BLKÖ:Zeidler, Hieronymus Joseph Freiherr
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 59 (1890), ab Seite: 275. (Quelle) | |||
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[276] christlichen Wunsche: „Der gute Herr hätte besser gethan, wenn er in Prag geblieben wäre.“ In den 36 Jahren, während deren Zeidler an der Spitze seines Stiftes stand, war es sein stetes rastloses Streben, den Glanz desselben zu heben und zu mehren, aber nicht im Sinne der todten Hand, sondern zum allgemeinen Nutz und Frommen seiner Gemeinde und seiner Mitbürger. Er bereicherte die Stiftsbibliothek mit Tausenden von trefflichen Werken, vermehrte die verschiedenen wissenschaftlichen Sammlungen, welche das Stift besitzt, und brachte dessen Münzsammlung – er war selbst Präses des in den Jahren seiner Prälatur in Prag gegründeten numismatischen Vereines – auf eine solche Stufe, daß sich wenige ihres Gleichen finden dürften. Auch auf den wissenschaftlichen Aufschwung seines Stiftes war er sorgfältig bedacht. Er übernahm es im Jahre 1843, an der von dem Erzbischof Chlumczansky gestifteten neuen Realschule in Reichenberg die Lehrerstellen mit Chorherren seines Stiftes zu besetzen, und that dies auch bei der aus gleicher Stiftung errichteten Realschule in Rakonitz. 1846 gelang es ihm, den heiligen Berg bei Olmütz, wo ehedem ein Priorat des Prämonstratenserstiftes Hradisch bestanden hatte, nach der Aufhebung des letzteren aber Weltgeistliche die Seelsorge versahen, wieder für den Prämonstratenserorden, und zwar des Stiftes Strahow zu gewinnen, seit welcher Zeit daselbst ein Propst mit sieben Chorherren die Seelsorge und den Gottesdienst in der Wallfahrtskirche versieht. Später übernahm das Stift Strahow eine neue Seelsorgestation außerhalb Böhmens, nämlich die Propstei in dem Prämonstratenserkloster Zwierzyniec bei Krakau. Als Decan der verschiedenen Facultäten und Rector der Universität erwies Zeidler sich immer als wahrhaft liberal und stand bei den Universitätsberathungen regelmäßig auf Seite derer, welche die freieren Anschauungen vertraten. Diese Haltung wurde ihm auch in der Zeit der politischen Reaction von mancher Seite nicht wenig verübelt. Es kam sogar infolge seiner freimüthigen, aber stets loyalen Haltung, als er bei Beginn der neuen constitutionellen Aera (1863) von der Wahlgruppe des Großgrundbesitzes als Abgeordneter in den böhmischen Landtag und von diesem in den österreichischen Reichsrath gewählt worden war, zu unliebsamen Scenen zwischen ihm und dem Cardinal-Erzbischof von Prag Friedrich Fürsten Schwarzenberg. Zeidler schloß sich sofort der Verfassungspartei an und hielt treu an derselben bis an sein Lebensende. Wie ihm aber dies übel vermerkt wurde, erhellt aus folgender Thatsache. Zu Neujahr 1868 fand sich auch Abt Zeidler zum üblichen Empfange bei dem Cardinal ein. Derselbe fragte ihn ganz ungnädig: wie lange er denn noch in dem hölzernen Hause (dem Abgeordnetenhause vor dem Schottenthore, einem Nothbau, vom Wiener Volkswitz das Schmerling-Theater genannt) sitzen werde, und bemerkte dabei, des Abtes Kloster gerathe in Unordnung. Darauf erwiderte der charakterfeste Prälat: „er sei dem Rufe des Kaisers gefolgt und glaube, jederzeit correct gehandelt zu haben; sein Kloster aber befinde sich in bester Ordnung“. Der Cardinal fällt ihm ungnädig mit den Worten in die Rede: „Weil Sie einen tüchtigen Provisor haben“. (Der Provisor war ein fanatischer Čeche.) Da richtet sich der greise Prälat – er zählte damals 78 Jahre – mit Ruhe auf, wendet sein schneeweißes Haupt [277] dem Cardinal zu und spricht: „Ich werde das hölzerne Haus erst dann verlassen, wenn ich es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren könnte, dort zu verbleiben“, dann verneigte er sich und verließ das Prunkgemach des Cardinals. Und thatsächlich harrte der Prälat im Parlament bis an sein Lebensende aus, obgleich er wegen seiner Verfassungstreue nicht geringe Anfechtungen von seinen felonistischen Gegnern zu erdulden hatte. Er erfüllte seine constitutionellen Pflichten mit seltenem Eifer, und nur ganz besondere Hindernisse mußten es sein, wenn er in einer Parlamentssitzung fehlte. Der Prälat erfreute sich bei der Prager Bevölkerung allgemeiner Verehrung; sein mildes Auftreten, sein allzeit humanes, leutseliges Wesen gewann ihm Aller Herzen, wozu sein ungemein gewinnendes Benehmen und seine große Wohlthätigkeit gegen Arme in nicht geringem Maße beitrugen. Damit aber verband er doch einen festen unbeugsamen Charakter, der daran, was er als Recht erkannte, mit Entschiedenheit festhielt, wie er es als Parlamentarier im Reichsrathe seinem Cardinal, als Prälat im Concil dem drohenden gewaltthätigen Vatican gegenüber bewies. Anläßlich der Geburt des Kronprinzen Rudolf erhielt er von Seiner Majestät das Comthurkreuz des Franz Joseph-Ordens, bei seinem 50jährigen Priesterjubiläum (1863) den Orden der eisernen Krone zweiter Classe und infolge dessen die freiherrliche Würde. Da er in Rom – 80 Jahre alt – plötzlich gestorben, wurde sein Leichnam nach Prag überführt und in feierlichster Weise unter außerordentlicher Betheiligung der Prager Bevölkerung auf dem Košiřer Friedhofe beigesetzt.
