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BLKÖ:Scheinpflug, Bernard

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 29 (1875), ab Seite: 173. (Quelle)
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Scheinpflug, Bernard (Schulmann, geb. zu Bruch, einem Dorfe am Fuße des Erzgebirges unweit Teplitz, am 5. Jänner 1811). Der Sohn armer Eltern, genoß er den ersten Unterricht in der Dorfschule, besuchte das Gymnasium in Brüx, später in Prag, wo der berühmte Joseph Jungmann [Bd. X, S. 319] sein Lehrer war. Im October 1835 begann S. die philosophischen Studien, im Jahre 1837 jene der Rechte, an denen er jedoch wenig Gefallen fand, weßhalb er nebenbei mit allem Eifer fremde Sprachen betrieb und sich auch den Prüfungen aus der italienischen, französischen und englischen Sprache unterzog. Der Mangel an eigenen Mitteln zwang ihn, im Unterrichte Anderer seinen Lebensunterhalt zu suchen, und so correpetirte er seit 1833 mit seinen eigenen Mitschülern und gab Privatstunden aus der italienischen Sprache, wodurch er sich eine besondere Lehrtüchtigkeit erwarb und ihm die Lehramtsthätigkeit immer mehr zu gefallen begann. Er gab demnach im Jahre 1840 das Studium der Rechte auf und widmete sich nun ausschließlich dem Unterrichts- und Erziehungsgeschäfte. Anfangs wirkte er als Privatlehrer und war als solcher in den reichsten und vornehmsten Familien sehr gesucht. Im October 1846 wurde er endlich Lehrer der italienischen Sprache am k. k. Convicte zu Prag und im Jänner 1847 Professor der italienischen und französischen Sprache am Conservatorium der Musik ebenda. Als im Jahre 1848 das k. k. Convict aufgehoben wurde, verlor auch S. gleich den übrigen Angestellten seinen Posten und benützte nun die an der Hochschule eingeführte Lehrfreiheit zu Vorträgen am Clementinum über italienische Sprache und Literatur, zugleich versah er sein Lehramt am Conservatorium, wo ihm nach Aufhebung der Vorträge aus der französischen Sprache solche aus der Aesthetik und Geschichte der Musik übertragen wurden. Um aber doch wieder ein kaiserliches Amt zu erlangen, unterzog er sich bei der in Prag eingesetzten Prüfungscommission für das Gymnasial-Lehramt der Prüfung aus mehreren Gegenständen und erhielt in Folge dessen am 20. Mai [174] 1850 ein provisorisches Lehramt an der damals kön. Ständischen, nachmals k. k. deutschen Oberrealschule in Prag, welches im Jänner 18351 ein definitives wurde. Fast gleichzeitig mit dieser Stelle wurde er zum Lehrer der italienischen Sprache für den Erzherzog Joseph, Sohn des Palatin, ausgewählt und versah letztere Stelle bis Mai 1852. S. ist in seinem Fache mehrfach schriftstellerisch thätig. Die Titel seiner selbstständig veröffentlichten Schriften sind: „Das Wichtigste aus der Mythologie der Griechen und Römer, zum Gebrauche für Realschulen und Gymnasien“ (Prag 1853; 2. umgearb. Aufl. 1860, 8°.); – „Deutsches Lesebuch für die oberen Classen der Mittelschulen“. I.–III. Theil (I. u. II. Prag 1853 u. 1855, III. Brünn 1856), in Anbetracht der schon vorhandenen Lesebücher eine um so mehr überflüssige Arbeit, als sie sich in Nichts von der gewöhnlichen Buchmacherei dieser Art unterscheidet, indem in Oesterreich alle diese Lesebücher über einen Leisten geschlagen sind und auch das Mozart’sche nichts weniger als mustergiltig ist. Die polyglotten Verhältnisse des Kaiserstaates bedingen eben eine wesentlich andere Einrichtung eines Lesebuches, als die schablonenmäßige deutsche, die im Reiche draußen ganz gut am Platze sein mag; – „Erzählungen aus der Geschichte Oesterreichs für den Bildungskreis der Unterrealschule“ (Prag 1856; 3. Aufl. 1861; 4. Aufl. 1866, 8°.); – „Geschichte Böhmens, in einer Reihe zusammenhängender Erzählungen dargestellt“ (ebd. 1857, 8°.); – „Der deutsche Satzbau in Regeln, Beispielen und Uebungsstücken“ (Prag 1860, 8°.); – „Grundzüge der deutschen Metrik“ (Brünn 1860, 8°.); – „Erzählungen aus der Geschichte. I. Theil: Erzählungen aus der Geschichte des Alterthums. II. Theil: Die schon oben angeführten Erzählungen aus der Geschichte Oesterreichs. III. Theil: Erzählungen aus der Geschichte des Mittelalters und der neuen Zeit (mit Ausschluss Oesterreichs)“ (Prag 1860, 8°.), diese Erzählungen bearbeitete S. gemeinschaftlich mit Joseph Knappe; – „Die Dichtungsarten und ihre Literatur. Für den Schulunterricht“ (Prag 1863; 2. vervollst. Aufl. 1869, 8°.); – „Kleine Landeskunde von Böhmen für den Schul- und Privatunterricht“. Mit 2 Karten (ebd. 1864); – „Kurze Literaturgeschichte der Deutschen für den ersten Unterricht“ (ebd. 1865, 8°.); – „Deutsches Lesebuch für die unteren Classen der Mittelschulen“. I.–III. Theil (Prag 1867–1870, 8°.), davon gilt das oben beim Lesebuch für die oberen Classen Gesagte; – „Grammatik der neuhochdeutschen Sprache für Mittelschulen. I. Theil: Laut- und Formenlehre“ (Prag 1869, 8°.). Ueberdieß wirkte S. als fleißiger Mitarbeiter an mehreren periodischen Fachschriften, darunter auch an dem von dem Schulrathe P. Johann Maresch herausgegebenen „Jahrbuch für Lehrer, Eltern und Erzieher“ und sind von den darin enthaltenen Aufsätzen anzuführen im Jahrgange 1852: „Ueber Sprachverderb“; – 1853: „Vom Schönen zum Guten. Rhapsodische Gedanken über ästhetische Jugendbildung“; – 1856: „Ueber formale Verstandsbildung“ und „Winke für die Behandlung der Lesestücke beim Unterrichte in der Muttersprache“. In einem Programmaufsatze für das Schuljahr 1857 veröffentlichte S. die „Geschichte der k. k. deutschen Oberrealschule in Prag“. Scheinpflug, ein Deutschböhme, ist ein tüchtiger Schulmann und entschiedener Vertreter des Deutschthums in seinem Berufe, und seine Anstellung an der deutschen Oberrealschule in Prag war ein um so größerer Gewinn, als er ein Nachfolger des wegen seiner čechischen Gesinnungen allgemein bekannten Joseph [175] Wenzig war, der vor ihm an dieser Schule bedienstet gewesen. Dieß auch der Grund, warum Scheinpflug’s verdienstvoller Name in Rieger-Maly’s „Slovník naučný“ fehlt, wo doch sonst jedes unbedeutende čechische Schulmeisterlein zu finden ist.

Heindl (Joh. Bapt.), Gallerie berühmter Pädagogen, verdienter Schulmänner, Jugend- und Volksschriftsteller und Componisten aus der Gegenwart (München 1839, Finsterlin, 8°.) Bd. II, S. 292.