Benutzer:A. Wagner/Kupferstich-Kabinett (Dresden) Galeriewerk Woermann Mappe 10

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Mappe 9 Handzeichnungen alter Meister im Königlichen Kupferstichkabinet zu Dresden (1896–98)
von Karl Woermann


HANDZEICHNUNGEN
ALTER MEISTER


IM


KÖNIGLICHEN KUPFERSTICHKABINET
ZU DRESDEN[1]


HERAUSGEGEBEN UND BESPROCHEN
VON


DR. KARL WOERMANN


DIREKTOR DER KÖNIGLICHEN GEMÄLDE-GALERIE ZU DRESDEN


ZEHNTE MAPPE


MÜNCHEN


FRANZ HANFSTAENGL


1898
FRANZOSEN, ENGLÄNDER UND DEUTSCHE DES XVIII. JAHRHUNDERTS


TAFEL I[Bearbeiten]

ANTOINE WATTEAU Französische Schule[Bearbeiten]

Getauft zu Valenciennes den 10. Oktober 1684; gestorben zu Nogent bei Vincennes den 18. Juli 1721. Nachdem er Schüler des Claude Gillot und des Claude Audran in Paris gewesen, studierte er Rubens und Paolo Veronese und bildete auf der dekorativen Grundlage, die diese Meister geschaffen, und auf der realistischen Grundlage des Sittenlebens seiner Zeit eine neue, einen Teil des vorigen Jahrhunderts beherrschende Kunstart aus.

388. STUDIENBLATT[Bearbeiten]

Rötelzeichnung. Erworben wahrscheinlich 1860 in London aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn. Höhe 155, Breite 210 mm.
Drei Hauptfiguren in der idealisierten Zeittracht des vorigen Jahrhunderts. Links ein junger Mann im Muschel-Pilgerhut neben einer jungen Frau im Reiseanzug, die in der Mitte sitzt. Rechts kniet ein anderer mit dem Muschelhut versehener Herr, dem ein Liebesgott im Nacken sitzt. Oben in der Mitte die flüchtige Andeutung des oberen Teils einer vierten menschlichen Gestalt.

Dieses gute Blatt, welches von 1860–1889 in Dresden unter dem Namen Lancret’s öffentlich ausgestellt war (Verzeichnis von 1862 XLII, 16), ist zuerst von Emil Hannover dem grösseren Meister zurückgegeben, aber auch mit Recht als die einzige Zeichnung Watteau’s im Dresdner Kabinet bezeichnet worden (Zeitschrift für bildende Kunst XXIV 1889, S. 218). Unser Blatt enthält Studien, von denen zwei zu Watteau’s berühmtestem Bilde, der „Einschiffung nach der Liebesinsel“ (im Louvre und im Besitze des deutschen Kaisers) benützt worden sind. Der knieende Mann ist leicht in der Mittelgruppe der Bilder wiederzuerkennen, der stehende ist in der Mittelgruppe von hinten gesehen (also wohl nach einem gleichzeitigen anderen Studienblatte) und zu einem der unten links sich Einschiffenden (nur auf dem Pariser Exemplare) von vorn gesehen benutzt worden.

NICOLAS LANCRET Französische Schule[Bearbeiten]

Getauft zu Paris den 24. Januar 1690; gestorben daselbst den 14. September 1743. Er war, wie Watteau, Schüler Gillot’s, aber Nachahmer seines grösseren Mitschülers. Er lebte in Paris.

389. EINE DAME MIT DEM FÄCHER IN DER HAND[Bearbeiten]

Schwarze Kreidezeichnung. Erworben vor 1764. Höhe 173, Breite 112 mm.
Halb von hinten gesehen, steht die junge Dame im kleinen Hut nach rechts gewandt da. In der etwas erhobenen Rechten hält sie einen Fächer.

390. EINE DAME IM REIFROCK[Bearbeiten]

Schwarze und rote Kreide. Erworben 1860 in London aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn. Höhe 188, Breite 130 mm.
Die Dame steht mit etwas seitwärts geneigtem Haupte fast von vorn gesehen da. Ihre Spitzenhaube und die Spitzen an ihren Ärmeln sind in schwarzer Kreide, alles übrige ist in Rotstift hergestellt.

Das Blatt befand sich früher in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence in London, deren Stempel es unten links trägt.

TAFEL II[Bearbeiten]

NICOLAS LANCRET Französische Schule[Bearbeiten]

Getauft zu Paris den 24. Januar 1690; gestorben daselbst den 14. September 1743. Vgl. zur vorigen Tafel unten.

391. VIER MÄNNERSTUDIEN[Bearbeiten]

Rot und schwarze Kreide. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Woodburn in London. Höhe 246, Breite 168 mm.
Volkstypen. Links oben ein Herr im Hut, an einem Felsen gestützt; schwarze Kreide. Rechts oben ein junger Mann in Hut und Mantel; schwarze Kreide; nur das Gesicht rot. Links unten ein Handwerker, vom Rücken gesehen, auf einem Stab gestützt; rote und schwarze Kreide. Rechts unten ein Karrenschieber; rote und schwarze Kreide. Unten in der Mitte noch ein Fuss. – Der Stempel T. L. unten links deutet auf die Sammlung des Sir Thomas Lawrence, aus dessen Nachlass Woodburn die Zeichnung erwarb.

