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BLKÖ:Schmidt, Ferdinand Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 30 (1875), ab Seite: 233. (Quelle)
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27. Schmidt, Ferdinand Joseph (Naturforscher, geb. zu Oedenburg in Ungarn 20. Februar 1791). Sein Vater betrieb die Tabakfabrication und einen Kleinhandel. Nachdem er in seiner Vaterstadt die Normalclassen beendet, kam er im Alter von acht Jahren nach Babot, um dort die ungarische Sprache zu erlernen. Ein Jahr später erhielt er durch Verwendung eines Grafen Herberstein, Majors in der k. k. Armee, einen Platz im k. k. Versorgungshause in der Währingerstraße in Wien, wo er aber während eines zweijährigen Aufenthaltes mit Ausnahme der Kattunmalerei nichts lernte, was er nicht schon früher gewußt. Um diese Zeit starb seine Mutter und S. trat 1803 in ein Kaufmannsgeschäft ein, in welchem er sich bis 1809 im Handeln mit Material- und Specereiwaaren ausbildete. Als das Jahr 1809 Alles, was Waffen tragen konnte, zu denselben rief, trat auch S. als Freiwilliger in das Jäger-Bataillon Graf Crenneville ein und kam mit einer Abtheilung desselben nach Oberungarn. Nach Auflösung dieses Corps wurde er in das 1. Feldjäger-Bataillon, das zu Brüx in Böhmen cantonirt war, eingetheilt und mit dem Unterrichte der Unterofficiere betraut; 1812 erhielt er seinen Abschied. Zum Handelsgeschäfte zurückkehrend, conditionirte er nun in verschiedenen Städten Ungarns, so in Veszprim, Pesth, Preßburg, bis er im Jahre 1815, auf einer Geschäftsreise nach Triest begriffen, im Mai in Laibach eintraf. Eine ihm dort angebotene Stelle als Geschäftsführer in einer Materialwaaren-Handlung sagte ihm zu, später trat er als Handlungsreisender in die Dienste des Hauses Leposic, worauf er den Antrag als Geschäftsleiter bei einer der damaligen ersten Firmen in Laibach, Namens Pessiak, annahm. In seinen bisherigen Bedienstungen, insbesondere aber in der letztgenannten, bot sich ihm sattsam Gelegenheit, sich im Kaufmannsgeschäfte tüchtig auszubilden: Im Jahre 1819 gelang es ihm, die Erlaubniß zur Eröffnung einer eigenen Material-, Specerei-, Farbwaaren- und Samenhandlung in Laibach zu erhalten, die er am 19. October g. J. eröffnete, an welchem Tage er zugleich Hochzeit machte. In seiner selbstständigen Stellung verstand es S., namentlich zur Zeit des Congresses in Laibach in den Jahren 1820 und 1821, sein Geschäft emporzubringen, [234] und so begründete er allmälig durch reelles Gebaren, das ihm auch die Achtung seiner Mitbürger erwarb, einen soliden Wohlstand. In das von ihm neuerbaute Haus auf dem Congreßplatze neben dem ständischen Theater übertrug er im Jahre 1827 sein Geschäft; nachdem er dasselbe noch mehrere Jahre geleitet, zog er sich nun in sein in der Schischka erbautes Wohnhaus zurück, wo er nur mehr seinen naturhistorischen Beschäftigungen und der Ausübung jener Aemter lebte, welche ihm das Vertrauen seiner Mitbürger übertragen hatte. Doch nicht der erwähnte, wie immer achtenswerthe Lebensgang ist es, der die Aufmerksamkeit auf S. richtete, vielmehr die Art und Weise, wie er von Jugend an die Muße seines Berufes in nützlicher und später die Wissenschaft und das Streben Anderer fördernder Weise verwendete, und dadurch eine Bahn einschlug, auf welcher man Männern seines Geschäftes, die nur das unmittelbar Nützliche, streng Praktische im Auge behalten, höchst selten begegnet. Den Keim zu einer eingehenden und liebevollen Betrachtung der Natur, die an ihm von früher Jugend sich offenbarte, scheint seine gemüthvolle Mutter in ihn gelegt zu haben. Im Anbeginne