BLKÖ:Schmidt, Ferdinand von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 30 (1875), ab Seite: 232. (Quelle)
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26. Schmidt, Ferdinand von (Poet) Zeitgenoß. Bekannt unter dem Pseudonym Dranmor. Ueber die Lebensverhältnisse dieses bedeutenden Poeten, den man aber in den deutschen Literaturgeschichten vergebens sucht, ist dem Herausgeber nur bekannt, daß derselbe bis vor Kurzem viele Jahre als k. k. österreichischer General-Consul in Rio Janeiro residirte. Er soll Schweizer von Geburt sein. Zuerst größere Aufmerksamkeit erregte er durch sein Gedicht: „Kaiser Maximilian“, das aus „Rio Janeiro, August 1867“ datirt, in der Neuen freien Presse 1867, Nr. 1104, Abendblatt, abgedruckt war. Ein Gedicht voll Schwung und von einer bewältigenden Gedankenkraft. Und wenn der Dichter wirklich Schweizer von Geburt, dann [233] tönen um so gewaltiger die Worte, welche er dem Schatten des unglücklichen Kaisers zuruft: „Wohl dir, mein Fürst – noch ist | Der Doppeladler nicht durch’s Herz geschossen, | Dein Blut verleiht ihm neuen Lebenssaft“. Schon früher erschien eine Sammlung seiner „Gedichte“ (Leipzig 1865, Brockhaus), welche durch den Geist und die Kraft, die in ihnen lebten, gerechtes Aufsehen hervorbrachte. Noch mehr steigerte sich aber dieses, als sein Poem: „Requiem“ (München 1870, Cotta) herauskam, dieses hohe Lied des Pantheismus, das, dem Tode gewidmet, in 27 Elegien dem Tode die Schrecken benimmt, mit welchen das Dogma ihn schauerlich genug behängt hat. Der Dichter erklärt der christlichen Anschauung über den Tod den Krieg, und mit den herrlichen Worten: „Es lohnt sich nur zu lieben, nicht zu hassen“, gibt er eine Todesphilosophie, wie wir sie in allen Kreuzwegbüchlein, Mai-Andachten und Rosenkranz-Gesängen vergebens suchen. Fast demüthigend für die moderne Welt weht aus dem wunderbar herrlichen Poem die Wahrheit: Nur der Christ fürchtet den Tod, der Heide kennt die Todesfurcht nicht. Requiem ist kein Buch, daß einmal gelesen, wieder bei Seite gelegt wird, um im Staube des Bibliothekskastens zu modern. Es ist, wie Schefer’s „Laienbrevier“, ein Buch voll wundersamer Liebe, dessen ernste Milde durch keine Bitterkeit, durch keinen Menschenhaß getrübt wird. Befremdend genug war Gutzkow’s abträgliches Urtheil in einem Berliner Briefe, den bald nach Erscheinen der Dichtung die Augsburger Allgemeine Zeitung brachte. Das war keine Kritik, und auch Gutzkow durfte einen Poeten, wie Schmidt, nicht so obenhin behandeln.