392. DREI MÄNNER UND ZWEI HUNDE[Bearbeiten]

Rötelzeichnung. Erworben 1860 aus Woodburn’s Nachlass in London. Höhe 247, Breite 170 mm.
Oben links zwei Hunde; daneben ein ruhender junger Mann aus dem Volke. Unten ein stehender und ein vor einem Sacke am Boden sitzender junger Mann. Links unten auch hier der Stempel des Sir Thomas Lawrence.

TAFEL III[Bearbeiten]

CHARLES PARROCEL Französische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Paris den 6. Mai 1688; gestorben daselbst den 24. Mai 1752. Sohn des Schlachtenmalers Joseph Parrocel (1646–1704), der ein Schüler des Jacques Courtois (le Bourguignon) war. Charles Parrocel war Schüler der französischen Akademie unter Lafosse und Bonboulogne, wandte sich aber bald der Schlachtenmalerei im Sinne seines Vaters zu. Mitglied der Akademie seit 1721.

393. EIN FRANZÖSISCHER DRAGONER[Bearbeiten]

Braun getuschte Kreidezeichnung. Erworben 1852 „auf der Auktion“. Höhe 513, Breite 419 mm.
(Nachbildung etwas verkleinert)
Über felsigen Boden sprengt der Dragoner aus der Zeit zwischen 1730 und 1740 nach rechts. Das gezogene Schwert hält er in der Rechten vor sich, der Karabiner hängt an seiner Seite.

Bisher in Dresden als Zeichnung Joseph Parrocel’s aufbewahrt. Dies ist der Zeittracht des Dargestellten nach unmöglich. Dagegen steht nichts im Wege, die Überlieferung des Namens Parrocel zu achten und die Zeichnung Charles Parrocel zuzuschreiben.

TAFEL IV[Bearbeiten]

FRANÇOIS BOUCHER Französische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Paris den 29. September 1703; gestorben daselbst den 30. Mai 1770. Schüler F. de Moyne’s an der französischen Akademie. Ihr Mitglied nach seiner Rückkehr von Rom, 1734, ihr Direktor seit 1764. „Premier peintre du Roi“. Er beherrschte mit seiner äusserlichen aber anmutigen Kunst den französischen Geschmack im Zeitalter Ludwigs XV.

394. EIN JÜNGLINGSKOPF[Bearbeiten]

Weiss gehöhte schwarze Kreidezeichnung auf bläulichem Papier. Erworben 1874 aus dem Nachlasse des Direktors Krankling. Höhe 213, Breite 162 mm.
Der Jünglingskopf im Schlapphut über langen Haaren ist nach links gewandt, wendet die Blicke aber etwas faunisch lachend dem Beschauer zu. Die Bezeichnung „Fr. Boucher del.“ unten rechts braucht nicht echt zu sein, wenngleich sie der Handschrift des Meisters nicht widerspricht.

Charakteristisches Blatt.

395. EIN AMOR MIT ZWEI FACKELN[Bearbeiten]

Weiss gehöhte rot und schwarze Kreidezeichnung auf grauem Papier. Erworben 1850 aus dem gräflich Wackerbarth’schen Nachlasse in Dresden. Höhe 220, Breite 272 mm.
Der bekränzte Flügelknabe schwebt mit etwas angezogenen Beinchen, fast von vorn gesehen, im Freien. Zur Erde hinabblickend, erhebt er in jeder Hand eine brennende Fackel.

Studie zu dem in Baume schwebenden Liebesgott auf dem von R. Gaillard gestochenen Bilde des Meisters mit dem Titel „Les bacchantes endormies“. Der Stempel F. R. unten rechts ist auch L. Fagan nicht bekannt.

TAFEL V[Bearbeiten]

FRANÇOIS BOUCHER Französische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Paris den 29. September 1703; gestorben daselbst den 30. Mai 1770. Näheres zum vorigen Blatt.

396. EIN SCHWEBENDER LIEBESGOTT[Bearbeiten]

Weiss gehöhte rot und schwarze Kreidezeichnung auf gelbem Papier. Erworben 1850 aus dem gräflich Wackerbarth’schen Nachlasse in Dresden. Höhe 270, Breite 228 mm.
Der kleine Liebesgott ist von der Gegenseite in ganz ähnlicher Haltung wie der vorige (Tafel IV unten) dargestellt, scheint also eine Studie zu demselben Bilde gewesen zu sein. Doch fehlen ihm die Fackeln in den Händen. Unten rechts der uns nicht bekannte, auch bei Fagan nicht verzeichnete Stempel F. R.

TAFEL VI[Bearbeiten]

JEAN BAPTISTE GREUZE Französische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Tournus bei Mâcon den 21. August 1725; gestorben zu Paris den 21. März 1805. Schüler eines Lyoner Meisters und der Pariser Akademie. Er arbeitete in Paris.

397. EINE FAMILIENVORLESUNG[Bearbeiten]

Schwarze Kreidezeichnung. Erworben 1876 aus der „Müller’schen Sammlung“ (No. 183), die ein Geschenk des Geheimrats Müller war. Höhe 299, Breite 245 mm.
In schlichtem Zimmer, in das durch’s links angebrachte Fenster helles Sonnenlicht fällt, sitzt rechts am Tisch eine junge Dame, die mit beiden Händen ein Buch hält, aus dem sie. vorliest. Begierig lauschen der Mann und die Frau, die, über den Tisch gebeugt, ihr links gegenüber sitzen.

