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BLKÖ:Pulszky, Therese

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 24 (1872), ab Seite: 77. (Quelle)
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Pulszky, Therese (Schriftstellerin, geb. zu Wien im Jahre 1819, gest. zu Pesth 4. September 1866). Die Tochter eines ansehnlichen Wiener Banquiers, wurde sie von ihrer Mutter Henriette, einer gebornen Frankfurterin, sorgfältig erzogen. Von ausgezeichneten Lehrern in verschiedenen Fächern gebildet, zeigte sie frühzeitig einen entschiedenen Hang für ernstere Studien. Wesentlich wurde diese Richtung genährt durch das gesellige Leben in ihrem Elternhause, in welchem fremde und einheimische Vertreter der Kunst und Wissenschaft eine gastliche Stätte fanden. Der fortgesetzte Umgang mit den Auserwählten der Menschheit konnte auf das empfängliche Gemüth der Jungfrau nur im hohen Grade anregend wirken und sie zuletzt selbst zum Schaffen ermuntern. Kurz vor Ausbruch der März-Revolution 1848 reichte sie dem damals 34jährigen Pulszky, der sich als Politiker und Publicist bereits zu jener Zeit einen Namen gemacht, die Hand und theilte nun mit ihm die Geschicke, welche ihm in den Bedrängnissen seines Vaterlandes zufielen, und zuletzt das Exil. Während der achtzehnjährigen Dauer desselben unterstützte sie ihren Gatten, als dieser [78] um seine Familie zu erhalten, auf den Ertrag seiner Feder angewiesen war, in seinen literarischen Arbeiten und ist einiger derselben bereits in dessen Biographie gedacht worden. Sie selbst trat als Autorin mit den Werken: „Aus dem Tagebuche einer ungarischen Dame, mit einer historischen Einleitung“, 2 Bde. (Leipzig 1850, 8°.) und „Sagen und Legenden aus Ungarn“, 2 Bände (ebd. 1851, 8°.), auf, auf dem Titel des letzteren Werkes ist ihr Gemal mitgenannt. Diese beiden Werke erschienen auch in englischer Sprache, und zwar unter dem Titel: „Memoirs of a Hungarian Lady“ (London 1850) und „Trades and Traditions of Hungary“ (ibid. 1851, 8°.). Er hat wohl auch bei ersterem mitgewirkt, denn Tendenz und Ton sind mehr aus der Bitterkeit des Exilirten, als aus dem duldenden Charakter des die Geschicke des Gatten theilenden Weibes geflossen. Während ihres mehrjährigen Aufenthaltes in London ward ihre beschränkte Behausung in Bayswater und später in St. Albans villa und Kentish Town von den ersten Staatsmännern und Parlamentsrednern Englands besucht, und, schreibt einer ihrer Biographen, wer die bescheidene, durchaus nicht nach Salontriumphen jagende Frau in diesem auserlesenen Kreise jemals walten gesehen, in welchem sich Namen ersten Ranges, wie Richard Cobden, John Bright, und der greise Marquis of Lansdowne so gern bewegten, der mußte überrascht sein von dem stillen, aber bewältigenden Zauber, den sie auf diese berühmten Persönlichkeiten ausübte. Ein deutscher Landsmann in London sagte von ihr: „Diese kleine Wienerin versteht es allein, das harte Brot der Verbannung mit Grazie zu essen“. Nicht minder fand sie, als sie später nach Italien übersiedelte, in Turin und Florenz, in den ersten Familien dieser Städte ebenso die zuvorkommendste Aufnahme als die unverkümmerte Anerkennung ihrer Liebenswürdigkeit. Garibaldi ehrte an ihr die bewährte Freundin und treue Pflegerin, die er längere Zeit in Caprera unter seinem Dache beherbergt hatte. Im Frühjahr 1866 war Frau Therese P. mit ihrer Tochter Henriette nach Pesth gereist, um persönlich die Zurücknahme der in Folge der Vorgänge des Jahres 1848 über ihr und ihres Gatten Vermögen verhängten Confiscation zu betreiben. Anfangs September ward sie und ihre Tochter von der damals in Ungarn herrschenden Cholera ergriffen. Schon am 2. September gelangte eine von den Ministern Mensdorff und Majláth unterzeichnete Depesche an Pulszky, welche ihm mittheilte, daß des Kaisers Gnade ihm zum Besuche seiner kranken Tochter die Rückkehr ins Vaterland gestattet habe. Noch an demselben Abend verließ P. Italien, aber die zwischen Oesterreich und Italien nur nothdürftig hergestellten Verbindungen ließen ihn erst am 6. September in Pesth anlangen. Im Bahnhofe erhielt er die entsetzliche Kunde, daß er nicht nur die Tochter, sondern auch die Gattin verloren habe. Unter dem handschriftlichen Nachlasse der im Alter von 47 Jahren Verblichenen fand sich eine Novelle aus der florentinischen Geschichte.

Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1866, Nr. 728. – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1866, Nr. 272 u. f.: „Zur Erinnerung an Therese Pulszky. I bis VI“. – Auch in Kertbeny’s „Männer der Zeit“, in der Biographie ihres Mannes.