widmete er dem Gartenbaue seine Aufmerksamkeit, wozu sich ihm zunächst dadurch Gelegenheit bot, da sich bei seinem Wohnhause ein Garten befand. Schon im Jahre 1824 hatte ihn die praktische Gartenbau-Gesellschaft in Frauendorf zu ihrem Mitgliede ernannt. Als er später in sein eigenes neugebautes Haus auf dem Congreßplatze übersiedelte, bei welchem ihm die Möglichkeit fehlte, einen Garten anzulegen, so übertrug er die Liebe zur Natur bei seinem lebhaften Drange, sich außer mit Dütendrehen und Rosinenabwägen noch in geistig lohnenderer Weise zu beschäftigen, von den Gewächsen, mit deren Zucht, Pflege und Studium er bisher sich beschäftigt hatte, auf einen neuen Gegenstand, auf die niedere Thierwelt über und Schmidt wurde auf autodidaktischem Wege Entomolog, dem die Wissenschaft manche Entdeckung, manchen Wink verdankt. Bald war S., obgleich im Anbeginne nur als Dilettant, in der Entomologie in Fachkreisen gekannt und geschätzt, seine Insectensammlungen waren ungemein reich und im Hinblicke auf die Fauna Krains und die Fauna der berühmten Höhlen Krains galt er in Kürze als Autorität. Als nach der Errichtung des Landesmuseums in Laibach auch die naturgeschichtlichen Abtheilungen der Anstalt sich zu entwickeln begannen, hatte an der Aufstellung, Einrichtung und Vervollständigung der entomologischen Abtheilung S. nicht unwesentlichen Antheil. So geschah es, daß nicht nur die Naturfreunde im Lande in zweifelhaften Fällen oder sonst mit Anfragen an ihn als Autorität in entomologischen Sachen sich wandten, sondern daß bei ihm auch fremde Naturforscher aus aller Herren Länder einsprachen und er mit Männern seines Faches in den fernsten Gegenden in literarischen Verkehr trat. Schon Johannes Gistel in seinem „Lexikon der entomologischen Welt“ (Stuttgart 1846, Schweizerbart, 8°.), das im Grunde doch nur ein besseres Adreßbuch ist, schreibt S. 66: „Ferdinand Joseph Schmidt, Kaufmann in Laybach, bekannter Entomolog, Conchyliolog und Schriftsteller (Faunus, Acta Acad. und Cur. Bonnae). Große vaterländische Sammlungen“, und S. 127, wo er über das Laibacher Museum berichtet, fügt er bei: „Was es hat, verdankt es der Großmuth seines Schmidt“. Wie schon Gistel bemerkt, ist S. auch Fachschriftsteller [235] und hier, ich betone es ausdrücklich, wird meine Mittheilung am lückenhaftesten sein. Obwohl S. schon in den Vierziger-Jahren Mehreres, was seine Funde und Beobachtungen betrifft, unter anderen ein der studirenden Jugend Krains gewidmetes Verzeichniß der Land- und Süßwasser-Conchylien Krains, veröffentlicht hat, mir sind erst einige seiner späteren Arbeiten bekannt geworden, so in der Laibacher Zeitung 1852, Nr. 146, wo er eine gedrängte Uebersicht der in den Grotten Krains von ihm seit 1832 vorgefundenen Thiere mittheilt; – in der Stettiner entomologischen Zeitung 1852, Nr. 11, die Beschreibung zweier neuen Arten von Leptoderus nämlich angustatus und sericaeus, dann Mehreres in den von Wilhelm Haidinger herausgegebenen „Berichten über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien“, so im 7. Bande, S. 52 u. f.: die Diagnose der Siphonura Schmidtii Nees. v. Es; – die Beschreibung der Ephippigera ornata, welche von Kollar als eine neue, bisher noch unbeschriebene Art bestätigt wird; – die Beschreibung des Phalagium caneroides Schm., und des Drassus quinqueguttatus Schm., ersterer in der Knochenhöhle Ziavka, letzterer in einem Eichenwäldchen bei Oberfeld nächst Wippach in Krain gefunden; – im 6. Bande, S. 178, und im 7. Bande, S. 69: die Beschreibungen mehrerer Schnecken, als der helix leucozona Ziegl., der helix circinata, und einer Clausilie. Die