BLKÖ:Siebeck, Rudolph
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 34 (1877), ab Seite: 223. (Quelle) | |||
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Oken und Schelling seine Lehrer waren. Dabei unterließ er es auch nicht, bei seinem angeborenen Hange zur Kunst, die reichen Kunstsammlungen München’s zu besuchen und an den edelsten und vollendetsten Formen berühmter Meisterwerke seinen eigenen Geschmack zu läutern und sich aus ihrer Betrachtung die Kunstgesetze für sein eigenes Schaffen abzuleiten. Ein Lieblingsstudium S.’s jener Tage war auch pharmaceutische Botanik. Den Lehrjahren folgten nun [224] auf den Wunsch des Vaters die Wanderjahre, und ein Jahrzehend hindurch bereiste S. zu Fuß alle jene Länder und Städte, wo in der Horticultur Ausgezeichnetes geleistet wurde, so einen reichen Schatz von Anschauungen und Erfahrungen, die später ihre Anwendung finden sollten, sammelnd. Den ersten Posten zur praktischen Ausübung seiner Kenntnisse trat S. in Russisch-Polen an und zwar als Hofgärtner der kaiserlichen Garten im Lustschloß Lazienki (nicht wie es in einer Lebensskizze Siebeck’s heißt: Lazivoka) bei Warschau, aus welcher Stellung ihn Fürst Paskiewitsch, der damalige General-Gouverneur in Russ.-Polen nach dreijähriger ersprießlicher Thätigkeit nur ungern scheiden sah. Sein nächstes Augenmerk richtete nun S. nach Wien, wo durch Anregungen des berühmten Reisenden Karl Alexander Freiherr von Hügel [Bd. IX, S. 402], welcher in seine österreichische Heimat manche neue und herrliche Pflanze aus Thibet und vom Himalaya gebracht hatte, in Wien der Stifter der österreichischen Gartenbaugesellschaft und durch die jährlichen Blumenausstellungen (bis 1848) in seiner Villa an der Straße von Hietzing nach St. Veit ein großer Förderer der Blumenzucht wurde, die Horticultur einen raschen und vielversprechenden Aufschwung genommen hatte. Bei Baron Hügel fand Siebeck sofort Aufnahme und vollendete daselbst für den Freiherrn mehrere Pläne und Entwürfe. Als bald darauf zu gleicher Zeit zwei Anträge an S. ergingen, der eine von Seite des Fürsten Liechtenstein, der S. eine Anstellung in seinen berühmten Parkanlagen zu Eisgrub in Mähren bot, der andere von seiner Vaterstadt Leipzig, die ihm die Stelle des dortigen Stadtgärtners und mit derselben die Leitung der öffentlichen Gärten und Promenaden übertrug, entschloß sich S. für letztere und begab sich 1846 nach Leipzig, wo er nun durch zwölf Jahre, bis 1857, in seiner Stelle als Stadtgärtner und als gediegener Schriftsteller in seinem Fache wirkte. Nun gab S. seine Stelle in Leipzig auf und begab sich wieder nach Oesterreich, wo er zunächst dem Rufe des kunstsinnigen Baron Sina folgte und für dessen Herrschaft Wellehrad in Mähren Verschönerungspläne zu entwerfen übernahm. Nachdem er mit dieser Arbeit fertig geworden, begab er sich nach Brünn, um daselbst sich bleibend niederzulassen und sich nunmehr ausschließlich der Schriftstellerei im Gebiete der Blumenzucht und Gartenkunst zu widmen. Aber als bald darnach eine Berufung der Großcommune der Reichshauptstadt Wien an S. erging, daselbst die Stadtgarten-Directorstelle zu übernehmen, nahm er dieselbe an und bekleidet zur Stunde noch diesen Posten. Seine Wirksamkeit auf demselben bleibt mit der Gestaltung Wien’s in untrennbarem Zusammenhange. Wenn Wien seine Hülle gesprengt und architektonisch in einer Herrlichkeit ohne Gleichen sich entfaltet hat, den grünen Maienkranz von Blättern und Blüthen um Haupt und Lenden hat ihr Siebeck geschlungen. Eine der schönsten, von jedem Fremden, so nach Wien kommt, aufgesuchten, vielbewunderten Schöpfungen S.’s ist der Stadtpark, dessen verhältnißmäßig kleinen Flächenraum er durch künstlerische Gestaltung des Terrains für den Blick des Beschauers zu vergrößern und durch überraschende Formen und Blüthenreichthum ungemein anziehend zu machen verstanden hat. Weiter hat er den Rathhauspark angelegt und anläßlich seiner – einzig entsprechenden – Ausführung im englischen Style manchen Kampf zu bestehen gehabt, [225] da eine nicht kleine Partei im Gemeinderathe für den steifen französischen Styl schwärmte, welcher zudem auch zur architektonischen Ausführung dieses Monumentalbaues übel genug gepaßt hätte. Seine nächste Beschäftigung waren die Entwürfe für die Anlagen um die Votivkirche, bei denen auch die Unregelmäßigkeit des zur Verfügung stehenden Raumes die Arbeit nicht unbeträchtlich erschwerte. Neben diesen größeren Schöpfungen S.’s sind noch die Pläne zur Umgestaltung des Gartens von Mirabell in Salzburg, ferner jene zur Umänderung und Vergrößerung des Stadtwäldchens, des Elisabethplatzes und Krönungshügels in Pesth, des Stadtparkes in Agram, in Budweis und in Czernowitz namhaft zu machen. Wie bereits oben bemerkt worden, ist S. seit Jahren, für seine Kunst auch schriftstellerisch thätig und die Titel seiner bisher erschienenen Schriften sind in chronologischer Folge: „Die bildende Gartenkunst in ihren modernen Formen“, auf 20 colorirten Tafeln mit ausführlicher Erklärung und nöthigen Beispielen, übereinstimmend mit der vorausgehenden faßlichen Theorie der bildenden Gartenkunst, 10 Lieferungen (Leipzig 1853, Fr. Voigt, gr. Qu.