BLKÖ:Zang, August (Nachtrag)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 60 (1891), ab Seite: 355. (Quelle) | |||
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Nachtrag
Zang, August (Gründer der „Presse“ in Wien). Nach dem Erscheinen der Lebensskizze im 59. Bd., S. 162, sind in namhaften Blättern noch mehrere Nekrologe erschienen, welche nicht nur die journalistische Wirksamkeit des Verblichenen, sondern auch seine nationalökonomische und humanitäre ins Auge fassen, und welchen wir vorurtheilslos auch in diesem Werke eine Stelle gönnen. So bezeichnet die „Neue Freie Presse“ vom 20. März 1888 Zang als einen der letzten jener Männer, welche als die Pionniere der österreichischen Publicistik an den leidenschaftlichen Parteikämpfen des Jahres 1848 unerschrocken und unbeirrt durch die Drohungen und Einschüchterungen theilgenommen und in jenen unruhigen und stürmisch bewegten Tagen die bleibende und dauernde Grundlage für die weitere Entwickelung der Journalistik in Wien und in Oesterreich überhaupt geschaffen haben. Die „Presse“ hatte sich in einer Zeit, welche der Publicistik nichts weniger denn günstig war und als Anpreisungen financieller und ähnlicher Projecte noch nicht auf der Tagesordnung standen, so viel Ansehen erworben, daß z. B. der damalige Ministerpräsident Felix Fürst Schwarzenberg selbst in brieflichen Verkehr mit August Zang trat und mit demselben seine Ansichten über Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit von Publicationen tauschte. Einen Brief dieser Art theilt die „Neue Freie Presse“ 20. März 1888 mit. Die Haltung aber, welche Zang’s Zeitung gegenüber der damaligen Regierung einnahm, veranlaßte, daß ihm im December 1850 durch die Wiener Stadtcommandantur streng verboten wurde, den Belagerungsrayon von Wien zu betreten, widrigenfalls er auf Belagerungsdauer ausgewiesen und wegen Uebertretung jenes Verbots gestraft würde. Den Druckern der Zeitung wurde mit Entziehung der Concession gedroht. Dasselbe widerfuhr der „Presse“ in Gratz und Brünn, von wo dann Zang nach London sich begab. Den Anstoß zur Aufhebung des Verbotes der „Presse“ in Wien gab der damalige Polizeiminister General von Kempen, welcher Zang kannte, da dieser wegen einer Gewehrerfindung als Kaiserjäger-Officier nach Wien zum, Generalstab berufen worden. Kempen ließ Zang in London durch Polizeirath v. Felsenthal aufmerksam machen, daß er geneigt sei, unter gewissen Cautelen die Wiederherausgabe der „Presse“ in Wien zu gestatten. Zang folgte dem Winke des Generals, und so [356] fand die „Presse“ aus ihrem Exil in Brünn ihren Weg zurück nach Wien und entfaltete sich im großen Style. Zang, sagt ein Wiener Journalist (R. Valdeck) in einem Feuilleton, betitelt: „Wie die Concordia entstanden ist?“ („Wiener allgemeine Zeitung“, Morgenbl., 21. October 1884, Nr. 1670), Zang ist der eigentliche „Gestalter des Wiener Zeitungswesens, namentlich seines geschäftlichen Theiles. Sein durchdringender praktischer Verstand, seine unermüdliche Arbeitskraft, sein hervorragendes Organisationstalent würde es außerhalb Wiens überall zu einer großen administrativen Stellung gebracht haben, aber seine bis zur Härte und oft durch Voreingenommenheit getrübte Verstandesnatur stand ihm überall im Wege.“ Als die constitutionelle Aera dämmerte, suchte der nachmalige Verfassungsminister Anton Ritter von Schmerling, wie Felix Fürst Schwarzenberg innige Fühlung mit Zang und lud ihn in einem Schreiben vom 8. December 1860 („Neue Freie Presse“ 20. März 1888) zur Eröffnung eines regen persönlichen Verkehrs ein. Die mexikanischen Kaiserpläne des Erzherzogs Ferdinand Max fanden keinen entschiedeneren Gegner als Zang; er wurde in dieser Gesinnung auch nicht wankend, als er Februar 1864 Gast des zum Kaiser von Mexiko erhobenen Max in Miramare war, und lehnte das ihm verliehene Officierskreuz des Guadeloupeordens ehrerbietig, aber entschieden ab. Die werkthätige Unterstützung, die er in der „Presse“ der Verfassungspartei in der Jugend der Verfassung geleistet, erkannte Moriz von Kaiserfeld in einem an ihn gerichteten Brief aus Gratz 13. October 1865 warm an. Auch nach der nationalökonomischen Richtung ist Zang’s Wirksamkeit beachtenswerth. Als Gemeinderath der Stadt Wien ließ er im Verein mit einigen Gleichgesinnten auf eigene Kosten englische Ingenieure zum Studium der Hochquellenleitung kommen, studirte selbst in Belgien das Canalsystem, um einen Modus zu finden, wie der Wiener-Neustädter Canal als Nutzwasserleitung für Wien ersprießlich gemacht werden könnte; trat mit bestimmten Plänen für die Einrichtung des großen Stadtparks und des Kinderparks in demselben ein und agitirte für die Bahnlinie Wien-Novi, sowie für die Verlegung der Casernen in ein „Militär-Lager“. Im Landtage, nachdem er, wie schon gemeldet, seine Diäten für die Erziehung eines Knaben gewidmet, trat er selbst für die Diätenlosigkeit