genannten Haidinger’schen Berichte enthalten auch in den bereits erwähnten Jahrgängen 1850, S. 111 u. 119. und 1851, S. 59, Mittheilungen über Vorträge, welche Schmidt in den Versammlungen der Wissenschaftsfreunde zu Laibach, und zwar über Gallenauswüchse, Knoppern, Galläpfel auf Eichenblättern, Zweigen und Rinden, über Cynnips quereus folii L., und anderes, gehalten hat. Ein fleißiger Mitarbeiter war S. auch an den Abhandlungen des Wiener zoologisch-botanischen Vereins, in welchen er außer Beschreibungen einzelner Insecten noch mittheilte: „Entomologische und conchyliologische Notizen aus Krain“ (Bd. IV, Sitzungsb. S. 102); – „Ueber Höhlenthiere aus Krain“ (Bd. V, Sitzungsb. S. 6 bis, u. Abhandl. S. 1 u. 504); – „Notizen über Schmetterlinge“ (Bd. IV, S. 111); – „Insecten der Karsthöhlen“ (Bd. III, S. 156; Bd. IV, S. 5 bis, und Abh. S. 23). Gewiß hat S. noch mehr veröffentlicht, aber leider sind mir die anderen Arbeiten des um die Entomologie, namentlich um die seines engeren Vaterlandes Krain, so verdienten Forschers nicht bekannt. Schmidt’s Hauptverdienst als Naturforscher besteht sonach darin, daß er die Aufmerksamkeit auswärtiger Entomologen vornehmlich auf die Grottenfauna Krains gelenkt, über die er mit Entdeckungen und Beobachtungen hervortrat, welche geradezu Aufsehen erregten, wodurch er den nächsten Anlaß gab zu weiteren physiologischen und thiergeographischen Untersuchungen über die eigenthümlich organisirten Grottenbewohner aus der Classe der Insecten. Als Conchyliolog wieder machte er die wissenschaftliche Welt mit einer großen Anzahl von in Krain vorkommenden neuen Formen der Land- und Süßwasser-Conchylien bekannt, unter denen sich ebenfalls eine fast ausschließlich auf die Grotten als Wohnort angewiesene winzige Schneckenart, Namens Carychium, von welcher er auch mehrere Arten beschrieb, befindet. Die naturwissenschaftlichen Kreise ließen Schmidt’s ernstes und von nicht [236] unwichtigen Eroberungen auf seinem Gebiete begleitetes Streben nicht ungewürdigt, und vom Jahre 1824 an, in welchem ihn die Frauendorfer Gartenbau-Gesellschaft zu ihrem Mitgliede ernannte, haben ihn nahezu dreißig andere naturwissenschaftliche Vereine des In- und Auslandes als Ehren- oder correspondirendes Mitglied in ihren Kreis aufgenommen, darunter die russische Gesellschaft der Naturforscher in Moskau, der entomologische Verein in Stettin, die naturforschende Gesellschaft zu Görlitz, die Senkenberg’sche naturforschende Gesellschaft zu Frankfurt a. M., die Wetterau’sche Gesellschaft zu Hanau, die naturforschenden Gesellschaften zu Pesth, Nürnberg, Altenburg, Bamberg, Solothurn, Hermannstadt, Halle u. s. w. Roßmäßler widmete ihm das 5. und 6. Heft des III. Bandes seiner Iconographie der Land- und Süßwasser-Conchylien, und die Wissenschaft, einem leider oft mißbrauchten Usus folgend, belegte mehrere seiner Entdeckungen mit seinem Namen, so heißt eine bisher nur im Grottengewässer aufgefundene kleine Krebsenart: Troglocharis Schmidti, ferner folgende seltene Grottenkäfer: Leptodirus Schmidti, Oriotus Schmidti, Sphodrus Schmidti, Phytocoris Schmidti, Phrygansa Schmidti, Lycosa Schmidti, Sesia Schmidti, und unter krainischen Mollusken: Helix Schmidti, Papa Schmidti, Paludinella Schmidti, Ancylus Schmidti u. s. w. Neben dieser ehrenwerthen und in ihrer Weise ganz ersprießlichen Thätigkeit auf naturwissenschaftlichem Gebiete entfaltete S. eine nicht minder erfolgreiche und in’s praktische Leben eingreifende als Mitglied der Gemeinde, der er angehörte und für deren Hebung und Förderung er in mannigfacher Weise thätig war. Als Pomolog vertheilte er