Zum Inhalt springen

BLKÖ:Voříšek, Roman Wenzel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Voříšek
Band: 51 (1885), ab Seite: 293. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Roman Wenzel Voříšek in Wikidata
GND-Eintrag: 1041865031, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Voříšek, Roman Wenzel|51|293|}}

Voříšek, sprich Worzischek, Roman Wenzel (čechischer Schriftsteller, geb. zu Horazdovic im Piseker Kreise Böhmens am 9. August 1821). Sein Name gelangte in der čechischen Literatur dadurch einigermaßen zur Bedeutung, daß sich an denselben der „unumstößliche“ Beweis von der Echtheit der sogenannten Grüneberger Handschrift[WS 1] (Zelenohorský rukopis), eines Seitenstückes zu der von Hanka fabricirten Königinhofer[WS 2], knüpft. Voříšek besuchte das Gymnasium in Budweis, wo er auch nach Abschluß der philosophischen Jahrgänge 1841 Theologie studirte. Am 22. Juli 1845 zum Priester geweiht, kam er als Caplan auf die Pfarre Přimov bei Budweis, auf welcher Johann Marchal amtirte, der durch Uebersetzung einiger Andachtsbücher ins Čechische nicht ganz unbekannt in der böhmisch-theologischen Literatur ist. 1846 wurde er als Schloßcaplan nach Žinkov im Pilsener Kreise berufen und verblieb daselbst bis zum Jahre 1850, in welchem er einen Erzieherposten in Wien übernahm, den er jedoch theils kränklichkeitshalber, theils weil ihm derselbe nicht recht paßte, nach Jahresfrist wieder verließ. Er kehrte auf seine Stelle in Žinkov zurück, wo er bis zum Jahre 1867 wirkte, in welchem er die kleine Pfarre zu Vaclavice und Beneschau im Taborer Kreise erhielt. Mit dem Grüneberger Funde, der in Handschrift das altčechische Gedicht „Libussa’s Gericht“ enthält, hat es folgende Bewandtniß. In den Kellern des Schlosses zu Grüneberg fand 1817 der Rentbeamte Joseph Kovař ein Pergamentmanuscript, bestehend aus vier Blättern. Um sich den Inhalt desselben erklären zu lassen, trug er es zum dortigen Dekan von St. Nepomuk Franz Boubel. Auf der Dechantei ward es den alten Pfarrern und den Caplänen, welche daselbst öfter zusammenkamen, vorgelegt, aber keiner von Allen verstand es zu lesen und zu erklären. Auch Joseph Zeman, Localist auf dem benachbarten Pradlo, der sich öfter bei dem ihm befreundeten Dechanten einfand, sah dort mehrmals das Pergamentmanuscript, betrachtete es auch sorgfältig, ohne jedoch es zu enträthseln. Am 15. April 1818 erließ der oberste Burggraf Franz Anton Graf Kolovrat-Liebsteinský die Kundmachung, zu Folge deren das böhmische Museum ins Leben trat, und der oberwähnte [294] Joseph Kovař schickte nun im October des nämlichen Jahres diese Handschrift, ohne anzugeben, wie, wo und von wem sie gefunden worden sei, nach Prag, wo man sich anfänglich auch nicht damit zurecht fand. Kovař aber verheimlichte seinen Namen, weil er sich ohne Erlaubniß seines Gebieters, des Grafen Hieronymus Colloredo-Mansfeld, in den Besitz des Manuscriptes gesetzt hatte und nun besorgte, wenn die Sache bekannt würde, um seinen Dienst zu kommen. Auf der Dechantei war man wohl von dem Vorgange des Finders in Kenntniß, bewahrte aber aus denselben Gründen das Geheimniß. Die böhmischen Paläographen erklärten, daß das Manuscript nach Inhalt und Schrift in das achte oder neunte Jahrhundert, in die Zeit der Königin Libussa gehöre und demnach eines der ältesten Sprachdenkmäler der čechischen Literatur sei. Es wurde nach seinem Inhalte „Libussa s Gericht“ genannt. Man hatte aber – und wie dies geschah, ist nicht zu erklären – unterlassen, nach dem Fundorte und dem Finder zu forschen. Mittlerweile starben mehrere der erwähnten Pfarrer und Capläne, welche von diesem Funde gewußt, so auch