TAFEL VII[Bearbeiten]

CLAUDE JOSEPH VERNET Französische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Avignon den 14. August 1712; gestorben zu Paris den 23. Dezember 1789. Nachdem er sich unter seinem Vater Ant. Vernet, sowie unter Bern. Fergioni in Rom, vielleicht auch unter Adrien Manglard gebildet, lebte er abwechselnd in Süd-Frankreich und in Paris.

398. GROSSE SEESCHIFFE AUF STILLER SEE[Bearbeiten]

Schwarze Kreidezeichnung auf blau getöntem Grunde. Erworben 1850 aus dem gräflich Wackerbarth’schen Nachlasse in Dresden. Höhe 282, Breite 463 mm.
Rechts, vor Anker liegend, ein mächtiges, halb von hinten gesehenes Kriegsschiff, von dem vorn ein Boot mit Zeltdach abrudert. Links im Mittelgrunde fünf grössere Seeschiffe, teilweise unter Segel, hinter ihnen ein Stück der Küste mit einem Rundturm.

Die Bezeichnung Vernet unten links ist verdächtig. Doch hegen wir kein Bedenken, der Überlieferung, die die Zeichnung auf Joseph Vernet zurückführt, für richtig zu halten.

TAFEL VIII[Bearbeiten]

CHARLES EISEN Französische Schule[Bearbeiten]

Getauft zu Valenciennes den 17. August 1720; gestorben zu Brüssel den 4. Januar 1778. Schüler seines Vaters François Eisen von Brüssel. Von 1742–1777 in Paris. Berühmter Illustrator des vorigen Jahrhunderts.

399. ROMANTISCHE SCENE[Bearbeiten]

Bleistiftzeichnung auf Pergament, mit der Feder nachgerissen. Erst 1890 aus dem „Vorrat“. Höhe 56, Breite 73 mm.
Ein Ritter schläft in einer Höhle. Von rechts naht ein Weib mit gezücktem Schwert. Bezeichnet unten links Ch Eisen 1751.

Wahrscheinlich Zeichnung zu einer Buchvignette und Gegenstück zum folgenden.

400. EIN TOURNIER[Bearbeiten]

Bleistiftzeichnung auf Pergament, mit der Feder nachgerissen. Erst 1890 aus dem „Vorrat“. Höhe 55, Breite 72 mm.
Tournier von zwei Ritterpaaren. Im Hintergrunde eine orientalische Stadt. Bezeichnet links unten Ch Eisen 1751.

Wahrscheinlich Zeichnung zu einer Buchvignette und Gegenstück zum vorigen.

SIR THOMAS LAWRENCE Englische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Bristol den 4. Mai 1769; gestorben zu London den 7. Januar 1830. Ursprünglich als Autodidakt entwickelt, wurde er erst Schüler der Londoner Akademie, nachdem er schon eine Reihe von Bildnissen gemalt hat. Hofmaler wurde er schon 1791, Mitglied der Akademie 1794. Er gehört zu den berühmtesten Bildnismalern vom Ausgang des vorigen und vom Anfang des jetzigen Jahrhunderts.

401. EIN KINDERKOPF[Bearbeiten]

Braun getuschte Pinselzeichnung. Erworben 1877 als Geschenk der Fräulein Papendieck in Dresden. Höhe 182, Breite 154 mm.
Anmutiges Lockenköpfchen, nach links gewandt. Bezeichnet unten rechts: T. L.

FRIEDRICH AUGUST DARBES Dänische Schule[Bearbeiten]

Geboren um 1757 in Dänemark; gestorben in Berlin 1810. Entwicklungsgeschichte unbekannt. Er stand in polnischen Diensten, bis er 1785 nach Berlin kam, wo er Akademieprofessor wurde.

402. BILDNIS DER HERZOGIN VON AUGUSTENBURG[Bearbeiten]

Feine, gewischte Bleistiftzeichnung auf weiss grundiertem Papier. Erworben 1876 aus dem Nachlasse des Direktors Krankling. Höhe 120, Breite 98 mm.
Oval umrahmtes Brustbild, im Profil nach links gewandt. Lippen und Wangen etwas gerötet. Das Lockenhaar wird durch ein Band zusammengehalten. Bezeichnet unten links „Herzogin von Augustenburg“, unten rechts Darbes del.

403. SELBSTBILDNIS DES KÜNSTLERS[Bearbeiten]

Gewischte Bleistiftzeichnung auf grundiertem Papier. Erworben 1876 aus dem Nachlasse des Direktors Const. Krankling. Höhe 115, Breite 85 mm.
Oval umrahmtes Brustbild, im Profil nach links gewandt. Der Grund ist mit der Feder zuschraffiert. Der Künstler ist ohne Kopfbedeckung dargestellt. Bezeichnet links unten Darbes, rechts unten Darbes del.

TAFEL IX[Bearbeiten]

SIR JOSUAH REYNOLDS Englische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Plymton in Devonshire den 16. Juli 1723; gestorben zu London den 23. Februar 1792. Seit 1741 Schüler Thomas Hudsons in London. Unter seiner Leitung wurde 1768 die Royal Academy gegrundet, deren erster Vorsitzender er wurde. Er ist neben Gainsborough der berühmteste aller englischen Künstler.

404. MÄNNLICHER AKT[Bearbeiten]

Federzeichnung. Erworben 1854 von einer Auktion, die am 8. Mai dieses Jahres stattfand. Höhe 232, Breite 177 mm.
Der dargestellte Jüngling ist fast von vorn gesehen. Die Rechte stemmt er gegen die Hüfte. Die Linke streckt er in lebhafter Bewegung aus. Vom linken Arm reicht ein durchsichtig angedeutetes Gewandstück nach seiner rechten Hüfte hinüber. Andeutung von Stiefelschaft-Krausen in der Wadengegend. Landschaftliche Andeutungen unten rechts. Bezeichnet unten rechts „Reynolds“, ob vom Künstler selbst, steht dahin.

