben seinem ärztlichen Berufe trieb er aber unausgesetzt sein Lieblingsstudium Chemie, weßhalb er auch, um sich demselben ausschließlich widmen zu können, schon im Jahre 1776 das Stadtphysicat niederlegte. Bald beschäftigte ihn nun ernstlich die Frage: ob es nicht möglich wäre, aus einer europäischen Pflanze, die also ein kälteres Klima verträgt, ein Surrogat zu verfertigen, das vollkommen den indischen Indigo ersetzen würde? Es waren schon von verschiedenen Seiten ähnliche Versuche mit mehreren Pflanzen, wie mit Heidelbeeren, dann mit der Anilpflanze und dem Nerium tinctorium gemacht worden, die alle nicht zu dem erwünschten Ergebniß führten. Pfeiffer war aber auf die Waidpflanze (Isatis tinctoria L.) verfallen und legte seinen anfänglich nur in kleinen Quantitäten erzeugten Waidindigo den Käsmarker Schönfärbern zur Probe vor. Diese erklärten denselben bald für das beste Surrogat des indischen Indigo. P. begann nun die Erzeugung dieses Surrogates im Großen. Viel später pries Nikolaus Kulenkamp in einer gekrönten Preisschrift die Waidpflanze als Indigo-Surrogat an, und während man in Neubietendorf und Wien die ersten Versuche nach dieser angeblich neuen Erfindung begann, producirte Pfeiffer in Käsmark schon seit Jahren den trefflichsten Waidindigo, und ist also auch als der Erste anzusehen, der diese Erfindung eigentlich gemacht und in Anwendung gebracht hat. Als Kaiser Joseph von Pfeiffer’s Erfindung Kenntniß erhielt, ließ er Proben davon nach Wien bringen und dort von Fachmännern gründlich untersuchen, deren Gutachten so günstig ausfiel, daß der Kaiser beschloß, P. ein von ihm selbst gewähltes Cameralgut zu Anbau und Emporbringung der so vortheilhaften Nutzpflanze zu überlassen. Ränke und Intriguen schoben die Ausführung dieses Vorhabens in die Länge und der Tod des Kaisers machte es ganz zu nichte. Die kurze Regierung Leopold’s war dem Plane auch nicht förderlich, und nun gar erst der Ausbruch der Revolutionskriege [190] machte jeden Versuch nach dieser Richtung vergeblich. So setzte denn P. den Anbau der Pflanze für seine Rechnung fort, und lieferte ein Surrogat, das dem indischen Indigo nicht nachstand, aber um den halben Preis billiger war. Die Art und Weise seines Vorganges eröffnete P. kurz vor seinem Tode dem Apotheker Schwarz, der aber das Geheimniß mit in’s Grab nahm, so daß also die eigentliche Art der Verwendung der Waidpflanze als Indigo-Surrogat Geheimniß geblieben ist. P. bekleidete außerdem in seiner Vaterstadt durch viele Jahre die Würde eines Schulinspectors, und erwarb sich um Gründung und Emporhebung der Käsmarker Schule große Verdienste. Er erreichte das hohe Alter von 88 Jahren, und da er unvermält geblieben, erbten Verwandte das große von ihm hinterlassene Vermögen. [Melzer (Jacob), Biographien berühmter Zipser (Kaschau [1832], Ellinger, 8°.) S. 157. – Ungarischer Plutarch oder Biographien merkwürdiger Personen des Königreichs Ungarn. Aus authentischen Quellen geschöpft und dargestellt von Carl Vinc. Kölesy und Jacob Melzer (Pesth 1816, Jos. Eggenberger, 8°.) Bd. III, S. 251. – Annalen der Literatur und Kunst des In- und Auslandes (Wien, Doll, 4°.) Jahrg. 1810, Bd. I, S. 531. – Haan (A. Ludov.), Jena hungarica sive Memoria Hungarorum a tribus proximis saeculis academiae Jenensi adscriptorum (Gyulae 1858, 4°.) p. 54.] –