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BLKÖ:Taglioni, Salvator

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 43 (1881), ab Seite: 25. (Quelle)
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5. Philipps jüngerer Bruder Salvator (geb. 1790, gest. 1868) blieb mit seinem Vater Karl in Neapel. 22 Jahre lang war er die Wonne der Neapolitaner, welche er mit seiner Grazie im Tanze entzückte, dann trat er auch in Venedig, Mailand, Wien und Turin, und zwar überall mit glänzenden Erfolgen auf. Er hatte einen der merkwürdigsten, ja wunderbarsten Zwischenfälle des menschlichen Lebens zu bestehen. Es war bei Ausbruch der Revolution am 15. Mai 1848 zu Neapel. Eben trat eine Pause im Straßenkampfe ein, und Taglioni wollte, diese benützend, die Sommerläden seiner Wohnung schließen, als ihn der Schuß eines Schweizer Soldaten nahe am Elbogen traf. Dieser Schuß war das Signal zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten. Die Schweizer glaubten, das Schließen der Fensterläden durch Taglioni sei in feindseliger Absicht unternommen, drangen in das Haus und machten den Balletmeister von San Carlo zum Gefangenen. Gegen seine Vorstellungen blieb die erbitterte Wache taub. Er wurde in das Zeughaus abgeführt und gleich den wirklichen [26] Aufständischen ohne weitere Untersuchung vor das dortige Executionspiket gestellt. Von zwölf Kugeln getroffen, stürzte er zusammen. Als man daran ging, die Leichen der Erschossenen ins Meer zu werfen, erkannte einer der Zeughausarbeiter, der zugleich Figurant am San Carlo-Theater war, den unglücklichen Salvatore und rettete ihn. Ein Wunder hatte das Opfer eines unseligen Mißverständnisses am Leben erhalten. Das durch stundenlanges Erschießen bereits ermüdete Executionspiket hatte schlecht gezielt, und von den zwölf Kugeln, welche den Unschuldigen zu Boden streckten, war keine tödtlich gewesen, zehn waren in die Arme, zwei in das Bein gedrungen, edlere Theile unverletzt geblieben. „Der Wiederauferstandene“, wie Taglioni seitdem genannt wurde, wirkte noch viele Jahre in seinem Fache, zuletzt als Professor der Vervollkommnungsschule und zugleich als Balletmeister des königlichen Theaters. Er stand in hoher Gunst bei seinem Könige. Er hat eine große Menge Ballete – man gibt deren Zahl auf 200 an – componirt; einzelne derselben, wie „Faust“, „Esmeralda“, „Romanow“, errangen einen ungeheuren Erfolg. Hie und da. z. B. in Zellner’s „Blättern für Theater, Musik u. s. w.“, 1868, S. 344, wird er als Bruder der berühmten Tänzerin Marie der Aelteren angeführt; dies beruht auf Irrthum, denn er ist ihr Onkel, der Bruder ihres Vaters Philipp. –