BLKÖ:Seyler, Joseph Anton

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Seyler, Karl
Band: 34 (1877), ab Seite: 191. (Quelle)
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Seyler, Joseph Anton (Compositeur, geb. zu Lauterbach in Böhmen im Jahre 1778, gest. 25. September 1854). Da er frühzeitig großes musikalisches Talent verrieth, gab ihm sein eigener Onkel, der Rector Joseph Seyler in Schönfeld, Unterricht zunächst im Gesange, dann im Violin- und Clavierspiel, zuletzt im Generalbasse und in der Composition. Nachdem er zu gleicher Zeit die Schulen beendet, machte er den pädagogischen Curs und bereitete sich für das Lehramt vor. Er übernahm nun auch ein solches, nachdem er im Jahre 1797 nach überstandener Prüfung ein ausgezeichnetes Zeugniß für eine Stadtschule erhalten hatte. So kam er denn im Jahre 1798 nach Buchau, einem kleinen, unweit Karlsbad gelegenen Städtchen, als zweiter Lehrer und Organist. Daselbst befand sich S. in ganz angenehmen Verhältnissen. „In dieser kleinen, lieben Stadt“, so heißt es in seinen eigenhändigen Aufzeichnungen, „verlebte ich meine schönsten Tage“. Da erhielt er nach einigen Monaten von Baron Trautenberg, der in Wildstein, unweit der ehemaligen Grenzfestung Eger, lebte, den Antrag, ob er nicht zu seinem Bruder, der in Piemont als Oberstlieutenant ein Bataillon commandirte, als Capellmeister unter guten Bedingungen zu gehen bereit wäre. Der Antrag war verlockend, aber da die Gemeinde und der damalige Pfarrei den braven Lehrer zu behalten wünschten, überredeten sie ihn, unter Versprechungen für seine Zukunft zu sorgen, zu bleiben. Nach einiger Zeit aber kamen wiederholt Briefe von dem Oberstlieutenant selbst, der damals zu Polanza am Lago maggiore stationirt war. Die Briefe klangen vertrauenerweckend und ließen in dem Schreiber derselben einen wackeren Kriegsmann erkennen. Seyler entschied sich nun rasch, nahm an, und schon zwei Wochen später befand er sich auf dem Wege nach seinem neuen Bestimmungsorte. Daselbst erging es ihm, die militärischen Strapazen abgerechnet, ganz gut. Zu Anfang des Jahres 1805 kam für das Bataillon Befehl zum Ausmarsche. Anfangs sollte ein Lager an der Drau bezogen werden. Dann kam S. nach Pesth, später nach Ofen, wo er einige Zeit verweilte und als Capellmeister sich verehelichte. Nun kam Befehl zum Rückmarsche nach Italien. Für S., der seine Frau, seine Mutter und eine Schwester, und überdieß ein wenige Wochen altes Kind bei sich hatte, war dieser Umzug höchst beschwerlich, und er bat um seine Entlassung. Aber das Officierscorps wollte den geschickten Capellmeister, der sich überdieß die besondere Gunst des Sohnes seines Chefs, der als Oberlieutenant im Regimente diente, und sehr musikalisch war, erworben hatte, nicht ziehen lassen; [192] es machte sich anheischig: S.’s Frau sammt dem Kinde auf seine, des Officiercorps Kosten nach Hause zu bringen, und zu diesem Zwecke, wie zu deren Unterhalt einige hundert Gulden beizusteuern. S. ging jedoch darauf nicht ein, und eben durch Vermittlung seines Gönners, des oberwähnten Oberlieutenants, erhielt er endlich seine Entlassung mit einem sehr ehrenvollen Zeugnisse, und indem er vorher noch einen tüchtigen Nachfolger besorgt hatte. S. hatte mittlerweile die Stelle eines Chordirectors in Ofen, womit zugleich eine Professur der Musik verbunden war, angenommen, und wirkte auf diesem Posten in höchst ersprießlicher Weise volle zwölf Jahre, als ihm 1808 der Antrag wurde, die Stelle des Regenschori an der Metropolitankirche in Gran zu übernehmen. Die Bedingungen waren genug günstig, um S. zur Annahme des Postens zu bestimmen, und indem ihm der Ofener Magistrat das Bedauern über sein Ausscheiden aus dem so gut verwalteten Dienste aussprach, bevollmächtigte er ihn, „einen Nachfolger, der ihm keine Schande macht, selbst zu wählen“. Nachdem dieß geschehen, übersiedelte S. nach Gran und wirkte dort bis zum Jahre 1841, in welchem sein Sohn als Nachfolger berufen wurde. Noch 13 Jahre genoß der alte S. die Ruhe, dann starb er, 76 Jahre alt. Seyler hat ebenso als Militär-Capellmeister, wie später als Chordirector in Ofen und Regenschori in Gran auf das verdienstlichste gewirkt, und sich zuvörderst in Ofen um die Förderung der Kirchenmusik verdient gemacht. Als Compositeur war er ebenso beim Militär wie später im Kirchendienst sehr fleißig gewesen; aber der größte Theil seiner früheren Arbeiten, weil er darauf nicht Acht hatte, ist verloren gegangen. Später, als er in Gran bedienstet gewesen, hat sich Mehreres von seinen Compositionen bis auf den heutigen Tag erhalten. Im Stich sind nur eine Messe, dann ein Requiem und einige Lieder erschienen. Die im Stich erschienene Messe ist die „Installationsmesse“ für den Primas Rudnay (Wien, Diabelli) und das Requiem hat Falter in München gedruckt. Im Ganzen schrieb er acht Messen, darunter auch die Installationsmesse für den Fürst Primas Kopacsy; ein paar dieser Messen bringt noch immer sein Sohn, als Nachfolger in seinem Amte, von Zeit zu Zeit zur Aufführung; ebenso eines von den zwei Misereren, welche S. componirt und die von ergreifender Wirkung sind. Ueberdieß mag die Summe seiner übrigen kirchlichen Compositionen, als: Offertorien, Hymnen, Gradualen u. s. w., wohl über Hundert betragen. Weil er aber, wenn man ihn um seine Arbeiten bat, dieselben gern herlieh, so ist, da das meiste nicht mehr zurückgestellt worden, Vieles verloren gegangen. Sein Sohn Karl, der ihm im Amte folgte, hat sich als Componist einen sehr geachteten Namen erworben (siehe die folgende Biographie).

Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorff (Dresden, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 569.