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BLKÖ:Vlček, Wenzel

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 51 (1885), ab Seite: 113. (Quelle)
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Vlček, Wenzel (čechischer Volksschriftsteller, geb. zu Střechow in Böhmen am 1. September 1839). Bauernsohn. Die Eltern ließen ihn die Schule besuchen; aber ehe er noch das Altstädter Gymnasium in Prag beendete, sah er sich ohne Unterstützung vom Hause auf sich selbst gestellt; nichtsdestoweniger setzte er die Studien mit bestem Erfolge fort. Als dann Vilímek das Witzblatt „Humoristické listy“, d. i. Humoristische Blätter, gründete, arbeitete Vlček an demselben unter allen möglichen Pseudonymen mit und gerieth seiner aggressiven Artikel wegen nicht selten mir der Polizei in Conflict. Dabei liebte er es, alle freie Zeit auf dem Lande zuzubringen, wo er dann das Leben des Landvolkes nach dessen ganzer Eigenthümlichkeit studirte. Und eben darin zeigt er auch seine eigentliche Stärke als Schriftsteller. Aus diesen ländlichen Studien gingen zuerst seine „Geschichten vom Lande“ (Povídky z kraje) hervor, welche im „Poutník z Prahy“, d. i. Der Wanderer von Prag, und seine „Bilder aus unserem Dorfe“ (Obrázky naši vesnice), die in dem von Štulc herausgegebenen „Pozor“, dessen Mitarbeiter er wurde, zum Abdruck gelangten. Im Jahre 1861, als er noch an der Prager Universität Philologie [114] hörte, bewarb er sich mit seinem ersten dramatischen Versuche „Soběslav“ um den Fingerhut’schen Preis, erhielt aber, während dieser dem Drama „Vukašin“ von Halek zufiel, das zweite Accessit. Anfang 1863 erschien von ihm der erste selbständig ausgegebene Roman: „Po půlnoci“, d. i. Nach Mitternacht, 2 Theile (Prag 1863, B. Stýblo, kl. 8°.), welcher in americanischen čechischen Journalen wiederholt nachgedruckt wurde. Als nun Vlček gegen Ende 1863 seine Studien an der Universität abgeschlossen hatte, wendete er sich dem Lehramte zu und übernahm eine Supplentenstelle am Altstädter akademischen Gymnasium, zwei Jahre später aber eine solche am Gymnasium zu Budweis. Daselbst trug er in allen Classen des Obergymnasiums das Čechische vor, hielt aber auch aus freien Stücken Vorträge an der höheren Mädchenschule und vor einem ausgewählten Kreise der Stadtbewohner. An der zu Budweis herausgegebenen Zeitschrift „Budivoj“ betheiligte er sich als fleißiger Mitarbeiter und veröffentlichte in derselben seinen Roman „Lidumil“, d. i. Der Volksfreund; zugleich rief er ein Dilettantentheater ins Leben und dirigirte es selbst. 1866 erhielt sein neues Drama „Eliška Přemyslovna“, d. i. Elisabeth, die Przemyslidin, den zweiten Fingerhut’schen Preis. Als dann um die nämliche Zeit der Buchhändler Kober für eine Erzählung, welche in seinem Kalender „Posel z Prahy“ abgedruckt werden sollte, einen Preis ausschrieb, erwarb Vlček denselben mit seinem „Ondřej Puklice“, und wurde diese Dichtung für das Beste, was die čechische Literatur in dieser Gattung aufzuweisen hatte, erklärt. Im December 1867 legte er sein Lehramt nieder und begab sich nach Prag. Anläßlich seines Abganges dahin ernannte ihn die Budweiser čechische Beseda zu ihrem Ehrenmitgliede. Nun trat Vlček bei der Redaction der „Národné listy“, d. i. Nationalzeitung, ein und besorgte zugleich die Zusammenstellung des politischen Theiles im Journal „Hlas“, d. i. Die Stimme, welches aber in Folge des Ausnahmszustandes bald unterdrückt wurde. Dann kam er als Hauptmitarbeiter zur Zeitung „Obrana“, d. i. Die Gegenwehr, einem Volksblatte, dessen Redaction er später übernahm. Da ihm bei dieser Beschäftigung immer noch Zeit übrig blieb, schrieb er für die „Matice lidu“, d. i. Volksmatice, welche gleich im ersten Jahrgange von ihm eine größere Arbeit brachte: „O národní osvětě“, d. i. Von der Volksaufklärung, worin er die Bildung des Volkes und die Erziehung der Kinder behandelt und zur allseitigen Gründung von Tabors anregte. Auch nach anderen Richtungen