BLKÖ:Thaly, Sigmund
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 44 (1882), ab Seite: 157. (Quelle) | |||
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Kossuth’s, dessen Verwandter und persönlicher Freund er war, wußte man wohl, daß seine Charge nur Nebensache sei. Der Agitator verstand sich mitunter trefflich auf die Wahl seiner Leute. Komorn war zu wichtig, um es nicht vor Verrath zu schützen; in Thaly glaubte er den Mann gefunden zu haben, der ihm daselbst eine wachsame Controle führen könne. Und dies war Thaly’s eigentliche Mission. Mathényi, später Makk [siehe Bd. XVI, S. 209][WS 1] sind seine Opfer. Er stand in stetem Briefwechsel mit der ungarischen Regierung, und seine Berichte sollen eine Masse Denunciationen enthalten haben. So erklärt es sich auch, daß er zum Oberstlieutenant und Fortificationsdirector in Komorn ernannt wurde, obgleich er von militärischer Fortification keine Idee hatte, denn was unter seiner Leitung entstand, sind Früchte der Arbeiten seiner Officiere. Seine wenigen Anhänger konnte man an der rothen Feder, die sie trugen, erkennen. Nach den Aussagen seiner eigenen Waffengefährten war er der böse Geist, der in Komorn sein Wesen trieb, und deßhalb kann er in der Zeitgeschichte, namentlich jener der ungarischen Revolutionsperiode, nicht ganz unerwähnt bleiben. Mit scharfem, durchdringendem Verstande begabt, Intriguant durch und durch, trug er als rother Republikaner und Ultra-Magyar seine Gesinnungen pomphaft zur Schau; unangenehm und unverträglich, wie er war, kehrte er in jedem seiner Schritte den intoleranten, starrköpfigen, mit dem Kopf gegen die Wand rennenden [158] Magyaren heraus. So schildern ihn seine eigenen Landsleute. Vom Soldaten hatte er nichts an sich als die Uniform. Kameradschaft, militärischen point d’honneur, Corpsgeist kannte er nicht. Leute von Thaly’s Schlag waren Kossuth’s Werkzeuge und Protectionskinder, denn den tapferen Soldaten, die sich leider für seine Sache schlugen, traute der Agitator nicht und liebte sie auch nicht, aber sie waren ihm eine dringende Nothwendigkeit. Im September 1849 ging Thaly nach Arad, um sich von dem Falle dieser Festung, dem Stande des ungarischen Revolutionsheeres und der politischen Sachlage zu überzeugen und dem Resultate entsprechend seine weiteren Entschlüsse entweder zur fortgesetzten Vertheidigung Komorns oder zu Unterhandlungen betreffs etwaiger Capitulation zu fassen. Nachdem er sich in Arad von der Capitulation dieser Festung, von der Flucht der ungarischen revolutionären Regierung und von der bereits größtentheils erfolgten Auflösung des ungarischen Waffenheeres überzeugt hatte, wurde er auch dem Feldzeugmeister Baron Haynau vorgestellt, welcher ihm mit kurzen Worten den Rath gab: „er möge in Komorn dahin wirken, daß sich diese Festung ergebe, widrigenfalls die Garnison über die Klinge werde springen müssen“. Trotz der selbstgeschöpften Ueberzeugung von dem traurigen Stande der ungarischen Sache spukte es nichtsdestoweniger in Thaly’s Kopf von einer noch in Siebenbürgen unter Bem und Guyon stehenden Armee, die bereits wieder offensiv operire, auch von einer Intervention Englands faselte er. Und dieser Spuk brachte noch viel Unheil über Komorn. Klapka und alle verständigeren Militärs waren nach den Berichten, welche von verschiedenen Seiten in der Festung einliefen, für die Unterhandlung, Thaly mit einer kleinen Anzahl seiner Anhänger opponirte im Kriegsrathe dagegen. Als er aber Klapka verdächtigte, wurde er auf dessen Befehl arretirt, jedoch nach einigen Tagen wieder aus dem Arreste entlassen. Selbst unmittelbar vor dem Acte der Capitulation versuchte Thaly die Truppen im Lager aufzuwiegeln und ihnen Mißtrauen gegen dieselbe einzuflößen. Es entstand darüber ein Tumult, und Klapka mußte sich selbst in das Lager verfügen, um die Ordnung herzustellen, und es gelang ihm, die aufgeregten Gemüther zu beruhigen. Thaly wurde abermals arretirt, und Klapka wollte ihn noch in den letzten Stunden seines Oberbefehls vor ein Kriegsgericht stellen, und nur die Bitten und Vorstellungen der übrigen Officiere retteten dem Oberstlieutenant das Leben. Dieser theilte zwei Tage später das Schicksal der Komorner Besatzung. Mit Makk und Rózsafy, recte Baron Rusiczky, einem Abenteuerer ersten Ranges, der Cleriker, Makk’s Parteigänger, Redacteur, Journalist, Emissär, Agitator und endlich (1858) Farmer zu Peeksgill in Nordamerika war, entkam er nach Siebenbürgen, wo er verhaftet wurde. Aber bald durch die Flucht sich rettend, entwischte er in die Türkei. Aus dieser begab er sich auf die Insel Jersey und nahm daselbst seinen bleibenden Aufenthalt, bis er im Jahre 1863, infolge einer Amnestie, in die Heimat zurückkehrte, wo er noch gegenwärtig auf der Puszta Szentmihály leben soll. In London gab er das Buch: „The Fortnesse of Komorn in the years 1848/49. By Colonell Sigismund Thaly late Fortifications-Director of Komorn“ (London 1851) heraus, das nichts weniger denn als Quelle über ihn und sein berüchtigtes [159] Regime in den Revolutionsjahren anzusehen ist. Aus seiner Ehe mit Julie Faragó sind zwei Söhne Sigmund und Franz und zwei Töchter Julie und Helene vorhanden.
Thaly, Sigmund (ungarischer Revolutions-Oberstlieutenant und Fortificationsdirector, geb. in Ungarn 1814). Ein Sohn Franz Thaly’s aus dessen Ehe mit Katharina geborenen Laky. Im Vormärz Civilingenieur, griff er im October 1848 zu den Waffen und rückte bald zum Hauptmann in dem vom Komorner Comitate gestellten Freiwilligen-Bataillon auf. In die Festung Komorn kam er gleich während deren erster Belagerung und wurde daselbst in das Ingenieurcorps versetzt. Ein kleiner, unansehnlicher Mann mit blitzenden Augen, spitzer Nase und dünnen Lippen zeigte er sich als Ingenieurhauptmann unbedeutend, aber von diesem fanatischen Anhänger- Szillányi. Komorn im Jahre 1849, mit besonderem Hinblick auf die Operationen der ungarischen Armee an der oberen Donau und Waag. Mit einer (lith.) Uebersichtskarte der Umgebung von Komorn… (Leipzig 1850, Grunow, gr. 8°.) S. 111–113, 198, 199, 228, 229 und 252.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: [siehe Bd. XVI, S. 210].