-Fol.), Zweite Ausgabe (ebd. 1856, gr. Qu.-Fol., 20 lith. und col. Tafeln und 76 Seiten Erklärung; die erste Ausgabe 20 Rthl., die zweite 15 Rthl.); – „Das Dekameron oder zehn Darstellungen vorzüglicher Formen und Charakterverbindungen aus dem Gebiete der Landschaftsgartenkunst, mit ausführlichen Erklärungen“, 10 Lieferungen (Leipzig 1856, Arnold, Imp.-Fol., 40 lith. und col. Tafeln und etwa 14–15 Bogen Text in 8°.; 27 Rthl. 20 Ngr.); dieses Werk fand besonders in England, wo die Landschaftsgartenkunst auf hoher Stufe steht, großen Anklang; – „Ideen zu kleinen Gartenanlagen auf 24 (lith. und col.) Plänen (in Fol.). Mit ausführlichen Erklärungen und einer praktischen Anleitung über die Verwendung der Blumen zur Ausschmückung der Gärten, mit Angabe der Höhe, Farbe, Form, Blüthezeit und Cultur derselben“ (Leipzig 1857 und 1858, Voigt, gr. 8°.), diese Ideen wurden von M. J. Rothschild, Mitglied der geologischen Gesellschaft in Frankreich, in’s Französische übersetzt und von Charles Naudin mit einer Einleitung versehen; – „Die Elemente der Landschaftsgartenkunst, in einem Plane dargestellt und durch die bestimmenden Motive erläutert“ (1860); – „Die harmonische Gestaltung disharmonischer Verhältnisse in der bildenden Gartenkunst. Mit 20 Tafeln und Erklärung“ (1862). In allen diesen hier angeführten Werken geht S. von wissenschaftlichen und künstlerischen Principien aus, die er sich bei seinen naturwissenschaftlichen, philosophischen und Kunststudien selbst gebildet hatte. Als S. im Jahre 1865 zwei seiner Werke Sr. Majestät dem Kaiser, überreichte, wurde er dafür mit der großen Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. Außerdem erhielt er schon im Jahre 1858 in Würdigung seiner schriftstellerischen Arbeiten von der philosophischen Facultät der Leipziger Hochschule das Diplom eines Doctors der Philosophie und Magisters der schönen Künste mit dem Beisatze: Artis topiariae cultor et auctor clarus. Am 13. April 1876 feierte S. zugleich mit seinem 64. Geburtstage das fünfzigjährige Jubiläum seines Dienstes. Dr. Siebeck ist nicht ein Gärtner, wie man sie in Privat- und Herrschaftsgärten von der Sorte, deren fünf auf ein Loth gehen, oft genug findet. Er treibt seine Kunst, wenngleich theoretisch vielseitig und gründlich ausgebildet, als vollendeter Praktiker. Bei den Anlagen seiner Gärten [226] sieht man, wie er dieselben kunstgerecht den Bauwerken anpaßt, denen sie als Umgebung dienen sollen. Bei der Anordnung der Gruppen, dem Aufbau der Laubmassen und der Berechnung der Perspective beurkundet S. immer einen künstlerischen Blick. Die harmonische Verbindung der verschiedenen Baum- und Strauch-Charaktere, des starren Nadelholzes mit dem weichen Laubholz, die dem Auge so wohlthuende Mischung der Farben der Blatt- und Blüthenmassen, die sanft vermittelnden Uebergänge von Strauchwerk zum Blumenschmuck und anderseits wieder der anregende Contrast in Formen und Farben, das Alles, wie es S. wissenschaftlich in seinen Werken erörtert, hat er im Wiener Stadtpark in Anwendung gebracht und damit eine Anlage geschaffen, die mit Recht zu Wien’s Sehenswürdigkeiten gehört.
Siebeck, Rudolph (Director der Wiener Stadtgärten, geb. zu Leipzig 13. April 1812). Sein Vater war Director eines Erziehungsinstitutes in Leipzig. Nachdem der Sohn im Elternhause und in den Schulen Leipzig’s den ersten Unterricht erhielt, kam er am 13. April 1826, damals 14 Jahre alt, nach Altenburg, wo er in den herzoglichen Gärten das Studium der Horticultur begann, dabei aber auch seine übrigen Studien, namentlich das des Griechischen und Lateinischen, eifrig betrieb. Nach dreijährigem Aufenthalte in Altenburg kehrte er in seine Vaterstadt Leipzig zurück, begann dort die Universitätsstudien, zu deren Fortsetzung er sich denn auch nach München begab, wo Martius, Zuccarini,- Illustrirtes Wiener Extrablatt (Wien, kl. Fol.) V. Jahrg. (1876), Nr. 102. [Daselbst auch sein Bildniß in Holzschnitt.] – Deutsche Zeitung (Wiener polit. Blatt) vom 13. April 1876, im Feuilleton: „Garten-Director Dr. Siebeck“.