BLKÖ:Rómer von Kis-Enyitzke, Stephan

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Romedi (Maler)
Band: 26 (1874), ab Seite: 328. (Quelle)
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Rómer von Kis-Enyitzke, Stephan (Chemiker und Erfinder der nach ihm benannten Rómer’schen Zündzeuge, geb. zu Nagy-Sáros in Ungarn 26. December 1788, gest. zu Wien 30. Juli 1842). Der Vater war ein unbemittelter Advocat zu Ujhely und der etwas wilde Junge machte ihm im Anbeginne einige Sorge. Dieser besuchte das Gymnasium in Ujhely, und kam, als er 14 Jahre alt war, zu einem Apotheker in die Lehre. Im Jahre 1805 hatte er die Lehrjahre beendet und ging nun nach Kaschau, wo er, während er in einer Apotheke prakticirte, die philosophischen Studien beendete. Im Jahre 1808 begab sich R., ohne Mittel und kaum der deutschen Sprache mächtig, nach Wien, wo er mit Entbehrungen und Ungemach aller Art zu kämpfen hatte, aber seine Willenskraft [329] ließ ihn Alles ertragen. Den Tag über erlernte er die deutsche Sprache und was er sonst für sein Fortkommen nöthig erachtete; Nachts schrieb er für seine Landsleute ungarische Aufsätze um Geld ab, womit er sich kümmerlich genug ernährte. Als er mit der deutschen Sprache hinlänglich vertraut war, bewarb er sich um eine Stelle in einer Apotheke und wurde als Pharmaceut aufgenommen. Zugleich setzte er seine pharmaceutischen Studien an der Wiener Hochschule fort und wurde im Jahre 1814 Magister der Pharmacie. Im nämlichen Jahre vermälte er sich mit einer Baronesse von Langen, welche ihm nach dem bald darauf erfolgten Tode ihrer Mutter, einer gebornen Gräfin Vellasco, einiges Vermögen mitbrachte, das er zum Ankaufe einer Apotheke in Ungarn verwenden wollte. Während er zu diesem Behufe eine Reise nach Ungarn unternahm, kam er um seine ganze Habe. Er hatte dieselbe einigen Geschäftsleuten anvertraut, die er, als er nach Wien zurückgekehrt, nicht mehr vorfand. Die Lage für das junge, all’ ihres Vermögens beraubte Ehepaar war eine sehr mißliche, aber R. verlor den Muth nicht, bewarb sich um eine Anstellung in der k. k. Feldapotheke, die er auch erhielt. In seinem Dienste machte er mit seiner Frau im Jahre 1815 den Feldzug nach Frankreich mit, aber nach Beendigung der Campagne wurde er als überzählig seines Dienstes enthoben und stand nun brotlos da. In dieser bedrängten Lage fand er bei dem Apotheker, der ihn zuerst aufgenommen, wieder eine Stelle, und daselbst war er mehrere Jahre thätig, beschäftigte sich aber in den freien Stunden vielfach mit Chlorproducten und anderen chemischen Präparaten, unter denen insbesondere die Berthollet’sche Erfindung eines Chlorzündzeuges seine Aufmerksamkeit vor allen anderen in Anspruch nahm. Die ursprüngliche Erfindung war im Ganzen ihrer Gefährlichkeit wegen unpraktisch, ihr diese zu benehmen, darauf zunächst war R.’s Aufmerksamkeit gerichtet, und es gelang ihm dadurch, daß er die dabei verwendete Schwefelsäure mit Asbest verband. Seine so verbesserten Feuerzeuge fanden eine günstige Aufnahme im Publicum, und im Jahre 1822 befand sich R. bereits in der Lage, eine selbstständige Werkstätte zur Erzeugung derselben zu errichten. R. gab nun sein pharmaceutisches Geschäft ganz auf und widmete sich ausschließlich der Erzeugung seiner Zündapparate, anfänglich in ganz kleinem Maßstabe und nur von seiner Frau unterstützt – er hatte sich, da seine erste Frau gestorben, zum zweiten Male verheirathet – allein, bis er bei gesteigertem Absatze mehrere Arbeiter halten konnte. Die sinnreiche Erfindung fand durch ihre große Wohlfeilheit immer mehr und mehr Anklang, Rómer’s Geschäft steigerte sich von Jahr zu Jahr, seine Mittel vermehrten sich mit dem zunehmenden Absatze, er errichtete nun eine landesprivilegirte Fabrik, beschäftigte bald täglich über 200 Arbeiter und hatte Versendungen nach allen Theilen der Welt auszuführen. Er machte immer neue Verbesserungen, darunter die der Phosphorfrictions-Feuerzeuge, welche ihrer Einfachheit und Bequemlichkeit wegen die günstigste Aufnahme fanden. Bei der Gewerbe-Ausstellung in Wien im Jahre 1835 wurde R. für pyrotechnische Gegenstände mit der silbernen Medaille ausgezeichnet. Neben diesen industriellen Unternehmungen, in denen er, wenn er nicht unerwartet schnell gestorben wäre – durch einen Sturz von [330] einer Terrasse seines Fabriksgebäudes hatte er sich so schwer verletzt, daß er an den Folgen dieses Sturzes im Alter von 54 Jahren starb – noch manche nützliche Verbesserung seiner Erfindung und vielleicht auch manche neue ausgeführt hätte, widmete er seine Aufmerksamkeit auch humanen Interessen und errichtete auf Veranlassung seines Schwiegersohnes, des k. k. Armenarztes Dr. Alexovits, ein unentgeltliches Kinderspital auf der Wieden mit nicht unbedeutendem Kostenaufwande. Die Fabrication seiner Zündapparate wird durch seinen obgenannten Schwiegersohn zur Stunde noch fortgeführt.

Wiener Zeitung 1842, Nr. 309. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Voigt, kl. 8°.) XX. Jahrg. (1842), I. Theil, S. 546. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 408. –