BLKÖ:Raffeiner, Stephan
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 24 (1872), ab Seite: 223. (Quelle) | |||
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[WS 1], Albertini, Bertoldi u. A. noch der Josephinische Standpunct festgehalten wurde, mit welchem sich R., der streng katholischen Richtung anhängend, nicht befreunden mochte, daher er sich auch immer mit dem Gedanken trug, seine theologischen Studien in Rom zu beenden. Mit Feilmoser, der die Wunder leugnete, hatte R. bei einer Jahresprüfung, indem er den Glauben an die Wunder hartnäckig vertheidigte, eine ernste Controverse, welche ihn sogar um die ausgezeichnete Fortgangsnote brachte. Nun setzte er sein Vorhaben, nach Rom zu gehen, in’s Werk und vollendete dort die theologischen Studien. Als aber im Jahre 1809 Papst Pius VII. von Napoleon in französische Gefangenschaft abgeführt wurde, konnte R. nicht die h. Weihen erlangen und entschloß sich demnach die Medicin zu studiren. Zugleich übernahm er eine Hofmeisterstelle im Hause eines italienischen Herzogs, beschäftigte sich in den Mußestunden mit literarischen Arbeiten und schrieb in jener Zeit eine praktische Grammatik für Italiener, welche die deutsche Sprache erlernen wollen, wofür er ein ansehnliches Honorar erhielt. Im Mai 1813 erlangte er von der Universität zu Rom die medicinische Doctorwürde. In Rom wurde R. auch mit dem berühmten Maler Koch [Bd. XII, S. 184] bekannt, der ihm mit Rath und That zur Seite stand. Zwei Jahre that R. Dienste in einem römischen Spital, dann trat er als Oberarzt in die österreichische Armee, verließ aber später diesen Dienst und ging nach Bormio in Veltlin, wo er drei Jahre seine ärztliche Praxis ausübte. Von da begab er sich, zur weiteren Ausbildung in seinem Berufe, nach Berlin und übte dann mehrere Jahre in Graubündten, besonders in Suz, seinen ärztlichen Beruf. Als er endlich von dort Abschied nahm, um zu seinem ursprünglichen Berufe, dem priesterlichen, dem er sich einst auf stürmischer See im Angesichte von Seeräubern, welche das Schiff, worauf er sich befand, verfolgten, angelobt hatte, zurückzukehren, erhielt er rührende Beweise der Theilnahme von Seite der protestantischer Gemeindevorsteher und der Bewohner, die ihm sogar eine Capelle bauen wollten damit er nicht acht volle Stunden weit in die katholische Kirche reiten dürfe. Im [224] Jahre 1826 führte er sein Vorhaben, Priester zu werden, aus und erlangte am 1. Mai g. J. zu Brixen die h. Weihen. Nun wirkte er als Seelsorger, und zwar zuerst als Frühmesser auf der Haid, später in Glurns, hatte aber seiner unentgeltlichen ärztlichen Praxis wegen, die er im Vintschgau ausübte, manchen harten Strauß mit den dortigen Wundärzten zu bestehen; da er aber bei einer ausgedehnten Lungenkrankheit im Vintschgau von den kaiserlichen Behörden selbst aufgefordert wurde, die ärztliche Behandlung der Kranken zu übernehmen, hatte er auch von dieser Seite Ruhe. Nach Errichtung des Irrenhauses in Hall, wurde er zum Caplan daselbst ernannt und wirkte zwei Jahre auf diesem Posten. In Hall bat er um die Erlaubniß, in die Mission treten zu dürfen, welche er auch erhielt, worauf er im Spätherbste 1832 als Missionär, bestimmt für die Diöcese Cincinnati in Nordamerika, abreiste. In New-York begann er sein Missionswerk. Das katholische Leben der Deutschen war dort zu jener Zeit völlig erstorben. Nach Besiegung vieler Hindernisse kam durch seine eifrige Mitwirkung die hölzerne Nikolauskirche zu Stande. Allmälig erhoben sich im Laufe der Jahre durch seine Mitwirkung in New-York und der Umgebung dreißig Kirchen. Aber auch auf die ferneren Gegenden richtete R. sein Augenmerk und wurde Gründer der ersten katholischen Kirchen in Buffalo, Uttika, Rome, Syrakus, Constableville u. a. O. Bis Paterson und Macapan drang er vor zu einer Zeit, als noch keine Eisenbahnen diese fernen Punkte näher rückten. Im Jahre 