der Dechant Boubel im Jahre 1834, und der Rentbeamte Kovař, der eigentliche Finder, 1848. Gegen Ende 1846, also 28 Jahre nach Absendung des Manuscriptes nach Prag, kam Voříšek als Hofcaplan nach Žinkov und genoß öfter die Gastfreundschaft des obengenannten Zeman, der Boubel’s Nachfolger in der Dechantei geworden. Bei einem der Besuche, welche er dem Dechanten zwischen 1847 und 1852 abstattete, kam unter den anwesenden Geistlichen die Rede auf jenen Manuscriptfund, und das rief auch in ihm die Erinnerung an eine Handschrift wach, welche in den Anfängen der čechischen Literatur erwähnt war, über welche jedoch jede weitere Auskunft fehlte. Im Jahre 1868 begann nun David Kuh in dem von ihm herausgegebenen „Tagesboten aus Böhmen“ seine Angriffe gegen die Königinhofer Handschrift und gegen „Libussa’s Gericht“, ungeachtet sich Palácky zum Patron beider aufwarf. Dieser literarische Kampf erregte die allgemeine Aufmerksamkeit, und Voříšek verfolgte denselben um so schärfer, als ihm nun Manches in der Erinnerung aufdämmerte, was zur Aufklärung der aufgeworfenen Zweifel dienen konnte. Die Zeugen des Fundes waren meist todt, nur der bereits auch alternde Zeman lebte noch. Da in den letzten Stunden erinnerte sich Voříšek, wie er in den Jahren 1847–1852 über die Angelegenheit von den älteren Pfarrern hatte sprechen gehört, und unternahm es nun, auf die Angriffe Kuh’s zu entgegnen und Zeugniß zu geben für die Echtheit der Grüneberger Handschrift. Auch berieth er sich mit dem Dechanten Zeman, dem allmälig der volle Sachverhalt in Erinnerung kam. Die nun über den ganzen Vorgang verfaßte, alle die angeführten Einzelheiten aufhellende Abhandlung schickte er am 1. Februar 1859 an Dr. V. V. Tomek, den Redacteur der „Zeitschrift des böhmischen Museums“, und darauf wurde sie im „Lumír“ im nämlichen Jahrgange S. 135 abgedruckt. Das böhmische Museum nahm auch seinerseits die Angelegenheit in die Hand. Dr. Tomek reiste selbst nach der Dechantei St. Nepomuk, nahm dort Alles in Augenschein, und Dechant Zeman berichtete treu, was er von der Sache wußte, und gab Alles zu Protokoll als der einzige den Fund der Grüneberger Handschrift überlebende [295] Zeuge. Das böhmische Museum ernannte nun Voříšek in Würdigung der in dieser Angelegenheit erworbenen Verdienste 1863 zum Mitgliede der archäologischen Section und 1864 zum Ausschuß für die Abtheilung der čechischen Sprache und Literatur. Im Jahre 1863 erlangte er auch das Synodalrecht, und 1865 wurde er Conservator des Vicariats von St. Nepomuk. Von seinen selbständigen Arbeiten sind zu erwähnen: „Slovanská světomluva“, d. i. Slavische Weltsprache (1862, Wien); – „Ježíš náš mistr“, d. i. Jesus unser Herr (1862), ein Andachtsbuch; – „Klášter svatojirský. Povídka pro mládež z doby řecké války o svobodu. S krátkým dějepisem této války“, d. i. Das Kloster von St. Georg. Erzählung für die Jugend, aus der Zeit des griechischen Freiheitskampfes. Mit einer kurzen Geschichte dieses Kampfes (Prag 1862, kl. 16°.), eine Uebersetzung aus dem deutschen Original des V. Walter; – „Křížová cesta“, d. i. Kreuzgang (1871). Außerdem arbeitete er für viele čechische Zeitschriften, wie für: Havliček’s „Národně noviny“, d. i. Volkszeitung (1849), für die „Květy“, d. i. Blüten (1845), die „Bohemia“ (1846), die „Pražské noviny“, d. i. Prager Zeitung (1854), den „Lumír“ (1854 bis 1862), den „Pilsener Boten“ (1862), die „Památky archeologické“ (1863 bis 1864), den „Národ“, d. i. Das Volk (1864–1865), und andere.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vergleiche dazu Grünberger Handschrift (Wikipedia).
  2. Vergleiche dazu Königinhofer Handschrift (Wikipedia).