SIR THOMAS LAWRENCE Englische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Bristol den 4. Mai 1769; gestorben zu London den 7. Januar 1830. Näheres zur vorigen Tafel.

405. STUDIENBLATT[Bearbeiten]

Schwarze Kreidezeichnung auf graublauem Papier. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers S. Woodburn in London. Höhe 259, Breite 206 mm.
Ein mit kurzer Jacke und ganz kurzen, anliegenden Hosen bekleideter Mann, dessen Beine, da er von unten gesehen wird, unverhältnismässig mächtig erscheinen, führt ein Weib, dessen Linke er mit der Rechten gepackt hält, einen Hügel herauf, indem er mit der Linken gebieterisch vorwärts deutet.

Unten links der Stempel T. L., der darauf deutet, dass Woodburn die Zeichnung aus des Meisters eigenem Nachlasse erworben.

TAFEL X[Bearbeiten]

BENJAMIN WEST Englische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Springfield in Pennsylvanien, Nordamerika, den 10. Oktober 1730; gestorben zu London den 11. März 1820. Ursprünglich fast Autodidakt, liess er sich schon 1758 als Bildnismaler in Philadelphia nieder. Von 1760–1763 in Italien weitergebildet. Dann zog er nach London, wo er 1792, nach Reynolds’ Tode, Präsident der Royal Academy wurde.

406. DER TOD DER LUCRETIA[Bearbeiten]

Grosse, braun getuschte Federzeichnung. Obgleich das Blatt nach 1783 erworben sein muss, fand es sich in den Zugangskatalogen nicht verzeichnet. Vermutlich hat L. Gruner es erst in unserem Jahrhundert einmal mit aus London gebracht. Höhe 301, Breite 431 mm.
Die junge Frau in antiker Gewandung hält den Dolch, den sie sich in die Brust gestossen, noch in der Rechten und sinkt in der Mitte auf einen Polstersitz zurück. Ein bärtiger und ein unbärtiger Mann halten sie, indem sie ihr von hinten unter die Arme greifen. Links zwei Dienerinnen in lebhafter Schreckensbewegung. Bezeichnet unten rechts B. West 1783.

Die Deutung des Gegenstandes auf den Selbstmord der Lucretia schliesst nicht jeden Zweifel aus. Das Blatt aber und die Inschrift sind unzweifelhaft echt.

TAFEL XI[Bearbeiten]

JACOB DE WIT Holländische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Amsterdam 1695; gestorben daselbst den 12. November 1754. Die Kunst lernte er in Antwerpen unter Alb. van Spiers und Jacob van Hal, übte sie aber in seiner Vaterstadt aus. Berühmt wurde er besonders durch seine grau in grau gehaltenen dekorativen Darstellungen, die den Schein erhabener Arbeit erstreben und oft in vorzüglicher Weise erreichen.

407. DIE BACCHUS-HERME[Bearbeiten]

Schwarz und braun getuschte, weiss gehöhte Federzeichnung auf bräunlich grauem Papier. Erworben 1885 vom Kunsthändler C. M. Gogh in Amsterdam. Höhe 284, Breite 155 mm.
In einer oben halbrund geschlossenen Nische steht eine Bacchusbüste auf hermenartigem Gestell. Fünf nackte Knäbchen sind um sie beschäftigt. Einer klettert empor, sie zu bekränzen. Einer hält den Thyrsusstab in der Rechten und hält mit der Linken Trauben über das Kelterfass, an dem noch zwei Knäbchen stehen, während der fünfte mit der Handtrommel in der Hand vorn auf einen Weinschlauch klettert. Bezeichnet links unten J. de Wit.

TAFEL XII[Bearbeiten]

CORNELIS TROOST Holländische Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Amsterdam den 8. Oktober 1697; gestorben daselbst den 7. März 1750. Schüler des Arnold Boonen, aber durch eigene Beobachtung des Lebens zu dem selbständigsten und geistvollsten holländischen Künstler des vorigen Jahrhunderts weiterentwickelt.

408. UNGLEICHE VERLOBUNG[Bearbeiten]

Vollfarbig ausgeführtes Wasserfarbenblatt. Erworben 1892 aus der Sammlung der Frau Wittwe Liepsch in Dresden. Vorher in der Sammlung Hohenzollern-Hechingen. Höhe 322, Breite 257 mm.
Links blickt man durch ein grosses, mit rotem Vorhang geschmücktes Fenster in’s Grüne. Die junge Schöne im Reifrock und weissem Häubchen sitzt an einem Tisch mit dunkelroter Decke, auf den sie den linken Arm stützt. Links neben ihr sitzt ein ganz in Schwarz gekleideter runzlicher reicher Alter, der ihr mit süsslichem Grinsen den Verlobungsring an die Rechte zu stecken im Begriff ist. Sein Hut, sein Stock und seine Handschuhe liegen links am Boden.

Charakteristisches, von Hogarth’scher Satyre durchgeistigtes Aquarell des Künstlers.