wirkte er durch Wort und Schrift für die Entwicklung des nationalen Lebens, so schrieb er über die Förderung und Hebung der nationalen Bühne, über den Patriotismus der Frauen u. s. w., kurz, schlug alle Saiten an, welche dem Čechismus nach und nach und in unmerklicher Weise das Uebergewicht über die deutsche Partei in Böhmen gaben, die freilich in ihrem apathischen Gebaren und gleichgiltigen Zusehen die Macht des Gegners unterschätzte und erst dann erkennen lernte, als es – zu spät war. Nebenbei pflegte er mit Vorliebe die historische Novelle und ließ eine ganze Reihe seiner Erzeugnisse in dieser Dichtungsart in verschiedenen Zeitungen erscheinen, so in den „Květy“, d. i. Blüten: „Jan Švehla“, „Dalibor“, „Čtibor Hlava“; im „Světozor“: „Jan Hvězda z Vecímilic“, „Dominik“ und in der [115] „Matice lidu“: „Jan Pasek z Vrat“, „Paní Lichnická“ und im Jahre 1878: „Veněc vavřínový“, d. i. Der Lorberkranz. Hinsichtlich der Bühne war er nach zwei Seiten thätig: als Theaterreferent, indem er in den „Národné listy“ die Theaterkritik der čechischen Bühne besorgte, und als Poet, indem er Dramen dichtete, so 1868 das Trauerspiel „Milada“, welches, wie sein schon genanntes „Elise, die Přemyslidentochter“ mit Erfolg aufgeführt wurde. 1809 schrieb er die dramatische Satyre: „Rebelice v Kocourkově“, d. i. Der Aufruhr in Krähwinkel, welche bei der Bewerbung um den von der dramatischen Genossenschaft in Prag ausgeschriebenen Preis denselben davontrug. Diese Genossenschaft, welche zahlreiche Mitglieder aus Böhmen und Mähren zählte, berief Vlček zu ihrem Geschäftsleiter. 1871 übernahm derselbe die Redaction der Monatschrift „Osvěta“, d. i. Aufklärung. Im Uebrigen ist er als Schriftsteller sehr thätig, und außer den bereits genannten Werken hat er im Druck herausgegeben: „Přemysl Otokar. Truchlohra v pěti jednáních“, d. i. Přemysl Otokar. Trauerspiel in 5 Acten (Prag 1864, Styblo, 12°.); – „Soběslav. Dramatický obraz z dějin českých v pěti jednáních“, d. i. Sobjeslav. Dramatisches Gemälde aus der čechischen Geschichte in 5 Acten (ebd. 1864, kl. 8°.); – „Šachy. Veselohra ve třech jednáních“, d. i. Die Schachpartie. Lustspiel in 3 Aufzügen (ebd. 1864, kl. 8°.); – „Eliška, Přemyslovna. Truchlohra v 5 jednáních“, d. i. Elisabeth die Přemyslidin. Tragödie in 5 Aufzügen (Budweis 1866, 8°.); – „Jan Pašek z Vratu. Obraz z dějin českých věku šestnáctého“, d. i. Johann Pašek von Vrat. Bild aus dem sechzehnten Jahrhunderte der böhmischen Geschichte (Prag 1867, Matice lidu); – „O národní osvětě hledíc obzvláště k literatuře české“, d. i. Ueber das nationale Bewußtsein, hauptsächlich mit Rücksicht auf die böhmische Literatur (Prag 1868, Matice lidu, 8°.); – „Paní Lichnická. Pověst z počátku, XVI. století“, d. i. Frau Lichnický. Sage aus dem Anfange des sechzehnten Jahrhunderts (Prag 1870, Matice lidu, 8°.); – „Milada. Truchlohra v pěti jednáních“, d. i. Milada. Tragödie in 5 Aufz. (2. Aufl. Prag 1869, Selbstverlag); wurde am 2. Juli 1868 zum ersten Male auf dem böhmischen Theater aufgeführt. Ueberdies finden sich seine Erzählungen zerstreut in den čechischen Blättern: „Boleslavan“, d. i. Der Boleslauer, „Pozor“, d. i. Habt Acht, „Poutník z Prahy“, d. i. Der Wanderer aus Prag, „Horník“, d. i. Der Bergmann, „Hlas“, d. i. Die Stimme, „Budivoj“, d. i. Der Budweiser, „Květy“, d. i. Blüten, „Světozor“, und in anderen. Wie Herr Bornmüller in seinem „Schriftsteller-Lexikon der Gegenwart“ (1882) uns berichtet: „hatte Vlček mit seiner „Osvěta“, der ersten čechischen Revue, sehr viel zur Aufklärung der gesammten čechischen Literatur beigetragen“.

De Gubernatis (Angelo). Dizionario biografico degli scrittori contemporanei ornato di oltre 300 ritratti (Firenze 1879, succesori Le Monnier, schm. 4°.) p. 1052. – Magazin für die Literatur des Auslandes (Leipzig, 4°.) 1879, Nr. 22, S. 344; Nr. 23. S. 357.
Porträt. Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen, im vorgenannten Werke von Gubernatis.