Zeidler, Hieronymus Joseph Freiherr (Abt des Prämonstratenserstiftes Strahow, geb. zu Iglau in Mähren 5. November 1790, gest. in Rom 1. März 1870). Er war der Sohn eines Gefängnißaufsehers in Iglau, und dieser Umstand wurde die Veranlassung einer ungeahnten Ueberraschung des Prälaten, als er einmal seine Vaterstadt wieder besuchte. Um die bei dieser Gelegenheit ihm zu Ehren veranstaltete festliche Beleuchtung anzusehen, fuhr er durch die Straßen der Stadt und auch am Gefängniß vorüber; auf demselben leuchteten ihm aber zu seinem Ergötzen von einem Transparent in colossalen Lettern die Worte entgegen: „Von hier bist Du entsprungen!“ Tableau. Nachdem Zeidler in seiner Vaterstadt die Vorbereitungsstudien beendet hatte, trat er am 1. November 1809 in den Prämonstratenserorden ein und nahm an Stelle seines Taufnamens Joseph den Klosternamen Hieronymus an. 1812 legte er die Klostergelübde ab, 1813 erlangte er die Priesterweihe, 1815 wurde er Cooperator in Iglau und 1821 Archivar im Stifte Strahow, Doctor der Theologie und Secretär des Abtes. Im nächsten Jahre als supplirender Professor der Dogmatik an die Prager Universität berufen, erhielt er am 9. October 1824 die wirkliche Professur dieses Faches. Im Jahre 1830 war er Decan der theologischen Facultät, 1851 solcher in deren Doctorencollegium und 1850 bis 1855 bekleidete er dieselbe Würde im Doctorencollegium der philosophischen Facultät. Am 7. November 1834 zum Abte des Prämonstratenserstiftes Strahow erhoben, wurde er am 25. März 1835 infulirt. Am 19. Juli 1839 erfolgte seine Ernennung zum provisorischen Director der philosophischen Studien, und am 10. November 1842 verlieh ihm die philosophische Facultät das Diplom als Ehrendoctor. In den Jahren 1844, 1846, 1848 und 1856 war er Rector magnificus der Prager Universität. 1859 wurde er Präses und Visitator der Congregation des Prämonstratenserordens in der österreichischen Monarchie, feierte 1862 das Jubiläum der abgelegten Ordensgelübde, 1863 sein Priesterjubiläum. Am 17. März 1869 erfolgte seine Wahl zum Generalabt des gesammten Prämonstratenserordens, und als solcher ward er vom Papste zur Theilnahme an dem ökumenischen Concil im Vatican 1870 berufen. Während seines Aufenthaltes in Rom ereilte den Prälaten der Tod, der dem Cardinal Antonelli, da Zeidler im Concil zur Opposition stand und die Adressen gegen die vom Vatican octroyirte Geschäftsordnung und gegen die Dogmatisirung der päpstlichen Infallibilität unterzeichnet hatte, Anlaß bot zu dem- Quellen. Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privat-Münzen und Medaillen. Herausgegeben vom Vereine für Numismatik zu Prag (begonnen von Franz Karl Miltner, zu Ende geführt von Leop. Ritter v. Sacher-Masoch) (Prag 1852, 4°.) S. 708. – Bohemia (Prager Unterhaltungs- und politisches Blatt, 4°.) 1863, Nr. 193 und 194, S. 417 und 433: „Ueber die Secundizfeier des Prälaten“. – Dieselbe, 1870, Nr. 53 im Feuilleton. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1870, Nr. 76: „Ein Curiosum“, der „Prager Zeitung“ entlehnt und die Bestattung des Abtes Zeidler betreffend, – Hahn (Siegmund). Reichsraths-Almanach für die Session 1867 (Prag 1867, Sydow, 12°.) S. 160 [mit unrichtigem Geburtsdatum 6. (statt 5.) November 1790]. – Leitmeritzer Wochenblatt, 1870, Nr. 13: „Der Silbergreis“. Gedicht von H. P.. – Mittheilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen (Prag, gr. 8°.) VIII. Jahrgang, S. 245. [Der Sterbezettel. Die für das nächste Heft in Aussicht gestellte Biographie ist nicht erschienen]. – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) VI. Jahrg., Nr. vom 13. März 1870. – Prager Zeitung, 1863, Nr. 187, Beilage. – Dieselbe, 1870, Nr. 67: „Abt Zeidler“. – Reichenberger Zeitung, 1870, Nr. 61 im Feuilleton: „Der Tod des Abtes Zeidler“.
- Porträt. Nach dem Leben lithographirt von A. Dauthage. Kniestück. Folio (Wien, des Lithographen Selbstverlag).
- Medaille. Avers: Brustbild. Umschrift: „Hieronymus II. Josephus Zeidler. Abbas LXI“. Unter dem Brustbilde: W. Seidan F. – Revers: Innerhalb eines Kranzes: „Societas | Numism.(atica) Prag.(ensis) Praesidi Suo | Diem Natal.(em) LXX. | Celebranti | V. Nov.(embris) MDCCCLX“. Kupfermedaille, auch etliche Exemplare in Silber.