TAFEL XIII[Bearbeiten]

CHRISTIAN WILHELM ERNST DIETRICH Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Weimar den 30. Oktober 1712; gestorben in Dresden den 23. oder 24. April 1774. Schüler des Landschaftsmalers Alexander Thiele in Dresden, aber durch das Studium der verschiedensten älteren nordischen Meister zu einem Eklektiker auf eigene Hand entwickelt. Er war seit 1741 Hofmaler, seit 1763 Direktor der Meissener Porzellanmanufaktur, seit 1765 Akademie-Professor in Dresden.

409. DAS GLEICHNIS VOM VERLORENEN GROSCHEN[Bearbeiten]

Braun getuschte Federzeichnung. Erworben im September 1774 aus dem Nachlasse des Meisters. Höhe 204, Breite 160 mm.
Inneres einer Bauernhütte. Ein altes Mütterchen sucht, nach links gebückt, den verlorenen Groschen, indem sie in der Rechten den Besen führt, mit der Linken ein Talglicht hält. Rechts im Mittelgrund auf der Bank unter dem Fenster ein Kätzchen. Bezeichnet unten halb rechts D. 1756.

410. IDEALES HIRTENSTÜCK[Bearbeiten]

Braun getuschte Federzeichnung. Erworben im September 1744 aus dem Nachlasse des Meisters. Höhe 160, Breite 204 mm.
Blick aus einem Felsenthore auf ferne Berge. Links Rinder und Schafe. In der Mitte eine Gruppe idealer „Schäferinnen“. Bezeichnet unten rechts „Dietricy 1742“.

TAFEL XIV[Bearbeiten]

J. G. WILLE Französische Schule[Bearbeiten]

Geboren im Bieberthal bei Königsberg in Hessen den 5. November 1715; gestorben zu Paris Anfangs April 1808. Ursprünglich Büchsenmacher, ging er von Strassburg aus mit dem berühmten Kupferstecher G. F. Schmidt nach Paris, wo er Schüler des Kupferstechers J. Daullé wurde. In Paris blieb er als einer der berühmtesten Kupferstecher seiner Zeit ansässig. Seit 1758 war er naturalisierter Franzose.

411. DAS TEUFELSHAUS BEI PARIS[Bearbeiten]

Rötelzeichnung. Zeit der Erwerbung unbekannt. Höhe 231, Breite 315 mm.
Ein altes verfallenes Haus auf einem Hügel. Rechts vorn zwei Kinder mit einem Korbe. Auf der Umrahmung unten links die erläuternde Inschrift: „Maison abondonnée hors le faubourg St. Denis de Paris, nommée la maison du diable, car les enfans et les vielles femmes croient qu’il y fait résidence“. – Bezeichnet oben rechts J. G. Wille.

Ähnliche Gegenstände hat der Meister nach eigenen Erfindungen gestochen. Man vgl. z. B. Charles le Blanc (Catalogue de l’œuvre de J. G. Wille, Leipzig 1847) No. 24, No. 43 und besonders No. 41.

TAFEL XV[Bearbeiten]

DANIEL CHODOWIECKI Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Danzig den 16. Oktober 1726; gestorben den 7. Februar 1801 zu Berlin. Schüler Chr. B. Rode’s in Berlin. Durch selbständiges Studium der Natur und des Lebens zu einem der eigenartigsten Meister seiner Zeit weitergebildet. Hauptsächlich Zeichner und Radierer und als solcher in erster Linie Bücherillustrator. Seit 1764 Mitglied, seit 1788 Vicedirektor, seit 1797 Direktor der Berliner Akademie.

412. BILDNIS DES KUPFERSTECHERS C. G. GEYSER[Bearbeiten]

Rötelzeichnung. Erworben 1834 aus der gräflich Einsiedel’schen Auktion, die am 26. Januar dieses Jahres stattfand. Höhe 515, Breite 398 mm.
(Verkleinerte Wiedergabe)
Brustbild ohne Hände, im Profil nach links gewandt. Glattrasiertes Gesicht. Haartracht um 1780. Echt bezeichnet rechts seitwärts: D. Chodowiecki.

Diese gute Bildniszeichnung galt bisher, auch im Verzeichnis der ausgestellten Blätter von 1861 (VI S. 13) als Selbstbildnis des Künstlers. Im Zugangskatalog von 1834 aber ist es ausdrücklich als Bildnis des Kupferstechers Geyser bezeichnet. Es muss Geyser der Vater, Christian Gottlieb Geyser (1742–1803) gemeint sein.

TAFEL XVI[Bearbeiten]

DANIEL CHODOWIECKI Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Danzig den 16. Oktober 1726; gestorben zu Berlin den 7. Februar 1801. Näheres zu Tafel XV.

413. ZWEI ELEFANTEN[Bearbeiten]

Federzeichnung. Erworben 1843 aus der Auktion vom 12. Juni. Höhe 90, Breite 113 mm.
Ein Elefant steht von vorn gesehen mit nach rechts geschwenktem Rüssel da. Links daneben der Profilkopf eines Elefanten mit erhobenem Rüssel. Bezeichnet unten rechts: „D. Chodow. ad vivum del. Berol“.

414. DER L’HOMBRE-TISCH[Bearbeiten]

Ursprünglich Bleistiftzeichnung. Mit der Feder nachgezogen und braun getuscht. Erworben 1876 als Geschenk des Geheimrat Müller mit der ganzen Müller’schen Sammlung. Höhe 133, Breite 163 mm.
Drei Herren und zwei Damen sitzen in bequemen, geschweiften Lehnsesseln um den Tisch, an dem sie spielen.

