Zum Inhalt springen

BLKÖ:Wittmann, Michael Ferdinand

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Wittmann, Matthäus
Band: 57 (1889), ab Seite: 172. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Michael Ferdinand Wittmann in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Wittmann, Michael Ferdinand|57|172|}}

Wittmann, Michael Ferdinand (Arzt, geb. zu Fürstenfeld in Steiermark am 16. November 1755, gest. zu Klagenfurt am 4. April 1826). Einer der bedeutendsten Aerzte seiner Zeit, dessen Andenken lange noch an der Stätte seines Wirkens und weiter hinaus fortlebte, nachdem er längst aus der Reihe der Lebenden geschieden. Die unteren Studien machte er in Gratz, Philosophie, die medicinischen und chirurgischen Wissenschaften hörte er in Wien, trat dann als Unterarzt 1779 bei dem Infanterie-Regimente Nr. 26 ein und kam sofort beim Militärspitale zu Wien in Verwendung. Als er 1780 das Magisterium der Chirurgie erworben, rückte er bei seinem Regimente in Klagenfurt ein, schied aber nach einiger Zeit aus dem Militärverbande und ließ sich als praktischer Arzt in Klagenfurt nieder. Nachdem er sich dort mit einer Tochter des kaiserlichen Sanitätsrathes Lorenz von Vest verehelicht hatte, betrieb er auf Anrathen seines Schwiegervaters mit großem Eifer das Studium der Anatomie, vertrat denselben in der neuerrichteten medicinisch-chirurgischen Schule in den Vorlesungen, versah auch zwei Jahre unentgeltlich die Stelle eines Prosectors und wurde, nachdem von Vest sein Lehramt niedergelegt, am 1. November 1788 an dessen Stelle zum Professor der Anatomie ernannt, welche er ununterbrochen durch 38 Jahre bis zu seinem Hinscheiden versah. Als dann nach dem Tode Chedeville’s, eines seinerzeit berühmten Operateurs, in den von demselben bekleideten Posten eines landschaftlichen Chirurgen der bisherige Adjunct Karl Reinisch vorrückte, wurde mit Decret vom 31. August 1792 Wittmann zum Adjuncten ernannt. Nebstbei besorgte er das Spital der Elisabethinerinen, das Criminal-Inquisitionshaus und das Strafhaus und zeitweise andere öffentliche Heilanstalten, so z. B. Militärspitäler u. s. w. Im Jahre 1790 wurde er zum Primararzte im Militärspitale zu Klagenfurt ernannt und ihm dieser Posten 1814 in Würdigung seiner während [173] des Krieges geleisteten vielseitigen und ersprießlichen Dienste neuerdings verliehen. Wittmann stand als Anatom, Chirurg und Arzt weit über die Grenzen seines engeren Wirkungskreises in großem Ansehen, verkehrte mit Aerzten und Gelehrten seines Faches im In- und Auslande und erhielt schon 1798 von der Universität im Breisgau die Doctorwürde honoris causa. Seine schriftstellerische Thätigkeit war keine große, aber ihrem Gehalts nach hochgeschätzte, so schrieb er seine „Adnotationes anatomicae et medico-chirurgicae“, die seine geistreichen Beobachtungen und Erfahrungen am Krankenbette enthalten, welche er aber nicht zum Verkauf, sondern nur zur Vertheilung unter seine Freunde drucken ließ, daher dieselben zu den bibliographischen Seltenheiten zählen und in den Bücherkatalogen vergebens gesucht werden. Auch verfaßte er eine Osteologie, die er 1814 dem Staatsrathe v. Stifft widmete; ob sie aber im Druck erschienen, ist uns nicht bekannt. Dagegen wurden von seinem Schwager Dr. von Vest im 1. Hefte des 5. Bandes der „Medicinischen Jahrbücher des österreichischen Staates“ seine anatomischen Beobachtungen des Trommelfells und mehrerer von ihm behandelten Beschädigungen desselben veröffentlicht. Neben seinem Berufe trieb Wittmann mit Vorliebe Mineralogie. Als Arzt und Anatom verband er mit großer Erfahrung ausgebreitete gründliche Kenntnisse, eine unermüdliche Geduld im Beobachten, einen großen Scharfsinn, das Wesentliche auszuscheiden, und ein vortreffliches Gedächtniß. Sein Tod wurde allgemein betrauert.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 8°.) Bd. VI, S. 168.