BLKÖ:Steinhäuser, Karl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 38 (1879), ab Seite: 94. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Carl Steinhäuser in der Wikipedia
Carl Steinhäuser in Wikidata
GND-Eintrag: 11880524X, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Steinhäuser, Karl|38|94|}}

3. Das unten genannte „Innsbrucker Tageblatt“ gedenkt eines deutschen Künstlers, den es bald Steinhauser, bald Steinhäuser nennt und dessen richtiger Name Karl Steinhäuser ist. Derselbe steht zu Oesterreich durch Auffindung des berühmten Laaser Marmors in Tirol, der zunächst die Künstler Oesterreichs von den Marmorbrüchen Carraras unabhängig macht, in inniger Beziehung. Bekanntlich beherrschte bis jetzt der Marmor von Carrara so gut wie ausschließlich den Weltmarkt. 8000 Menschen und mehr gehen in Carrara täglich in die Berge, Marmor zu brechen; die ganze Einwohnerschaft lebt von der Bearbeitung desselben. Schon seit der Römerzeit in Betrieb, lieferten diese Brüche jedoch damals nur ordinären Marmor; daß Statuen aus Carrara-Marmor von den Alten gefertigt wurden, läßt sich wohl kaum mit Sicherheit nachweisen. Jetzt, wie gesagt, ist es anders: man kennt fast nur Marmor von Carrara! In großen Massen wird derselbe namentlich auch über Deutschland verbreitet und die in Berlin verarbeiteten Steine kehren über Prag nach Wien und bis nach Innsbruck zurück; in Wien werden alle Sculpturen der öffentlichen Gebäude aus Carrara-Marmor angefertigt, ja in Carrara selbst sind, da man einen anderen Marmor vortrefflicherer Gattung bisher nicht kannte, große Arbeiten für Rechnung der österreichischen Regierung ausgeführt worden. Und doch besaß und besitzt die Monarchie in Tirol die schönsten Marmore, die überhaupt vorkommen, die dem carrarischen Marmor sich an die Seite stellen können: es sind dies die Brüche von Laas, Bezirk Schlanders, in Vintschgau. Während der weiße Statuar-Marmor von Carrara, der aber in den ordinären, blos für Architektur geeigneten Brüchen sich nur wie in Adern vorfindet und selten ganz rein ist, seine schöne, frische Bruchfarbe sehr bald verliert, in der Luft und im Freien schon nach wenigen Jahren stumpf und trocken wird, gewissermaßen verwelkt – daher die Berge von Carrara schwarz wie Kohle aussehen – behält der Marmor von Laas seine leuchtende Farbe, steht wegen seiner Härte und großen Krystallisation vortrefflich im Freien. Die Farbe der Bergwand selbst zeigt, das er nie schwarz wird. Das Maßwerk am Thurm von Schlanders zeigt die Jahreszahl 1480. Der Chor der Kirche von Laas trägt Sculpturen, die viele Jahrhunderte älter sind; beide haben die goldgelbe Patina des Parthenon. Die edelste Sorte ist von großem Korn, im Ganzen leicht zu bearbeiten und gewinnt mit der Zeit an Schönheit. Während der Marmor von Carrara eine minutiöse, [95] kleinliche Vollendung verlangt, die leicht zu Kunststücken verführt, erscheint im Laaser Marmor die Arbeit gesättigt, breit, wie bisher nur in der Antike. Die Geschichte dieses Materials nun ist folgende. Im Jahre 1830 kamen durch Bernhard Schweizer zwei Blöcke des schönen Laaser Marmors nach München, wo sie allgemeines Aufsehen erregten. Die Statuen des Rheins für die Walhalla und des Kaisers Hadrian für die Glyptothek sind daraus gefertigt. Bedeutende Aufträge für die Bauten König Ludwigs folgten, allein Umstände verhinderten Schweizer, einen längeren Aufenthalt in Laas zu nehmen. Er verließ den Ort und betrieb in der Folge nur den Bruch von Schlanders, der den bisher in München bekannten, weit geringeren Tiroler Marmor geliefert hat. Auf seiner ersten Reise nach Italien im Jahre 1833 hatte nun der Bildhauer Karl Steinhäuser aus Bremen in München zuerst den Laaser Marmor gesehen und war dadurch in hohem Grade überrascht worden, allein vergebens forschte er weiter nach. Er erfuhr nur, daß es Tiroler Marmor, aber auch – daß von demselben keine Stücke weiter zu bekommen seien. Er verlor die Sache wohl nicht aus den Augen, allein er konnte sich doch keine weiteren Nachrichten darüber verschaffen. Im Jahre 1863 fand er sich indeß durch große Aufträge des Großherzogs von Baden veranlaßt, sich angelegentlich um den Tiroler Marmor zu bekümmern, und setzte sich mit dem obgedachten Schweizer, der damals im Begriffe stand, die Ausdeutung der Marmorbrüche aufzugeben, in Verbindung. Im Jahre 1864 besuchte Steinhäuser selbst Schlanders und untersuchte die dortigen Brüche, ohne jedoch sich ganz befriedigt zu finden, bis er kurz vor seiner Abreise durch Zufall den Laaser Marmor kennen lernte. Diese Entdeckung veranlaßte ihn, durch seinen Sohn Johannes Steinhäuser im Vereine mit Peter Lentz den Bruch von Laas in Angriff zu nehmen, dessen Marmor trotz seiner besseren Qualität fortan in Deutschland wohlfeiler geliefert werden kann als der carrarische Statuar-Marmor. Eine Marmor-Schneidemühle ward im Frühling 1868 in Thätigkeit gesetzt, um auch Platten in größerem Maße liefern zu können. Merkwürdiger Weise machte der auch als Künstler sehr geschätzte Bildhauer Steinhäuser diese Entdeckung des Laaser Marmors erst im Jahre 1865, nachdem bereits im Jahre 1845 Joh. Jac. Staffler in seinem so trefflichen Werke „Das deutsche Tirol und Vorarlberg topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen“ (Innsbruck 1845, Fel. Rauch, 8°.) Bd. II, S. 584 über den Laaser Marmor wörtlich schreibt: „Im Laaserthale bricht man den schönen weißen Marmor, der schon viele Kirchen des Landes geziert hat. Die größten Partien davon gingen nach München auf Bestellung des kunstliebenden Königs von Bayern. Wenngleich der Laaserthaler Marmor jenem von Predazzo (der zweite Hauptort des Fleimser Thales in Südtirol) in Ansehung der Reinheit und Lieblichkeit der Farbe entschieden weichen muß, so gebührt ihm und jenem aus dem Göflaner- oder Nördersberg ebenso ungezweifelt der Vorzug vor dem Marmor, welchen die Gegend von Morter liefert. Er ist feiner im Korn und bildsamer unter dem Meißel, als der Marmor von Morter, und in Stücken von beliebiger, auch kolossaler Größe. Doch kann er in diesem rauhen Eisthale nur mit der größten Mühe gebrochen und nicht ohne Gefahr ausgebracht werden.“ So besaß denn Oesterreich einen Marmor, der jenen von Carrara übertrifft und dessen Kenntniß durch ein tüchtiges Werk schon seit 1845, durch Kunstarbeiten im Lande aber schon seit Jahrhunderten verbreitet ist, und holte sich doch den minder vorzüglichen mit großen Unkosten und Umständen aus der fernen Fremde!! [Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1868, Nr. 1324. – Oesterreichische Gartenlaube. Herausgegeben von Heinrich Hügel (Gratz, 4°.) 1869. – Innsbrucker Tageblatt 1868, Nr. 108: „Tiroler Marmor“.] –