Die zwei „L’hombretische“ gehören zu den bekanntesten Radierungen Chodowiecki’s: Engelmann (D. Chodowiecki’s sämtliche Kupferstiche, Leipzig 1857) No. 13 und No. 22. – Unser Blatt hat die Vorlage zu keinem dieser Stiche gebildet, beweist aber, dass der Vorwurf den Meister nicht nur jene beiden Male beschäftigt.

415. DIE REITER[Bearbeiten]

Getuschte Federzeichnung auf bräunlichem Grunde. Erworben 1843 aus der Auktion vom 12. Juni. Links und oben die Ecken angestückelt. Höhe 106, Breite 166 mm.
Rechts hält ein Reiter im Profil nach links gewandt. Links, weiter zurück, eine Gruppe von drei Reitern. Bezeichnet unten in der Mitte: D. Chodowiecki nach Rugendas.

Das Blatt gewährt uns einen Einblick in das Studium Chodowiecki’s nach anderen Meistern.

TAFEL XVII[Bearbeiten]

DANIEL CHODOWIECKI Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Danzig den 16. Oktober 1726; gestorben zu Berlin den 7. Februar 1801. Näheres zu Tafel XV.

416. BERLINER KOPFPUTZ VON 1781[Bearbeiten]

Rot und falbe Federzeichnung. Erworben 1847 auf der Auktion vom 18. September. Höhe 84, Breite 48 mm.
Fünf Frauenköpfe mit verschiedenen Kopfbedeckungen.

Das Blättchen ist die Vorlage zu dem einen (rechten) der beiden Stiche zum Göttinger Musenalmanach von 1781, welche als „Coeffures Berlirtoises“ bezeichnet werden. Die Kopfbedeckungen wurden nach der Unterschrift bezeichnet als 1. und 2. petite Palissade; 3. Chapeau flamand; 4. double Palissade; 5. Noble simplicité. Engelmarn (a. a. O.) No. 359.

417. DIE ERMORDUNG DER CASSANDRA BONGIANI[Bearbeiten]

Schwarz getuschte rot und schwarze Federzeichnung. Erworben 1837 auf der Auktion vom 18. September. Höhe 133, Breite 76 mm.
In ihrem Himmelbette liegt die Ermordete. Die Mörder entfernen sich rechts vorn.

Entwurf zu dem Titelkupfer zu Aug. Gottlieb Meissner’s Skizzen, Vierte Sammlung, Leipzig 1783; insbesondere zu dem Roman „Bianca Capella“. Die Mörder Francesco und Maeco waren von Rici gedungen, um Cassandra Bongiani zu töten. Engelmann a. a. O. 457. – Bei der Erwerbung wurde die Scene auf Othello und Desdemona gedeutet.

418. EMPFANG FRANZ. FLÜCHTLINGE DURCH DEN GROSSEN KURFÜRSTEN[Bearbeiten]

Rot und schwarze Federzeichnung. Erworben 1837 auf der Auktion vom 18. September. Höhe 119, Breite 82 mm.
Rechts steht der grosse Kurfürst, den ein Genius bekränzt; hinter ihm erhebt „der Glaube“ den Kelch. Links knieen und stehen die ihres Glaubens wegen aus Frankreich Geflohenen. Am Himmel eine allegorische Darstellung: die „Zeit“ zerstreut die Wolken, um die Brustbilder der drei ersten preussischen Könige erscheinen zu lassen.

Entwurf zu dem betreffenden Kupfer des Werkes von Eman und Reclam: Mémoires etc. des refugiés Tome I. – Engelmann a. a. O. No. 460.

TAFEL XVIII[Bearbeiten]

DANIEL CHODOWIECKI Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Danzig den 16. Oktober 1726; gestorben zu Berlin den 7. Februar 1801. Näheres zu Tafel XV.

419. DAS LEBEN EINES SCHLECHT ERZOGENEN FRAUENZIMMERS[Bearbeiten]

Elf rot und schwarze Federzeichnungen. Erworben vor 1864. Höhe der Blätter 87–92, Breite 48–49 mm.
1. „Väterliche und mütterliche Sorgfalt“.
2. „Erziehung“.
3. „Unterricht in den schönen Wissenschaften“.
4. „Bekanntschaft mit grossen Männern“.
5. „Unschuldiges Vergnügen“.
6. „Freuden der Jugend“.
7. „Kluge Wahl“.
8. „Weiser Gebrauch des Reichtums“.
9. „Gewöhnliche Zuflucht“.
10. „Verlorener Kredit“.
11. „Späte Reue“.

Diese Blätter bilden die Entwürfe zu 11 von den 12 Kupfern zu dem „Leben eines schlecht erzogenen Frauenzimmers“ in dem „Berliner genealogischen Kalender auf das Jahr 1780“. Engelmann a. a. O. No. 279. Das fehlende Blatt ist No. 10 der Folge „Ungelegener Besuch“. Unsere Nummern 10 und 11 entsprechen daher den Nummern 11 und 12 der gedruckten Folge. Die übrigen Nummern sind die gleichen.

Interessant sind die satyrischen Unterschriften unserer Entwürfe. Einige von ihnen stimmen mit den Unterschriften der gedruckten Blätter, die auch hier als deren anerkannte Titel vorangestellt sind, überein, so No. 6, No. 10 (11), No. 11 (12). Die meisten aber stellen auch eben erst Entwürfe dar, die von den später gewählten noch abweichen: so No. 3 noch „Wohlangebrachte Morgenstunden“ statt „Unterricht in den schönen Wissenschaften“, so No. 5 noch „Edler Zeitvertreib“ statt „Unschuldiges Vergnügen“; und für No. 2 hatte der Künstler überhaupt noch keine Unterschrift gefunden.