1841 siedelte R. nach Williamsburg im Staate Rhode Island über. Dort erbaute er die Dreifaltigkeitskirche zuerst aus Holz, kaufte dann in der Nähe an dreißig Bauplätze, die später zum Friedhofe und zum Neubaue der schönen Dreifaltigkeitskirche dienten. Im Jahre 1845 unternahm er eine Reise nach Europa, um Missionäre, an denen sich der Mangel in Amerika fühlbar machte, zu werben. Nach seiner Rückkehr ernannten ihn zwei Bischöfe, jene von Brooklyn und Neuark, welche aus der Mutter-Erzdiöcese New-York hervorgegangen waren, zu ihrem General-Vicar. In jeder Weise förderte R. das katholische Leben in den ihm zustehenden Gemeinden, vornehmlich aber durch Ermunterung und Unterstützung katholischer Journale. Daß es dabei an Angriffen und Unbilden gegen ihn mannigfacher Art nicht fehlte, wird für Jene, die nur einigermaßen die nordamerikanischen Zustände und die dort herrschende zügellose Ungebundenheit kennen, keiner Versicherung bedürfen. R. trat dergleichen Rohheiten bald mit Geduld und Sanftmuth, bald mit Humor und Gemüthlichkeit entgegen. In seiner Wirksamkeit als Missionär sind besonders folgende Momente hervorzuheben: sein Widerwille gegen wandernde Missionen, die ihm als schauspielermäßig, des heiligen Missionszweckes unwürdig erschienen, und dann seine Abneigung gegen die sogenannte Kirchenmusik aus Blech- und Holzinstrumenten, die er und mit Recht durch den ungleich schöneren und der Kirche würdigen Choral – wie solcher im protestantischen Gottesdienste so erhaben hervortritt – ersetzt wissen wollte. Nahezu drei Jahrzehende hatte R. in segensreichster Weise in Nordamerika gewirkt, aber dabei auch seine Heimat nicht vergessen. Er ist Stifter von vier nach ihm benannten Stipendien, deren zwei für Söhne der Verwandten und zwei für arme Jünglinge aus den Gemeinden Mals, Glurns, Matsch und Haid bestimmt [225] sind. Seine Heimat Mals verdankt ihm großentheils das neue Spitalsgebäude mit der Mädchenschule der barmherzigen Schwestern. Ob er seinen – bei Lebzeiten öfter ausgesprochenen – Lieblingsgedanken, sein ansehnliches Vermögen der Stiftung eines katholischen deutschen Waisenhauses in Williamsburg zu widmen, testamentarisch verwirklicht hat, ist nicht bekannt. Sein Nekrologist klärt uns über die Quelle dieses bei einem Missionär befremdenden Vermögens auf. R. selbst lebte ungemein schlicht und einfach, fast aszetisch einfach. Seine Tracht war prunklos, seine Einrichtung patriarchalisch; seine Kost mäßig, hauptsächlich nährte er sich von Milch einer Ziege, seine Reisen bestritt er mit unglaublich geringen Summen; seine Sackuhr, die er durch sein ganzes Leben trug, hatte er von einem Hirten in Tirol um sechs Gulden gekauft, aber um zu Mitteln zu gelangen, die es ihm möglich machten, bei dem Baue von Schulen und Kirchen in seinen nordamerikanischen Gemeinden werkthätig mitzuwirken und jene humanistischen Stiftungen und Werke, deren oben gedacht worden, auszuführen, verschmähte er es nicht, die günstigen Zeitverhältnisse und Erwerbsquellen, die ihm Amerika in vollem Maße durch seine Banken, Eisenbahnactien, Staatsanleihen[WS 2] u. dgl. m. darbot, zu benützen und so zur Förderung seines Glaubens und feiner humanen Zwecke zu wirken.
Raffeiner, Stephan (Missionär und Humanist, geb. zu Mals im Vintschgau 26. December 1785, gest. zu Williamsburg in Nordamerika 16. Juli 1861). Seine Kindheit und Knabenjahre verlebte er in seinem Geburtsorte; in Meran und Innsbruck besuchte er die Schulen, und in letzterem Orte begann er die theologischen Studien, in einer Periode, als dort von den Professoren Feilmoser- Volks- und Schützen-Zeitung (Innsbruck, 4°.) XVI. Jahrg. (1861), Nr. 147 u. 148: „Stephan Raffeiner“. – Programm des k. k. Gymnasiums zu Meran für 1865/1866 (Innsbruck 1866, 4°.) S. 11.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Feilmoser, Andreas Benedict (ADB).
- ↑ Vorlage: Staatsanlehen.