der Abgeordneten ein. Sonst fehlte ihm für die parlamentarische Thätigkeit die Gabe der Rede und auch die kleinste Dosis diplomatischer Klugheit, indem er sich nur von den Eingebungen seiner Leidenschaft – bekanntlich die verderblichste Methode, die niemals Segen, aber immer nur Unheil stiftet – bestimmen ließ. Ein Hochverrathsproceß infolge eines am Tage der Schlacht bei Königgrätz (3. Juli 1866) erschienenen Artikels bestimmte ihn endlich, das Anerbieten, die „Presse“ der Regierung zu verkaufen, anzunehmen. Dabei blieb er doch immer beim Blatte mitthätig. Obwohl er nur selten selbst zur Feder griff, so wachte er doch sorgsam und unausgesetzt über alle Arbeiten im redactionellen Theile; kurz er kümmerte sich um die kleinsten Einzelheiten, daß ja nichts in das Blatt gerieth, was ihm nicht paßte. Dabei schulte er das ganze Redactionspersonal nach dieser Methode und brachte das Todtschweigen ihm mißliebiger Personen in ein förmliches System. Dabei war aber sein Hauptaugenmerk allzeit neben dem Inhalt [357] des Blattes auch der technischen Herstellung desselben und dem Betriebe, sowie dem Inseratenwesen zugewendet. In Paris hatte er kennen gelernt, daß ein großes Blatt zu jenen Preisen, welche das Publicum für dessen Abonnement bezahlen will, ohne reichliche Einnahme aus dem Inserate sich nicht auf eigene Füße zu stellen vermag, und daß umgekehrt wieder alle Zweige des öffentlichen Verkehrs aus einer verständigen Benützung des Inserates Vortheile ziehen. Heutzutage sind dies wirthschaftliche Gemeinplätze für das Publicum wie für die Zeitungsunternehmer, freilich ohne Rücksicht darauf, was das Inserat enthält, für welches der Redacteur keine Verantwortung übernimmt. Damals war das für Wien und Oesterreich eine Neuerung, welcher Zang erst allmälig Bahn brechen mußte. Die Quellen seines Reichthums sind zunächst in seiner geradezu mährchenhaft ausdauernden Arbeitsthätigkeit und seinem streng eingehaltenen oben geschilderten System, mit möglichst geringem Kraftaufwand möglichst großen Effect zu erzielen, zu suchen. In der Finanzwelt genoß Zang den Ruf eines weitblickenden umsichtigen Mannes.. Die Ziffer seines hinterlassenen, auf zehn Millionen berechneten Vermögens wird aber doch zu hoch angeschlagen. Das bei der Creditanstalt von jeher deponirte Barvermögen wurde auf eine Million in Werthpapieren berechnet; dazu gehört noch das Palais in Wien und das Schloß Greißenegg, beides kostspielige Voluptuarien ohne Einnahmen, und ein gesperrtes in vernachlässigtem Zustande befindliches Braunkohlenbergwerk, das jetzt Zang-Thal heißt. Als Gründer der Vereinsbank – zwei Jahre nach dem Verkauf der „Presse“ – verfocht er das Princip, daß der Verwaltungsrath die Hälfte des Actiencapitals selbst zeichnen müsse. Die Prosperität des Unternehmens war wohl größtentheils sein Werk. Eine Meinungsverschiedenheit in der Beurtheilung eines Geschäftes, das er ungünstig für die Actionäre erachtete, führte seine Demission herbei, und er verzichtete entschieden auf den Wiedereintritt in die Bank und auf die gewinnbringende Verwaltungsrathsstelle. Zum Kampfe gegen die financiellen Mißbräuche und schwindelhaften Speculationen des Ausstellungsjahres 1873 gründete er mit einem Aufwande von 20.000 fl. die „Financiellen Fragmente“, in denen principiell kein Inserat und keine Reclame Aufnahme fand, und für welche er große Opfer brachte. August Zang war in zweiter Ehe (nachdem er – nach dem Tode seines einzigen Kindes – von seiner ersten Frau geschieden und Staatsbürger von Coburg-Gotha geworden war) mit dem illyrisch-venecianischen Edelfräulein Ludovica von K(H)reglianovich aus dem uralten Geschlechte der Herren von K(H)reglianovich-Albinoni Burggrafen von Zengg und Wojwoden von Livno (reichsdeutsche Adelserhebung vom Jahre 1558, erzherzoglich österreich. Ritterstandsdiplom ddo. Gratz 21. Juni 161., k. k. Adelsanerkennung als Nobile ddo. 20. August 1822) vermält. Frau Ludovica Zang widmete als Vollstreckerin des Testaments mit Wissen und Willen ihres Gatten, Thornwaldsen’s „Amor den Pfeil prüfend“, die einzige im Privatbesitze befindliche Statue dieses Meisters, seiner von ihm so sehr geliebten Vaterstadt Wien „als letzten Liebesgruß des letzten Altösterreichers“. Außerdem übersendete in demselben Sinne die Witwe Zang 50.000 fl. als August Zang-Stiftung [358] für das nothleidende Kleingewerbe, ferner spendete er ansehnliche Beiträge: der Wiener freiwilligen Rettungsgesellschaft, dem Schriftsteller- und Journalistenverein „Concordia“, für die Witwen und Waisen der Setzer der „Presse“, die Hausarmen Wiens, die Gratzer „Concordia“, die protestantischen Diaconissen in Wien u. a. m. Ferner spendete die Witwe aus Anlaß der Vollendung des Lexikons und der Einschaltung dieses Nachtrages zur Biographie ihres verewigten Gatten die Summe von 1500 fl. ö. W. für wohlthätige Zwecke in Wien und Berchtesgaden.