TAFEL XIX[Bearbeiten]

DANIEL CHODOWIECKI Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Danzig den 16. Oktober 1726; gestorben zu Berlin den 7. Februar 1801. Näheres zu Tafel XV.

420. NATÜRLICHE UND AFFECTIERTE HANDLUNGEN DES LEBENS[Bearbeiten]

Zwölf rot und schwarze Federzeichnungen. Erworben 1857 „aus der Auktion vom 18. September“. Höhe jedes Blattes etwa 70, Breite etwa 50 mm.

Die Blätter gehören paarweise zusammen. Das erste zeigt stets das natürliche, das zweite das affektierte Benehmen bei derselben Handlung.

1. „Natur“ in Kleidung und Haltung.
2. „Affektation“ in Kleidung und Haltung.
3. Gesunde „Empfindung“ beim Sonnenuntergang.
4. Ungesunde „Empfindung“ beim Sonnenuntergang.
5. Natürlicher „Geschmack“.
6. Unnatürlicher „Geschmack“.
7. Echte „Kunstkenntnis“.
8. Affektierte „Kunstkenntnis“.
9. Würdige Haltung eines Offiziers bei „bösem Wetter“.
10. Unwürdige Haltung eines Offiziers bei „bösem Wetter“.
11. Natürliche Haltung in der „Reitbahn“.
12. Unnatürliche Haltung in der „Reitbahn“.

Die zwischen Gänsefüsschen gestellten Worte bilden die Unterschriften der 12 berühmten Kupfern, zu denen unsere Zeichnungen die wohl ausgeführten Entwürfe sind. Diese Kupfer zierten als „zweite Folge“ der „natürlichen und affektierten Handlungen des Lebens“ den „Almanac de Goettingue pour l’année 1780“: Engelmann a. a. O. No. 319. Die erste Folge hatte den „Göttinger Taschen-Kalender vom Jahr 1779“ geschmückt: Engelmann a. a. O. No. 256.

TAFEL XX[Bearbeiten]

DANIEL CHODOWIECKI Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Danzig den 26. Oktober 1726; gestorben zu Berlin den 7. Februar 1801. Näheres zu Tafel XV.

421. NEUN BLÄTTER ZU „SOPHIENS REISEN“[Bearbeiten]

Schwarz getuschte Federzeichnungen. Erworben 1849 vom Buchhändler Schrey in Leipzig. Höhe jedes Blattes etwa 115, Breite 55–60 mm.
1. Sophie am Schreibtisch. Zu Teil I, S. 238. Gegenseitig.
2. Vor der Wage. Zu Teil I, S. 346. Gegenseitig.
3. Die Strafpredigt. Zu Teil II, S. 378. Gegenseitig.
4. Die Halskette. Zu Teil III, S. 163. Gegenseitig.
5. Am Bett des Kindes. Zu Teil III, S. 559. Gegenseitig.
6. Die Vorstellung. Zu Teil IV, S. 173. Gegenseitig.
7. Der Reiter. Zu Teil V, S. 143. Gegenseitig.
8. Auf dem Schiffe. Zu Teil V, S. 605. Gegenseitig.
9. Der Kuss. Siehe unten. Nicht gegenseitig.

Alle diese Blätter sind nach den vorliegenden Zeichnungen Chodowiecki’s von Chr. Gottl. Geyser für das genannte Werk gestochen. Die meisten der Stiche tragen unten links die Bezeichnung Chodowiecki del., unten rechts die Bezeichnung Geyser sculpiert. Die meisten unserer Zeichnungen tragen rechts unten die Bezeichnung D. Chodowiecki. Der Meister selbst hat einen Teil dieser Darstellungen ähnlich gestochen in seinem Werke: „12 Blätter zu Sophiens Reise von Memel nach Sachsen“, die im Berliner genealogischen Kalender auf das Jahr 1778 erschienen (Engelmann a. a. O. No. 187). Doch nur eines dieser Blätter, Engelmann No. 182, 1, (Herr Less giebt Sophien einen Kuss), ist so gut wie identisch mit einer unserer Zeichnungen, nämlich unserer No. 9.

TAFEL XXI[Bearbeiten]

ANTON RAPHAEL MENGS Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Aussig den 12. März 1728; gestorben zu Rom den 29. Juli 1779. Schüler seines Vaters Ismael Mengs in Dresden, der ihn schon als zwölfjährigen Knaben nach Rom führte. Schon 1745 Hofmaler, 1751 Oberhofmaler in Dresden. Doch lebte er hauptsächlich in Rom, bis er 1761 erster Maler des Königs von Spanien wurde. Nun lebte er abwechselnd in Madrid und in Rom, wohin er zwei Jahre vor seinem Tode als pensioniert zurückgekehrt war. Er ist der Hauptbegrunder der eklektisch-klassizistischen Reaktion gegen die Rococokunst, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts eintrat.

422. JUGENDLICHES SELBSTBILDNIS[Bearbeiten]

Weiss gehöhte schwarz und rote Kreidezeichnung auf gelblichem Papier. Erworben 1827 als Geschenk des Professors Vogel von Schuricht, der es aus dem Nachlasse des Hofmalers David Müller, eines Jugendfreundes des Künstlers, erworben hatte. Höhe 261, Breite 202 mm.
Brustbild ohne Hände nach rechts. Langes, natürliches Haupthaar. Hemd und Rock. Auf der Rückseite zwei zum Gebet an einander gelegte weibliche Hände.

