BLKÖ:Wahliß, Ernst

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wahliß
Band: 52 (1885), ab Seite: 139. (Quelle)
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Wahliß, Ernst (Industrieller, aus Sachsen gebürtig), Zeitgenoß. Ueber Lebens- und Bildungsgang dieses Industriellen, der im letzten Jahrzehnt, 1875–1885, durch seine Leistungen im Gebiete der Porcellanmanufactur und der Keramik überhaupt so bedeutend hervortritt, sind wir nicht näher unterrichtet. Zu Ende der Siebenziger-Jahre hatte Wahliß in der Elisabethstraße Wiens seine Niederlagen. Machte er schon damals sich einigermaßen durch ihre Ausdehnung und die Mannigfaltigkeit, ja Schönheit der Waare bemerkbar, so tritt er doch erst recht in den Vordergrund, nachdem er in der Kärnthnerstraße das „Porcellanhaus“, wie es nun im Volksmunde heißt, erbaut hatte. Dasselbe zeigt eine im anmuthigen Farbenspiele mild getönter Porcellanfließen schimmernde Façade von origineller Anlage und reichster Ausstattung. Weiß, Blau und Hellroth sind die Töne, mit welchen die polychromische Aufgabe gelöst erscheint. Hier hat Wahliß ein keramisches Waarenlager errichtet, welches nunmehr eine Sehenswürdigkeit Wiens bildet. Er hat diese schöne Anstalt aus eigener Kraft geschaffen und ihr gleichsam in jedem Specialzweige seine Eigenart aufgedrückt. Wenn wir einer Notiz Kábdebo’s in dessen „Oesterreichischer Kunstchronik“ [1879, S. 74] glauben [140] dürfen, so ist unser Industrieller seines Zeichens Porcellanmaler, was sich wohl mit dem Industriezweige, dem er im Allgemeinen sich zuwendet, ganz gut vereinen läßt. Seine Niederlage ist eine permanente keramische Ausstellung, in welcher vor Allem die nunmehr so mannigfaltig gewordene heimische Production, sowie die ersten Porcellanfirmen und Fayenciers Englands, Frankreichs und Deutschlands in großartiger Weise vertreten sind, und in welcher man also das Neueste und Schönste, was auf diesem Gebiete der Tag bringt, zu finden sicher sein kann. Herr von Vincenti, dem wir in seinen „Wiener Briefen“, welche die „Allgemeine Zeitung“ seit Jahren bringt, die inhaltvollen und höchst interessanten Mittheilungen über das Wiener Kunstleben und Kunstgewerbe verdanken, gibt einen ausführlichen Bericht über das Wahliß’sche Porcellanhaus in der Kärnthnerstraße und die kunstgewerblichen Prachtstücke aller Art, welche dasselbe enthält. Auch auf die keramische Malerei – Porcellan wie Fayence – hat Wahliß ermutigenden Einfluß ausgeübt. Bisher waren die Engländer und Franzosen diejenigen, denen das Primat auf diesem Felde eingeräumt werden mußte. Anker und Ramier führten für den Pariser Fayencier Deck, Coleman für den Engländer Minton Prachtstücke und Schmuckschüsseln aus, letztere oft nur zu bezahlen, wenn sie mit Gold gefüllt waren. Deutschland und Oesterreich leisteten bis dahin auf diesem Gebiete kaum Nennenswerthes. Wahliß hat nun auch darin eine förmliche Umwälzung hervorgebracht. In seiner Niederlage sieht man die so beliebten böhmischen Elfenbein-Fayencen, jene von Cilli und Olomutschan, die Duxer und Teplitzer Majoliken, zu denen er selbst die Modelle geliefert, und eine Gruppe: „Krieg und Frieden“, die kein Geringerer als Tilgner [Bd. XLV, S. 152] modellirt hat; ferner die so stylvoll behandelten Crêmefayencen und Goldbrocatgefäße aus der Fünfkirchener Fabrik Zsolnay. Durch Wahliß ist die gebrannte Thonmasse – Fayence – wieder zu Ehren gebracht worden. Die Glasur deckt die gemeine Herkunft des Kernes, der viel knetsamer ist für decorative Zwecke als die spröde Kaolinmasse, welche den Kern des chinesischen Porcellans bildet. Endlich hat Wahliß auch im Gebiete der Porzellanmalerei, welche, seit die berühmte Wiener kaiserliche Porcellanfabrik aufgelassen – was nebenbei bemerkt eine Schmach für Oesterreich, das ein großartiges Institut eingehen ließ, während Frankreich, das sparsame Sachsen und das noch sparsamere Preußen die. ihrigen aufrecht erhalten – im völligen Niedergange begriffen war, in fördernder Weise gewirkt. Er hat Platten und Prachtgefäße mit Copien nach Gemälden aus dem Belvedere hergestellt, in welchen die technischen und malerischen Bedingungen in harmonische Eintracht gebracht, nichts zu wünschen übrig lassen. Wahliß dürfte im Industriezweige der Keramik gegenwärtig im Kaiserstaate wohl die erste Stelle einnehmen.

Allgemeine Zeitung (Augsburg, 4°.) 28. September 1880. Beilage Nr. 272 „Wiener Briefe“ CXXIV. Von v. V.