unentgeltlich Tausende von Pfropfreisern zur Hebung der Obstzucht unter das Landvolk, vornehmlich aber führte er liebevoll die krainische Jugend in das Studium der Naturgeschichte ein, und Mancher, der sich in der Folge den naturwissenschaftlichen Disciplinen, als seinem Lebensberufe, zuwandte, hatte die erste Anregung hiezu dem „Dorfschmid“, wie man ihn, weil er im Dorfe Schischka bei Laibach wohnte, nannte, zu verdanken. Im Jahre 1836 wurde S. Mitglied des Sparcasse-Vereins in Laibach, zwei Jahre später war er in die Direction und wieder zwei Jahre später in das Curatorium desselben gewählt. Im Jahre 1839 fungirte er als delegirtes Mitglied des innerösterreichischen Industrie- und Gewerbevereins bei der Vereins-Delegation in Krain, und entfaltete als solches eine so ersprießliche Thätigkeit, daß ihm die k. k. Hofkammer in Wien mit Decret vom 20. October 1839 für sein Wirken zur Hebung des Handels und der Industrie ihre vollste Anerkennung aussprach. Der Laibacher Handelsstand wählte S. zu seinem Repräsentanten und im Jahre 1834 trat er als Mitglied in die krainische Provinzial- und Handels-Commission ein. In dieser Eigenschaft ließ er sich die Einführung eines tüchtigen kaufmännischen Unterrichts besonders angelegen sein. Durch das Zusammenwirken angesehener Kaufleute gelang es ihm, schon am 19. October 1834 eine Handelslehranstalt in Laibach in’s Leben zu rufen, welche zwar als Privatanstalt fortgeführt, bis zur Stunde sich eines ausgezeichneten Rufes erfreut und aus welcher viele einheimische und auswärtige Zöglinge als tüchtige Männer im Mercantilfache hervorgingen. Ueber seine Anregung fanden sich auch die Laibacher Handelsgehilfen bereit, nach dem Muster des Wiener [237] Handels-Kranken-Institutes im Jahre 1836 eine gleiche Anstalt in Laibach in’s Leben zu rufen; dieses im Jahre 1838 feierlich eröffnete Institut, zu dem Schmidt als Vereinsdirector gewählt worden war, besitzt zur Stunde ein Vermögen von 30.000 fl., nachdem es im Laufe der Jahre einen gleich hohen Betrag an Krankenkosten und Aushilfen seinen Mitgliedern verabfolgt hat. Damit sind lange noch nicht sämmtliche Momente der Wirksamkeit Schmidt’s erschöpft, aber doch die wichtigeren angegeben. Leichtbegreiflich wird es nun, daß, als Schmidt am 19. October 1869 seine goldene Hochzeit als 79jähriger Greis feierte, die wissenschaftlichen und humanitären Vereine, sowie die Corporationen, denen S. angehört, wetteiferten, dem Jubilar ihre Glückwünsche darzubringen, und an diesem Tage schmückte ihn seine eigene Gattin mit dem ihm für seine Verdienste und Leistungen im Gebiete des Handels, der Industrie, der Landwirthschaft und Humanität von Sr. Majestät verliehenen goldenen Verdienstkreuze mit der Krone. In den letzten Jahren soll. S. von mehreren harten Schicksalsschlägen getroffen worden sein, er überwand sie und lebt, ein 84jähriger Greis, in Laibach, beschäftigt mit den reichen Schätzen seiner naturhistorischen Sammlungen, deren voller Genuß ihm freilich durch sein geschwächtes Sehvermögen beeinträchtigt wird.

(Frauenfeld) Bericht über die österreichische Literatur der Zoologie, Botanik und Paläontologie aus den Jahren 1850, 1851, 1852,1853. Herausgegeben von dem zoologisch-botanischen Vereine in Wien (Wien 1855, Braumüller, 8°.) S. 21, 29, 35, 49, 55, 60. – Marschall (A. Fr. Graf), Personen-, Orts- und Sach-Register der fünf ersten Jahrgange (1851–1855) der Sitzungsberichte und Abhandlungen des Wiener zoologisch-botanischen Vereins (Wien 1857, Braumüller, 8°.) S. 12. – Eigene handschriftliche Vormerkungen. – Mittheilungen des Herrn Franz Ritter v. Deschmann aus Laibach.