Erhalten hat sich eine dazugehörige Notiz über die Herkunft, der wir noch das folgende entnehmen: „D. Müller, Jugendfreund von Mengs, erhielt dieses gez. Porträt von ihm, als er das erste Mal nach Italien reiste“. Demnach war der Künstler, als er dies Bildnis zeichnete, erst 12 Jahre alt gewesen. Vergleicht man es mit den in der Dresdner Galerie aufbewahrten, in Pastell ausgeführten Jugendbildnissen des Meisters aus seinem 16. bis 17. Lebensjahr, so erscheint dies durchaus wahrscheinlich. Die Züge sind die gleichen, scheinen aber wohl einen vier Jahre jüngeren und zwar einem in strenger Schule noch nicht zu festerem Selbstbewusstsein entwickelten Knaben anzugehören.

Wichtig als frühstes erhaltenes Werk des Meisters.

TAFEL XXII[Bearbeiten]

ANTON GRAFF Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren den 18. November 1736 zu Winterthur; gestorben den 22. Juni 1813 zu Dresden. Schüler des Johann Ulrich Schellenberg in Winterthur. Seit 1766 in Dresden, wohin er als Lehrer der Kunstakademie berufen wurde. Berühmter Bildnismaler.

423. BILDNIS DES OBERBERGHAUPTMANNS VON TREBRA[Bearbeiten]

Weiss und schwarze Kreidezeichnung auf bräunlichem Papier. Erworben 1828 von den Erben des Künstlers. Höhe 376, Breite 276 mm.
Brustbild ohne Hände, ein wenig nach rechts. Das Haupt ist unbedeckt, das Gesicht bartlos. Der Herr trägt hohe weisse Halsbinde und den Rock seiner Civiluniform. Bezeichnet unten links: Oberberghauptmann von Trebra.

TAFEL XXIII[Bearbeiten]

ANTON GRAFF Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren den 18. November 1736 zu Winterthur; gestorben den 22. Juni 1813 zu Dresden. Näheres zu Tafel XXII.

424. BILDNIS DES FÜRSTEN METTERNICH[Bearbeiten]

Weiss und schwarze Kreidezeichnung auf bräunlichem Papier. Erworben 1828 von den Erben des Künstlers. Höhe 378, Breite 276 mm.
Brustbild ohne Hände, den Körper nach rechts, der Kopf etwas nach links zurückgewandt. Das gekrauste Haupthaar ist unbedeckt, das Gesicht ist glatt rasiert. Hohe weisse Halsbinde. Stehkragen an Hemd und Weste. Grosser Ordensstern an der Brust. Bezeichnet unten links Prince Metternich.

TAFEL XXIV[Bearbeiten]

ANTON GRAFF Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren den 18. November 1736 zu Winterthur; gestorben den 22. Juni 1813 zu Dresden. Näheres zu Tafel XXII.

425. BILDNIS DES PHILOSOPHEN MOSES MENDELSOHN[Bearbeiten]

Schwarze Tuschezeichnung. Erworben 1828 von den Erben des Meisters. Höhe 196, Breite 140 mm.
Brustbild ohne Hände, etwas nach rechts gewandt. Das Haupt ist unbedeckt. Der Bart ist nur unter dem Kinn stehen gelassen. Zugeknöpfte Weste, Rock, Überrock. Bezeichnet vorn rechts „Moses Mendelson“, auf der Rückseite „Anton Graff feci“.

426. BILDNIS DES HOFKAPELLMEISTERS NAUMANN[Bearbeiten]

Weiss gehöhte und schwarz getuschte Kreidezeichnung auf gelblichem Papier. Erworben 1874 aus dem Nachlasse des Direktors Krankling. Höhe 269, Breite 209 mm.
Halbfigur ohne Hände nach links. Unbedecktes Haupt; dunkler Rock; weisse Halsbinde.

Auf der Rückseite von Graff’s eigener Hand die Inschrift: Capellmeister Naumann. 1801. 23 Oct. gestorben. Dazu von Direktor Krankling’s Hand: „Unter den Bildnissen des Komponisten Naumann, welche sein Freund, der berühmte Maler Anton Graff, anfertigte, ist dies das ähnlichste. Es blieb deshalb Graff’s Eigentum und ich erstand es aus dem Nachlasse seines Sohnes, des Landschaftsmalers Karl Graf. Karl Constantin Krankling“.

TAFEL XXV[Bearbeiten]

CHRISTIAN LEBERECHT VOGEL Deutsche Schule[Bearbeiten]

Geboren zu Dresden den 6. April 1759; gestorben daselbst den 11. April 1816. Schüler des Joh. Eleazar Zeisig (genannt Schönau). Er war Mitglied und Professor der Kgl. Kunstakademie zu Dresden.

427. EIN KLEINES MÄDCHEN MIT EINEM VOGEL[Bearbeiten]

Wasserfarbenblatt. Erworben 1828 von der Wittwe des Künstlers. Höhe 524, Breite 427 mm.
Links ein Holztisch unter einer Steinsäule; rechts Blick auf ferne Berge über eine Steinmauer. Auf dem Tisch steht der Käfig mit einem Zeisig. Das kleine lockenköpfige Mädchen im roten Kleidrock und weissem Mieder mit nackten Ärmchen sitzt rechts, beugt sich über den Tisch und fasst mit beiden Händen den Käfig und zieht ihn zu sich herüber.

  1. Quelle: UB Heidelberg